Lager des chinesischen Heeres ist durch unsere Truppen genommen worden. Letztere sind nur noch zwei Tagemärsche von Lang-Son entfernt. Doch ist es für den Augenblick geboten, den Vormarsch zu unterbrechen, um den Truppen die nötige Ruhe zu gewähren und für ihre Verpflegung zu sorgen. Der Gesundheitszustand ist ausgezeichnet. Unsere Verluste sind minimale. Bei dem letzten Kampfe haben unsere zwei Brigaden sich durch ihren Eifer ausgezeichnet. Alle haben ihre Schuldigkeit gethan, für alle habe ich nur Worte des Lobes. Der Feind ist auf der Mandarinenstraße verschanzt.
Paris, 8. Febr. Von der Polizei sind gestern etwa 20 Anarchisten wegen Reden, in welchen sie zu Plünderungen ausreizten, verhaftet worden.
Italien.
Rom, 8. Febr. Die Opinione schreibt: England habe noch nicht förmlich die Teilnahme Italiens an der egyptischen Expedition verlangt. Es fanden blos darauf bezügliche Unterhandlungen zwischen Mancini und dem Botschafter Sir I. Lumley statt, die jedoch bisher zu keinem endgitliaen Abkommen führten.
Afrika.
— Nach den Berichten aus Korti gilt es als ganz zweifelhaft, daß Khartum am 26. Januar gefallen ist, dagegen besaß man keine Gewißheit über das Geschick Gordons, da man hierüber blos Gerüchte hat und diese gänzlich sich widersprechen. Natürlich haben diese Gerüchts, wie sie in verschiedenen Privattelegrammen aus Korti mitgeteilt sind, geringen Wert. Der Korresp. des Standard schreibt: Leute des Shagiyeh-Stammes, die in der Nähe von Wad-el-Habesh an Bord des Dampfers kamen, berichteten, daß Gordon 15 Tage lang gekämpft hatte. Ein anderes Mal kamen Boten an Bord, welche meldeten, daß General Kordon* * und alle seine koptischen Truppen gefallen seien. Am 30. Jan., als der Dampfer unterhalb Shabluka vor Anker lag, kamen 2 Leute des Shagiyehstammes an Bord und berichteten, daß Gordon mit Konsul Nicola, 50 Griechen und einigen Soldaten sich in der kathol. Kirche, mit Munition und Proviant versehen, eingeschloffen und verschanzt hätte. Aus Gubat 1. Febr. meldet der Korresp. des Daily Chronicle: Heute Abend sind Gerüchte im Umlauf, welche alle der Aussage des Mahdi widersprechen, daß er Gordon gefangen halte» und daß der tapfere General den muhamedanischen Glauben angenommen habe. Die Gerüchte sagen im Gegenteil, daß er in heldenmütigem Kampfe gegen eine erdrückende Uebermacht gefallen ist. Der Korresp. der Daily News berichtet: 5 Eingeborene, welche in Khartum waren, als es sich übergab, sagen aus, daß die Rebellen durch den Verrat zweier Paschas, welche früher einmal von General Gordon bestraft worden waren, in die Stadt eingelaffen wurden. Zwei der Eingeborenen versichern, daß Gordon getötet wurde, die 3 anderen sind ebenso bestimmt in ihren Versicherungen, daß er sich in das Fort mit einigen treuen Truppen und feiner ganzen Munition zurückgezogen habe.
Mcrges-Weuigkerterr.
s::) Calw, 10. Febr. Die Beerdigung des Hrn. Schultheiß Lörcher hat trotz der ungünstigen Witterung gestern in OberkollwanLL.n eine solche Menge von Leidtragenden zusammengeführt, wie sie dieser kleine Ort wohl noch nie gesehen. Es galt aber auch einem Manne die letzte Ehre zu erweisen, der nicht nur in seiner Gemeinde und nächsten Umgebung, sondern auch in weiteren Kreisen, mit denen der schlichte, anspruchslose und verständige Mann verkehrte, die höchste Achtung und Liebs genoß. Die Gemeinde wird natürlich am meisten seine kräftige und doch milde, stets raths- und hilfsbereite Hand vermissen, und es hat der Geistliche, der alle seine hervorragenden Tugenden in ein Helles Licht stellte, kein Wort zu viel gesagt. Aber auch in weiteren Kreisen, in denen der einfache Mann, mit seinen Hellen, klugen Augen ein stets willkommener und gerne gehörter Berather war, wird
Am folgenden Tage befand sich die Stadt in einer Erregung, wie die ältesten Bewohner sie nicht erlebt haben wollten. Die französischen Garden zogen in ihren prunkenden Uniformen mit klingendem Spiel dem Thors entgegen, durch welches Königin Louise ihren Einzug halten sollte.
Kopf an Kopf gedrängt stand die Bürgerschaft. Männer Frauen, Greise und Kinder, Niemand war daheim geblieben. Jeder wollte die so hochverehrte Herrscherin von Angesicht zu Angesicht sehen.
Auf einer zu diesem Zwecke errichteten Estrade hatte sich die aus den schönsten Töchtern der Stadt bestehende Deputation aufgestellt. An der Spitze der kleinen Schaar stand Alma Reimer, zu deren zarter Schönheit die Anderen nur den Rahmen zu bilden schienen. Alle trugen schneeweiße Gewänder von einfachem Stoffe, wie es dem anspruchslosen Sinne der hohen Frau und der Bedrücktheit der Zeitverhältniffe entsprach.
Vom nahen Kirchturm schlug es elf.
Die Trommeln wirbelten. Die Hautboisten begannen einen Marsch zu spielen. Eine Eskorte französischer Garde-Dragoner sprengte zum Thors herein. Dann folgte der von 8 Pferden gezogene Staatswagen des Kaisers Napoleon, gleichfalls von Garde-Dragonern begleitet. Im Fond desselben hob sich die anmutige schlanke Gestalt der Königin von dem purpurfarbenen Sammet ab, mit dem die Wände ausgeschlagen waren. Trotz des freundlichen Lächelns in ihren Zügen gab sich eine tiefe Niedergeschlagenheit in
* ihrem Wesen zu erkennen, und eine marmorartige Bläffe lagerte auf den zarten Wangen. Nur in der Absicht, den stolzen Sieger nicht zu beleidigen, hatte sie von der ihr entgegengesandten Karosse Gebrauch gemacht. Am liebsten wäre sie ja an der Seite ihres Gemahls, der in einem einfachen Wagen folgte, in die festlich geschmückte Stadt eingerückt.
Die Fußgarden präsentierten, die Musiker bliesen einen Tusch und nun hielt der Wagen. Freundlich grüßend ließ die Königin ihren Blick über die Menge schweifen. Der Bürgermeister trat, von den Ratsherren und Stadtverordneten gefolgt, an den Wagen und hielt eine kurze gehaltvolle, den
sem jetzt leerer Platz lange Zeit noch eine schmerzlich empfundene Lücke sein. Dieses Gefühl der allgemeinen Trauer brachte nach der Einsegnung des Sarges durch den Geistlichen zuerst einer der älteren Amtsgenossen des Verstorbenen, die nahezu vollzählig am Grabe ihres lieben Amtsbruders erschienen waren, Hr. Schultheiß Rothfuß von Dennjächt zum Ausdruck, indem er Namens derselben einen Kranz am Grabe niederlegte und dazu etwa folgende Worte sprach : „Lieber getreuer Freund und College! im Namen sämmtlicher Ortsvorsteher lege ich diesen Kranz auf Dein Grab, denn Du hast es mit Deiner Biederkeit und Rechtschaffenheit verdient, daß wir von nah und fern herzukommen und Dir diese letzte Ehre erweisen. Möge Dir jenseits die Krone zu Theil werden, die man nicht verdienen kann, sondern die nur aus Gnaden den Treuen verheißen ist. Mit diesen Gedanken verlassen wir Dein Grab."
Nach Hrn. Schultheiß Rothfuß trat der Sekretär des landwirthschaft- lichen Bezirksvereins, Hr. E. H o r l a ch e r, an das Grab und legte den vom Vereine gestifteten Ehrenkranz mit folgenden Worten nieder: „Im Namen des landw. Bezirksvereins, dem Du als getreuer Mitberather so lange Jahre Deinen guten, stets erprobten Rath geliehen, lege ich diesen wohlverdienten Kranz auf Dein allzufrühes Grab, zum Zeichen unserer Liebe und unseres Dankes für Deine Treue. Wir werden Dich lange vermissen und Dein Andenken wird uns stets theuer sein. Ruhe sanft, Du guter, treuer Freund." Außerdem legte eine Menge von Kränzen und Blumen, die den Sarg bedeckten, beredtes Zeugniß ab von der Liebe, die der Verstorbene genoß, und die seiner schwerbetroffenen Familie immerhin ein erhebender Trost in ihrem schweren Leiden sein möge. . ^
Heilbronn, 8. Febr. Rektor Dr. Presse! hielt gestern Abend im alten Harmoniesaale (Theatersaal) einen poesiereichen, interessanten Vortrag über: „Das Pfarrhaus in Cleversulzbach vor 50 und mehr Jahren," wozu die Mitglieder der Harmonie eingeladen waren, die auch den Saal vollständig füllten und dem farbenreichen Gemälde, das der verehrte Redner entwarf, in lautloser Stille lauschten. Bekanntlich war die Schwester Luise unseres Schiller an den Pfarrer Frankh in Cleversulzbach verheirathet; bei ihr lebte auch die Mutter Schillers. Ihr Sohn wollte, nachdem die Mutter krank wurde, sie in Hovens Behandlung nach Ludwigsburg geben, aber die Mutter mochte fühlen, daß ihr Stündlein gekommen sei; sie zog vor, in Cleversulzbach zu bleiben, und war noch im Stande, selbst dem guten Sohne in einem ihrer letzten Briefe zu danken. Unter den heftigsten Leiden gedachte sie unter Thränen der Barmherzigkeit Gottes, daß er ihr so gute Kinder wie Luise gegeben, und ließ sich noch 2 Tage vor ihrem Hinscheiden das Bild ihres Sohnes reichen und drückte es an ihr Herz. Dieses innige Verhältnis zwischen Schiller und seinen Angehörigen in Cleversulzbach, an die Schiller nach dem Tode der Mutter schrieb: „O laß, da wir nun allein noch vom väterlichen Hause übrig sind, uns desto näher aneinanderschließen," wurde in den geistvollen Auseinandersetzungen des Redners noch weiter behandelt. In dem zweiten Teile seines Vortrages verweilte der Redner bei Eduard Mörike, der von 1834 bis 1845 die Pfarrstelle in Cleversulzbach innehatte, und dem, wie Dr. Presse! hervorhob, hauptsächlich viel Aufschluß über das idyllische Leben im Pfarrhaus aus jener Zeit zu verdanken sei; er machte uns mit der Selbstbiographie Mörike's, mit seiner dichterischen Bedeutung unter den nachgoethischen hervorragenden Lyrikern bekannt, sprach von dem Reichtum dessen Dichternatur, von der Frische und Schalkhaftigkeit seiner Empfindungen. „Der alte Turmhahn" z. B. sei in echtem Volkston gehalten. Rektor Preffel erntete zum Schluffe des äußerst genußreichen Abends von den Zuhörern den reichsten dankenden Beifall.
Heilbronn. Im Weingeschäfte ist es, trotz bedeutender Vorräte seit letztem Herbste sehr ruhig und es sind die Preise bei uns gegen die früheren Jahrgänge und den Anfang des 1884er Herbstes stark zurückgegangen, obgleich das Erzeugnis des letzten Jahres weit über den voran-
Umständen angepaßte Ansprache. Als er geendet und die Königin in wenigen herzlichen Worten ihren Dank ausgesprochen hatte, erhob sich auch Alma, und trat vor, um den zu diesem Zwecke gedichteten, von ihr auswendig gelernten Vers herzusagen.
Mit unverkennbarem Wohlgefallen ruhte das Auge der Königin aus der holden Sprecherin, allein diese zitterte, und ebenso erschütterte ein leichtes Beben den melodischen Wohlklang ihrer Stimme. Sie hielt das Auge gesenkt. Es war ihr unmöglich, in diese seelenvollen Augen der Herrscherin zu schauen, in denen das unsägliche Weh, der tiefe Schmerz über das Unglück des Vaterlandes klar und deutlich ausgeprägt lag. —
„Wie heißt Du, liebes Kind?" fragte Louise, als das Mädchen geendet.
„Alma Reimer, Ihre Königliche Majestät!"
„Was find Deine Eltern, bist Du eine geborene Tilsiterin?"
„Ich bin in Tilsit geboren, mein Vater war ein geachteter Kaufmann. Er starb vor zwei Jahren."
„Geht es Euch gut, seid Ihr mit Eurem Loose zufrieden?"
„Ja, Majestät!" flüsterte die Jungfrau mit erstickter Stimme.
Die Königin nahm eine Rose aus dem Blumensträuße, der vor ihr aus dem Polster des Wagens lag und bot sie dem Mädchen dar mit den
Worten: . . ^
„Ich danke Dir, Kind! Du gefällst mir. Wenn es Dir einmal mcht gut gehen sollte, so erinnere Dich an Deine Königin. Auch Euch danke ich, meine Kinder", fügte sie mit einem Rundblick über die kleine Schaar hinzu, „bleibt gut und rechtschaffen und betet mit mir für Preußens Wohl!"
Sie nickte der Gruppe noch einmal zu.
Der Zug setzte sich wieder in Bewegung, dem alten Schlöffe entgegen» in welchem Napoleon residierte.
(Fortsetzung folgt.)