den Garten und drückte eine blind geladene Flinte auf ihn ab- Der Deiiunkcne stürzte zusammen und mußte in ein Bett verbracht wesden, wo er vom Schlage gerührt bald starb.
Künzelsau, 23. Mai. Der vor etwa 3 Tagen durch zwei Anhänger der Methodistenjekte so sehr mißhandelte hiesige Bürger Küfer Bohn befindet sich in dem denkbar bedauerns- wsrthesten Zustand; der Fuß ist ihm nicht gebrochen, sondern förmlich zerschlagen und zersplittert, so daß im besten Fall eine Amputation nölhig wird, viel wahrscheinlicher aber wird der Tod den unter entsetzlichen Schmerzen Leidenden erlösen. Einen Beweis, wie tief der Mensch durch religiösen Wahn, welcher aller sittlichen Grundlage entbehrt, sinken kann, liefert die Frau des Mißhandelten, indem sie heule noch die „Bruder" in Schutz nimmt und ihre eigene Handlungsweise keineswegs bereut, sondern im Gegentheil mit dem falsch verstandenen Wort: „Man müsse Vater und Mutier, Mann uns Kind verlassen und dem Herrn Nachfolgen," zn entschuldigen sucht. Eine schrecklichere Verirrung, welche alle Bande der Liebe, die ersten Bedingungen des Familienlebens, zerreißt, kann sich nicht gedacht weroen. Uebrigens gehören alle hiesigen Anhänger der Sekte den niedersten ungebildetsten Ständen au. (N. T )
München, 26. Mai. Wie jetzt bestimmt seslsteht, wird der König an der morgigen Frohnleichuams-Processton nicht theilnehmen. Das Militär ist, unter Dispensirnng der protestantischen Soldaten, zur Spatierbilduug bei der Procrssisn com- mandirt worden.
Ein Münchener Blatt enthält folgende Annonce: „Ein Mädchen, welches gewillt ist, einen Polyiechniker, der bis zur Vollendung seines Studiums noch ein Jahr braucht, mit 5000 Mark zu unterstützen, in der Absicht, ihn zn heirathen, schicke ihre Offerte nebst Chiffre rc."
Die Investitur des Fürsten Bismarck mit dem spanischen Orden vom Goldenen Vließ hat sich wegen Abwesenheit des Kronprinzen von Berlin verzögert, der auf Wunsch des Reichskanzlers die Uebernahme der Palhenstelle acceptirt hat. Um Uebecreichung des Goldenen Vließes an den neuen Ritter hat König Alfonso den deutschen Kaiser ersucht. Zu der feierlichen Investitur, welche nach der Rückkehr des Kronprinzen und des Fürsten Bismarck nach Berlin erfolgen soll, werden alle in Deutschland befindlichen Ritter des Goldenen Vließes cingeladen werden. An derselben nehmen auch der hiesige spanische Gesandte und die Mitglieder der spanischen Gesandtschaft Theil.
Man will wissen, daß Fürst Bismarck damit umgehe, wegen seiner Gesundheit und aus dringenden Rath seiner Aerzte künftig seinen Urlaub vorwiegend in einem wärmeren Klima zuzu- bringen und sich deßhalb in Süddentschland anzukanfen entschlossen sei. und daß er ferner damit umgehe, das Gut Varzin zu veräußern. (Letzteres klingt sehr unwahrscheinlich.)
Ueber die Aufhebung der Klöster in Preußen ist großer Jammer und die Römlinge stellen sich an, als sei solcher Frevel unerhört in der Welt und müsse zum Himmel schreien. Und Loch thut Preußen nur nothgedrungen, was die katholischen Regierungen und Staaten in Frankreich, Italien, Spanien und Portugal schon längst und viel gewaltsamer gethan haben. Davon sagen aber die Herren in der Kutte und im Talar dem armen Volke, das sie wider Deutschland aufhetzen, kein Wort. Kaiser Joseph, der große Menschenfreund, hob im vorigen Jahrhundert 700 Klöster und Orden mit einem Federstrich auf. In Frankreich wurden 1789 115 Mönchs- und 253 Nonnenklöster geschlos- , seu , ans denen 20,000 durch geistlichen Zwang gefesselte Menschen in die bürgerliche Gesellschaft zurückkehrten. In Portugal wurden im 2ten Drittel unseres Jahrhunderts sämmtliche Mönchsklöster mit etwa 6000 Mönchen aufgehoben und die Klostergüter als Stoatseigenthum erklärt. Die Regierung in Spanien schloß 1940 Klöster unter Einziehung des Vermögens und wies 30,000 Mönche und 25,000 Nonnen auf Pensionen an, die sie in ihren ewigen Finanznöthcn selten zahlen konnte. Italien schloß 1866 und in den folgenden Jahren 2400 Klöster mit 55,000 Mönchen und Nonnen. — Wenn aber Preußen und Deutschland dasselbe in viel milderer Form thut, dann schreien alle Römlinge: Ja, Bauer, das ist etwas anderes!
Von Fulda aus wird ein approbirtes Weihegebet verbreitet, dessen sich die Gläubigen am 16. k. M. bedienen können, an welchem Tag der Papst „den ganzen katholischen Erdkreis dem göttlichen Herzen Jesu in besonderer Weise weihen" will. Die Sache klingt einigermaßen wunderlich, wird aber von ultramontanen Blättern in vollem Ernste erzählt.
Ohne irgend Jemand zu nahe zu treten, müssen wir doch sagen, daß eine deutsche Frau viele Männer an Muth und Festigkeit übertrofsen hat. Das ist die Prinzessin Iulie von Datten- berg, Gemahlin des Prinzen Alexander von Hessen, welche aus der katholischen zur evangelischen Kirche übergetreten ist, weil sie die päpstliche Unfehlbarkeit nicht anerkennen konnte.
In verschiedenen Gesprächen äußerte der Bischof Förster bestimmt und direkt, sobald seine Absetzung ein kalt aeeompli sein werde, werde er seine Thätigkeit für Preußen einstellen und selbst in Sachen der Verwaltung der Bisthnmsgüter mit dem
Domkapitel nicht konferiren. Als man ihm mittheilte, daß man in ihm den geheimen Delegaten für Posen, nach dem man so lange schon fahndet, vermuthe, lachte er hell auf. Die sämmt- lichen dem Fürstbischof gehörigen Fahrnisse wurden in letzterer Zeit von Breslau nach Johannisberg gebracht.
Der „Evangelische Anzeiger" beklagt den zunehmenden Mangel an Theologen. Im vorigen Jahre gingen von allen Berliner Gymnasien nur drei Abiturienten ab, die jTheologi« studirten; in diesem Jahre sogar nur zwei. Unter den sämmt- lichen Breslauer Abiturienten war nur ein Theologe.
Mülhausen, 19. Mai. Ein eigenthümlicher Selbstmordversuch, der vorgestern hier vorkam, wird von der „N. Mülh. Ztg." wie folgt erzählt: Ein Handlanger, NamenS Albert Raff, aus Hohenzollern, 17 Jahre alt, hatte in der Absicht, sich das Leben zu nehmen, sich einen Strick um den Hals gelegt, , und war in der Hirschgasse auf einen der größten Pappelbäume geklettert, um recht hoch in der Luft baumeln zu können.
Es wollte ihm aber nicht gelingen, den Strick am Baume zn besestigen. Das junge Volk, welches sich um den Baum versammelt hatte, spottete deswegen den exalnrten Menschen aus,
so daß er in der Verzweiflung zum Messer griff, um sich den Hals abzuschneiden. Ob das Messer zu stumpf gewesen, oder ob es dem Menschen an Kraft mangelte, dasselbe ins Fleisch zu drücken, ist nicht ausgemittelt, jedenfalls ist er unversehrt vom Baume heruntergekommen. Ein Schutzmann hatte ihn aufgefordert, vom Baume herunter zn steigen, und da er die Polizei mehr fürchtete, als de» Tod, so gehorchte er und ließ sich in's Gefängniß abführen. Heute Morgen vor den Polizeikommissär geführt, erklärte der junge Mensch, man habe ihn bei der Arbeit so ausgescholten, daß er sich entschlossen, sich des Lebens zu entledigen, aber angesichts des vielen Volkes, welches sofort auf dem Platze gewesen sei (es waren schließlich wohl über 500 Personen anwesend), habe er sein Vorhaben nicht ausführen können. Auch hat er dann versprochen, ein so ruchloses Unternehmen ferner nicht mehr zu wagen.
Mülhausen, 19. Mai. Der gestrige Markt wies einen solchen Ueberfluß an Gemüsen auf, ^aß viele Verkäufer von Spinat und Salat ihre unverkauften Vorräthe auf dem Platz liegen ließen, nachdem sie sich nicht hatten entschließen können, dieselben um einen billigen Preis zu verkaufen. Am Schluß des Marktes wurde der Sack Kartoffeln zu 1 Fr. 50 C. feilgeboten, ein Preis, zu dem man seit 20 Jahren die Kartoffeln nicht mehr gekauft hat.
Wien, 25. Mai. Der attentais-verdächtige Wiesinger hatte zwei Mord-Anträge geschrieben: einen an den hiesigen Je- suiten-Provinzial, einen an Pater Beckx in Rom. Letzterer war damit motivirt, daß man schwerlich in der Wiener Filiale der Gesellschaft Jesu das nöthige Geld selbständig zur Verfügung habe. Dieser zweite Brief wurde vom Provinzial noch uneröff- net der Polizei-Behörde überliefert.
Wien, 25. Mai. Die „Presse" erfährt, Josef Wiesinger sei nicht Urheber des Attentats-Planes gegen den Fürsten Bismarck. Ein Anderer, welcher noch gesucht werde, habe den Plan gefaßt und den betreffenden Antrags-Brief geschrieben. Wiesinger habe zwar um den Inhalt gewußt, aber nur die Überreichung des Briefes, sowie die Abholung der Antwort übernommen, wofür ihm rin Boten-Honorar von 2000 Gulden nebst Antheil an der durch das Verbrechen zu verdienenden Summe zugesichert I gewesen. Ein Telegramm der „Presse" aus klerikalen Kreisen in Rom glaubt versichern zu können, daß dem Jesuiten General weder von Jos. Wiesinger noch von irgend Jemand in irgend welcher Form ein Attentats-Antrag gegen den deutschen Reichskanzler gestellt worden sei.
Wien, 26. Mai. Den heutigen Morgenblättern zufolge war das bei Wiesinger gefundene Schreiben an den Jesuiten- provinzial Pater Aemilian Bülow gerichtet. Diesem Schreiben nach sollte Bülow die Vermittlung mit dem Jesuiten-General Beckx übernehmen. Nach Aussage Sachverständiger rührt die Schrift des Briefes und beigelegten Zettels von derselben Hand her. Wiesinger ist 37 Jahre alt, aus Mähren gebürtig und verheirathet. Früher Expeditor bei der neuen Wiener Omnibus- Gesellschaft, bekleidete er seit zwei Jahren die Stelle eines Diurnisten.
Der neueste Attentäter, Joseph Wie sing er, hatte gestern ein längeres Verhör im Landesgerichle und soll bei dieser Gelegenheit eröffnet haben, daß es ihm um die Herauslockung einer Geldsumme zu thnn war. Daß er ernstlich die Absicht gehabt habe, ein Attentat gegen den Fürsten Bismarck zu verüben, stellt er in Abrede, auch will er von einem Mitschuldigen nichts wissen.
Wien, 26. Mai. In hiesigen berufenen Kreisen ist nichts bekannt, was die Meldung der „Neuen Freien Presse" von einer bevorstehenden Drei-KaiserBegegnung bestreiten würde.
Billige Annonce. In Oesterreich ist bekanntlich Papiergeld das gebräuchlichste Zahlungsmittel. Diesen Umstand hat eine heirathslustige Dame in sinnreicher Weise benutzt, ein Hei- rathsgesuch ohne ihrgend welche Jnsertionskosten in die Oeffent- lichkeit zn bringen. Sie schrieb nämlich auf alle durch ihre Hände