seine Wohnung im Orte und nur noch glimmende und rau­chende Holzreste vorfand. Wie der Brand entstanden, ist noch ein Räthsel. Ein Glück ist cs, daß es den Tag vorher geregnet hatte, da das Feuer sonst sicher auch den ganz nahen Wald er­griffen hatte.

Stuttgarts Okt. (Schw. B.) Die Lebensmiitelpolizei ist fortwährend angelegentlichste Sorge unserer einschlägigen Behörden, So wurde Seitens der K. Siadtdirckiion und der Polizcinbtheiinng des Gcmeinderalhs eine Untersuchung über die Frage angestellt, ob Beimengung von Semmel- oder Nartofsel- Itürkmehl oder ähnlichen Glossen zum Wurstgehäcke Seuens der Metzger und Wurslsnbrikanten als Fälschung im Sinne des §. 36? Z. 7 des Reichsstrafgesetzbnches zu betrachten und zu verbieten oder als Handwerksbrauch nicht zu beanstanden sei. Das Resultat ist Folgendes: Gegen die Bciinijchnng von GetreiLcmehl, von diesem gleich zu achtende» Semmel und von Karioffelstärtmehl zur Wurstmasse durch die Metzger ist man berechtigt emznschreiten: 1) wenn die Beimischung obiger Stoffe in iolcher Menge erfolgt, daß dieselben als den Verkaufs- und Nahrnngswerth der Wurst, unter welcher das Publikum ein im Wesentlichen aus Fleisch und Thierfcll mit Znlhat von Gewürzen bestehendes Fabrikat versteht, herabsetzende, also in betrügerischer Absicht hinzngefügte Surrogate jener wesentlichen Wurstbestandtheile anzusehen sind, oder 2) wenn ein Zusatz derselben zu den Würsten als ein direkt oder wenigstens mittelbar gesundheitsschädlicher betrachtet werden muß. Als Maximum des erlaubten Mehlzusatzes ist 3l"» angenommen. Was darüber ist, fällt unter de» Betrug, 'Vach eingezogenen Erkundigungen ist in Ulm die Beimengung von Stärkemehl zur Wurstmasse nicht Handswerksgebranch. In Heilbronn dagegen ist sie üblich; vermnlhlich von Frankreich herüber verpflanzt; in Frankfurt werden die Würste mit Ausnahme der Blut- und ,Leberwnrste in der Regel mit l Theil Stärkemehl auf 30 Theile Wurstmasse versetzt, um dem Fabrikat mehr Festigkeit zu geben. In Straßbnrg erhalten die Flcischwürste keine» Zusatz von anderen Stoffen als Fleisch, dagegen die Leber- und Blutwürste einen solchen von fein zerriebener Semmel, In Nürnberg wird die Wurstmasse ganz allgemein mit etwas Stärkmehl vermischt. Doch ist im Allgemeinen hauptsächlich nur Karrofselstärkmehl als hiezu geeignet, weniger Getreidemehl oder Semmelu. Nach diesen Grundsätzen sind Würste von verschiedenen hiesigen Metzgern untersucht und dieselben demgemäß beschicken worden,

Der Schw. Merkur enthält aus Reutlingen folgende Warnung wegen Weinfälschung: Vor etwa 45 Wochen wa­ren gewisse Geschäftsleute aus Stuttgart und Freiburg hier, um neuen Elsäßer Wein, den sie von einem erkauften Rittergut in Elsaß ernten werden, mit Lieferzeit auf den 1. Okt., zu ver­kaufen. Verschiedene hiesige Wirthe, etwa 1012, machten in gutem Glauben Bestellung, um bald einenguten Neuen" ans­schenken zu können, und waren es Bestellungen von 2, 3 bis 10 Eimer, per Eimer zu 74 bis 76 fl. Der Wein kam Ende Sept. und in den hieß Blättern wurde vielfachneuer Elsäßer Wein" angezeigt. Doch die Polizei, resp. die Bier- und Wein­schau fand, daß der Wein nicht so recht nach neuem Wein schme­cke. Es wurde Anzeige gemacht, und der Wein aus den betref­fenden Wirtschaften einem Chemiker zur Prüfung übergeben. Das Ergebnis) war: daß dies ein künstliches Getränk sei, wel­ches 68 Prozent Spiritus enthalte, aus Wasser, Weinstein­säure, Traubenzucker, und wenn es gut geht, aus Obsttrester angemachtes Gemisch sei. Der Fall liegt der gerichtlichen Unter­suchung vor, und wird das weintrinkende Publikum in ganz Württemberg, besonders aber sämmtliche Weinproduzenten uüse- res Landes, den hies. Behörden, daß sie einem Treiben der Wein­fälschung auf die Spur gekommen sind, dankbar sein. Vor sol­chen Handelshäusern sollte öffentlich gewarnt werden.

M ü nche n, 7. Oct, König Ludwig hat am vorigen Sonntag Nachmittag im Königszelt auf der Theresenwiese, als die Minister, Staatsräthe, Diplomaten rc. dort versammelt waren, dem Mini­sterpräsidenten v, Pfretzschner den bevorstehenden Ueber tritt der Königin-Mutter zur katholischen Kirche mit folgenden Worten angekündigt:Nun, lieber Pfretzschner, haben Sie schon gehört, daß meine Mama in den Schoß der alleinseligmachenden Kirche zurückkehren will?" Und dabei lachte er. Das ist be­zeichnend genug. Bezüglich des Motivs, welches bei der Königin- Mutter den Ansschlag gab, daß sie sich zum Religionswechsel entschloß, hört man, es sei ihr von einem katholischen Priester plausibel gemacht worden, daß man, selbst wenn anzunehmen wäre, es kämen alle guten Menschen, ohne Unterschied der Reli­gion, in den Himmel, doch nimmermehr sich vorstellen dürfe, es wäre dies der nämliche Himmel für Katholiken, Protestanten, Juden ec; jeve von dielen Religionen müsse dann doch ihren eigenen Himmel haben. Und um nun jedenfalls sicher zu sein, daß sie künftig mit ihrem Gemahl und ihren Kindern im selben Himmel sein würde, habe sic für gut gefunden, sich den Eingang in den katholischen Himmel zu sichern.

München, 7. Oct. Der Religions-Wechsel der Königin-Mutter bildet natürlich das Tagesgespräch. Wir

erfahren, Laß die hohe Frau schon um Mitte der vergangenen Woche thren Austritt aus der protestantischen Kirche schriftlich erklärt hat, nachdem über die Abfassung dieser Erklärung die Königin-Niuller den Ober-Consistorialrath Dr. v. Burger berathen und nach Hohenschwangau zugezogen hat. Die Gründe ihrer Eonversion sollen rein innerliche sein. Sie neigte schon längst zur Mystik; man erzählt jetzt sogar von spiritistischen Versuchen, welche in ihren Gemächern angestellt worden sein sollen. Scho» zu Lebzeiten ihres Gemahls zeigte die Königin Mutter besondere Zuneigung zu dem katholischen Ritus. Zum Durchbruch soll die ^ache aber gekommen sein, als sie vor einigen Jahren schwer erkrankt war und vongrauen Schwestern" verpflegt ivurde. Seit dieser Zeit vertiefte sich die Königin-Mutter mehr und mehr in den Mystizismus, der nicht ungeschickt von ihrer ganz katholi­schen Umgebung genährt ivurde. Die erste Nachricht von dem beabsichtigten Uebertritt mar bereits vor vierzehn Tagen durch einen ihrer Cavaliere hierher gekommen; dasVaterland" kündigte auch die baldigeRückkehr einer sehr hoch gestellten Dame in den Schooß der katholischen Kirche", wie dasselbe sich ausdrückte, an; Niemand aber vermochte die Nachricht zu glauben, zumal das Publikum bei dem sehr zurückgezogenen Leben der Königin- Mutter an Vorgängen an ihrem Hofe wenig oder gar kein Inte­resse zu nehmen pflegte. Die erste definitive Bestätigung der Absicht, katholisch zu werden, drang vorigen Samstag beim October- Fest ins Publikum. Im Königs-Zelte theilte König Ludwig selbst dem Prinzen Adalbert und dem General-Adjutanten die Thatsache des Austritts seiner Mutter aus der protestantischen Kirche mit. Man erzählt dabei weiter, der König sei sehr un­gehalten gewesen und habe Ausdrücke der Mißbilligung laut werden lassen, welche nicht darauf schließen lassen, daß ihm dieser Uebertritt willkommen sei, geschweige denn, daß er ihn gefördert hätte. Was über die Zeit des Uebertrilts verlautet, ist sehr widersprechend. Man erzählt sogar, schon heute solle der Ueber- tritl in der L>chloßrapelle zu Hohenschwangau statlfinden, während ein anderes Gerücht dieses Ereigniß bis Mitte dieses Monats hinauäschiebt und den Bischof Dinkel von Augsburg die Vor­nahme der bei dem Act üblichen Ceremoaien und der Firmung ausüben läßt. 'Nur darin sind die verschiedenen Gerüchte über­einstimmend, daß der Uebertritt in aller Stille vor sich gehen soll.

München, 9' Okt. DasVaterland" bringt folgende Mittheilung:Die Königin-Mutter ist gestern Mittag 11 Uhr in Hohenschwangau in den Schoß der katholischen Kirche zurückgekehrt." Zurückgekehrt?! (Dem Uebertritt wohnten bei die Bischöfe Dinkel aus Augsburg und Haneberg aus Speier. Kur; vorher war eingetroffen die Schwester der Königin, die Prinzes­sin Marie Elisabeth von Hessen.)

Berlin, 7. Okt. Der hiesige katholische Seelsorgsklerus hat bezüglich der Civilehe einen Ausruf verbreiten lassen, wornach diejenigen Katholiken, welche mit einer bloßen Civilverbindung vor d-m Standesbeamten ohne kirchliche Trauung sich begnügen, von der katholischen Kirche als christliche Eheleute niemals aner­kannt werden, sie schließen sich dadurch von dem Empfange der h. Sakramente und den kirchlichen Ehrenämtern als Pathen und Trauzeugen aus; ihre Kinder werden kirchlich als uneheliche betrachtet, weßhalb die Mutter auch keinen Kirchgang halten darf und ebenso können Civilverbundene, wenn sie unbußfertig sterben, des kirchlichen' Begräbnisses nicht theilhaftig werden. Dasselbe gilt auch von denen, welchesihre Kinder nicht taufen lassen.

Berlin, 7. Okt. Arnim's Lage wird von Tag zu Tag schwieriger. Es ist, wie man erzählt, eine Denunciation gegen ihn beim auswärtigen Amt eingelaufen, die von einem erbärm­lichen Subject, einem welfisch - ultramontanen Soldichrelber her­rührt. Dieser literarische Strolch hatte sich, einem guten Hören­sagen zufolge, bei Arnim einzuschleichen verstanden, und was er vom Ex Botschafter erfahren hatte, schien ihm wichtig genug, um es, in Aussicht auf gute Bezahlung aus dem Reptilien - Fonds, gleich an maßgebender Stelle, nicht erst auf dem mühsamen Um­wege literarischer Bearbeitung, zu verwerthen. Angenommen, diese Mittheilung sei in ihrem ganzen Umfange correct und sie geht uns von vorzüglich unterrichteter L>eite zu so ist nichts wahrscheinlicher, als daß der jetzt gegen Arnim eingeleitete Pro- ceß nur das magere Vorspiel einer Anklage schwerster Art bildet. Arnim soll oft schon zu erkennen gegeben haben, daß er in der Wahl seines Umgangs nicht allzu peinlich sei; vielleicht fühlt sich durch diese unsere Bemerkung auch eine in Frankfurt ansässige Person betroffen. Durch seinen Schwager v. Savigny, den lei­denschaftlichen ultramontanen Macher, kam er wahrscheinlich in Ver­kehr mit seinem jetzigen Denuncianten, überhaupt in eine Gesell­schaft, wo von Bismarck wie von einem Spießgesellen und vom deutschen Reich wie von einem unberechtigten Staaten-Conglome- rat gesprochen wird. Seiner ganzen Beanlagung nach ist Arnim ein Gentleman und darum der allgemeinen Ächtung werth, allein sein Wesen zeigt nicht genug charaktervolle Festigkeit, sonst würde er den Lump, der sich in sein Vertrauen einzuschleichen suchte, bei der ersten zudringlichen Bemerkung zur Thür hinausgeworfen haben.

Berlin, 7. Oct. Wie verlautet, wird das Erscheinen Bismarck's im Proceß Kullmann für nothwendig gehalten. Ein