und ein Franzose, daß die Jungfrau wirklich und physisch vor der Schöpfung der Welt existier habe. Ein Deutscher behaupte nun, daß das Herz Jesu der Mittelpunkt des Weltalls und die heilige Dreieinigkeit Maria unterworfen sei. Andere erfänden Visionen und Prophezeiungen und, was noch schlimmer, wieder andere behaupteten, dieselben seien approdirl. Das römische klerikale Blatt meint, es wäre das geringere Uebel, daß solche Dinge in die Hände der Gläubigen gelangten; erst recht gefährlich würden sie in den Händen der Gegner der Kirche.
Zwischen Nußland und der Nordamerika irischen Union ist es zu ernsten diplomatischen Erörterungen darüber gekommen, daß nordamerikanische Schiffe in den russischen ostsibirischen Küstcn-Gewässcrn Fisch- und Secollerfang treiben, ohne die bestehenden Gesetze, noch die ausgesetzte Schonzeit zu respek- tireN. Zum Theilc unter russischer Flagge segelnd, betreiben diese nordamerikanischen Jagdschifse den Secollersang wider alles internationale Recht und haben dadurch allein in diesem Winter die russische Regierung um ca. 400,000 Nudel geschädigt. Der russische Gesandte in Washington hat in Folge dessen die Instruktion bekommen, gegen diese fortgesetzte Verletzung des internationalen Rechtes energisch zu prolestircn und dem uoroameri- kanischcn Präsidenten anzuzeigcn, daß Rußland eventuell gegen die im Bereiche der russischen Grenze aufgebrachten Schiffe oben genannter Gattung entsprechende Repressalien üben würde.
Der Guckkasten. (Fortsetzung.)
„Nee, Sie haben kcenen Krund, sich zu ferchten", sagte er. „Neider und Mcrder gibt es in dem Walde nicht, dazu ist er zu klcene, mein kudester Herr. Im Jbrigen machen Se wer aa hall nix weiß, Sie habbe mei Seel en paar Augen im Koppe, die nich grad ansschauen, als ob Sie sich sehr ferchten thäten."
„Nun ja, en Hase bin ich krad niche," fuhr ich laut fort. „Aber Heeren Se, der Beste selbst kann Feende haben. Das Unklik kommt manchmal iber Nacht."
Die Wirkung dieses wiederholten Citats aus jenem oft erwähnten Briefe war eine wunderbare, wenigstens eine ganz andere, als ich sie mir gedacht hatte. Ich war, ohne an eine schwere Schuld dieses Menschen zu glauben, dennoch aus einen jener thörichtcn Fluchtversuche vorbereitet, wie sie selbst gescheidte Leute bei gefährlichen Ueberraschungcn durch das Gericht oder die Polizei gemeinhin in der ersten Blindheit des Schreckens noch wagen. Um also dem langbeinigen Burschen gegenüber völlig sicher zu sein und insbesondere mit Rücksicht auf den feurig blickenden Hund des Schäfers, hatte ich meine entscheidende Karle nicht eher ausgespielt, als bis mich ein kunstgerechter Meisenschlag aus dem nahen Dickicht von der Anwesenheit meiner Gefährten benachrichtigt hatte. Statt aber meine Erwartung zu rechtfertigen, blickte mich der Schäfer nur einen Augcnbick lang mit seinen großen klugen Augen an und erfaßte mich dann rasch, aber durchaus nicht drohend, am Arme.
„Sie gehören zur Polizei?" fragte er in gespanntem Tone.
„Ich zur Polizei? Heren Sie mal, wie kommen Sie auf den kuriosen Gedanken, mein Kudester?" entgnete ich möglichst unbefangen.
„Bah, lasten wir gegenseitig das falsche Spiel hinweg. Ich habe neulich den Sergeant Riemann in seiner Verkleidung wiedererkannt, und ich weiß jetzt auch, daß Sic nicht vergebens kommen. Sie werden mich verhaften wollen. Ist es nicht so?"
„Eine solche Maßregel liegt allerdings nicht außerhalb des Bereichs der Möglichkeit," räumte ich nun offen ein. „Aber da Sie das einmal ahnen und sonach auch wissen mästen, warum man Sie verhaften könnte, so werden Sie hoffentlich nicht erschrecken, wenn Sie plötzlich einem alten Bekannten von meiner Farbe begegnen."
Der Alte sah mich fragend und auch ein wenig bestürzt an.
„Einen alten Bekannten von der Polizei?" wiederholte er dann. „Sie meinen doch nicht etwa den Polizeikommistar Petermann aus U. ?"'
„Nein, trösten Sie sich; dieser Ihr Spezialfreund ist nicht in der Nähe."
„Also wer? -"
Statt der Antwort gab ich das zwischen mir und meinen Gefährten verabredete Zeichen. Gleich darauf eilten Lemke und Riemann durch das Gebüsch heran.
„Ah, der Polizeirath Lemke," sagte der Alte mit einem Aufathmcn der Erleichterung, sobald er den Kommenden erblickte.
„Ja wohl, da sehn wir uns hall einmal nach langen Jahren unerwartet wieder, mein Herr Muth," entgegnete Lemke ernst, aber nicht unfreundlich. „Es thut mir wahrlich leid, daß Ihnen meine Ankunft diesmal schwerlich angenehm sein wird."
„Sie sind mir so wenig unangenehm als jemals," bemerkte der Alte dagegen mit wunderbarer Ruhe.
„Wissen Sie auch, warum ich jetzt komme?"
„Das scheint der Mann hier allerdings zu ahnen/' entgegnete ich statt des Schäfers. „Er hat mir noch soeben gesagt, daß ihm eine Verhaftung nicht unerwartet kommen würde."
„Wenn ich eine Verhaftung fürchtete, so hätte ich seit meiner neulichen Begegnung mit Herrn Sergeant Riemann hier Zeit
genug gehabt, um auf Nimmerwiedersehen zu verschwinden," fügte der Alte hinzu.
„Wunderbar, höchst wunderbar," murmelte inzwischen der Rath. „Ich verstehe Ihr Verfahren jetzt noch weniger, als jemals. Hatte ich Ihnen bei unserem letzten Zusammensein in Schwalbenborn den mindesten gegen Sie gerichteten Verdacht verrathen?"
„Verrathen?" wiederholt^ der Schäfer. „Sie hegten damals ebensowenig als der Herr Kriminalrath Verdacht gegen mich und konnten ihn deshalb gar nicht verrathen."
„Kommen wir zur Sache," bat ich. „Sie haben in diesen Lagen mehrere Briefe geschrieben-"
„Ganz recht. Ich habe den Kinnemaan und Kleinschmidt vor einer Gefahr warnen wollen."
„Und vor wem?"
„Das bedaure ich, noch vor der Hand verschweigen zu müssen, meine Herren. Ich kann mich irren und will Niemand ohne vollen Grund in Verdacht bringen."
„Dann aber sind auch die Briefe nutzlos." entgegnete ich scharf, ohne indessen einen Eindruck auf den Schäfer zu machen.
„Wohlan, wenn Sie durchaus hierüber schweigen wollen, so sagen Sie mir wenigstens, warum Sic damals aus Schwal- dendorn entflohen sind?" fragte Lemke. Oder habe» Sie auch hier Gründe, lieber zu schweigen?"
„Durchaus nicht. Der Petermann und der Sauer haben mich eben damals in das Bockshorn gejagt. Namentlich begeg nete mir Ihr Herr Kollege gleich Anfangs mit Mißtrauen, bald aber drohte er und wurde brutal. Der gute Herr Sauer aber spckulirte wohl schon lange auf die armseligen hundert Gulden, die ich mir damals mühsam erspart hatte. Er ängstigte mich also mit dem Gedanken, daß Petermann mich verhaften werde, und brachte mich endlich dahin, daß ich ihm die kleinen Kapitalien für Len halben Betrag ablrat und mit diesem Gelde schleunigst das Weite suchte."
„Aber wie war das bei Ihrem Verstände nur möglich, Herr Muth? Sie mußten doch überlegen, daß eine kurze Haft kein allzuschwcres Uebel ist."
„Wußte ich genau, ob sie kurz sein werde?" fragte Muth mit Bedeutung. Eine lange Haft aber mußte für mich der Tod sein. Ich bin an Freiheit gewöhnt und liebte damals noch das Leben. Jetzt freilich ist dies Alles vorbei und ich hätte mich längst dem Gerichte gestellt, wenn nicht — —
„Nun reden Sie weiter."
„Ach, Sic wollen lachen, aber es rhat mir so weh, von meinem einzigen Freunde, dem Pikas da, zu scheiden. Misten Bie vielleicht einen guten Herren für das brave Thier, meine Herren?"
Ich mußte mich abwenden, da ich mich durch die einfache Scene in einer Weise gerührt suhlte, die ich Niemand sehen lasten mochte.
Auch der Polizeirath schwieg eine geraume Weile, ehe er sein Verhör fortsetzen konnte.
„Sie flohen nicht über die See?" fragte er dann weiter.
„Nein, ging leider auf Sauer's Rath nur bis nach dem Hafen von Hamburg und schlug von dort einen Haken nach Bie- ncndorf, wo ich einen alten Vetter, Namens Stolz, hatte. Erst zu spät merkte ich, daß Sauer auch bei diesem Rath nur seinen Vortheil im Auge gehabt hatte. Er wollte, da ich mich einmal hatte zu einer Thorheit verleiten lasten, alle Früchte ernten, die daraus erwachsen konnten. Selbst den kleinen Kapitalrest und einstige Erbschaft meines Vetters gönnte er mir nicht."
„So sind Sie am Ende nicht freiwillig wieder in Sauer's Dienste getreten?" warf ich fragend ein. „Das würde uns manches dunkle Räthsel lösen".
„Haben Sie glauben können, daß man freiwillig zum Satan zurückkehrt?" antwortete der Alte mit einem schmerzlichen Lächeln.
„Ich will Niemanden den tödilichen Schrecken schildern, der über mich kam, als ich ihn eines Tages in Steinach wieder erblickte. Aber Sauer hatte es nicht eilig, ich war ihm ja ohnehin gewiß. Erst geraume Zeit nach unserer Begegnung setzte er seine Daumenschrauben wieder an. Er bestellte mich brieflich in das Steinheimer Stadtwäldchen und erzählte mir dann ganz offen, daß sein Vermögen durch Spekulationen vernichtet sei, daß er aus mich zähle, um eine neue Pachtung übernehmen zu können. Ich müsse also meine Gärtnerei in Biendorf verkaufen und mit ihm nach Dachhausen ziehen. Ich hätte den Teufel, der dabei immer sehr höflich und katzenfreundlich blieb, erwürgen können, und ich hätte es vielleicht auch gethan, wenn nicht ein Steinheimer Polizist im entscheidenden Momente an uns herangetreten wäre. Dann war die günstige Stimmung vorbei, mein Zorn verraucht und ich lag von Neuem in Sauer's Sklavenbanden." (Forts, folgt).
Allerlei.
— Weib, Frau, Gemahlin. Wenn man aus Liebe heirathet, wird man Mann und Weib; wenn man ans Bequemlichkeit heirathet, Herr und Frau, und wenn man aus Verhältnissen heirathet, Gemahl und Gemahlin! — Man wird geliebt