obgleich darüber keine besondere Verfügung an das Publikum erlassen sei, so erscheine diese Anschauung doch dadurch prakiisch zur Anerkennung gebracht, daß jetzt die Entlassung aus der Volks­schule nicht mehr mit der Konfirmation, sondern unabhängig da­von mit dem Schlüsse des betreffenden Schulhalbjahres erfolgt.

Die Reblaus (INMoxsru v-istatrix) ist von Frankreich her bereits in die Weinberge am Züricher See und im Canton Schafshausen vorgcdrungen und ausserdem, wie dieWormser Zeitung" meldet, durch Ankauf amerikanischer Neben auch in die Gegend von Worms, und zwar in dem Dors Hochheim ein- geschlcppt worden.

Paris, 16. Fcbr. In dem Prozeß Wimpffeu contra Cassaguac hat der Assisenhof letzteren fieigcsprocheu.

Die ungarischen Zigeuner sind durch ihr Geigenspiel be­rühmt, keiner aber hat je so gegeigt, wie der Schriftsteller Jokay im Landtag, nämlich die Wahrheit. Von den Vollblut Politikern wird er daher als ein Zigeuner verhöhnt. Wißt ihr denn, rief er, woher unsere Schulden und unsere Finanzuölhcn kommen'k Von unserer Liederlichkeit und Großmaunesucht. Wir wollen immer mit Vieren fahren und den großen Herrn spielen, daheim und in der Welt; wir geben immer mehr auS als wir haben, halten uns ein Honved-Heer doppelt so groß als wir's brauchen und müssen, und Beamte dreimal jo viel als nölhig, die meisten lhun nichts und die andern Helsen ihnen. Wir bauen Eisenbahnen und Landstraßen, »m Dem und Jenem zu gefallen; wir wollen ein großes Wort in der Welt drein reden und machen nur Schulden. Mancher große Staat ist durch Schulden klein geworden, aber keiner durch Schulden groß. Lernen wir bescheiden und sparsam sein und verlernen wir, die Staatskasse als Melkkuh snr Alle zu behandeln.

Zn Cisleithanien ist etwas eingetrosscn, was ich leider schon vor Monaten hatte Voraussagen können. Der parlamentarische Ausschuß, welcher mit der Ausarbeitung einer Vorlage über die Einführung der Civil-Ehe in Oesterreich betraut war, hat dieses Projekt gestern Mittag in aller Form und unter stummer Assistenz des Cuitus Ministers eingesargt. Schandenhalber hat man freilich noch eine Sub-Commission gewählt mit dem Schein- Aufträge, sich weiter mit diesem Angst-Kinde zu beschäftige», aber wer die hiesigen parlamentarischen Gewohnheiten nur einigermaßen kennt, der weiß auch, daß damit die Civil-Ehe für Oesterreich für lange, lange Zeit von der Tages-Ordnung abgeschafft ist.

Die russische Presse führt gegen England, seit dessen Rück- tritt von der Brüsseler Konferenz zur Gewißheit geworden ist, eine sehr rückhaltlose Sprache. DieSt. Petersburger Zeitung" meint, daß ohne Englands thätige Mitwirkung viel eher ein praktisches Resultat der beabsichtigten Fortsetzung der Brüsseler Konferenz zu erwarten sei als mit derselben und sagt weiter: England scheint sich von dem BegriffHumanität" immer mehr losmachcn zu wollen; cs huldigt in Allem, was mit seinem mate­riellen Interesse zusammenhängt, nurpraktischen" Grundsätzen; ob diese in den Augen anderer Nationen barbarisch genannt werden, ist ihm einerlei. Ein großer Theil seiner Bevölkerung befindet sich in einem sittlich so verwahrlosten Zustande, daß kaum ein europäisches Land mit ihm auf gleich niedriger Stufe steht" u. s. w.

Der Sultan lebt nur noch von Schulden und wenn ihm weder Christ noch Jude mehr borgt, dann geht die Lösung der orientalischen Frage an, d. h. die Frage, wer und wie man sich in die Türkei Ihcilen soll. Der Kaiser Alexander ist's, der das gesägt hat.

Allerlei.

(Grob, aber treffend) war die Antwort, die sich Bonifacius VIII., der zu den stolzesten, anmaßendsten und herrsch­süchtigsten Päpsten gehörte, von Philipp dem Schönen, König von Frankreich, gefallen lassen mußte. Dieser Papst, der durch 2 Bullen die Lehre für eine Glaubenssache erklärte, daß den Päpsten das Recht zustehe, Königreiche zu nehmen und zu geben, der viele Fürsten und Könige mit dem Bann belegte und den König Erich VIII. von Däncmarck so sehr demüthigte, daß dieser verzweiflungsvoll ausrief:Erbarmen, Erbarmen! Alles, was Eure Heiligkeit mir auflegen, will ich tragen. Rede Herr, dein Knecht höret!" dieser Papst hatte an Philipp von Frankreich geschrieben:Du mußt wissen, daß Du in geistlichen und welt­lichen Dingen unter uns stehst; Pfründen und Präbenden gehören nicht Dir, und Andersdenkende halten wir für Ketzer l" Darauf empfing er den Bescheid:Philipp von Gottes Gnaden König der Franken grüßt Bonifacius, der das Oberhaupt der Kirche spielt ein wenig oder gar nicht. Es wisse seine Erzeinfältigkeit, daß wir in weltlichen Dingen unter einander stehen; die es anders glauben, halten wir für Alberne oder Narren!" Später ließ ihn der König sogar durch den Kanzler Nogaret gefangen nehmen und trotzte seinen schrecklichen Flüchen und Verwünschungen, als er wieder befreit wurde. Eines Tages fand man den Papst tobt mit allen Anzeichen der Tobsucht, vom Schlage gerührt oder vergiftet. Wie dieDorfzg." erzählt, lautete sein Nachruf im römischen Dolksmunde:Er kam wie ein Fuchs, regierte wie ein Löwe und starb wie ein Hund!"

(W as nicht Alles von den Po st beamten ver­langt wird), beweisen folgende sonderbare Briefaufschriften: Zum Geburtstage an Kahrl Eiseuhauer, Grenadier in Potsdam. Der Briefträger wird der Ueberraschung wegen gebeten, nicht zu sagen, wo der Brief herkommt. Louise Schmidt."An den Schreiner Gesellen Eduard Kammes in Köln im Rein. Aber nicht der mit die rothen Haare, das ist sein Bruder und heißt Gottlieb und ist Sattler." -An Madame Rockwaller in Leip­zig. Ob sie nicht verhcirathet ist, weis ich nicht, es kann also auch sein, daß sie jetzt anders heißt."An den Schuster Gustav Nicring aus Grimmersdorf, wohnt bei seiner Schwester Zeile in Berlin. Frei. Schafskopp mach doch deine Briefe auch frei."An Hrn. Fähndrich von Sr . . . g zu Frankfurt am Main. Wenn er auch den Brief nicht annehmcn will, er muß ihn annehmen, sagen Sie nur, er kommt von mir."

Ein junger Mann hatte mit einem Gefährten gewettet, daß er um 12 Uhr Nachts auf den Friedhof gehe und ans dem dortigen Beinhaus einen Schädel nach Hause bringe. Zehn Eimer Wein betrug die Wette. Unser Held machte sich auf den Weg, der Andere eilte ihm aber vor und versteckte sich im Bein­hause. Bald langte auch sein Gefährte an, und mit kühner Hand griff er nach einem Schädel.Berühre nicht mein Haupt!" ertönte plötzlich eine hohle Stimme aus einem Winkel. Der junge Mann fiel nicht ohnmächtig zusammen und lief auch nicht davon, er setzte den Schädel ruhig auf die Erde und nahm einen andern zur Hand. Und wieder klang es mit hohler Stimme: Berühre nicht mein Haupt!"Aber entschuldige doch, lieber Geist,' rief der junge Man»,du kannst doch nicht zwei Köpf- haben!" Er forschte der Geisterstimme nach und hatte die zehn Eimer Wein gewonnen.

(Eheliche Glaubens-Versicherung.) Nach der Reformation wurde bei Schließung von Ehen gemischter Confessio» große Vorsicht angewendet. Insbesondere verlangten die Ver­wandten der Braut Garantieen für die Sicherstellung des Glaubens. Ein interessantes Beispiel dieses Verfahrens zeigt die nachfolgende Lhatsache: Als Rudolf Graf zu Sulz 1605 die Gräfin Agathe von Hanau heirathele, stellte er folgende merkwürdige gerichtliche Urkunde aus:Ich Rudolf, Graf zu Sulz, verspreche bei meiner gräflichen Ehre, oder der Teufel soll mich holen, daß ich meine zukünftige Gemahlin bei der lutherischen Religion bleiben lassen, auch ihr zu einem Abfall keinen Anlaß geben will. Ich Hab' droben zwei Bibeln, hat sic nicht genug daran, so will ich ihr noch zweie kaufen. Sie lese nur tapfer und fleißig darin. Zu­dem nehme ich ihren Leib, nicht ihre Seele. Ich bleibe bei meiner katholischen Religion, darin ich von Jugend auferzogen worden bin; ich weiß, daß ich auf der rechten Bahn; will sie nicht im Himmel, so fahre sie in die Hölle."

(Der GejundheilszustandderRottenburger Bürgerschaft) war, wie es scheint, im abgelaufenen Jahr in höchst betrüdsamcr Weise erschüttert. Der dortige Obcramtsthicr- arzl veröffentlicht imNeckarboten" eine Ueberstcht seiner fleisch­hauerischen Thätigkeit im Jahr 1874, und theilt zum Schluß die schreckliche Kunde mit:Von hiesigen Bürgern mußten, als an unheilbaren Krankheiten leidend, 1 Ochse, 25 Kühe und 1 Rind geschlachtet werden, wovon das Fleisch einer Kuh als ungenieß­bar vcriocht wurde!!"

(Die Sprachen der Erde). Nach den neuesten Berechnungen beträgt die Anzahl aller Sprachen der Welt 3642. Darin sind nicht die Dialekte einbegriffen. Die italienische Sprache hat beispielsweise 27 Dialekte, die slavische ebensoviel wie Pro­vinzen. Die verschiedene» Religionen betragen etwas über 980. Die jährliche Sterblichkeit ist durchschnittlich 33'/s Mill. Menschen, also ein Mensch in der Sekunde. Das mittlere Lebensalter be­trägt 33 Jahre. Ein Viertel der Menschen stirbt vor dem sie­benten Jahre und die Hälfte vor dem siebzehnten. Von 100,000 Menschen wird einer 100 Jahre alt, von 500 einer 90, von hundert einer 60. Die Geistlichen erfreuen sich der längsten Lebensdauer, die Aerzte haben die kürzeste. Endlich von der männ­lichen Bevölkerung Europa ist jeder achtnndzwanzigsteSoldat.

(Ein unverdrossener Heirathscandidat).

Ich habe sechs Männer gehabt, ich habe sie alle in der Stille christlich beweint, aber wenn heute noch der siebente käme, ich wüßte nicht, was ich thäte", sagt die Frau Krebs in Kotzebue'S Der gerade Weg ist der beste"; in gleichem Falle ist der Ver­walter einer Brauerei in Berlin, den wir F. nennen wollen. F., der sich binnen Kurzem mit Emma K. vermählen wird, hat bereits 5 Frauen gehabt, von welchen vier sich durch den Tod von ihm trennten, während die fünfte gesetzlich von ihm geschieden wurde. Die Confession hatte in seinem Herzen nie eine Stimme, denn von den betreffenden Frauen waren zwei katholisch, eine jüdisch und zwei protestantisch. _.

Die Lebens-Versicherungs- und Ersparniß-

Bank in Stuttgart hatte im abgciaufenen Jahre 1874 eines Zugangs an neuen Versicherungen zu erfreuen, der alle Jahr­gänge seit dem Bestehen der Bank übertraf. Die alljährlich sich steigernde Betheiligung ist einerseits ein Beweis für die wach­sende Erkenntniß des Segens der Lebens-Versicherung, anderer-