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möglich, besichtigt worden war, gings in die Turnhalle, wo die hiesigen Turner den werten Gästen ihre bekannten Musterleistnngen am Neck, Barren, Pferd, Steinwerfen, Stemmen u. s. w. vorführten, die von denselben mit regem Interesse verfolgt wurden. Nach dem Turnen wurde eine gemeinschaftliche kleine Bierreise (Adler, Krone, Schwarzwaldhotel) angetreten, bei welcher eine ganz animierte Stimmung herrschte, welche im Gesänge von hübschen fröhlichen Turnerliedern zum Ausdrucke kam. Der Vorstand des Calwer Turnvereins, Herr Otto Georgii, dankte dem hiesigen Turnverein für die erwiesenen Aufmerksamkeiten, Herr Lehrer Dieterle im Namen des hiesigen Vereins für den uns gemachten Besuch. Unten aber am Bahnhofe, als der Zug sich in Bewegung setzte, erscholl ein kräftiges „Gut Heil!" das lebhaft vom Zuge aus erwidert wurde. Möge die wackere Turnerschaar, die trotz Regen und Schnee ihren Marsch nach hier fortsetzte, Entschädigung gefunden haben in den paar frohen Stunden, die ganz dazu geeignet waren, die turnerischen Bande beider Nachbarvereine enger zu knüpfen. Schwäb. Dorfztg.
Stuttgart, 16. Mai. (Vom Musikfest.) Wie wir vernehmen, sind die Eintrittspreise zum Musikfest vom Komitee wie folgt veranschlagt worden: Ein für alle drei Abende gültiges Abonnement Sperrsitz erster Abteilung (im Saal) kostet 15 die zweite Abteilung (Saal oder Galerie nach Wahl)
12 ein numerierter Sitz im Saal 10 cIL. Vergleicht man diese Preise mit den bei auswärtigen Musikfesten üblichen, so ergibt sich eine Preisermäßigung für Stuttgart um das Doppelte. In Köln, Mainz, Bonn, Aachen, Düsseldorf, Kassel betrugen die Preise 30 , bezw. 24 und 21 für drei
Abende, Sperrsitze für einen Abend 10 u. s. w. Das Komitee hat geglaubt, Rücksicht darauf nehmen zu sollen, daß in Stuttgart die Theater- und Konzert-Preise überhaupt niedriger sind, als in andern, selbst kleineren Städten, und man hat dieser Rücksicht so sehr Gehör geschenkt, daß die Eintrittspreise für das Musikfest nunmehr eher unter, als über dem Durchschnitt auch der in Stuttgart üblichen Konzert-Preise stehen. Wie bereits mitgeteilt, sind die Abonnements übertragbar, die Koupons für die einzelnen Abende können also von verschiedenen Personen benützt werden. Bei dieser Vergünstigung hat man es für überflüssig gehalten, für die Subskription zur Verlosung der Plätze auch Einzelbillets auszuschreiben. Inwieweit nach Abschluß der Subskription, für welche der Termin in nächster Woche bekannt gegeben werden soll, Einzel- oder Abonnementsbillets zu erhöhten Preisen abgegeben werden, ist bis ins Einzelne noch nicht festgestellt; man wird solche für die zureisenden Fremden in entsprechender Anzahl reservieren müssen; das Publikum Stuttgarts und des württembergischen Inlandes aber wird gut thun, sich zeitig an der Subskription zu beteiligen. Wie wir hören, erfreut sich das Musikfest bereits in allen musikalischen Kreisen eines lebhaften Interesses und man sieht demselben mit großen Erwartungen entgegen.
Stuttgart, 18. Mai. Wie wir aus bester Quelle vernehmen, haben Ihre Majestäten der König und die Königin Ihr Erscheinen bei dem Musikfest in Aussicht gestellt.
Bietigheim, 9. Mai. Herr P. Fuhrmann, Direktor der Kammgarnspinnerei hier, verläßt in nächster Zeit nach 25jähriger erfolgreicher Thätigkeit unsere Stadt, um in Stuttgart seinen Wohnsitz zu nehmen. Sämtliche Angestellte der Fabrik, die Beamten und der Gemeinderat unserer Stadt und viele Verehrer und Freunde des Jubilars versammelten sich daher heute abend um denselben im Gasthof zur Krone, wo eine solenne Abschiedsfeier stattfand. In mehreren Toasten fand die hervorragende Wirksamkeit des Herrn Fuhrmann, welcher die ihm untergeordnete Fabrik zu einem blühenden Etablissement mit gegen 600 Arbeitern emporgehoben hat, besondere Würdigung. Mit Dank wurde der Mildthätigkeit gedacht, welche der Scheidende stets an den Armen unserer Stadt bewiesen hat, und der Liebenswürdigkeit, mit welcher er den Angestellten und Arbeitern der Fabrik stets begegnet ist.
Großheppach, 15. Mai. Heute morgen um 9 Uhr erschoß sich der seit 2 Jahren hier ansässige verheiratete Kaufmann Kaufmann in seiner Wohnung, nachdem er schon lange Selbstmordgedanken in sich getragen.
so die Leute zu bestehlen? Aber wartet, ich weiß, an wen ich mich wenden werde, und Du sollst mir dafür büßen, verlaß Dich darauf!"
„Ruhig, Herr Jsmael!" gebot Biaritz, „bedenkt, daß in den Bergen Abgründe sind, und daß Ihr oft unseres Beistandes bedürft."
Diese Bemerkung war offenbar nicht ohne Eindruck auf Jsmael, denn sein Zorn verflog wie auf Zauberwort. Uebrigens schien Biaritz im Allgemeinen einen gewissen Einfluß auf Jsmael zu üben, woran vielleicht seine riesenhafte Erscheinung einen Teil haben mochte. Ohne auf die Klagen und Einsprüche seines Opfers zu achten, rief Juan, froh und mit lautem Geschrei, dem Gastwirt in die Stube. Dieser hatte mit Betrübnis eben einen herrschaftlichen Wagen an seiner Thür vorbeieilen gesehen und folgte unwillig dem Rufe des mittellosen Bergführers.
„Tragt einmal auf, Herr Wirt!" rief fröhlich Juan, „Herr Jsmael Gantz bezahlt uns ein gutes Frühstück und ein paar köstliche Flaschen."
„Ist doch nicht möglich!" entgegnete überrascht und ungläubig der Wirt.
„Leider nur zu wahr!" seufzte Jsmael und brach in einen jammererregenden Husten aus.
Der Wirt machte eine tiefe Verbeugung vor dem edlen Geber.
„Ja, ja", nahm wieder Juan das Wort; „Herr Gantz erinnerte sich eben, daß vergangenes Jahr der brave Biaritz ihm einmal das Leben rettete, als er eben von einer Kante eines hohen Felsen herabzustürzen in Gefahr schwebte, aus Dank —" ^
„O, der ehrwürdige Herr!" rief der Wirt aus und verbeugte sich noch tiefer und respektvoller vor Jsmael.
Dieser aber wandte ihm eilig den Rücken und stürzte hinaus, um wieder in seinen Wagen zu steigen und seine Fahrt fortzusetzen; jedoch sein Kutscher, der ihn bei Tische vermutete, war in eine Kneipe der Nachbarschaft getreten
Schon vor längerer Zeit bestellte er bei einem hiesigen Schreiner seinen Sarg, bei einem ebenfalls hier wohnhaften Steinhauer seinen Grabstein, worauf stehen solle: „Richtet nicht, auf daß ihr nicht gerichtet werdet", sowie als Todestag der „15. Mai". Der Mesner erhielt zu Lebzeiten des Toten bereits seinen Lohn fürs Läuten bei der Beerdigung.
Werrrnifchtes.
— Rebenräucherung. Man schreibt aus Freiburg i. Br.: Nachdem am 26. v. Mts. bei den Reben in Herder» ein Räucherungsversuch gemacht worden, hat nun unsere thätige Rebenbeobachtungskommission für die Reben von der „Schöneck" (oberhalb Herder») bis ZähringeN eine „Räucher- Wehr" ins Leben gerufen. Die Ueberwachung dieses Bezirks ist drei Wehrhauptleuten zugeteilt, denen wieder zwölf Obmänner, die mit je sechs Mann das Räuchern besorgen, unterstellt sind. Die Räucherherde sind auf 156 festgestellt, für welche 156X50 — 7800 Pfund Gasteer, der auf städtische Kosten angeschafft wird, erforderlich sind. Auch für die Reben des Schloßberges von Schöneck bis Karthaus, sowie des Lorettoberges und Umgebung soll jetzt eine ähnliche Organisation ins Leben gerufen werden und dürfte eine solche auch anderwärts Nachahmung finden.
— Anordnung des Hastpflichtgesetzes. Vor etwa l^/z Jahren verunglückte in der Brönner'schen Farbfabrik in Frankfurt a. M. ein Arbeiter, indem er in Folge einer Explosion durch heiße Dämpfe verbrannt wurde. Es wurde auf Grund des Haftpflichtgesetzes dem Verunglückten lebenslänglich 60 pCt. seines gehabten Lohnes unter gleichzeitiger Sicherstellung der ihm zukommenden Rente zugesprochen.
— Alles, was recht ist. Aus Berlin wird berichtet: „Als Kronprinz Friedrich Wilhelm vor einigen Tagen mit seiner Gemahlin und den beiden jüngsten Prinzessinnen im Tiergarten promenierte, rief er einem ihm entgegenschreitenden Mann, der eine schwere Last trug, zu: „Mit einem so großen Paket ist es nicht erlaubt, auf dem Fußwege zu gehen!" Der Mann, der den Kronprinzen nicht erkannt haben mochte, erwiderte ruhig: „Aber zu Vieren in einer Reihe ooch nich." Der Kronprinz wendete sich lächelnd zu den Prinzessinnen, welche an der Seite ihrer Mutter gingen, mit den Worten: „Ja freilich, dann müssen wir uns trennen" und ließ die beiden Töchter vorausgehen, während er mit der Kronprinzessin folgte."
— Gewöhnlich bringt es die Sonne an den Tag, diesmal hat es aber das Meer gethan. Vor einem Jahr ging der Dampfer „Daniel Steinmann" bei Sambro, Neu-Schottland, mit 124 Passagieren an Bord, unter. Einer der Passagiere, welcher bei der schrecklichen Katastrophe ums Leben gekommen ist, Peter Andreas Micha elfen, hatte vor seiner Abreise von Europa eine Summe von 39,759 Dollars und andere Wertgegenstände bei einem gewissen Herschird in Hasle, Dänemark, gegen Ausfolgung eines Depositenscheines in Verwahrung gegeben. Herschird, der der Ansicht war, daß dieser Schein nie wieder zum Vorschein kommen würde, da ja das Schiff mit Mann und Maus untergegangen ist, verweigerte nun den Erben des toten Michaelsen die Herausgabe sowohl des Geldes, wie der anderen Gegenstände. In Folge dessen setzte sich das dänische Auswärtige Amt mit dem dänischen Konsul To bin in Halifax in Verbindung und beauftragte denselben, kein Mittel unversucht zu lassen, um des wertvollen Depositenscheines wieder habhaft zu werden. Alle Anstrengungen aber waren bis jetzt erfolglos. Dieser Tage wurde nun an der Küste von Neu-Schottland, in der Nähe der Stelle, an welcher der Dampfer untergegangen ist, ein kleiner Koffer ans Land geschwemmt, der eine Menge Briefe und Papiere enthielt. Derselbe wurde als das Eigentum des Peter Michaelsen erkannt und in demselben fand sich auch der so lange vermißte Depotschein, natürlich in verwaschenem und vergilbtem Zustand vor. Consul Tobin entzifferte aber den Inhalt und berichtete darüber telegraphisch nach Kopenhagen.
und hatte dort bei lustiger Gesellschaft und beim Glase ganz seinen Fahrgast vergessen.
„Wo steckt denn das Vieh?" schrie Jsmael, indem er sich nach allen Seiten umschaute; „hat denn Alles sich gegen mich verschworen?"
Als er eben diesen Ruf der Verzweiflung in die Berge sandte, sah er in der Richtung auf sich zu aus einer Schlucht, welche in die Straße nach CauteretS einmündete, einen kleinen Zug von Wagen und Reitern um die Krümmung Hervorbiegen, und seine scharfen Augen erkannten sofort in dem vordem Reiterpaare, einem Herrn und einer Dame, den Grafen Leo von Villefleur und seine Cousine Lucienne; im folgenden Wagen befanden sich der alte Graf und seine Gemahlin, und noch eine kleine Gesellschaft von unbekannten Touristen bildeten den Schluß; im gleichen Augenblick wurde sein Augenmerk durch die Klänge eines Posthorns nach der entgegengesetzten Richtung gerufen, von wo in scharfem Laufe eine mit vier Pferden bespannte offene Etra-Postkutsche heraneilte und sich schon auf hundert Schritte genähert hatte. Auch hier hatte Jsmael einen Bekannten entdeckt, einen reichen spanischen Bankier, Don Balthasar Higierro aus Bilbao, an dessen Kasse er schon öfter größere Geldanweisungen und Wechselbeträge einkassiert hatte. So schlecht einen Augenblick vorher die Laune des Alten gewesen war, so befriedigt leuchtete jetzt sein Gesicht aus, und sich die Hände reibend trat er mit vergnügter Miene schnell in die Thüre des Gasthauses zurück.
Der Zug von der einen Seite und die Extrapost von der andern langten im gleichen Momente vor dem Wirtshaus an und hielten beide still; die Reiter sprangen ab und Don Balthasar stieg mit Hilfe von zwei Dienern aus seinem Wagen; sogleich bemerkte ihn Graf Villefleur, und eilig verließ er seinen Platz zur Seite der Gräfin, um den ihm bekannten spanischen Bankier zu grüßen und ihn seiner Gemahlin und seiner Nichte vorzustellen.
(Fortsetzung folgt.)