Berlin, 18. Mai. DieGermania" enthält eine Er­widerung des Episcopats auf das Minislerialrescript vom 9. April. Dieselbe sucht nachzuweisen, daß die vom Ministerium getadelten Behauptungen des Episcopats keineswegs in der betreffenden Eingabe gestanden hätten. Der Grundsatz, daß Gott mehr zu gehorchen sei als den Menschen, wird entschieden gewahrt. Be­züglich der Haltung der Bischöfe auf dem Conzil hebt das Schrift­stück hervor, daß die Nichtunterwerfuug unter die Entscheidungen des Konzils gleichbedeutend mit dem Abfall von dem katholischen Glauben gewesen wäre. Schließlich wird die Ueberzeugung ge­äußert, daß die Curie niemals abgeneigt sein werde, allen billi­gen Ansprüchen der Staatsregierung zu entsprechen.

Berlin, 20. Mai. Prinz Wilhelm von Württemberg, Oberst-Lieutenant und Commandeur des Garde-Husaren-Regi­ments, hat den nachgesuchten Abschied unter Beförderung zum Obersten und Versetzung zu den Offizieren ä !a suite der Armee erhalten. Der Prinz begibt sich am Sonnabend nach Stuttgart.

Berlin, 20. Mai. Das Herrenhaus genehmigte in erster Berathung den Gesetzentwurf, betreffend die Aushebung der Ver­fassungs-Artikel 15, 16 und 18.

Berlin, 20. Mai. Der Abschluß der Verträge wegen Abtretung der preußischen Bank an das Reich ist erfolgt. Der Kaufpreis für die Gebäude ist erfolgt. Der Kaufpreis für die Gebäude beträgt 22 Millionen Mark. Der Bundcsrath gab dem vom Ausschüsse vorgeschlagenen Reichsbankstatut seine Zu­stimmung

Dem Hause der Abgeordneten ist folgender Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Wiederaushebung der Beschlagnahme des Vermögens des ehemaligen Kurfürsten von Hessen vorgelegt worden: Einziger Paragraph. Die durch das Gesetz vom 15. Februar 1869, betreffend die Beschlagnahme des Vermögens des ehemaligen Kurfürsten von Hessen, auf das Vermögen des ehe­maligen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Hessen gelegte Be­schlagnahme wird hierdurch aufgehoben. Die Ausführung dieses Gesetzes wird dem Finanzminister übertragen. In den Motiven wird dargelegt, daß nach dem Tode des Kurfürsten ein zureichender Grund für die Fortsetzung der Beschlagnahme seines Vermögens fehle.

Der Kronprinz des Deutschen Reiches soll nach Berliner Blättern während seines jüngsten Aufenthalts in Berlin zu einem fremdländischen Diplomaten gesagt haben:Ich kann Ihnen versichern, daß ich eine tiefe Abneigung und einen unbezwing- lichen Widerwillen gegen den Krieg habe, und nie einen lebhaf­teren Wunsch gehegt habe, als denjenigen, nicht noch einmal sehen zu müssen, was ich bereits gesehen habe. Seien Sie über­zeugt, daß dies auch die Empfindung des Kaisers und meine: ganze» Familie ist."

Durch Denunciation erfuhr die Berliner Staatsanwalt­schaft, daß an Stelle des im Jahre 1872 zu einer auf vier Tage Gesängniß substituirten Geldstrafe verurtheilten Arbeiters Wil­helm Bartz dessen guter Bekannter, der Arbeiter Friedrich Wil­helm Schneider, die Freiheitsstrafe abgemacht habe, und erhob gegen Beide die Anklage wegen intellectueller Urkunde »-Fäl­schung bezw Anstiftung dazu. Auf die Frage des Präsidenten an den Angeklagten Bartz, warum er denn nicht selber seine Strafe abgemacht habe, erklärte derselbe: Er habe damals tüch­tig zu arbeiten gehabt, während sein Freund Schneider müßig gegangen sei und für Niemand zu sorgen gehabt habe. So seien sie denn übereingekonunen, daß es für beide Theile besser wäre, wenn Jener sich zur Abmachung der viertägigen Gefäng- nißstrafe stelle. Die Criminal Deputation des Stadt-Gerichts verhängte über Beide eine Strafe von je vier Tagen Gefängurtz.

Die feit mehiern Jahren zur Frohnlcichnamsfeiec von der katholischen Geistlichkeit ungeordnete Prozession von Moabit nach Spandau wird als nicht auf Herkommen beruhend dieses Jahr polizeilich nicht geduldet werde».

Berliner Blätter erzählen, wohin das neue deutsche Reichs­gold kommt, das wir Alle im Handel und Verkehr so schmerz­lich vermissen. Ein paar große Bankiers (Firma H. C. Plaut n Co s in Berlin kaufen cs an der Börse mit einem Agio von 4 pro Mille ans und schicken es nach Belgien, wo es für fran­zösische Rechnung eingefchmolzen wird. Wahrscheinlich betreiben noch viele Spekulanten dieses Geschäft. Der Fehler soll darin liegen, daß das Gold nicht im richtigen Werthverhältniß zu dem sinkenden Silberprcis ausgeprägt ist.

Aus Breslau schreibt man: Die Flucht des Für st bi schoss hat der ultraiuontauen Pariei in Schlesien einen fühl­baren moralischen Stoß versetzt. 'Noch am 16. v. M , bei der Feier des Priesterjubiläums des Prälaten redete Graf Lalle­strem den Fürstbischof mit den Worten an:Hier liehen wir katholische Männer und schwören, sa wie Sie, unser leuchtendes Vorbild, innihig ausznharren und nicht zu weichen, komme was mag!" Drei Wochen späier lieh dieser Herr dem Bischof einen Wagen zur Flucht.

In Kiel wird Ende dieses Monats wieder ein interes­santes Flottenschauspiel statlfinden. König Oskar II. von Schwe­den beabsichtigt den Höfen von Kopenhagen, Berlin, Dresden

und Wien einen Besuch abzustatten. König Oskar wird am 28. d. Mts. an Bord der KorvetteGeste" und in Begleitung eines schwedischen Geschwaders in Kiel eintreffen und dort feierlich empfangen werden. Zu diesem Zwecke wird das diesjährige Uebungsgeschwader, das größte Panzergeschwader, welches jemals unter deutscher Flagge beisammen war, eiistrcffen. Es wird auch das erste Neudeuzvous sein, welches sich die Flotten Schwedens und Deutschlands geben.

In Bezug auf das Aiteutatskomplott, mit dem sich die öffent­lichen Blätter feil einigen Tagen beschäftigen, kann ein Berliner Korrespondent derSchlesischen Presse" derselbenaus sicherster Quelle" die Mmheiluug machen,daß dasselbe in Warschau angesponnen und von der dortigen Polizei in dem Augenblick entdeckt ist, als die beiden Attentäter, ein gewisser Dunin und ein gewisser Waivcyuik, sich anschickten, zur Ausführung des von ihnen geplanten Verbrechens über Breslau nach Berlin adzurmse». Die russische Polizei benachrichtigte sofort den in Warschau sta- liouirteu deutschen Generalkonsul Freiherr» von Rechenberg und telegraphine nicht nur auf der Stelle an das Reichskanzleramt in Berlin, sondern verfolgte auch in Begleitung eines Konsulats- sekretärs die beiden vermeintlichen Attentäter in demselben Bahn­zuge, mir welchem diese reisten, bis Breslau. Dort wurde vom Freiherrn o. Rechenberg zur Beobachtung der Attentäter polizei­liche Hilfe requirirt, und dies scheinen dieselben wohl gemerkt zu haben, denn sie schlugen schon mit einem der nächsten Bahn­züge die Richtung statt nach Berlin nach Krakau ein, obwohl sie bei ihrer Ankunft in Breslau ein Telegramm vocfauden, welches die Anzeige enthielt, daß ihnen das versprochene Geld in Berlin werde ausgezahlt werden. Da Freiherr v. Recheuberg in Bres­lau erkrankte, so übernahmen die Weiieroerfolgung der Atten­täter bis Krakau Breslauer Kriminalbeamte, die daun später durch Berliner Kriminalbeamte in Krakau abgetöst wurden. Die Verhaftung der vermeintlichen Attentäter in Breslau ist wohl aus dem Grunde unterblieben, weil es an Beweisen für das von den­selben angeblich geplante Verbrechen fehlte. Wie diePost" gestern meldete, wäre einer der Attentäter in Krakau verhaftet wor­den, dieMagdeb. Ztg." hört von der Verhaftung zweier Emis­säre."

AuSdeinElsa ß, 14. Mai. In dem Dörfchen Bären­bach brach heute Mittag um halb 1 Uhr eine Feuersbrunst ans, welche nach 6',,stündiger Dauer zwei Drittel des Dorfes zerstört hat. 70 Häuser, darunter die Kirche, in deren Nähe das Feuer zum Ausbruch kam, das Schulhaus und das Pfarrhaus sind in Asche gelegt und Nichts konnte aus de nselben gerettet werden. Fast 100 Familien sind ohne Obdach.

Wien, 16. Mai. Nach Allem, was man vernimmt, ist wohl kein Zweifel mehr, daß neuestens vom Vatikan aus sehr bestimmte Weisungen an die ö st r e ich i s ch e n U i t r a m o n r a n e n ergangen sind, minmehr den Kampf auszunehmen und aus der bisher beobachteten reservirten Haltung herauszuireten. Die Sprache, welche die ultramontaueu Blätter führen, lassen in die­ser Hinsicht keinen Zweifel auskommen. Sie ergehen sich in den frechsten Schimpfredeu und Drohungen. Man müsse die aus Deutschland ausgewiesenen Klosterangehörigen ansnehmen, weil sonst der Klerus Oestreichs die Geduld verlieren und die Massen der Landbevölkerung ansstachein würde. ES käme zu gefährlichen Unruhe», zu wilden verheerenden Slrenigkeiten und inneren Feh­den. Man weiß, daß die Kurie keinen sehnlicheren Wunsch hat, als die Stiftung eines Konfliktes zwischen Oestreich und Preußen, und sie scheint die Gelegenheit zur Erreichung dieses Zieles nun­mehr als gekommen zu betrachten. Die Ankündigung, daß Vv. Förster von Johannisberg ans den preußische!« Theil seiner Diö­zese weiterregieren" werde, hat augenscheinlich den Zweck, diesen Konflikt hervorzurufeu und das Spezialorgan des Kardinals Schwarzenberg erklärt dies auch ganz offen. Preußen, meint dieses Blatt, werde ein entschiedenes Einschreiten fordern; gibt unsere Negierung nach, dann werde der Klerus seine Pflicht ihnn uns der Strom, den jetzt man nur mühsam in den Usern zurück- hält, werde anstreten und die Provinzen überschwemmen. Zeigt man sich aber Preußen gegenüber nichl nachgiebig, dann sei der ersehnte Konflikt da, und je gefährlichere Ausdehnungen derselbe annehme, desto besser sei es Die Regierung scheint sich im Augen­blicke selbst »ich: klar über die Stellung ZN sein, die sie in dieser Angele,zenheil zu beobachten hat. und nach beliebter altöstrcichi- scher Sitte Willens zu sein, eine abwartende Haltung einzuneh- men und dis Ereignisse au sich herankoinmen zn lassen. Ver­schiedene Anzeichen deuten darauf hin, daß dies früher der Fall sein wird, als man in den Rsgierungskreiseu hofft. (S. M.)

Kaiser Franz Joseph ist von seiner öwöchentiichen Reise in Dalmatien, wo er Land und Leute au der Quelle studirte, nach Wien zurückgekehrt. Er hat viel gesehen, was sonst Fürsten- augen verborgen bleibt. Aus seiner Durchreise durch Gra; hat er den Bürgermeister sehr ungnädig angehaucht, weil er mit dessen Auftreten gelegentlich der Tumulte gegen Don Alfons un­zufrieden ist.

In diplomatischen Kreisen wird die Aeußerung eines schwei­zerischen Gesandten bei einer der großmächttichen Regierungen