regung. Bei Rothgerber Seb. Bühler sollte ein Weichkasten für Häute, ein etwa 9 Fuß tiefes 4eckiges Loch von etwa 36 Quadratfuß Grundfläche, auf dessen Boden sich etwa 1',2 Fuß tief Schlamm angesammelt hatte, geleert und gereinigt werden. Als dasselbe bis auf den 1'/, Fuß tiefen Schlamm geleert war, stieg der Sohn, ei» junger hoffnungsvoller Mann von 22 Jahren, auf einer Leiter hinab, um de» Schlamm in Kübel zu schöpfen und einem oben stehenden Arbeiter zu reichen. Kaum war er unten, als er bewußtlos in den Schlamm stürzte. Der Arbeiter stieg die Leiter hinab, um seinen jungen Herrn herauszuziehen, stürzte aber auch alsbald besinnunglos in den Schlamm. Auf den Hülserus eines Knaben, der oben stand, eilten viele Leute herbei, darunter auch ein Schulamtszögling, der im Hause wohnte. Dieser stieg alsbald die Leiter hinab, um zu reuen; kaum aber hatte er einen der Unglücklichen ergriffe», als auch er besinnungslos in den Schlamm siel. Einem Metzger, der nun hinabstcigen wollte, drohte das gleiche Schicksal, doch wurde derselbe von den ihn haltenden Männern heraufgezogen, 'Nun banden sich Männer Seile um den Leid und stiegen, gehalten von andern, hinab und brachten so nach und nach die 3 Verunglückten herauf. Ohne Lebenszeichen lagen alle 3 aus dem vor dem Hause befindlichen Lohhaufen. Lebensversuche von den herbeigeeitten Aerzte» ließen nach längerer Thätigkcit bei den zwei zuletzt in die Grube Gestürzten auf Rettung hoffen, auch der Sohn lebte noch, der Puls kam in Bewegung, auch das Athmen stellte sich ein, doch nach 1 Stunde war er, ohne zur Besinnung gekommen zu sein, eine Leiche. Die 2 andern sind gerettet und außer Gefahr. (S. M.)
Der Bluts fr ei tag in Weingarten ist bekanntlich eines der ältesten und von jeher besuchtesten Volksfeste in Ober- fchwaben. Dasselbe hängt mit der Reliquienverchrung zusammen, indem das Kloster Weingarten einen Tropfen ächten Blutes Christi zu besitzen behauptete, der an diesem Tage dem gläubigen Volk öffentlich gezeigt wurde und wozu Tausende von allen Seiten herbeiströmten In neuerer Zeit hat zwar der Besuch abgenommen, aber doch ist dieses Volksfest noch immer das beden tendste des schwäbischen Oberlandes. Dießmal, Freitag den 7. Mai, war der Besuch zwar stark, aber die Abnahme wird auch vom „Oberschwäbischen Anzeiger" bemerkt. An der Prozession betheiligte sich viel Volk. Das Militär aber hielt sich fern davon, es hatte zu exerzieren.
Wie man der „Augsb. Allg. Zrg." aus Berlin mittheilt, hat der deutsche Botschafter in Paris, Fürst zu Hohenlohe, bei Gelegenheit des Abschiedbesuches, den er am 6. dem Herzog De- cazes abgestatlet, der französischen Regierung bemerkt, daß die Neichsregierung an ihrer pessimistischen Auffassung des Kadres- gesetzes festhält und in der Ausführung desselben eine auf die Bedrohung des Friedens gerichtete Absicht Frankreichs sehen würde.
Wie die „Krz.- Zig." vernimmt, hat Se. K. Hoh. der Prinz Wilhelm von Württemberg. Major im Garde-Husaren- Regiment und beauftragt mit der Führung desselben, seinen Abschied nachgefncht. Se. K. Hoheit gedenkt vorläufig sich nach Württemberg und dann auf größere Reisen zu begeben.
Nicht geringes Aussehen erregte heute die Notiz eines Berliner Blattes, nach welcher gestern während der Abg.-Hans-Sitzung der Polizeipräsident v. Madai mit dem Kultusminister konferirt und ihn von neuen, gegen ihn und den Reichskanzler gerichteten Attentatsplanen unterrichtet habe. In parlamentarischen Kreisen wird diese Nachricht vollständig bestätigt. Man sügt hinzu, daß Hr. v. Madai den Kultusminister dringend ersucht habe, nicht mehr auszugehen, ohne die Polizei vorher davon in Kennt- niß gesetzt zu haben.
Berlin, 8. Mai. Der von ultramontaner Seite in periodischer Wiederkehr ausgestreuten Behauptung, daß man sich an höchster Stelle nur mit Widerstreben in die Kirchenpolitik der Regierung füge, ist nun auch vom Kaiser selbst das entschiedenste Dementi entgegengesetzt. Von unterrichteter Seite wird uns bestätigt, daß der Kaiser am Dienstag einen Ministerrath berufen und in demselben seine höchste Verwunderung darüber ausgesprochen hat, wie man ihn als Gegner des Klostergcsetzent- wurfs habe hinstellen können. Der Kaiser erklärte ausdrücklich, daß er mit den Grundsätzen des Entwurfs von vornherein durchaus einverstanden gewesen, und erinnerte bei dieser Gelegenheit daran, daß seine Jugend in die Zeit des Edikts von 1810 gefallen sei. Diese Nachricht wird hoffentlich jenen beliebten ultra- montanen Manövern ein für allemal ein Ende machen.
Berlin, 10. Mai. Das Abg.-Haus genehmigte heute das Klostergesetz in dritter Berathung bei namentlicher Abstimmung mit 243 gegen 80 Stimmen.
Berlin, 10. Mai. Die „Post" meldet über das von den Zeitungen bereits gemeldete Komplot gegen die Person des Reichskanzlers und des Kultusministers: die Spuren führen auf polnische Geistliche als Anstifter und auf drei bereits bekannte Individuen hin, welche zur Ausführung gedungen seien.
Berlin, 10. Mai. Kaiser Alexander traf um 12*/s Uhr auf dem Ostbahnhofe Hierselbst ein, wo Kaiser Wilhelm, sämmt- liche Prinzen, die Feldinarschälle, die Generalität und die ober
sten Hof-Chargen anwesend waren. Die Begrüßung der Monarchen war eine überaus herzliche. In der Stadt wurden dieselben von einer zahlreich auf dem Wege nach dem kaiserlichen Palais versammelten Volksmenge mit lebhaften Zurufen begrüßt. Im kaiserlichen Palais wurde Kaiser Alexander durch die Kaiserin Augusta bewillkommt. Die Monarchen begaben sich sodann nach dem russischen Botschaft Hotel, wo, während die Monarchen die in der Front ausgestellte Ehren-Compagnie von den Kaiser Ale- xander-Grenadiren abschritten, sich die Kaiserin mit sämmtlichen Prinzessinnen versammelte.
Berlin, 10. Mai. Der Kaiser von Rußland fuhr heute Nachmittags gegen 3 Uhr beim auswärtigen Amte vor, um den Fürsten Reichskanzler mit einem Besuche zu beehren.
Jst's^Wahrheit, ist's Hetzerei - man erzählt auf ultra- montaner Seite, Fürst Bismarck werde dieser Tage einen seiner vertrautesten und gewandtesten Räthe nach München schicken, um nicht blos den König Ludwig, sondern auch die der Politik des Reichskanzlers abgeneigten bayerischen Prinzen zu einem entschiedenen Vorgehen gegen die Ultramontanen zu bewegen. Die Ultramontanen, die's erzählen, fürchten, Bismarcks Unterhändler werde Erfolg haben.
W i e n, 10. Mai. Ein Artikel der „Montagsrevuc" knüpft an die letzttägigen beunruhigenden Nachrichten in der ausländischen Presse an und führt aus, die Existenz einer europäischen Börsenbaissepartei erscheine viel unbestreitbarer als die Existenz einer preußischen Kriegspartei. Der Werth und die Bedeutung eines Dreikaiserbündniffes werde, wenn man jetzt Kriegsbesorgnissen sich hingebe, noch immer nicht ermessen Das Bündniß sei auf der Basis des europäischen Friedens aufgerichtet, seine Grundlage und Zweck seien: Europa vor neuen gewaltsamen Erschütterungen zu schützen. Nichts sei thörichter als die Annahme, Deutschland sollte sich von Abmahnungen lossagen, die ihm den vollen und ungetrübten Besitz seiner großen Kriegser- rungenschaflen und den friedlichen Ausbau seines Staatswesens verbürgen. Für den vermeintlichen Ehrgeiz Preußens sei nicht das geringste Objekt und kein erkennbares Ziel aufweisbar. Sollte andernseits jemals Frankreichs Wiedererstarkung in den Vordergrund drängen, daun weroe sich das moralische Gewicht des Dreikaiserbündnisses stark genug erweisen, um auch in diesem Fall Europa vor andern Kriegsgefahren zu bewahren.
Die fortdauernde, ja steigende Arbeitslosigkeit in Wien hat am 29. April eins sonst gute Frau von Dornbach (bei Wien) zu einem schauderhaften Verbrechen bewogen. Dieselbe vergiftete sich und ihre 3 Kinder mit Laugenesseii;, einen ihrer Knaben ' hängte sie noch an einem Baum im Walde auf.
Der Bischof von St. Gallen hat kürzlich einen geharnischten Hirtenbrief erlassen. „Möge die ganze streitende Kirche unsere Worte vernehmen!" heißt es darin, und um den Nebeln der bösen Zeit zu steuern, werden die Beichtväter dieses Mal mit absoluter Vollmacht ausgestattet. Selbst von den Sünden, welche in gewöhnlicher Zeit nur der Jurisdiktion des Papstes und des Bischofs Vorbehalten sind, könne» sie lossprechen, nur muffen für Erlangung des großen Ablasses ausgedehnte fromme Hebungen in der bestimmten Absicht „für die Austreibung der Irrlehren" vollzogen werden.
Paris, 7. Mai. Das „Journal de Paris" veröffentlicht einen sichtlich inspirirten Artikel Hervs's über die bevorstehende Berliner M o n a r ch e n - Z usa m m e n kun s t. Dieser Artikel schließt: „Es ist möglich, daß Preußen auf einen neuen Krieg sinnt; es ist auf alle Fälle unbestreitbar, daß es von einigen seiner Staatsmänner und seiner militärischen Führer zu einem solchen gedrängt wird. Ehe es aber einen so folgenschweren Entschluß faßt, muß es Rußland befragen, und zwar aus zwei Gründen: erstlich weil die russische Allianz es gegen jede Gefahr von Seiten Oesterreichs schützt, und dann, weil das im Jahr 1872 in Berlin hergestellte Einvernehmen gebrochen wäre, sobald eine der drei Mächte ohne Zustimmung der beiden anderen einen Krieg unternähme. Nun hat aber Rußland heute nicht mehr ein Interesse an einem Siege Preußens und an einer Niederlage Frankreichs, wie es ein solches im Jahr 1870 hatte. Rußland würde also eine Thorheit begehen, wenn es seine Zustimmung zum Kriege gebe, und Preußen seinerseits würde eine nicht geringere Thorheit begehen, wenn es den Krieg ohne Zustimmung Rußlands unternähme. Darum glauben wir trotz der bedrohlichen Anzeichen, die von verschiedenen Orten austreten, an die Fortdauer des Friedens."
Ein reicher Franzose hat bei Paris einen Teich, in welchem er Blutegel zieht. Von Zeit zu Zeit läßt er ein altes Pferd in den Teich hinein führen, bis es mit dem halben Leib im Wasser steht, und dann befestigen. Die Blutegel saugen dann dem armen Thiere das Blut aus. Der Besitzer nennt das, „dem Pferde die Badehose anlegen". Vorige Woche kam ein altes, treues Pferd an die Reihe, das der einzige 7jährige Sohn des Besitzers als Reitpferd benutzt und sehr lieb gewonnen hatte. Der Knabe vermißte das Thier, fand es nach langem Suchen im Teiche angebunden und suchte es zu befreien. Er verlor aber bald den Grund unter den Füßen und hielt sich an der