80. Jahrgang
Mo. 25.
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Donnerstag, äen 26. Februar 1883.
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An die Guterbuchsbeamten.
Zu Folge hoben Erlastes der Civilkammer des K. Landgerichts Tübingen vom 1s. d. M., wird denselben die genaue Einhaltung der Bestimmungen des K 7 und 9 der Ministerial-Versügung vom 14. April 1873 zur Auflage gemacht.
Calw, den 24. Febr. 1885.
K. Amtsgericht.
D e ck i n g e r.
politische Wcrchrichten.
Deutsches Reich.
— Die Kommission für Holzzölle hat die erste Lesung bereits beendigt. Sie beschloß: Bau- und Nutzholz, das in Richtung der Längsachse beschlagen oder auf anderem Wege als durch Bewaldrechtung vorgearbeitet oder zerkleinert, Faßdauben, welche nicht unter 1 fallen, ungeschälte Korbweiden und Reifenstäbe ^ 0. 70. Bretter, nicht gehobelte, in der Richtung der Längsachse beschlagene oder gesägte Kanthölzer und ähnliche Säge- und Schnittwaren ^ 1. 50, gehobelte Holzwaren von 3 aus 6, Fourniere von 6 auf 9, Möbelbestandteile von 10 aus 14 erhöht. Auf Antrag Rickert's wird ferner hinzugefügt: für Abfälle, welche bei der Verarbeitung von Bau- und Nutzholz in den Pcivattransitlägern entstehen, wird ein angemessener Prozentsatz zollfrei gelassen.
Am 18. Februar wurde im Neichsta g über den Zollsatz für Gerste namentlich abgestimmt. Die Regierung verlangte 1 50 pr.
Doppelcentner, ein Antrag von Schorlemer-Alst (Zentr.) 1 -FL Der Antrag Schorlemer wurde, wie bereits gemeldet, mit 184 gegen 107 St. angenommen. Von den 17 württ. Abg. haben sich 15 an der Abstimmung beteiligt; davon waren 12 für den Antrag, nämlich: Graf Adelmann, v. Fischer,
Härle, Leemann, Lenz, Erbgraf zu Neipperg, v. Neurath, v. Ow, Stalin, Utz, Veiel, v. Wöllwarth. Mit Nein stimmten3: Mayer, Schott, Schwarz. 2 fehlten : Payer und Graf Waldburg-Zeil, beide beurl.
Hamburg, 23. Februar. Die „Hamburgische Börsenhalle" meldet den Ausbruch eines Aufstandes an der Westküste von Afrika bei Quettah, wo sich die Eingeborenen gegen die Engländer empörten. Der englische Statthalter von Quettah wurde schwer verwundet, seine Begleitung, aus 40 Mann Hauffas bestehend, überwältigt. Ein jüngerer englischer Offizier mit 60 Soldaten hofft Stadt und Festung gegen einen geplanten weiteren Angriff verteidigen zu können.
s ^ (,-7 - Uages-Weulgkeiterr.
' Calw. N ationald ank. In den Landorten des Calwer Bezirks werden mit der Sammlung für die Ehrengabe an den Reichskanzler Fürsten Bismarck ganz erfreuliche Erfahrungen gemacht. Sind auch die einzelnen Gaben, wie dies in den Verhältnissen, sowie überhaupt begründet ist, keine große (10 H bis 1 ^L), so ist die Zahl der sich Beteiligenden eine um so größere, in einzelnen kleineren Gemeinoen sind teilweise mehr Gaben gefallen, als Familien vorhanden sind. Die Ueberzeugung, daß der Reichskanzler unablässig bemüht ist, für das Wohl des Volkes seine Kraft und sein Leben einzusetzen, hat allmälig alle Schichten des Volkes durchdrungen, ist es doch hauptsächlich seiner Fürsorge gelungen, nicht nur dem Fabrikanten und Gewerbetreibenden durch Handelsverträge und Erwerbung von Kolonien neue Gebiete des Absatzes zu schaffen, die Arbeit der Fabrikanten, Gewerbetreibenden, der auf die Erträgnisse des Feldes und Waldes angewiesenen Landleute durch entsprechende Zolltarife vor der Ausbeutung durch das Ausland zu schützen, sondern auch mit den Kranken- und Unfallversicherungsgesetzen den Arbeitern in den schwierigsten Lagen des Lebens, in Unglücks- und Krankheitsfällen, beizustehen. Auch die Ehrengabe, welche gegenwärtig die dankbare Nation für ihren großen Kanzler sammelt, wird wieder in irgend einer gemeinnützigen Schöpfung dem Volke selbst zu gut kommen.
— Der Ausschuß des hies. Handels- und Gewerbevereins beschloß, gleich dem Vorgehen anderer Vereine, Plakate anzuschaffen, welche den Hausierern den Eintritt in die Häuser verwehren. Es wäre sehr zu wünschen, daß alle Hausbesitzer in der Stadt sowohl, als in den Bezirksorten, dem Verein entgegcnkommcn und ibre gewerbelreibenden Mitglieder hierin entschlossen unterstützen wollten. Plakate werden an Jedermann unentgeltlich abgegeben.
Feuilleton. Nachdruck verbot-,,.
Die Königin Louise
und ihre Schützlinge.
Historische Erzählung von Karl Prenzla u.
(Fortsetzung.)
5 .
Die Königin stand nachdenklich am Fenster des kleinen Salons, welcher die Reihen der wenigen für sie in aller Eile hergerichteten Zimmer eröffnete. Der schärfste Beobachter hätte die angstvolle Spannung nicht wahrgenommen, welche in ihrem Wesen lag. Ihr Auge blickte klar und stetig in den Hellen Sommertag hinein, und ihre Haltung zeigte ganz die ruhige, edle Sicherheit, die ihr für gewöhnlich eigen war. Königin Louise besaß eine außerordentliche Selbstbeherrschung. Niemand in ihrer Umgebung erriet die Stürme ihres Innern. Und in welch' übermäßigem Weh ihr Herz sich zujammenkrampfte beim Anblick all' des Jammers, des unermeßlichen Elends ihres Landes und Volkes, das Alles wußte nur sie allein.
Die härteste Prüfung, die eine gekrönte Frau treffen kann, war ihr nicht erspart gegliedert. Sie sollte demjenigen gegenübertreten, der all' diese Not und Trübsal herausbeschworen, dem stolzen hartherzigen Sieger, für den die beiden großen Tugenden der Könige: Gerechtigkeit und Mäßigung, nur leere Begriffe waren. Sie, die wahre Königin an Geist, Seelenadel und Gemüt, sollte sich einem Herrscher beugen, der es nur durch die rohe ungezügelte Kraft seines dämonischen Genies, durch die Ränke seines intriguanten Geistes geworden war. Und doch mußte es sein. Sie war es ihrer Familie und ihrem Volke schuldig, denn beide sahen auf sie mit der festen Zuversicht, daß sie helfen könne und werde.
Aus dem Pflaster tönte das Rollen oines Wagens. Er hielt vor dem Haufe. Tie Königin raffte sich zusammen. Der verhaßte Emporkömmling
nahte. Es galt, ihm mit der ganzen Würde und Hoheit einer deutschen Fürstin entgegenzutreten.
Im nächsten Augenblick meldete man ihr den Ankömmling. 'Napoleon trat in der zugleich stolzen soloatischen und doch eleganten Haltung ern, die ihm eigen war. Unwillkürlick verneigte er sich. Ec konnte den Eindruck nicht verhehlen, den die Schönheit und die anmutige Würde Louisen's aus ihn machten, dieser Frau, an der jede Linie eine Königin war.
„Madame", begann er in respektvollem Tone, für nichts aus der Welt bin ich dem Gott des Krieges dankbarer, als für bas Glück, mit der größten und erhabensten Herrscherin Europas die Prälimmarien des Friedens vereinbaren zu können."
„Wenn dieser Friede ein dauernder wäre", antwortete Louise mit anmutiger , aber kalter Verneigung, wenn er den Intentionen entspräche. die mein Gemahl mir gegeben hat, dann würde auch ich dem Gotte des Friedens dankbar sein; dem Gott des Krieges aber würde ich das große Unglück verzeihen, das er auf mein armes Volk gehäuft hat!"
„Hm!" Napollon schnellte von dem Sessel, auf welchen er sich der einladenden Bewegung der Königin zufolge niedergelassen hatte, wieder empor, kreuzte die Arme auf den Rücken und machte ein paar rasche Gänge durch das Zimmer. Um seine Lippen zuckte ein herbes Lächeln und die Augen sprühten einen drohenden Blitz nach dem andern.
Diese Frau war sehr stolz. Ihm, der sich vor Niemand beugte, imponierte sie. Vergeblich aber fragte er sich, was es denn eigentlich ser, das ihn ebenso zur Bewunderung wie zur Ehrfurcht hinriß? Er hatte das Un- glück bis jetzt noch nicht kennen gelernt. Er wußte somit auch nicht, wie schwer es ist, sich über dasselbe zu erheben, welch' ein großer und edler Mut dazu gehört, um ungebeugt über den Sturz aus der Höhe triumphieren zu können.
Er schien sich im Reinen. Sein Auge kehrte mit einem milderen Ausdruck zu Louise zurück. „Nennen Sie denn Ihre Bedingungen. Was ich lhun kann, wird geschehen."