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Wie aus dem Jnserasenteil ersichtlich, beabsichtigt der Zirkus I. Dietrich in hiesiger Stadt einige Vorstellungen zu geben und sehen wir uns veranlaßt, da der Gesellschaft in Betreff ihrer Leistungen ein guter Ruf vorausgeht, auch an dieser Stelle das hiesige und auswärtige Publikum aufmerksam zu machen.

Stütz art, 23. Februar. (Gerichtssaal.) Die II. Strafkammer des K. Landgerichts war heute erstmals im Fall, das neue Reichsgesetz in Betreff der Aufbewahrung und des Handels mit Sprengstoffen in Anwendung zu bringen. Als Angeklagte standen vor den Schranken des Gerichts drei gut prädizierte Kaufleute vor Endersbach bezw. Beinstein, OA. Waiblingen. Sie halten in ihren Läden auch Sprengpulver für die Stein­brecher ihrer Gegend, hatten es aber unterlassen, die von dem neuen Reichs­gesetz vorgeschriebene Anzeige zu machen und Erlaubnis über die Art der Aufbewahrung einzuholen. Da diese Unterlassung lediglich aus Unkenntnis des Gesetzes und nicht in böswilliger Absicht geschah, auch keinerlei Schaden dadurch sich ergeben hat, so wurde auf Antrag der Staatsanwaltschaft von dem Gerichtshof die niedrigste nach dem Gesetz zulässige Strafe von 3 Mo­naten Gefängnis ausgesprochen; da diese jedoch die Angeklagten immer noch schwer genug trifft, so wurden sie der Gnade des Königs empfohlen.

Feuerbach, 21. Febr. Auch hier ist ein Komite zusammengetreten, um die nötigen Schritte betreffs der Bismarckspende zu thun. Das Erfreulichste daran ist aber, daß 2 Herren Mitglieder der Volkspartei (?) gleich­falls im Komite sitzen und dadurch beweisen, daß die Bismarckspende keine Partei-, sondern eine Nationalsache ist. Es wurden 8 Sammelstellen errichtet und zugleich ein Aufruf unterzeichnet, welcher im hiesigen Lokalblatt nächster Tage zur Veröffentlichung gelangen soll. Auch in Arbeiterkreisen ist die Stimmung für die Spende eine gute.

Crailsheim, 21. Februar. Vor 3 Monaten entfernte sich die Dienstmagd eines hiesigen Wirts unter Umständen, die einen Selbstmord befürchten ließen. Alle Nachforschungen blieben jetzt erfolglos. Gestern Abend wurde nun im Jagstfluß bei der hiesigen Herrenmühle ein Leichnam bemerkt, in welchem die Vermißte erkannt wurde. Der Fasching brachte uns außer den regelmäßigen Bällen und sonstigen Unterhaltungen der einzelnen Vereine auch einen öffentlichen Umzug der Turngemeinde, der älteren der beiden hier bestehenden Turnvereine. Hiebei konnten die dem o- kratischen Vorstände und Leiter dieses Vereins es sich nicht versagen, such die Bismarckspende zu verhöhnen, ein Vorgang, der sicher im ganzen brutschen Reiche einzig dastehen wird. Daß die Stadt Crailsheim als ein Hauptsitz der Demokraten anerkannt wird, mag die Thatsache beweisen, daß im Landeskomite der Volkspartei 4 Mitglieder von hier, darunter 3 Ge­meinderäte, sich befinden.

Ochsenhausen, 23. Februar. DerAnz. vom Oberland" be­richtet : In der vergangenen Nacht wurden in einer hiesigen Brauerei drei Brauknechte erstickt in ihren Betten aufgefunden. Die Ursache ist noch nicht bekanrt.

Fellbach, 22. Februar. Vor etlichen Tagen wanderte ein hiesiger Bürger mit seiner Familie nach Amerika aus. Derselbe bringt ein Ver­mögen von ca. 40,000 -M mit in die neue Welt hinüber. Auch hier ist gegenwärtig eine Liste zur Einzeichnung von Beiträgen für die Bismar ck- spende in Umlauf und es hat sich dieselbe vieler und namhafter Beiträge zu erfreuen.

Giengen a. B., 21. Febr. Auch in hiesiger Stadt ist nun Gelegen­heit zur Beteiligung an der Bismarckspende gegeben. Der Brenzthal­bote bringt einen Aufruf und 3 Sammelstellen nehmen Gaben in Empfang. Den Staaren, die seit 14 Tagen schon auf unfern Dächern durch ihren Dächern durch ihren Gesang das Nahen des Frühlings verkündigen, sind nun weitere Frühlingsboten nachgesolgt: ein Storchenpaar, das gestern seine hiesige Residenz bezogen hat. Am 17. d. ließen sich im Brenzthal die ersten Lerchen hören.

Bietigheim, 24. Februar. Auf einem zu der hiesigen Stadt­pfarrei gehörigen Grundstück wurde vor einigen Tagen ein interessanter Fund gemacht. Beim Umgraben des Bodens fand Seifensieder Maier, welcher an zwei Stellen etwas tiefer graben ließ, mitten im Grundstück in der Tiefe von 1 Meter zwei größere menschliche Skelette, von welchen eines noch ganz gut erhalten im Boden liegt. Das Gesicht des Bestatteten schaut gegen Osten, was von einer regelmäßigen Bestattung zeugt. Schmuck­sachen wurden dabei nicht gefunden. An derselben Stelle wurden Mauersteine von verschiedener Größe ausgegraben, die 30 Zentim. tief im Boden lagen. In der östlichen Ecke des Grundstücks fand man in der Tiefe von l'/z Meter das Gerippe eines Kindes; die ausgegrabene Erde war mit Asche und Kohlen­teilen vermischt. Das Grundstück mit einer Fläche von etwa 10 Ar liegt im Osten der Stadt Bietigheim an der Straße von Großingersheim. Ohne Zweifel war es vor mehreren, vielleicht schon vor 6 Jahrhunderten eine Begräbnisstätte; auch eine Kapelle soll dabei gestanden sein. Das dortige Feld wird St. Lorenzfeld genannt und scheint historischer Boden zu sein. Der gegenwärtige Friedhof liegt im Westen der Stadt und wird wohl schon 400 Jahre als solcher benützt.

Köln, 20. Februar. In vergangener Nacht war die Nachtwache am hiesigen Postgebäude besonders verstärkt. Wie es heißt, soll der Post­behörde ein Drohbrief des Inhalts zugegangen sein, das Postgebäude werde mittelst Dynamit in die Luft gesprengt werden. Vermutlich rührt die Drohung von einem gemaßregelten Unterbeamten her.

Leipzig, 20. Februar. Vorgestern ist der Redakteur der Leipziger Gerichtszeitung, Salo Werner, auf Anordnung der Gerichtsbehörde ver­haftet worden. Das genannte Blatt hatte in der Angelegenheit des ermor­deten Polizeirates Rumpfs ein geheimes Schreiben der Polizeidirektion zu Frankfurt a. M. mitgeteilt. Es wurde nun angenommen, daß diese Ver­öffentlichung nur auf Grund der Verletzung des amtlichen Dienstgeheimnisses Seitens eines Beamten geschehen sein könne. Herr Werner wurde aufge­fordert, entweder den Einsender zu nennen oder durch Eid zu erklären, daß er den Einsender nicht kenne. Werner hat es abgelehnt, dieser Aufforderung nachzukommen, und daraufhin erfolgte auf Grund von § 69 der Straf, Prozeßordnung seine Verhaftung. Die Haussuchung bei ihm förderte das fragliche Manuskript, auf welchem der Name des Einsenders stand, in die Hände der Behörde, worauf nunmehr Herr Werner entlassen wurde.

WerrnriftHtes.

Hasenzucht im Zimmer. Ueber Hasenzucht im Zimmer schreibt Dr. Karl Ruß in der naturwissenschaftlichen ZeitschriftIsis,,: Bei einem Besuch in der Kanarienzüchterei des Herrn Dekorationsmaler E. Hinze in Berlin sagte der Genannte, nachdem wir die Vögel ausreichend gesehen und gehört:Nun, Herr Doktor, mutz ich Ihnen aber auch noch eine andere Vogelzucht" zeigen, welche sie als Herausgeber derIsis" nicht minder interessieren wird." Wir gingen in ein anderes Zimmer, in welchem außer zwei großen Kanarienhecken besonders die Futtervorräte sich befanden, und unterhalb der letzteren, in einem Verschlag, die betreffende andere Hecke, aus welcher der Züchter einen Hasen von etwa 8 Tagen hervorholte. Herr Hinze berichtet über dieselbe im Wesentlichen Folgendes:Die beiden alten Hasen wurden uns, der Hase im März vor drei Jahren und die Häsin im Juli v. I., noch ganz jung, wahrscheinlich erst etwa 8 Tage alt, überbracht, und wir mußten sie, den ersteren drei und die letztere 6 Wochen hindurch, mühsam mit der Flasche päppeln; erst in der zweiten Hälfte dieser Aufzucht fingen sie an, ein wenig Klee und Luzerne zu fressen. Mit dem letztern Futter werden sie seitdem während der Sommermonate fast ausschließlich ernährt, während sie im Winter zerschnittene Gelbrüben, trocknen Hafer und Semmel in Milch erhalten; als ein Lieblingssutter für sie darf gerösteter Zwieback gelten. Der Raum, den das Hasenpaar bewohnt, ist mit Draht

Sire", bat die Königin,es ist mit wenigen Worten gesagt, geben Sie uns unser Land zurück, erlassen Sie uns die Kriegskosten, geben Sie unsere gefangenen Söhne frei und lassen Sie Frieden zwischen Frankreich und Preußen sein!"

Madame, Sie fordern viel, sehr viel, mehr, als ich gewähren kann", sagte Napoleon finster.

Nicht mehr, als ich mit dem besten Recht von der Welt fordern darf; denn alles dies war unser, bevor Sie die Welt erschütterten."

Was Frankreich mit dem Blute seiner Söhne erkauft hat, muß Frank­reich verbleiben", rief der Kaiser stolz.Ich kann in die Zurückgabe der okkupierten Provinzen nicht willigen."

Dann habe ich nichts mehr zu sagen", erwiderte Louise sich erhebend, wir erwarten unser Schicksal, Sire, das Sie nicht ändern wollen."

Napoleon biß sich auf die Lippen. Die Unterredung war beendet. Er fühlte sich gedemütigt. Es war ihm, als sei die Königin Louise die Siegerin und er der Besiegte.

Sagen Sie: nicht ändern können, Madame!" wandte er ein.

Wir fügen uns", lautete die einfache Erwiderung der Königin,mein arines Preußen ist zu schwach, um zu kämpfen, es wird um so stärker in der Geduld sein."

Wohlan, Madame, leben Sie wohl. Ich bedaure, daß die Macht der Umstände mich verhindert, auf Ihren angelegentlichsten Wunsch in einer uns Beiden zufriedenstellenden Weise einzugehen; aber genehmigen Sie die Ver­sicherung meiner vollkommensten Hochachtung und erweisen Sie nebst Ihrem Gemahl mir die Ehre, morgen Mittag im Schlosse meine Gäste zu sein."

Königin Louise verbeugte sich zeremoniell. Der Kaiser grüßte respekt­voll und verließ rasch das Zimmer.

Kommen Sie, General, wandte er sich an seinen rm Vorzimmer wartenden Adjutanten,ich habe soeben die schönste Königin und die interessan­teste Frau gesehen; es war der härteste Kampf meines Lebens, aber" hier legte sich ein düsteres Lächeln um seinen Mund,ich bin stark geblieben."

Noch in der vollen Erinnerung an die schöne Frau befangen, gewahrte der Kaiser nicht die gedrückte, tief in ein einfaches Shawltuch gehüllte Mädchen­gestalt, die sich zitternd auf dem Hausflur in der Ecke hielt und erst lange nach dem Verschwinden der beiden hohen Herren es wagte, ihr Versteck zu verlassen.

Sie stieg die Treppe empor und bat das ihr entgegentretende Kammer­mädchen, sie zur Königin zu führen. Es sei eine überaus wichtige Angelegen­heit, in welcher sie die hohe Frau sprechen müsse. Es handle sich um nichts Geringeres, als um die Erhaltung zweier Menschenleben.

Die Königin Louise war stets ihren Unterthanen zugänglich, namentlich da, wo ihr das Unglück entgegentrat. Sie gab sofort Befehl, das Tilsiter Mädchen hereinzuführen, und erkannte die Eintretende sogleich als die Sprecherin bei der von ihr geführten Deputation.

Nun, mein Kind?" fragte sie in gütigem Tone,so bald sehen wir uns wieder?"

Ja, Majestät" , erwiderte Alma, indem sie vor die Königin auf die Knie sank und flehend ihre Hände erhob,als Ihre Majestät mir zu sagen geruhten: Erinnere Dich Deiner Königin, wenn es Dir einmal nicht gut gehen sollte, ach, da ahnte ich noch nicht, wie nahe ein solcher Moment mir sei, wie entsetzlich das Verhängnis über mich und meine Mutter Hereinbrechen würde."

Stehe auf, mein Kind. Setze Dich und erzähle mir, was Euch wider­fahren ist, ganz genau. Kann ich helfen, wird es gewiß gern geschehen."

Alma leistete der Aufforderung Folge. Die Königin hörte aufmerksam zu und dachte, als die Erzählerin geendet, einige Minuten nach. Dann schellte sie und beauftragte die eintretende Kammerzofe, sofort ihren Gemahl zu benachrichtigen, da sie ihn in einer höchst wichtigen und dringenden Angelegen­heit zu sprechen wünsche.

(Fortsetzung folgt.)

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