280
Weise", von Maria v. Weber und das „Alles, was Odem hat" von Fr. Silcher am besten. Eine Elite erfreute sogar durch das Terzett: „Hebe deine Augen auf" aus dem „Elias" die Zuhörer. Ebenso war das „Ererbt das Reich" von Scheidemann, von einem Doppelquartett der Lehrer des Bezirks vorgetragen, eine feine Leistung. Ganz schön war es vom Liebenzeller Liederkranz, daß er, der sonst das Volkslied zu pflegen sich zur Aufgabe macht, heute seine Stimmen auch in der Kirche zu Gottes Lob erschallen ließ. Ansprechend war der Kinderchor: „Weide Herr" von Ehr. Weber, geleitet und begleitet von Hrn. Lehrer Beutelsspacher sen. und unterstützt von einer Anzahl von Lehrern. Auch das Tenorsolo gesungen von Hrn. Lehrer Fichte! und das Halleluja von Händel, gespielt von Herrn Lehrer Kitterer, verfehlten ihre Wirkung nicht.
Endlich dürfen wir nicht verschweigen, daß die Leistungen unsrer Calwer in 3 Chören, z. Teil begleitet von Herrn Lehrer Vinqon, die Vorträge des Herrn Stadtmusikus Speidel auf Piston und Violine ihrem Dirigenten Herrn Gundert und der Aufführung alle Ehre gemacht haben. Auch der materielle Ertrag des Konzerts fiel ganz befriedigend aus. Trotz des sehr niedrig gestellten Eintrittsgeldes kann für die Heizbarmachung der Kirche vom Frauenchor der Gemeinde Liebenzell 50 übergeben werden. Nach Beendigung des Konzerts begaben sich sämtliche Vereine ins untere Bad um sich einesteils von den Anstrengungen durch einen frischen Trunk edlen Gerstensafts zu erholen, andererseits durch warme Begrüßungsreden ihren dankbaren Gesinnungen und Gefühlen für einander gegenseitig Ausdruck zu geben. Auch erschallte noch manches schöne Lied, dessen sich kein Christenmensch zu schämen hat. Bald holten uns unsere Gefährte ab und fröhlich fuhr der singende Verein wieder seiner Heimat zu. Dort angekommen hatten wir das Bewußtsein ein gelungenes Fest, wills Gott, zur Ehre seines Namens und uns zu gegenseitiger Freude gefeiert zu haben.
— Für die vom 5. bis 30 Juni d. I. im internen württembergischen Bahnverkehr nach und von Ulm zur Beförderung gelangenden Wollesendungen kommt der tarifmäßige Sperrigkeitszuschlag nicht zur Anwendung.
Stuttgart, 4. Juni. Seine Königliche Majestät haben den Dr. Marc aus Wildungen, welcher Höchstdieselben schon im vergangenen Herbst beraten und behandelt hat, gestern empfangen. Von demselben ist bei diesem Anlasse der bereits früher gemeldete günstige Stand des allerhöchsten Befindens, aber ebenso auch konstatiert worden, daß zu dessen Erhaltung Seine Majestät stets besonderer Ruhe und Schonung bedürfen werden.
Ehingen, 4. Juni. Am heutigen Fronleichnamstag erscholl, als eben die Prozession zu Ende war, der Ruf Feuer! Im Hause des Johannes Schaude war aus unbekannter Ursache Feuer ausgebrochen, welches binnen kurzer Zeit das Wohngebäude samt Scheuer in Asche legte. Die Frau des Hauses, welche noch ausräumen wollte, ist beinahe verbraunt; das Vieh ist gerettet worden. Der Abgebrannte ist versichert.
Ulm, 4. Juni. Zwei Soldaten des 6. Jnf.-Reg. trieben mit einander Scherz. Der eine von ihnen stach mit einem spitzen Messer nach dem Tornister des anderen. Unglücklicherweise durchdrang das scharfe Instrument denselben und brachte dem Kameraden eine leichte Verwundung an der Schulter bei. Dieser anfangs wenig Beachtung beilegend, machte der Verwundete dem Arzte erst dann Meldung, als dieselbe einen bösartigen Charakter angenommen hatte. Der junge Mann starb an Blutvergiftung.
Ulm, 5. Juni. Vor einigen Tagen wollte ein auf dem oberen Kuhberg beschäftigter Arbeiter abends seinen Heimweg nach Oberkirchberg abkürzen und versuchte zu diesem Zweck, an der Jllermündung über die Donau zu schwimmen. Er hatte beim Schwimmen seine Kleider, zu einem Bündel geschnürt, auf dem Kopf und hielt die Schlinge der Schnur mit den Zähnen. Durch die Bewegungen des Schwimmens kam ihm aber die Schnur an den Hals, das Kleiderbündel ruschte vom Kopf herab, der Hals wurde ihm zugeschnürt, und trotz seines schrecklichen Ringens war ihm der Tod des Ertrinkens gewiß. Zum Glück waren die Sekondelieutenants Schelling und Schnitzler vom Jnf.-Reg. 124 unweit oberhalb in einem Kahne; sie ruderten auf die Hilferufe herbei, und es gelang ihnen, den Arbeiter, als eben wieder ein Fuß von ihm auftauchte, zu erfassen und in den Kahn zu ziehen. Der Gerettete, als er wieder zu sich gekommen, bedankte sich in wahrhaft rührenden Worten bei seinen Rettern.
Heidelberg, 3. Juni. Der Unteroffizier, welcher heute von einem Einjährigen beim Zielen erschossen wurde, hatte demselben befohlen, als Ziel sein rechtes Auge zu nehmen. Nach allem, was darüber verlautet, ist anzunehmen, daß der Vorfall auf die unverantwortliche Außerachtlassung der bestehenden Kontrollvorschriften beim Schießen zurückzuführen ist, wodurch der betr. Einjährige eine scharfe Patrone an Stelle einer Exerzier-Patrone in seiner Tasche zurückbehielt. Der Unteroffizier sank aus nächster Nähe getroffen sofort tot zusammen, während der Einjährige ebenfalls ohnmächtig vom Platz getragen werden mußte.
— Aus Kiel wird der Nat.-Z. vom 3. Juni geschrieben: Heute kam ein großer Teil der Besatzung der Kreuzerkorvette „Olga" an Land und es wurden daher einige Einzelheiten über die westafrikanischen Verhältnisse bekannt. Unter der Hitze hatten die Mannschaften sehr zu leiden, sie können sich nur schwer an die augenblicklich in Kiel herrschende sehr niedrige Temperatur gewöhnen. Von der kaiserlichen Admiralität soll übrigens die Verordnung erlassen worden sein, daß künftig von den in Westafrika stationierten Schiffen alle 3 Monate Lissabon als Erholungshafen anzulaufen ist. Von Seiten der Firma Wörmann und eines Berliner Vereins wurden der Mannschaft der „Olga" 480 ^ als Ehrengeschenk bewilligt. 100 wurden hiervon für einen Gedenkstein für den gefallenen Matrosen Bunge verwandt und für den Rest am Donnerstag an Bord ein Fest veranstaltet Auch der Mannschaft der Kreuzerfregatte „Bismarck" wurde ein Geldgeschenk überwiesen.
Kreuznach, 4. Juni. Die gestrige Feuersbrunst hat 21 Häuser vollständig zerstreut und mehrere Gebäude teilweise beschädigt. Unter den niedergebrannten Gebäuden befinden sich 4 große Gerbereien und 6 Gerbhäuser , 1 Lohmühle und 1 Bierbrauerei, die jedoch nicht mehr betrieben wurde. In dieser war das Feuer entstanden. Gegen 6 Uhr abends trafen die telegraphisch herbeigerusenen Feuerwehren aus Bingen, Langenlonsheim und Ebernburg ein. Nach 7 Uhr abends war das Feuer ziemlich bewältigt; um 8 Uhr fing es wieder heftig an zu brennen. Heute morgen sind immer noch Spritzen thätig, doch ist jetzt jede Gefahr beseitigt. Die meisten der niedergebrannten Gebäude waren versichert.
Wevrnifctztes.
— Eine neue deutsche Erwerbung in Afrika! Die von der deutschafrikanischen Gesellschaft herausgegebene „Kolonial-Politische Korrespondenz" meldet, daß die von der genannten Gesellschaft ausgerüstete Expedition Hörnecke in Lamu den Gebrüdern Denhardt, den bekannten Forschungsreisenden, einen Besuch gemacht und von ihnen erfahren habe, daß sie mit dem Haupt-Sultan der dortigen Suaheli Freundschaft geschlossen hätten. Auf Vitu hätten sie die deutsche Flagge gehißt. Offizielle Mitteilungen über diesen Akten ständen binnen Kurzem zu erwarten. Die durch die Manda- Jnsel geschützte Lamu-Bai liegt unter 2 Grad 30 Minuten südlicher Breite und 71 Grad westlicher Länge, nördlich von den Mündungen des Tama- Flusses, der von dem Kenia-Gebirge herunter sich in den indischen Ocean ergießt. Vitu ist von der Lamu-Bai etwa 40 Kilometer landeinwärts in westsüdwestlicher Richtung gelegen.
— Die Ströme der Erde. Stanley giebt im zweiten Teile seines eben erscheinenden Werkes: „Der Congo und die Gründung des Congo- staates", einen interressanten Vergleich der Ströme der Erde. Mit welchen Augen — sagt er — würde man den Congo betrachten, wenn man auf einem Dampfer stände, wie sie den Mississippi befahren, der mit einer Geschwindigkeit von zwölf Knoten den Strom durchschneidet und ein von einem bewährten Sonnensegel geschütztes Promenadendeck besitzt, aus welchem man auf und nieder schreiten kann, während in üppigster Weise auch für Kost und Logis gesorgt ist. Ich glaube, man würde dem Congo den Vorzug vor allen andern bekannten Flüssen geben. Unwillkürlich stellt man Vergleiche an. Der Rhein? Nun, der Rhein ist'selbst an seinen malerischsten Stellen nur ein mikroskropisches Miniaturbild des untern Congo; aber um diesen gehörig zu sehen und zu würdigen, muß man auch den Rheindampfer mit seiner bequemen Einrichtung haben. Der Mississippi? Der Congo ist anderthalb«,«! länger und gewiß acht- oder zehnmal so breit als der Mississippi; man kann wohl ein Dutzend Kanäle auswählen, an denen
weichen Rasen nieder und betrachtete sinnend die schäumenden, springenden und stürzenden Wellen, die so recht ein Bild und ein Spiegel seiner unruhvollen Seele waren.
Die erhabene Schönheit der ihn umgebenden Natur, die Milde der duftigen Luft, die wohlthuende Frische des lebendigen Baches übten bald ihren besänftigenden Einfluß auf ihn, und seine Aufregung ließ merklich nach; nicht am wenigsten trug aber auch zu seiner Beruhigung jener Leichtsinn bei, der seine zweite Natur war und ihn niemals lange unter einem und demselben Eindrücke duldete. Nach einer längeren Rast kehrte er nach Cauterets zurück und trug dort in seiner gewohnten Umgebung die vollkommenste Seelenruhe zur Schau. Die Nacht schlief er wie ein Gerechter, und am nächsten Morgen war er heftig überrascht, als ihn sehr früh sein Kammerdiener weckte und ihm meldete, daß die übrigen Herrschaften bereits zum Ausfluge nach dem Vignemale bereit seien und nur noch auf ihn warteten. Er hatte das Projekt gänzlich aus dem Gedächtnis verloren, und daran trug Jsmael allein die Schuld. Eilig kleidete er sich an, und bald war er unten bei der Gesellschaft, die aus etwa dreißig Herren und Damen bestand und sämtlich Gebirgspferde bestiegen hatten; der Graf reichte Don Balthasar und einigen andern Bekannten die Hand, grüßte huldvoll nach allen Seiten, schwang sich auf sein Pferd und suchte mit dem Blicke seinen Sohn.
„Wo ist denn Leo?" fragte er die Gräfin.
Er läßt sich entschuldigen, weil er heute Dienst hat", antwortete diese, ucienne schien unangenehm berührt von dieser Mitteilung; dennoch aber war ihr Verdruß gar nicht zu vergleichen mit dem Schrecken, den Graf Ville- fleur empfand, als er im Hintergründe der dichten Reitergruppe Jsmael Gantz gewahrte, der sich eben anschickte, einen Esel zu besteigen, um auf diesem an
dem Ausfluge Teil zu nehmen. Der Graf schlug seinem Gaule beide Sporen in die Flanken und flog, als hätte er aus der Nähe eines Dämons fliehen wollen, an die Spitze des Zuges, der sich sofort zum Aufbruch in Bewegung setzte. Die beiden Führer und Jsmael, dessen Grautier nur im Schritte ging, blieben ohne Weiteres eine kleine Strecke hinter der kurz trabenden Gesellschaft zurück.
„Habt Ihr denn kein Pferd auftreiben können, Herr Jsmael?" fragte spöttisch Juan, „oder war das zu kostspielig für Eure Mittel?"
„Was geht das Dich an?" entgegnete ärgerlich der Alte, indem er dem Basken einen haßvollen Blick zuwarf; er hatte Juan den losen Streich aus der Gaststube zu Pierresitte noch nicht vergessen, „oder habe ich einem Spitzbuben Deiner Sorte Rede und Antwort zu stehen?"
„Oh, oh, Herr Jsmael, denkt Ihr denn immer noch an den kleinen Scherz von letzthin?" lachte unverschämt Juan, „wir haben das längst vergessen, nicht wahr, Biariz?" wandte er sich an seinen Kameraden.
„Total", antwortete dieser mit seiner ewigen Würde, „als wenn wir heute an solch eine Armseligkeit zu denken hätten!"
„Ja, wahrhaftig, das spielt auch heute zumal eine Rolle I" versetzte mit verächtlichem Ausdrucke Juan. „Sogleich, Herr Jsmael . .
„Pst" I" that Jsmael, indem er einen scheuen Blick ringsum warf, Mauern und Felsen haben Ohren — und da vorn ist ja auch unsere Gesellschaft wieber."
(Fortsetzung folgt.)