Sitzung sür schuldig befunden und zu 4 Monaten Festung und m die Kosten verurtheilt.
München, 28. Juni. Die Extremen der Ultramontan enpüriei (Richtung der Donauzeilung in Passau und der fränkischen Volkszeitung in Würzburg) ivollten die Parole ausgeben N.ichtwählen unter Protest, allein nachdem gemäßigte Parteiführer dies heftigst bekämpften, beschloß mau, zu wählen.
Bonn, 25. Juni. Die Bonner Zeitung bringt eine ausführliche Beschreibung des gestern zu Ehren der Anwesenheit -es Kultusministers vr. Falk gefeierten Bürgerfestes. Der Vorsitzende Prof. Bona Meyer ectheilte zuerst Geheimralh Sell das Wort zum Hoch auf den Kaiser. Dann erhob sich der Festredner des Tages, Prof. Bona Meyer und richtete im 'Kamen der Versammlung eine Begrüßung au den Minister Falk, die mit den Worten schloß: „Unter den Mitgliedern unserer'Vereine ist Keiner, der nicht weiß, daß nicht Haß noch Rache gegen irgend eine Religion Ihre Seele erfüllt, sondern Achtung vor jeder Religion. Sie hassen nur, wie wir 'Alle, die Priesterherrschaft, welche die wahre Religion erstickt, und halten ihr gegenüber das Recht wie die Macht des Staates hoch. Sie wollen Niemandes Gewissen Gewalt anthun, Sie wollen Helsen, die in Banden geschlagenen Gewissen zu befreie». Wenn dieser große Geistcskampf der Jahrhunderte zu Ende gekämpft sein wird, werden alle dankbar Ihren Namen nennen als den Namen des Mannes, welcher zu Denen gehört, die nicht nur dem Staat, sondern auch der wahren Religion die größten Dienste geleistet haben. Wir, Exz., thun dies schon jetzt, wir sind schon jetzt dankerfüllt und rufen deßhalb begeistert — hoch lebe unser Staals- ministcr L)r. Falk!" Dieser Rede folgte eine Ovation, wie wir sie nie erlebt. Stehend jubelten Alle dem verehrten Gaste zu; die Gläser erklangen, immer wieder von Neuem erscholl es: ,,Hoch! hoch! hoch!", als wollte cs nimmer enden, bis dann die Sängerschaaren sich sammelten und Uhland'L ergreifendes Lied „An das Vaterland" erschallen ließen: „Dir möcht' ich diese Lieder weihen". Dann erhob sich der Minister I)r. Falk und sprach unvergeßliche, herzerhebende Worte zu der Versammlung, Worte des Dankes, die in der schlichtesten Form doppelt ergriffen, aber auch Worte von höchstem Ernste in Bezug auf die unentwegte Durchführung unserer heutigen Kirchenpolitil, welche dazu beitragen werden, jene Zuversicht zu stärken, die den An hängern der Regierung unbedingt uöthig ist und den endlichen Sieg der gerechten Sache mehr als alles Andere verbürgt. Nachdem die Hochrufe verklungen, welche der Ministerrede folgten, sang die ganze Versammlung das schöne Lied: Deutschland, Deutschland über Alles. Daran schloß Prof. Menzel ein Hoch auf das deutsche Reich. Dieser Feier schloß sich am Freitag Abend ein imposanter Fackelzug an, wie ihn Bonn selten gesehen. Wohl über 1000 Bürger und Studireude hatten sich vereint, um dem Minister ihre Hochachtung und Verehrung darzubringen. Es war zu verwundern, daß vr. Falk trotz der großen Strapazen einer amtlichen Inspektionsreise noch in so frischer und zündender Weise auf das Hoch antworten konnte, welches ihm der Vizepräsident des deutschen Vereins, R.A. Wrede, mit mächtig über den Marktplatz schallender Stimme ausbrachte. Einen vollen Wiederhall werden die versöhnenden Worte des Ministers gefunden haben, welche er, daran anknüpfend, daß ein Theil der Studentenschaft (die kathol. Theologen) sich grollend von der Feier fern gehalten, mit erhobener Stimme der lautlos harrenden Menge zurief. Er sagte: ,,Jch halte es in der That nicht für möglich, daß in diesem Augenblicke schon in den Kreisen, die eben hier nicht vertreten sind, die Ueberzeugung sich Bahn gebrochen habe, daß mir die Ehre eines Fackelzuges zu gewähren sei. Ich weiß es nicht, ob jene Kreise zu meinen.Lebzeilen dahin kommen werden, anzuerkennen, daß das, was jetzt von meiner. Seite im Namen der Regierung S. Maj. des Kaisers geihan wird, auch um ihrer willen gethan wird. Aber davon bin ich durchdrungen, daß die Zeit einmal kommen wird; daß manches bittere, schmähende Wort, was ich in diesen Tagen habe hören und lesen müssen, sich einmal wandeln wird in ein Lob der Zustimmung und dev Dankbarkeit." Ein von den Studirenden veranstalteter Festkommers, welchem vr. Falk bis gegen Mitternacht in angs-, regtester Stimmung beiwohnte, bildete den würdigen Schluß der Feierlichkeiten. Aehnliche ehrende Huldigungen erfuhr der Minister in Köln und Düsseldorf, die er aber auch im vollsten Maße verdient.
Eine unsere Hausfrauen sehr interessirende Frage beschäftigte am Freitag den Kriminalscnat des Kommergerichts. Vor einigen Monaten machte eine Entscheidung der zweiten Kriminal- gerichts-Depntation des Stadtgerichts gegen eine Waschfrau, welche im Tagesdienst bei einer Herrschaft ihre eigene Wäsche mitgewaschen hatte und deßhalb wegen. Betruges mit 14 Tagen Gefängniß verurtheilt worden ist, bei den Hausfrauen nicht geringes Aussehen. Der Einwand der Angeklagten, daß dies ein althergebrachtes Recht der Berliner Wäscherinnen sei, fand damals keine Berücksichtigung; «Wich das Kammergericht verwarf
oenfelben als thatsächlich unerheblich und bestätigte das erste Erkenntniß.
Eg er, 28. Juni. Der Kaiser von Rußland ist heute Morgen hier eingetroffen und vom Kaiser Franz Joseph, der bereits heute Morgen um halb 7 Uhr zur Begrüßung des Kaisers Alexander hier angekommen war, empfange» worden. Die Monarchen umarmten und küßten sich wiederholt auf das Herzlichste. Die beiden Kaiser reisten um halb 10.Uhr zusammen in der Richtung nach Kommotau weiter. " ^
Auf Wunsch des Kaisers von Rußland wird bei den bevorstehenden Manöver» der russischen Truppen die preußische Armee durch eine Deputation von Offizieren aller Grade und Waffen vertreten sein. Die Offiziere müssen am 27. Juni in Warschau eintreffen.
Pest, den 29. Juni. In Folge eines am Samstag sialt- gehabten Wolkenbruchs werden 200 Personen vermißt, 112 Leichen sind bis jetzt aufgefunden. 110 Häuser sind geräumt, viele drohen dem Einsturz. Allseitig sind große Hilfeleistungen in Aussicht gestellt. Andere Berichte sprechen von über 1000 Tobten.
In den Pyrenäen fiel am 22. so viel Schnee, daß er sogar die Thäler bis auf eine Höhe von 80 ein. bedeckte. Das Schmelzen desselben trug zur Ueberschwemmung viel bei.
Paris, 27. Juni. Je genauer und eingehender die Mittheilungen aus dem Süden werden, um so schrecklicher erscheint die Katastrophe, welche über Nacht eine ahnungslose Bevölkerung getroffen hat. Am Stärksten ist die Stadt Toulouse betroffen worden. Man erkennt jetzt den Umfang des Unglücks aus den Zeitungen und Briefen, welche verspätet eintreffen, da die Verbindungswege zerstört waren. Die Räumung des Stadtviertels Saint-Cyprien jdauert fort ; 1200 Soldaten sind mit der Beseitigung des Schuttes beschäftigt. Man hat noch keine Vorstellung davon, wie viele Leichen unter den Trümmern liegen mögen; aber ein fader unverkennbarer Geruch, der aus den Schutthaufen aufsteigt, verräth, daß noch manche Leichname der Beerdigung harren. Die Ingenieure sind damit beschäftigt, die aufrechtstehenden, aber stark beschädigten Häuser, welche mit Einsturz drohen, zu sprengen. Jeden Augenblick hört man den Krach der Mauern, die von selbst weichen. Der Gemeinderath hat der Garnison von Toulouse einen Dank votirt; er wird eine Marmortafel aufstcllen lassen mit den Namen derjenigen Soldaten und Bürger, welche bei den Rettungsacbeiten als Opfer ihrer Hingebung geblieben sind. Von allerlei rührenden uud schrecklichen Episoden erzählen die Blätter; daß es an herzzerreißenden Szenen nicht gefehlt bat. läßt sich denken . 6000 Einwohner des Stadtviertels Saint-Cyprien mußten mit Kähnen aus ihren Häusern gerettet werden. Die Wirkung dieser Nachrichten ist denn auch allenthalben eins gewaltige. lleberall werden Zeichnungen eröffnet; die große Oper und das Theatre franxais kündigen Vorstellungen zu Gunsten der Ueberschwemmten an; die andern Theater werden folgen. Aehn- liches geschieht in den Departements. Es wird leider sehr große Summen bedürfen, um nur der augenblicklichsten Noth abzuhelfen. ' ' (S. M.)
Paris, 28. Juni. Der Präsident der Republik besuchte gestern von der Ueberschwemmung heimgesuchte Orte. Alle Steuer- Erheber uud Einnehmer öffentlicher Gelder sind zur Entgegennahme von Unterstützungen sür die Beschädigten ermächtigt.
Paris. Die bis jetzt von der Kämmer votirten und von der Privatmiidlhäligkeit gelieferten Gelder stehen in keinem Ver- hältniß zu dem Schaden, den die Wasser angerichtet haben. In Toulouse, wo mit Ausnahme einer einzigen aller Brücken hin- weggerisscn, 600 Häuser zerstört und eine Masse anderes Eigen- thum zll Grunde gerichtet wurde, wird der von dem Wasser angerichtete Schaden allein auf 100 Millionen geschätzt. Die große Zahl der Verunglückten ist dem Umstande zuzuschreiben, daß die Wasser plötzlich mit aller Gewalt einbrächen und eine Masse Häuser sofort niederrissen.
Schrecklich sind die Berichte zu lesen rüber die Unglückstage in Toulouse. Welch grauenvolle Nacht! heißt es in einem Brief, 15,000 Personen sind in der Gewalt der Garonne, die, eine Art von Todteninsel bildend, sich hinter dem Fanburg wieder vereinigt. Die ganze Nacht hört man niir das dumpfe Krachen einstürzender Häuser und die herzzereißenden Nothrufe der Opfer, welche der Wind bis an das äußerste Ende von Toulouse trägt. Heute, Donnerstag, Morgen ist die ganze Bevölkerung aus den Beinen; überall blickt man in blasse, schinerzerfüllte Gesichter. Wer von dem Unglück verschont ist, Männer, Weiber, Kinder, Greise, Alle bieten auf, was sie können, um die Betroffenen zu unterstützen: die Kraft ihres Arms, ihre Börse, ihre Hingebung. Man macht sich von dem gräßlichen Schauspiel keinen Begriff. Soeben habe ich 5 bis 6000 Unglückliche an mir vorüberziehen oder tragen sehen, erstarrt, halbtodt, nur mit den nöthigsten Kleidungsstücken bedeckt, aufgerieben von Angst und Leiden. Manchmal blieben Einige stehen und blickten stumm nach der Stätte zurück, wo ihre Häuser gestanden, blickten auf den tosenden Strom, der sie mitfortgerissen, Eltern, Kinder, Freunde von ihnen gefordert hat. Unterhalb und oberhalb Tou--