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wurde. In dankbarer Erinnerung daran ersuche ich Sie daher, die frohe Botschaft des Verspruches meines teueren Sohnes zur öffentlichen Kenntnis zu bringen.
Möge Gottes reichster Segen auf dieser Verbindung ruhen und auch unserem lieben Heimatlande zum Segen werden.
Karlsruhe, den 27. April 1885. Friedrich."
Nach der Fr. Ztg. findet die Vermählung im engsten Familienkreise auf Schloß Hohenburg bei Tölz statt.
— Ein unbefangenes Zeugnis über die wachsende Macht der deutschen Industrie legt die N. Fr. Presse in Wien ab. Es lautet: Ein eigentümliches Gefühl der Unbehaglichkeit macht sich in allen Geschäftskreisen und Mittelpunkten bes Handels und der Industrie Englands geltend. Die Befürchtung, daß Großbritannien seine leitende Stellung verlieren könne, ergreift immer größere Kreise, und Hunderte von Anzeichen kommen zum Vorschein, daß die Besorgnis keine grundlose ist. Die Weltherrschaft Großbritanniens in Handel und Industrie ist ernstlich bedroht, und der große Nebenbuhler, der England in den Schatten zu stellen, zu verdunkeln sich anschickt, ist — Deutschland! Durch die Reihe der siegreichen Schlachten der Jahre 1870 und 1871 wurde zwar zuerst und unmittelbar nur Frankreich besiegt; allein die großartige Schöpfung Bismarcks, das neue „Deutsche Reich", befindet sich seit jener ewig denkwürdigen Epoche auf dem besten Wege, auch England, wenn auch nicht militärisch, so doch im Handel ebenso zu besiegen, wie das napoleonische Kaiserreich. Der britische Kaufmann kann in den letzten Jahren keinen Bericht irgend eines englischen Konsuls aus irgend welchem Teile der Welt in bie Hand nehmen, ohne darin die Klagen zu lesen, daß der deutsche Handel dem englischen daselbst gefährlich zu werden beginne. Aus China und Japan, wie von Australien und vom Kap lauten die Berichte immer gleich in demselben Sinne, und in der offiziellen „Gazette" lesen wir wiederholt Konsularklagen des nämlichen Inhalts aus Tanger in Marrokko, aus Guatemala und Brasilien. Ueberall ist der Deutsche aus dem besten Wege, dem Engländer den Rang abzulaufen, wenn nicht gar ihn vom Markt zu verdrängen. Die Berliner Börse beginnt die Führung auf einem Gebiet des Geldweltmarktes, nämlich dem der auswärtigen Staatsanleihen, zu übernehmen, welches bisher fast das ausschließliche Vorrecht des Londoner Geldmarktes war, und die Thatsache, daß in Berlin die Kongo- Konferenz stattfand, muß dem britischen Kaufmann deutlich den Beweis vor die Augen führen, daß auch auf einem Feld, auf dem noch bis vor ganz kurzer Zeit der englische Einfluß allein und ausschließlich entscheidend war, eine andere Macht die Führerrolle übernommen hat. Aus allen diesen Gründen, zu welchen noch das Bewußtsein der Unzulänglichkeit der englischen Kriegsflotte sich gesellt, machen die Berichte von dem Mangel an Beschäftigung der Arbeiter sämtlicher Schiffswerften Englands und Schottlands, die Meldungen des schlechten Geschäftes von Bristol bis Dundee einen viel tieferen Eindruck auf die Geschäftswelt Englands, als in früheren Zeiten; man erblickt in diesen Berichten nur weitere Anzeichen eines Zurückgehens der englischen Hanvelsherrschaft überhaupt, und der britische Löwe wird alle seine Kräfte anstregen müssen, um nicht von seinen Nebenbuhlern, die ihm gar scharf aus den Fersen sitzen, ganz aus dem Felde geschlagen zu werden.
England.
London, 27. April. „Reute r's Bureau" meldet: Der Krieg zwischen England und Rußland wird als unvermeidlich betrachtet. Wie verlautet , wird der Zar heute nach Moskau abreisen und dort ein Manifest erlaffen.
— In seiner Rede zu Wrexham sagte der Marquis of Salisbury n. a.: „Wir können uns nicht auf die Versprechungen verlassen, die Rußland von Zeit zu Zeit geben mag. Wir haben wieder und wiederum Versprechungen von Rußland gehabt, und diese Versprechungen find gebrochen worden. Man sagte uns, die Russen beabsichtigen nicht von den Gestaden
„O, mein Freund, wie könnt Ihr daran zweifeln?" rief Graf Villefleur aus, indem er Jsmaels schmutzige Finger in seine weißen Hände preßte.
„Ich löste also den Wechsel der schönen Florimonde ein", nahm Jsmael wieder das Wort, indem er kalt seine Hände dem heuchlerischen Grafen entzog , „und ich zahlte ihr sogar die volle Differenz heraus, selbstverständlich nach Abzug von Diskont und Provision, im Ganzen achtzehntausend Franken in lauter Banknoten bar hingezählt. Sind Sie nun zufrieden, Herr Graf, und finden Sie nicht, daß das, was ich bei dieser Gelegenheit gethan habe, das Aeußerste ist, was man von einem Freunde und einem galanten Manne erwarten kann?"
Jsmael hatte diese ironische Frage noch nicht zu Ende gesprochen, als auch schon Graf Villefleur, von der Wucht seiner Befürchtungen befreit, ihn in seine Arme schloß und mit bebender Stimme, in deren Ton er das Gefühl tiefer Dankbarkeit zu legen sich bemühte, ausrief:
„Ihr seid mein Retter, Jsmael, mein wahrster Freund! Euch danke ich Leben und Ehre! O, Ihr sollt nicht das Opfer Eurer Großmut werden! Ich werde Euch meinen Dank beweisen! Die vierzigtausend Franken, die Euch mein Fehler gekostet, habe ich; dort liegen sie; ich war eben im Begriff, sie an Florimonde zu senden, um dagegen den Wechsel zurückzuverlangen; ich werde sie jetzt Euch aushändigen, mein Freund, und Ihr gebt mir dagegen dies unglückselige Papier heraus."
Mit diesen Worten hatte der 'Graf sich eiligst nach seinem Sekretär hinbegeben und hatte aus demselben ein Paket Banknoten hervorgelangt, die er mit triumphierender Miene Jsmael zeigte. Zu feiner Ueberraschung streckte der Alte nicht seine Hände darnach aus, um den Schatz an sich zu ziehen, im Gegenteil, derselbe wich einen Schritt zurück, kreuzte die Arme über der Brust und sagte mit hohnvoller Verachtung:
„Beim Gott meiner Väter, Herr Graf, die Naivetät hätte ich Ihnen nimmer zugetraut! Was? Ich rette Ihnen, wie Sie selbst es soeben Lin
des Kaspischen Meeres vorzurücken — sie sind vorgerückt. Es wurde versichert, sie beabsichtigen nicht, sich Chiwa anzueignen — sie nahmen es. Man sagte uns, sie wollen nicht nach Merw gehen — sie ginge» dorthin. Ist es bei gesundem Menschenverstände möglich, Rußlands Versprechungen für die Zukunft zu trauen, als ob darin eine Bürgschaft für die Interessen dieses Landes läge? Rußland steht vor den Thoren von Herat, und wir sind mit unserer Eisenbahn erst beim Bolan-Paß. Meine Idee über die Art und Weise, wie mit Rußland verfahren werden sollte, ist nicht die, ihm Versprechungen zu entreißen, die es nicht halten würde, sondern ihm zu sagen: es gibt einen Punkt, wohin Du nicht gehen darfst, und wenn Du dahin gehst, werden wir weder Blut noch Geld schonen, bis Du den Rückmarsch antrittst."
Hages-Werrigkeiten.
Stuttgart. Für die Pfingstfeiertage ist ein Extrazug nach Mainz, resp. dem Niederwald projektiert. Es wird dieß gewiß von vielen freudig begrüßt werden; denn so viele Ausflüge gemacht und so viele Extrazüge hier arrangiert wurden, unser schönster deutscher Strom, der Rhein, ging stets leer aus. Nun wird Gelegenheit geboten, nicht nur diesen, sondern auch den Niederwald zu besuchen, auf dessen Höhe das deutsche Nationaldenkmal prangt. Da der Extrazug auch über Frankfurt gehen soll, so wird den Teilnehmern auch Gelegenheit geboten, diese Stadt zu besichtigen. Wir sind überzeugt, daß nicht nur manche Vereine, sondern auch viele Private die Gelegenheit gerne benützen werden, um an den Gestaden des Mains und Rheins die Feiertage zu verbringen. Da das Fahrbillet auch zur Rückfahrt mit jedem fahrplanmäßigen Zuge während etwa einer Woche berechtigt, so lassen sich auch noch andere Städte, wie Wiesbaden, Darmstadt, Worms, Bingen, Johannisberg, Koblenz u. s. w., besuchen.
— Die „Ludwigsburger Zeitung" schreibt unterm 25. April: Unter der Leitung des Schloßverwalters Vollmer aus Stuttgart wurden im Laufe des gestrigen Tages die reiche Geweihsammlung und die Jagdstücke des verewigten Prinzen August von Württemberg auf das Jagdschloß Favorite im Park verbracht. Nicht weniger als 12 vierspännige Wagen waren erforderlich, die reiche und überaus wertvolle Sammlung vom Bahnhof an ihren Bestimmungsort zu verbringen. Außer einer großen Anzahl der seltensten Geweihe sollen der Sammlung auch verschiedene Exemplare von ausgestopften Bären, Wölfen, Leoparden, Adlern u. s. w. beigegeben sein, Tiere, welche der ff Prinz selbst erlegt hat.
— Volksküche. Seit Eintrit der wärmeren Witterung zeigt sich wieder ein merklicher Aufschwung im Besuch der Volksküchen. Sowohl in der Ludwigsstraße, als in der Stöckachküche ist die Zahl der verabreichten Portionen, die im Winter gewöhnlich etwas zurückgeht, wieder ziemlich gestiegen. Besonders zeigt sich das bei dem Essen, das die Familien nach Hause abholen. Es ist dies auch sehr erklärlich, da von dem Augenblick an, wo eine Heizung in den Wohnungen nicht mehr nötig ist (im Winter wird in den Oefen vielfach gekocht) , die Benützung der Volksküche doppelten Vorteil bietet. Auch der Besuch am Abend zeigt eine erfreuliche Zunahme; dies rührt ohne Zweifel zum größten Teil von der Wiederaufnahme der Baugeschäfte her. Viele Arbeiter machen nämlich gerne von dieser Einrichtung der Volksküche Gebrauch und nehmen ihre Hauptmahlzeit des Abends ein.
Heilbronn, 27. April. Drei Kinder des Friseurs Wolf, im Alter von 4, 5 und 7 Jahren, befanden sich gestern laut N.-Ztg. ohne Aufsicht in einem Zimmer des 1. Stocks bei geöffneten Fenstern. Vor einem derselben war ein etwa 1 Meter langes Vogelkäfig auf Trägern angebracht, das die Kinder durch das Fenster kletternd erstiegen und sich darauf legten. Plötzlich brachen die Träger und alle 3 stürzten kopfüber auf das Steinpflaster im Seitengäßchen bei der St. Nikolaikirche. Das 5 Jahre alte Kind wurde dabei so schwer am Kopfe verletzt, daß an seinem Aufkommen gezweifelt wird. Die beiden anderen kamen mehr oder weniger verletzt bavon.
gestehen, Ehre und Leben, und zum Lohne eines solchen Dienstes, glauhen Sie in ihrer Unschuld, würde ich mich mit einem Händedruck und einer Umarmung begnügen? O nein, mein Teurer; Jedermann muß von seinem Geschäfte leben; wenn mich heute einmal die Lust angewandelt hat, Großmut zu üben, so geschah das doch auch nur unter der Voraussetzung, daß ich meine Rechnung dabei fände. Vierzigtausend Franken für vierzigtausend Franken! gehen Sie mir doch! Ihre Dankbarkeit, bei Gott, die ist Ihnen selbst kaum mehr wert, als mir, und das Glück des Bewußtseins, daß ich Ihnen nützlich gewesen bin, könnte vielleicht auf einen Augenblick mein Herz füllen, aber niemals meine Börse. Nein, mein Gebieter, solche Narrengeschäste pflege ich nicht zu machen, die kleinen Profitchen werden so rar im Geschäfte, daß man die großen nicht vernachlässigen darf, wenn sich Gelegenheit dazu bietet. Die Gelegenheit ist für mich da, und Sie müssen einsehen, daß ich sie ergreifen und ausbeuten muß. Und Sie, Herr Graf, Sie werden mir dabei gütigst helfen. Sie stecken nun einmal in der Grube, und jedes Mittel, herauszukommen, muß Ihnen willkommen sein. Sie scheinen selbst noch nicht Ihre Lage begriffen zu haben, und deshalb ist es nicht überflüssig, daß ich Sie Ihnen klar mache. Wissen Sie denn nicht, mein Freund, daß es eine furchtbar heikle Sache ist, wenn man sich in seinem Namen irrt, und einen fremden Namen unter einen Wechsel setzt, und daß dergleichen Zerstreutheiten geradenwegs nach den Galeeren führen? Sie waren schon eiligen Laufes auf dem Wege dahin, und in etlichen Tagen wären Sie schon dort, hätte ich Ihnen nicht so freundschaftlich ein Bein gestellt und Sie in Ihrem Laufe aufgehalten. Und jetzt, Mut, mein Freund, und die Hand in die Börse I Sonst könnte ich vielleicht zu der Meinung gelangen, daß ich Unrecht that, Sie auf der Reise aufzuhalten, und daß es besser sei, ich ließe Sie weiterrennen!"
(Fortsetzung folgt.)