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Polizei gebracht wurde. Es stellte sich dort heraus, daß der Fund von einem vor Jahren verübten Diebstahl auf dem Lande herrührt. Der Bestohlene, ein Schultheiß, ist inzwischen gestorben; die Erben werden die Papiere, welche zwar sehr vermodert, aber noch leserlich sind, erhalten.
Cannstatt, 15. März. Für die Vorbereitungen zum 10. württ. Landesschießen, welches am 5. Juli und den folgenden Tagen in der Feststadt Cannstatt gehalten werden wird, ist heute ein bemerkenswerter weiterer Schritt geschehen, sofern von den betr. Komites der sehr geräumige Festplatz beim Schießhaus auf dem Waasen ausgewählt und die Plane festgestellt wurden, welche nun der erforderlichen höheren Genehmigung unterbreitet werden.
Eßlingen, 15. März. Der hies. Jünglingsverein begieng heute nachmittag fein 14. Jahresfest im evang. Vereinshaus, an dem zahlreiche Freunde von hier und auswärts teilnahmen. Der Vorstand des Vereins. Oberhelfer Plank, eröffnete die Feier mit Gebet, dem eine kurze Ansprache folgte. Die Festrede hielt Dekan Kübel; derselbe sprach nach 1. Korr. 16,13 in faßlicher und anschaulicher Weise über Karakter und Ka- rakterbildung. Der Bericht über den Stand des Vereins und über seine Thätigkeit im abgelaufenen Jahre, erstattet vom Vorstand, lautete recht erfreulich. An die Feier schloß sich eine gesellige Unterhaltung im Trauben- saal an.
Biberach, 13. März. Das 40jährige Bühnenjubiläum des Theaterdirektors I. Steng hat einen für den Jubilar höchst schmeichelhaften Verlauf genommen. Schon am Vorabende versammelte sich ein großer Freundeskreis um denselben und überreichte einen schwer goldenen, init ächten Diamanten besetzten Ring. Gesang und Rede machten den Abend zu einem großen Feste. Die Fesivorstellung fand gestern statt. Der Jubilar spielte den „Lebrecht Müller" im Störenfried von R. Benedix. Brausender Jubel begrüßte den Künstler bei seinem Erscheinen auf der Bühne. Nach Schluß der Vorstellung versammelte sich das ganze Bühnenpersonal um seinen Direktor. Regisseur Schreyer überreichte demselben nach einer längeren gediegenen Ansprache einen riesigen Lorbeerkranz namens des Bühnenpersonals einen 2. als Geschenk der hiesigen Damenwelt und einen 3. im Aufträge eines Freundeskreises. Ein donnerndes Hoch des überfüllten Hauses und des Bühnenpersonals schloß den Festabend, dem Gefeierten den vollgiltigen Beweis gebend, daß er ein Ehrendenkmal in aller Herzen sich erworben.
Blaubeuren, 16. März. Bei Abschluß der Bismarckspende ergab sich im hiesigen Bezirke von 1750 Gebern die Summe von 745 >M, woran die Oberamtsstadt selbst mit 608 Gebern und rund 300 beteiligt ist.
Oehringen, 15. März. Heute Abend zwischen 6 und 7 Uhr erschien ganz plötzlich am östlichen Horizont eine so gewaltige, von dichtem Qualm begleitete Feuerhelle, daß die Bewohner der Karlsvorstadt meinten, eines der äußersten Gebäude müsse in Flammen stehen. Im Innern der Stadt glaubten sogar Mehrere, der Bahnhof brenne. Aber bald genug kam die Gewißheit, daß dieses gewaltige Feuer sich in dem >/4 Stunde entfernten Kappel befinde; das an die große Ludwi g'sche, jetzt Greine r'sche Brauerei angebaute Oekonomiegebäude stand in Hellen Flammen. Dieses mit Futter und Stroh gefüllte Bauwesen war aus bis jetzt nicht ermittelter Ursache in Brand geraten und ist vollständig niedergebrannt, nicht ohne das an der Staatsstraße liegende Wirtschaftsgebäude und den gegen Norden gelegenen Anbau erheblich beschädigt zu haben. Dem Vernehmen nach sind die Eigentümer genügend gegen Feuersgefahr versichert. Der Sonntag und die damit verknüpften Ausnahmezustände mögen veranlaßt haben, daß die Löschanstalten etwas verspätet und nicht in der wünschenswerten Zahl zur Stelle kamen, und daß, worüber man ernste Klagen vernahm, mehr müßige Zuschauer als bereitwillige Helfer sich einfanden.
Gotha, 13. März. Heute wurde der 16jährige Gymnasiast M. von hier, welcher sich vorgestern Abend mittelst einer von seinem Freunde, dem Gymnasiasten P., geliehenen Pistole im Bette erschoß, und dann der Schriftsteller Gottheit auS der Schweiz mittelst Feuers bestattet. (Die 229. und 230. Verbrennung.) Im Columbarium sind bis jetzt 61 geschmackvolle Urnen mit der Asche von 62 Verstorbenen aufgestellt.
nicht versagen. Ihnen meine Glückwünsche zu ihrem heutigen Geburtstage selbst zu bringen. Wir sind Ihnen ja so viel Dank schuldig schon der guten freundlichen Aufnahme wegen, welche die Prinzen in Ihrem Hause gefunden haben. Ich möchte nun gern mit meinen Kindern Ihr Geburtsfest feiern. Gewiß werden Sie uns die Freude Ihrer Gegenwart nicht versagen. Ihre Freundinnen sind gleichfalls eingeladen und werden sogleich hier sein, und wenn aufrichtige Teilnahme zur Freude stimmt, so wird es uns daran sicher nicht fehlen."
In der That erschienen bald darauf sämtliche Gäste, und Dank der Herzlichkeit und Liebenswürdigkeit der Königin kam bald die angenehmste und ungezwungenste Unterhaltung in Fluß, und als man endlich um Mitternacht ausbrach, gestanden sich Alle, den schönsten Abend ihres Lebens verlebt zu haben.
Wie sehr derartige Züge die Königin beliebt machen mußten, liegt auf der Hand. Bei vielen andern Gelegenheiten bestätigte sich noch ihr schönes, von den Vorurteilen der Geburt, des Ranges und Standes frei gewordenes, dagegen von ächter Menschenliebe erfülltes Herz. So still und zurückgezogen sie lebte, entzog sie sich doch nie in eigensinniger Abgeschlossenheit den Augen ihrer Landeskinder. Unablässig bemühte sie sich, das maßlose Elend zu mildern, welches der Krieg heraufbeschworen. Sie sorgte für die Verwundeten und die Angehörigen der Notleidenden mit Aufopferung ihrer selbst. Kein Wunder, daß das Volk sie vergötterte, daß das Ansehen des Königspaares auch im Auslande stieg, und Kaiser Alexander von Rußland wiederholt den Wunsch aussprach, den in seinem Unglück so heldenmütigen und gottergebenen König von Preußen und seine ihm treu zur Seite stehende Gemahlin bei sich zu sehen. —
Man trat endlich die Reise dorthin an. Sie war anstrengend genug
W e rr nr i f cH L e s.
— Lebensversicherungssache. Sehr erfreulich ist es. daß das Verständnis für die Versicherung des Lebens auch im deutschen Reiche sich immer mehr Bahn zu brechen scheint; beinahe sämtliche Gesellschaften, welche bis jetzt ihren Versicherungsstand vom verflossenen Jahre publizierten, konnten eine vermehrte Zunahme gegen frühere Jahre Nachweisen. Auch im Jahre 1885 scheint die Benützung dieser Institute fortzuschreiten; so hat z. B. die Lebensversicherungs- und Ersparnisbank in Stuttgart vom Januar und Februar wieder einen Zugang von ca. 800 Anträgen mit 4'Z Mill. ^ zu verzeichnen. Die Versicherung des Lebens kann nicht genug empfohlen werden. Kein Familienvater sollte säumen, sich bei irgend einem soliden Institute zu beteiligen. Ganz entschieden trägt die Versicherung zur Erhaltung der Gesundheit, insbesondere aber im Krankheitsfalls zur Genesung des Kranken bei, weil die Sorge um das Wohl der Seinen, welche denselben so häufig quält, von ihm genommen ist. Stirbt der Versicherte, so tritt für die Hinterbliebenen unmittelbar nach dem Tode die Hilfe ein. So hatte z. B. die bereits erwähnte Bank im vergangenen Jahre 516 Todesfälle mit 2,683,000 zu regulieren und hat hierdurch vielen Familien eine segensreiche Hilfe gebracht. Diese Bank beruht bekanntlich auf Gegenseitigkeit und verteilt demgemäß alle Ueberschüsse voll und ganz an ihre Versicherten. Durch den im Jahre 1884 erzielten Ueberschuß von ca. 2,200,000 sollen die als Extrareserve dienenden Ueberschüsse aus den Jahren 1880—84 auf über 9 Millionen angewachsen sein. Hiernach ist den Versicherten nicht nur eine absolute Sicherheit geboten, sondern für die nächsten 5 Jahre auch noch eine reichliche Dividende gesichert.
— (Schwindler und Komödiant.) Am 9. Mai 1880 war in Wiener Journalen folgende Lokalnotiz zu lesen: „Vom rechten Ufer sprang gestern ein ärmlich gekleideter Mann in den Donaukanal und wurde sofort von den hochgehenden Fluten fortgerissen. Dem Sicherheitswachmann Völk gelang es, den Mann zu retten. Er gab an, aus Crailsheim (Württemberg) gebürtig, 30 Jahre alt und von Beruf Schauspieler zu sein. Sein Name sei Johann Friedrich Ernst. Er war viel umhergereist und kam zuletzt nach Wien. Da er ohne Mittel war, mußte er in den Maffen- quartieren seinen Unterstand nehmen. Um sich etwas zu verdienen, schrieb er Couplets für Volkssänger, aber auch dieser Verdienst versiegte und Ernst war auf die Unterstützung einiger mildherziger Schlafkameraden angewiesen. Am 8. Mai blieben auch diese Gaben aus. So irrte der Schauspieler in den Straßen der Residez umher und in seiner verzweiflungsvollen Lage kam ihm der Gedanke, ins Wasser zu gehen. Doch hungernd wollte er nicht ins Jenseits wandern. Er trat, ohne einen Kreuzer Geld in der Tasche, in eine Kaffeeschänke, nahm einen Kaffee und zwei Brode zu sich und schrieb dann einen mit der Ueberschrist: „Der letzte Akt" versehenen Brief, dessen Inhalt den Selbstmord eines Hungrigen behandelt. Am Schluffe sagt der Schreiber, daß er im Leben nur einmal einen Schwindel begangen und dieser bestand darin, daß er aus dem Kaffeehaufe, welches er kurz vor der Ausführung der That besucht, durchgegangen sei, ohne die Zeche bezahlt zu haben. Dieser Brief wurde an jener Stelle des Ufers, von welcher der Mime sich ins Wasser gestürzt hat, vorgefunden. Das Couvert trug als Adresse folgende Aufschrift: „Letzter Akt! An die neugierige Welt, zur beliebigen Benützung unter dem Strich einer größeren Zeitung." Kaum war diese Notiz in den Blättern erschienen, kamen von allen Seiten reichliche Unterstützungen für den unglücklichen Schauspieler. Man wetteiferte förmlich, die Zukunft des Mannes zu sichern. Es wurden ihm paffende Anstellungen in Wien und in der Provinz offeriert. Der vorgebliche Schauspieler blieb damals eine zeitlang noch in Wien und kehrte dann mit reichlichen Mitteln versehen der Residenzstadt den Rücken. Niemand hätte gedacht, daß das Ganze, bis auf den Sprung ins Wasser, Komödie und Ernst ein gewöhnlicher Schwindler sei. Eine Verlautbarung der Wiener Polizeidirektion gibt über diesen Vorfall folgende Aufklärung: „Ein ca. 37jähriger Schauspieler, welcher sich mit einem Bescheide der k. würst. Kreisregierung Ellwangen vom 16. März 1877, dann mit einem Zertifikate des k. württ. Oberamtes Crailsheim, ddo. 30. Dezbr. 1878, als Johann Friedrich Ernst von Crailsheim legitimierte, hat sich laut
für die hohe Frau, deren zarte Gesundheit durch die schweren Schicksalsstürme der letzten Zeit erschüttert worden war; allein die Aufnahme seitens des russischen Kaiserpaares ließ an Aufmerksamkeit und Freundschaftsbeweisen nichts zu wünschen übrig. Festlichkeiten aller Art wurden arrangiert. Hofbälle wechselten mit öffentlichen Aufzügen der Bürgerschaft, glänzende Paraden mit erhebenden Kirchenfeierlichkeilen. Mit Ehrfurcht und Bewunderung blickte das russische Volk auf das fremde Königspaar, und wie überall gewann Louise auch hier Aller Herzen durch ihre Anmut und Freundlichkeit.
Inmitten aller dieser Huldigungen aber vergaß die hohe Frau keineswegs das Versprechen, welches sie der braven Bäuerin Humbert gegeben. Zu der Gemahlin des Czaren, der Kaiserin Elisabeth, fühlte sie sich ganz besonders hingezogen. Der Hauch von Schwermut, welcher über dem Wesen der geistund herzbegabten Herrscherin lag, berührte Louise sympathisch und ließ sie bald ohne Rückhalt auf den Gegenstand übergehen, der ihrem menschlich fühlenden Herzen so nahe lag.
Die Kaiserin versprach, ihren ganzen Einfluß aufzubieten, um dem Flüchtling auf die Spur zu kommen. Freilich hatte die Sache ihre enormen Schwierigkeiten. Das Czarenreich war so groß, und die amtlichen Organe so wenig zuverlässig. Nichtsdestoweniger wurde bereits am folgenden Tage die Polizei in Petersburg in Kenntnis gesetzt. Man konnte immerhin annehmen, daß der Flüchtling sich nach der russischen Hauptstadt gewendet habe. Denn nur hier konnte er ein seinen Kenntnissen entsprechendes Unterkommen gefunden haben und mit einer Sicherheit vor Entdeckung in die Zukunft blicken.
(Fortsetzung folgt.)