Amtsblatt für de« Obcramtsbezirk Nagold.
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Stuttgart, 21. Nov. Die „Bürger-Ztg." bringt einen von Zeugen Unterzeichneten Bericht über die herzlosen Versuche, mit denen der Kaplan Wengert in Neuhausen einen sterbenden Glaubens-Genossen gequält hat, in gemischter Ghe lebend, seine Kinder hat protestantisch erziehen lassen und die Zumulhnng des Pfarrers, diese rvieder katholisch werden zu lassen, standhast zurückwies. Schließlich, als der Schwerkranke keine Antwort mehr geben konnte, sagte der Pfarrer: „So fahren Die denn hin mit Ihrer verdammten Seele!" und entfernte sich.
Stuttgart, 25. Nov. Die gestrige Volksversammlung im großen Saale der Bürgergesellschaft, veranstaltet vom Volksverein zur Besprechung der Ltrafgesetznovelle, war überaus zahlreich besucht. Weit über 1000 Personen aus allen Parteien, darunter die-Mehrzahl dem Volksverein angehörend, hatten sich eingesunden. Den Vorsitz führte G.-R. Walter. Herr Karl Mayer setzte in eindringlichen Worten auseinander, daß die Zeiten der ärgsten Reaktion eingetreten seien, denn noch nie sei einem Volke so etwas Erniedrigendes geboten worden, wie diese von der höchsten „Tvrannei" eingegebene «trafgesetznovelle. R.-A. Payer d. I. erläuterte die einzelnen schärfsten Bestimmungen der^Straf- gesetznvvelle, die er eine Ungeheuerlichkeit nannte, in.ihrer ganzen Schärfe und Bedeutung. Würde diese vtrasgesetznoveile erst Gesetz, dann könnte er es hier nicht mebr wagen, so zu sprechen, wie er spreche , dann würde er abgesaßt und als Aufrührer bestraft. Dann würde den Deutschen für immer das Maut gestopft; kein freies Wort dürfte mehr, wie bisher bei uns, gesprochen werden Also solle man, so lang es noch Zeit sei^ dagegen ankämpfen; cs sei das Verpflichtung aller Parteien, auch im Sinne unserer Regierung, weil der Vertreter Württembergs in Berlin sich dagegen ausgesprochen habe. Rechtsanwalt Becher trat nun 'aus die Rednerbühne und sagte, daß bei solchen Vorgängen in Deutschland auch die Alten hinter dem Ösen Hervorkommen und sich ausjprechen müssen gegen solche enormen Rückschrittsgesetzentwürfe. Man solle ein Beispiel nehmen an dem „verrotteten" Frankreich, das einstimmig sich asisspreche gegen ein ähnliches Gesetz, das Preßgefetz. Deutschland sei jetzt groß, aber die Deutschen würden es nicht sein, wenn sie ein solches Gesetz annehmen würden. Rechtsanwalt Niethammer v. Reit, sprach sich ebenso energisch dagegen aus und schloß mit den Worten des großen deutschen Dichters: „Nichtswürdig ist ein Volk, dasmicht Alles einsetzt für seine Ehre." Nun erhielt August Hochberger von der Deutschen Partei auf sein Verlangen das Wort. Er erklärte, daß es'ganz irrig sei, wenn man die „Deutsche Partei" in der Weise angreife, daß sie gegen die freiheitlichen Bestrebungen sei. Es gebe auch unter ihr Elemente, welche nach erlangter Einheit nun auch die Freiheit anstreben. Er gehöre zu diesen selbst, er sei eben so .bestimmt gegen diese^Strasgesetz- novelle und er sei überzeugt, auch der Abgeordnete von Stuttgart im Reichstage werde dagegen stimmen. Bon der Deutschen Partei seien ebenfalls die meisten gegen eine solche reaktionäre Maßregel. Es wurde nun Ziffer um Ziffer der gedruckt vertheilten Resolutionen verlesen und durch yändeaufheben darüber abgestimmt. Sie wurden alle einstimmig angenommen. Sie lauten: Die Stuttgarter Volks-Versammlung zur Besprechung der Strafgesetznovelle, abgehalten am 24. November 1875, erklärt im Anschluß an die Kundgebung des Stuttgarter Bolksvereins wider die Strafgesetznovelle: 1) DaS Ansinnen der Reichsregierung an den Reichstag, ein kaum in Kraft getretenes wichtiges Gesetz schon heute wieder und "zwar in reaktionärem Sinn abzuändern, ist mit unfern Begriffen von der Aufgabe und Würde der Volksvertretung nicht vereinbar. 2) Die Novelle/, eiugegeben vom Geist mittelalterlicher Strenge und Gewalt, entspricht weder den Lehren der Wissenschaft, noch dxn Bedürfnissen der Zeit. Jene'fordern Milde und Humanität' selbst Für dms gemeine Verbrechen; die religiösen, sozialen und.politischen Kämpfe aber wollen überhaupt nicht mit scharfen Strafgesetzparagraphen, sondern mit moralischen und intellectuellen Waffen ausgefochten sein. 8) Nur die volle Freiheit der Meinungsäußerung kann Verständigung, Versöhnung, gesunde Entwicklung bringen; die immer weitergehends Unterdrückung des freien Geists und Worts erzeugt nur Mißtrauen, Haß, gewaltsame. Erschütterung in Staat und Gesellschaft. Unser Württemberg namentlich, einst im Genuß der ganzen Preßfreiheit und des unverkümmerten Bereinsrechts, muß die abermalige Bedrohung dieser wichtigsten Grundrechte doppelt schwer empfinden. 4) Nach alledem kann »sich die inzwischen erfolgte Ablehnung einzelner Bestimmungen des Entwurfs von Seiten des Bundesraths kein Vorwand für eine vereinbarende, sondern nur ein Vorgang für die. einzig richtige Behandlung im Reichstag sein — für die Verwerfung der ganzen Strasgesetznovelle! Der Vorsitzende der Versammlung ist beauftragt, diese Erklärung sammt der Kundgebung des Stuttgärter Bolksvereins in der nöthigen Anzahl von Exemplaren"dem ReichstgAabgeordneten für Stuttgart mit der Bitte zuzustellen,, dieselben geMMgst zur Kenntniß seiner Herren Kollegen im Reichstag zu bringe». , -
Neuenbürg, Am Ddnfferstag den 18. d. Mts. brach in Grünhütte, einer zu Wildbad gehörigen, von demselben ca. 7 Kiloin. entfernten, tief.im Walde gelegenen Parzelle, welche aus nur 4 Häusern .besteht^ Feuer aus, welches jedoch mit Hilfe der herbeieilenden Bewohner der Geünhntte.sofort vernichtet wurde, ehe es erheblichen Schaden anrichten konnte. Der Pchaden am Haus und Mobiliar ist ganz unbedeutend. Dagegen haben die
Bewohner alle mehr oder weniger starke Brandw>nden daoon- getragen; ein 1'/-jähriges Kind war denselben schon erlegen, als man das Haus nach dem Brande betrat. Dem Familienvaier sind beide Hände ganz entsetzlich verbrannt, der Mutter das Gesicht, einem Kind die Arme und das Gesicht-, so daß dasselbe seinen Wunden erliegen wird, die beiden anderen Kinder waren weniger bedeutend verletz! Die Entstehungsnrsache des Brandes ist Unvorsichtigkeit von Seiten der Beschädigten.
..Rottweil, 22. Nov. Die hiesige Stadt, bezw. die sog. Stiftung daselbst, welche beide einen sehr großen Waldkomplex haben, erlitten in demselben durch, die letzten Stürme ebenfalls einen beträchtlichen Schaden, indem diese nach einer Schätzung bei 9—10,000 Stämme niedergelassen haben sollen. Am meisten litt der Waldtheil Stollberg, der fast total verwüstet ist.
München, 17. Nov. Der Bezirksamt,nann Volkheimer in Velburg (Oberpfalz) Hai, weil er das katholische Kasino in Velburg schloß und die Bürgermeister seines Amlsbezirkes jüngst ermahnte, selbständiger zu werden und sich nicht am geistlichen Gäitgelbande führen zu lassen, durch die Post ein mit großem Siegel verschlossenes Schriftstück zugestelll erhalten, dessen Inhalt lautet: „-ßi-j- Karl Volkheimer, z. Z. in Velburg, ist durch Beschluß der geheimen Behme heute zum Tod vernrtheilt worden: Diene zur Darnachachtung und eventuellen Vorbereitung. Vollzugsorgan, Zeit und Ort durch den VIl. Ritter festgesetzt, -s-j-j- Die Kommune."
Als Verfasser der Arnim'schen Broschüre wird in Berliner unterrichteten Kreisen der Sohn des Exbotschafters ans dessen erster Ehe, Hr. v. Arnim-Schlagenthin, angesehen.
Wien, 24. Nov. Der Cardinal Fürstbischof Rauscher ist heute Nachmittag um 3 Uhr verschieden.
Straßburg, 24. Rov. In Bezug ans die Reise des Bischofs von Straßburg enthält die Pariser Monde folgende interessante Notiz: „Der Bischof Räß hat sich, von Rom kommend, letzten Mittwoch in Toulouse aufgehalten und ist Tags darauf nach Lourdes gereist, um ein Gelübde zu erfüllen, welches er während der Belagerung seiner Bischofsstadt gethan hatte. Er hatte im sinne gehabt, den Papst um Aenderung dieses Gelübdes zu bitten, in Anbetracht seines hohen Alters; allein der h. Vater bestand auf Erfüllung desselben, indem er bemerkte: Gehen Sie nach Lourdes, so sehr auch Ihr Herz Ihnen diese Pilgerreise widerräth! Der ehrwürdige Prälat zauderte nicht länger trotz seiner weißen Haare. Er ist jetzt in Lourdes, wo er für uns beten wird." Es gereicht Herrn Räß zur Ehre, daß er Bedenken gehegt hat, nach Lourdes zu wallfahren; das Alter wird der wahre Grund nicht gewesen sein; denn wenn man einmal den weiten Weg nach Rom macht, kommt es ja auf den nicht sehr großen Umweg über Lourdes nicht an.
Ein entsezliches Verbrechen ist dieser Tage in der Nähe von Temesvar verübt worden. In der Nacht vom Id. aus den 16. d. wurde der von Lippa nach Temesvar verkehrende Postkarren von Räubern überfallen, der Postillon ermordet und der Briefkasten erbrochen und ausgeraubt. Die Raubmörder legten hierauf den Leichnam wieder in den Karren und gaben dem Pferde die Direktion nach Allions, wohin dasselbe, der Gewohnheit gemäß auch richtig seinen Weg fand und ruhig vor der Poststation stehen blieb. Der Postmeister, welcher die Post bereits mit Ungeduld erwartet hatte, wollte seinen Augen kaum trauen, als er den Wagen mit dem todten Postillon und dem leeren.Briefkasten erblickte. Es sind umfassende Recherchen ein- geleitet worden, die jedoch bisher ohne Resultat blieben.
London, 24. Nov. Der „Times" wird aus Konstan- tinöpel gemeldet, daß die Pforte die Gesandten Oestreichs und Rußlands aufgefordert habe, dem Fürsten Nikita von Montenegro Vorstellungen wegen des anhaltenden Zuzugs von Montenegrinern zu den Aufständischen zu machen. — Aus Cektinje wird der „Times" gemeldet, daß die Feindseligkeiten in Folge der eingetretenen Kälte eingestellt sind.
Eine Massevergiftung durch Ziegenmilch hat in Rom die allgemeinste Aufregung hervorgebracht. Die Erkrankungen, welche sämmtlich im Borgo Rione anftraten, trugen den Charakter der Cholerine, zum Theil auch der Cholera, und dauerten