werden mußten. Zn einer finstern, etwa 5 Fuß hohen und nur sehr kleinen Kammer bot sich nun den Beamten ein entsetzlicher Anblick dar. Auf einem alten Bettgestetl, in welchem sich nur ganz wenig vermodertes, nasses Stroh desand, kauerte ein nakles, zum Skelett abgewogenes Maschen mit eingezogrnen Beinen. Von Kindern war nicht eine Spur an dem schü--tzigcn, mir Un­geziefer wie besäeten Körper der unglücklichen Pew-son zu entdecken. Nachdem auf Anordnung des AmlS Vorstehers das völlig blöd­sinnig gewordene Mädchen gereinigt und bekleidet worden war, wurde dasselbe, sowie die Mutter nach Zossen befördert. Der dort hinzugezogene Arzt befahl den unverzüglichen Transport der bejammcrnsiverlhen Person nach einer Heilanstalt, während die unmuürliche Mutter zum Uutersuchung-Sarrest genommen worden ist. Ein weiterer Bericht besagt Folgendes: Die Unglückliche ist jetzt 28 Jahre alt und seit ihrem 23. Lcbens;ahce von der nn- natürlichen Mutter ciuzesperrt worden. In Folge unglücklicher Liebe ist sie geisteskrank geworden, und da auch Merkmale von Tobsucht bei ihr zu Tage lrcuen, so sollte sie auf Anralhen eines unter strenger Aussicht gehalten werden. D>es wuroe nun von der Marter dahin ansgesührt, daß sie das Mädchen in jene enge Kammer sperrte, durch deren vernagelte Fensterläden keine Spur von Licht und Luft dringen konnte. Als der Amlsvocsle- her in Begleitung des Gendarmen in die Wohnung der Wlttwe Piesenack trat und dieselbe fragte, ob sie nichr eine Tochter habe, wurde diese Frage bejaht. Auf den Wunsch des AmlSvorstehers, das Mädchen zu sehen, erwiderte die Mutter, das sei unmöglich, da der Schlnjjel zur Kammer verlegt sei. Es wurde nun zur gewaltsamen Oefsnung des Gemachs geschritten und nun boi sich den Beamten ein entsetzlicher Anblick dar. Die in einer Ecke, zusammengekauerte, vollständig nackte Gestalt schien von dem Schimmer des eindringenden Lichtes geblendet und konnte aus die an sie gerichteten Fragen nur herausbringen:Will hier bleiben, Gott hat mich verlassen." Der Zustand des jetzr in der hiesigen Charite- befindlichen Mädchens ist ein jammervoller; au ihrem Körver fanden sich verschiedene wunde Stellen vor; die Sprache hat sie in Folge der Jahre lange» Einsamkeit fast vollständig verloren, und auf die an sie gerichteten Fragen antwortet sie entweder gar nicht, oder stößt, indem sie den Fragenden stier anbliüi, unarticulirte Töne hervor. Als Nahrung scheint ihr nur Schwarzbrod und Milch gereicht worden zu sein, denn nur nach diesen Speisen greift sie, während sic alles andere unbe­rührt läßt.

Einen interessanten Ausspruch des Fürsten Bismarck har , Prof. v. Shbel mitgetheilt, atS er sich neulich in Bonn ver­abschiedete, von wo er bekanntlich als Leiter der -Staatsarchive nach Berlin übersiedelt.Eine der schwächsten Seiten in Deutsch­lands öffentlichen Zuständen", sagte der Kanzler,liegt darin, daß die Masse unseres Volkes, ich mcine die Masse unseres ge­bildeten Volkes, so ganz und gar das Bewußtsein des Zusam­menhanges unserer politischen Gegenwart mit unserer politischen Vergangenheit verloren hat; ich wünsche dringend, daß aus den authentischen Urkunden heraus das Gefühl dieses Zusammenhan­ges wicderhergestellt, daß aus den Akten des 18. und 19. Jahrh. für alle irgendwie politisch wichtigen Momente unseres öffentli­chen Lebens die Urkunden an die Ocffentlichkeit gezogen und da­durch unser Volk mir historischem Sinne, als der besten Schule für politische Thätigkeit, erfüllt werde." Sybei fügte hinzu: Während also früher die höchste Empfindung für jedes Rühren an diese aroans lmporü herrschte, heißt es jetzt von höch­ster Stelle: Die möglichste Oeffentlichkeit^das möglichst breite und umfassende Licht ist der Wunsch des Ttaates."

DerFrank. Kurier" schreibt: Ein Berliner Gericht verurtheilte dieser Tage wegen Bismarckbeleidigung zu 7 Monat und wegen Gotteslästerung zu 14 Tagen Gesäng- uiß. Ein alter Freund unseres Blattes meint, diese anscheinende Ungleichheit käme daher, daß Bismarck einen Strafantrag gestellt hat, unser Herrgott aber nicht. Wir unterbreiten die unmaßgeb­liche Ansicht dem Urtheil der Herren Rechtsgelehrten.

Das Entweichen des Bischofs Martin findet überall dieselbe Beurtheilung. Die Magd. Z. sagt darüber: Der Bi­schof von Paderborn ist nun der zweiie von diesen Kirchenfürsten, die wie Miethlinge ihre Herde verlassen haben und über die Grenze geflüchtet sind. Wenn französische Offiziereiwährend des letzten Krieges ihr Wort brachen und aus der Gefangenschaft flohen, so mochte ihnen einige Entschuldigung um der Math des Vaterlandes willen gewährt werden, für welche sie von Neuem zum Schwerte griffen und ihr Leben auf das Spiel setzten; die Beschwerlichkeiten der Gefangenschaft waren es nicht, welche sie zuzn Wonbruch und zum Entweichen veranlaßten, sondern Patriotis­mus und Opferwilligkeit Von welcher Art aber sind die Gründe, aus denen der Fürstbischof von Breslau und der Paderborner Bischof von dannen gefahren sind? Sorge um die Wohlfahrt des . Leibes war die Triebfeder ihres Handelns. Sie sind an Wohl­leben gewöhnt und scheuen die Entbehrung. Kann es etwas Würdeloseres für einen Bischof, der sich sonst seines Martyriums rühmt und in großen Worten seinen Entschluß verkündet, seinen letzten Blutstropfen zur Ehre Gottes opfern zu wollen, geben,

als das höhnische Schreiben, welches Bischof Konrad Martin, nachdem er sich in aller Stille in Sicherheit gebracht, an den Regierungspräsidenten v. Eichhorn gerichtet und zugleich an die nltramontanen Blätter zum Abdruck versandt Hai? Weil dem Bi­schof der Gebrauch von Seebädern oder ein längerer Aufenthalt im Thüringer Walde angerathen ist und die nachgesuchke Erlanb- niß zu einer solchen Reise nicht sofort erlheill wird vermuth- iich hat die angegangene Behörde sich doch erst an die höheren Stellen wenden müssen, wodurch die Verzögerung ihre einfach- Erkiärnng findet hall er sich zur Selbsthülfe' berechtigt und verläßt die ihm zum Aufenthalt angewiesene Festung.Es zwingt mich vor allem die Pflicht der Selbsterhaltnng" schreibt er und reibt sich vergnügt die Hände, daß er der Behörde ein solches Schnippchen geschlagen."

Die durch das elementare Erergniß angerichieten Zerstö­rungen in dem freundlichen Städtchen Kirn sind ganz furchtbar. Die Brücke, weiche über die vom Hundsrücken kommende Hahnen­bach führte, ist weggerissen, das Nathhcms und ganze Häuser­reihen sind cingestürzt. Gegen 40 Menschen, sind umgekommen und theils von den zusammenstürzenden Gebäuden erschlagen worden, iheils in den Flutben ertrunken. Das unweit des Bahn­hofs gestandene Häuschen eines Eisenbahnbediensteten ist mit der ganzen Familie, welche darin wohnte, spurlos verschwunden und die Leichen der Unglücklichen noch gar nicht aufgefunden. Der Friedhof ist ebenso, wie sämmtliche Straßen total verschlammt, die Gräber durch die von de» Bergen herabstürzcnden Wasser aufgewühlt; verstreut liegen Sargfragmente, Schädel und Ge­beine zwischen andern hecgeschwemmten Trümmern. In der kath. Kirche liegt der Schlamm 10 Fuß hoch und nur ein ans dem Hochaltar stehender großer Friedensengel, welcher segnend die Hände ausbreitet, ragt über dem Chaos der Verwüstung empor. Er wurde vier Menschen, die in Der Schreckensnacht durch die brüllenden Wasserwogen ans dem Schlafe geweckt wurden und in die Kirche flüchteten, zum Rettungsort, da die Finthen seinen hohen Standpunkt nicht erreichten und die unter seine Fittichs geflüchteten Menschenkinder verschonten. Hentk sind 95 Pioniere aus Koblenz eingetrofsen, um bei Räumung der Straßen und Häuser in einem derselben wurden die Leichen von 18 Men­schen gesunden, welche sämmtlich im Schlafe von dem nassen Tode ereilt wurden, behilflich zu sein; auch die Feuerwehren der benachbarleu Orte leisten wackere Dienste.

Ragusa, 9. August. Aus slavischer Quelle wird gemel- > det: Am 4. Aug. wurde eine 800 Mann starke türkische Abrheilung von einer 200 Köpfe zählenden christlichen Ablhei- lung bei Nevesinje überfallen und total geschlagen. Die Lücken verloren einige Geschüze unv eine Menge Lebensmittel. Selim Pascha wurde verwundet. Der Derwisch Emir Pascha hat eine sehr energische Bekanntmachung gegen die Aufständischen ertasten, worin er androht, daß jeder, der den Aufständischen Hilfe bringt, über die Klinge springen soll. Der Blitz des Sultans wird, heißt es weiter, auf alle Jene fallen, die sich nicht nach unseren Befehlen richten, und die Billigkeit erfordert es, daß wir dann unerbittlich seien. Ich befehle, daß keinem Em­pörer Asyl gewährt werde; wer solches dennoch gewährt und wer es erhält, wird durch das Schwert hingerichtet werden. Ich befehle auch, daß in allen Gotteshäusern, die unter unserer Gerichtsbarkeit stehen, Gebete verrichtet werden, um die göttliche Hilfe und den Schutz des Propheten auf unfern Sultan und seine Regierung herabzuflehen.

Neiv-'Iork, 22. Juli. In dem Morino nen-St aat Utah ist, wie der hiesige Korrespondent derVoss. Zig." aus­führlich berichtet, erst vor einigen Wochen ein bereits vor l8 Jahren ungerichtetes grauenvolles Massacre an's Licht gebracht worden. Nach den Anssagen eines Mormonen-Bischof Lee, an deren ganzer, schrecklicher Wahrheit nicht zu zweifeln ist, wurde im September 1857 ungefähr dreihundert englische Meilen von der Salz-Seestadt eine Einivanderer-Karaoane von 133 Personen, worunter siebzehn Kinder, in bestialischer Weise bei kaltem Blute hingemordet. Alles was man von jener Karaoane bisher wußte, war, daß sie von Missouri aufgebrochen war, um sich in Utah anzusiedeln. Seitdem blieb sie verschollen. Alle Nachforschungen waren erfolglos; so streng wußten die Mormonen bas Gehe im- niß zu bewahren, obwohl sie unter einander offen davon spra­chen, ja es sollen sogar erbeutete Schmucksachen in den sechziger Jahren von den Mormonen - Frauen osten getragen sein. Der Proceß wird gegenwärtig in der Stadt Beaver geführt.

Allerlei.

(Unter. Menschenfressern). In einer der letzten Sitzungen der geographischen Gesellschaft in Paris hielt Karl Chailli-Long Bey, Oberst in der egyptischen Armee, einen Bor­trag über steine Reisen am oberen Nil. Er kam bis in das Land Niam Niam, das großentheils von Menschenfressern bewohnt ist. Sie halten früher weder einen Weißen noch ein Pferd ge­sehen und waren über sein Erscheinen in abergläubischer Auf­regung , da sie ihn für einen Centauren hielten. Durch seine» Dolmetsch verlangte er zu ihrem Obcchaupte geführt zu werden;