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Verlusten verbundene Kampf, die Erstürmung der Höhe, auf der die nieder­gebrannte Bellstadt lag. Um 1 Uhr war Riedel bei Bellstadt gelandet, erst um 3 Uhr traf auch Karcher mit seinen Leuten ein, als der Kampf von den Olgaleuten inzwischen schon bestanden war. Vereint rückte man nun von den Trümmern der Bellstadt aus südlich (der Mündung zu) auf Joßstadt, das man fast verlassen fand und gleichfalls niederbrannte. Inzwischen war es Abend geworden und man bezog Quartiere in den deutschen Faktoreien. Karcher schickte Botschaft nach dem A>miralitätsschiff und bat, am folgenden Tage dieOlga" den Fluß hinauffahren zu lassen. Damit endete der 20. Dezember. -- Am 21. Dez. Morgens erfolgte die Auslieferung Manga Aquas durch feinen Bruder King Aqua, den Karcher noch am Abend des 20. hatte herbeiholen lasten, und sodann die vergebliche Absuchung der einge­nommenen Negerorte und englischen Niederlassungen nach flüchtigen Auf­rührern. Am 22. Dezember wurde Hickorystadt, die aus den obener­wähnten Gründen großentheils verschont geblieben war, von Grund aus zerstört, wobei die Granaten der inzwischen den Strom herauffahrenden Olga" mitwirkten. Dies der Gang der Ereignisse nach dem amtlichen Be­richt, der in keinem irgend wesentlichen Punkte die Schilderungen des Bericht­erstatters derKöln. Ztg." dementiert.

Gcrges-WeuigkeiLerr.

Stuttgart, 30. Januar. Seine Majestät der König haben HöchstJhrem Oberhofprediger Prälaten vr. v. Gerok anläßlich seines siebzigsten Geburtsfestes heute den herzlichsten Glückwunsch aus der Ferne zugesendet und ihm als Zeichen besonderer Hochschätzung und persön­lichen Wohlwollens HöchstJhr in Oel gemaltes Brustbild in reichem Rahmen überreichen lasten.

Heute Vormittag erschienen bei dem Herrn Oberhofprediger zur Gratulation Se. Hoh. Prinz Hermann zu Sachsen-Weimar, die Herren Staatsminister der Finanzen und des Kirchen- und Schulwesens, Dr. v. Renner und v. Geßler, die Mitglieder des Konsistoriums, den Präsi­denten Dr. v. Bitz er an der Spitze, Deputationen der ev. Geistlichkeit Stuttgarts u. s. w. Viele briefliche Gratulationen sind bei dem Jubilar eingelegt, u. a. von I. K. Hoh. der Prinzessin Marie von Württemberg. Blumenspenden und andere Geschenke waren dem verehrten Prediger und Dichter ein Zeichen, daß man seiner in der Nähe und Ferne mit äiebe ge­denke.

Heilbronn, 29. Jan. Einem hiesigen Goldwarenhändler wurde vor einigen Tagen ein zusammengeschlagener und ausgeglühter silberner Speisekelch, sowie sonstige Bruchstücke von Kirchengeräten zum Kauf angeboten. Der Goldwarenhändler machte der Polizei sofort Mitteilung. Der Verkäufer wurde unter dem Verdachte des unrechtmäßigen Erwerbs dieser Gegenstände sestgenommen. Bei der Durchsuchung fand man in den Taschen des Burschen Einbruchwerkzeuge und bald entpuppte sich derselbe als der erst kurz aus dem Zuchthaus entlassene Schreinergeselle Christian Brüstle von Herlen- bach. Da zugleich bekannt wurde, daß erst kürzlich in Durlach in der katho­lischen Kirche eingebrochen und daselbst verschiedenes geraubt wurde, so gestand der Verhaftete auf Vorhalt, diesen Einbruch verübt zu haben.

Balingen, 29. Jan. Die deutsche Partei für den Bezirk Balingen darf jetzt als endgiltig konstituirt betrachtet werden, nachdem am letzten Sonntag hier in einer zahlreich besuchten Versammlung, zu welcher sich auch viele Freunde der Sache vom Lande eingefunden, die Statuten beraten, die Wahlen vervollständigt und der Zweck des Vereins klargelegt worden. Der Verein will erhalten das deutsche Kaiserreich, aber auch das engere Vater­land mit seinen bewährten Einrichtungen. Er erstrebt möglichste Sparsamkeit im Staatshaushalt, ausgiebigen und wirksamen Schutz der einheimischen Industrie, besonders des ehrlichen Handwerks, sowie unserer Land- und Forst­wirtschaft, Unterstützung der neu angebahnten Kolonialpolitik und endlich eine gerechtere Verteilung der Steuerlast. Als besondere Aufgabe des Vereins wird bezeichnet, die Bevölkerung des Bezirks über die Absichten der Landes­und der Reichsregierung gewissenhaft aufzuklären. Dieses Programm wurde mit allseitigem Beifall ausgenommen und der Verein hat schon jetzt eine ganz

Damit war bei ihin die Sache abgethan, und er ließ gleich ein Faß Vier auflegen, damit ein wenig Leben in die Gesellschaft komme.

Die Holderhoferin konnte zuerst kein Wort sagen, nur ihre dünnen Lippen zuckten; es dauerte eine Weile, bis sie sagte:

Es soll Dir Alles geschenkt sein, Uri, von mir aus, weil die Geschichte mit dem Hut nicht wahr ist; das hätte mir das Herz völlig abgedrückt!"

Er erwidene nichts, sondern drückte ihr nur stumm die Hand und gab auch auf Paulinens neugierige Frage, warum er so schnell grau geworden, keine Antwort. Die alte Jul aber schenkte ihm von dein ächten Zwetschgen- waster ein und sagte mit ihrem in Thränen gurgelnden Baste:

Laß Dir's schmecken, Uri, und thu' den Kopf in die Höh'! Man ißt keine Suppe so heiß, als man sie kocht."

Diese Weisheit imponierte dem Holderjörg ungemein, und er sah Jul jetzt schon vor sich im Brautkranz, mit einem silberbeschlagenen Gebetbuch in der Hand, in dem sie leider nicht lesen konnte.

Der Hellerwirt trug auf, was seine Tochter in der Küche bereitet hatte, und sah mit prophetischem Auge er war nämlich noch nicht betrunken den letzten Heller zum Silberthaler aufwachsen.

Später kamen noch der Lehrer Born, der Domänenrat und in seiner Begleitung seine Tochter Marie und der Kommissionär Sturm, welcher, wie es schien, für seine wieder geheilten Rippen vorerst nichts mehr fürchtete.

Man ließ den Letzteren somit ankommen", denn er stand jetzt offen­bar unter dem Schutze desweißen Filzes", den er früher so sehr verlästert hatte. Und dies hatte seinen guten Grund. Heribert hatte vor wenigen Tagen an die Regierung seine Verzichtleistung auf das Mandat eines Ab­geordneten eingereicht, da ihn eine schwere Verwundung auf Monate

erhebliche Zahl von Mitgliedern zu verzeichnen. In dieser ersten Versamm­lung wurde auch die Getreidezollfrage lebhaft erörtert und nach längerer Be­sprechung beschlosten, diese Frage als offene zu behandeln. Wer sonst ein warmes Herz für die Bestrebungen des jungen Vereins hat, soll durch diese Frage nicht fern gehalten sein. Wir dürfen sicher hoffen, daß durch die deutsche Partei in die politischen Anschauungen unseres Bezirks mehr Leben, mehr richtiges Verständnis kommt und so mit der Zeit der nationale Gedanke die Mehrheit der Gemüter erfüllen wird. Ein guter Anfang, all­seitig freudig begrüßt, ist gemacht!

Aalen, 29. Jan. Die am kommenden Sonntag in unserem Spritzen" Haus zu eröffnende Geflügelausstellung nimmt ganz großartige Ausdehnung an und wird sowohl hinsichtlich des ganzen, der Großartigkeit des Ausstellungslokals entsprechenden, bei derselben zu Verwendung kom­menden Apparats, als der geschmackvollen Anordnung mindestens Allem gleichkommen, was auf diesem Gebiet bis jetzt in Württemberg geleistet worden ist. Wie wir hören, wird dieselbe sehr reichhaltig und in wertvoller Weise beschickt, auch wird sie sonst manches Anziehende, darunter eine Samm­lung ausgestopfter Vögel von dem als Meister in seinem Fach bekannten Herrn Trettner aus Ellwangen, eine reiche Kollektion von Vogelkäfigen des Eisen- und Drahtwerks Erlau rc. bieten.

Werrnrrfchtes.

Eine leichte und dankbare Rolle.Zehn Flaschen Cham­pagner dem, der die Stimme eines Tieres am treffendsten nachahmt!" ruft Einer in einer Gesellschaft lustiger Brüder.Angenommen!" tönt es von allen Seiten, und bald hört man wiehern und grunzen, krähen und pfeifen. Da tritt der letzte vor, stellt sich in den Kreis und schweigt. Laut­lose Stille. Nach fünf Minuten sagt endlich der Stumme:So, das war ein Fisch!" Und richtig hat er die Wette gewonnen.

Alles in Ordnung. Ein ungarischer Gutsbesitzer fuhr mittels Eisenbahn nach Hause. Am Stationsplatze erwartete ihn sein Kutscher Ferenz mit dem Wagen. Unterwegs entwickelte sich folgendes Gespräch: Alles in Ordnung zu Haus?"Alles in Ordnung, Gnaden Hr. Baron!" (Nach einer Weile) Ferenz:Karo ist krepirt!" Gutsherr:Karo? mein Lieblingshund? Warum ist krepirt?" Ferenz:Weil zu viel bratenes Pferdefleisch g'freffen hat." Baron:Wie kommt Hund zu bratenes Pferdefleisch?" Ferenz:Weil acht Pferd' verbrennt." Baron:Acht Pferd'verbrennt?! Wie ist das g'scheh'n?" Ferenz:Wie Schloß ist abbrennt." Baron:Isteir! Mein Schloß abbrennt? Wie is Unglück g'scheh'n? Ferenz:Weil bei Aufbahrung von Schwiegermutter brennende Kerzen umgefallen sein." Baron:Himmel! Is denn Schwieger­mutter tzestorb'n?" Ferenz:Hat Schlag troffen, weil gnädige Frau Gemahlin mit Husarenrittmeister durchgangen is."

L ä n d l i ch s i t t l i ch. Im vorigen Sommer wurde ein lippischer Pastor vom Detmolder Confistorium nach Holland gesendet, um die lippeschen Hollandsgänger aufzusuchen und ihnen zu predigen. Von Seiten der be­treffenden holländischen Prediger waren ihm bereitwillig veren Kanzeln zu Verfügung gestellt. Nicht nur Lipper, sondern auch HolläiMw fanden sich in den Gotteshäusern ein. Aber Letztere rauchten ganz zwanglos in der Kirche während der Predigt. Betroffen kam der Pastor nach beendigter Predigt in die Sakristei und drückte dem dort anwesenden holländischen Prediger sein Befremden über die eben gesehene Unsitte aus. Der hol­ländische Geistliche erklärte ihm, es sei das dort zu Lande altes Herkommen, woran man nicht rütteln dürfe. Der lippische Prediger bemerkte inzwischen, daß der Holländer seine rechte Hand auf den Rücken hielt. Er erlaubte sich, nach der Ursache zu spähen, und was sah er ? D-r holländische Prediger verbarg seine noch glimmende Pfeife hinter seinem Rücken.

hinaus hindere, seinen Sitz einzunehmen. Hievon hatte er dem Domänen- rat sofort Kunde gegeben und zugleich um Mariens Hand geworben. Die Antwort auf seine Werbung erwartete er noch. Der öhrgeizige Herr hatte sofort für seine Kandidatur durch den Kommissionär die große Trommel rühren lassen, um so mehr, als der alte Holderhofer vor dem Anstrage der Sache, die den Hoferben nur zu nahe angtng, nicht daran denken konnte, an seinem Lieblingsprojekte zu arbeiten.

Heribert mußte jetzt still lächelnd an den sonderbaren, aber so rasch erfüllten Ausspruch der schwarzen Zuleika denken:

Er i st etwas und wird es doch nicht werden."

Eine überaus frohe Stimmung zog rasch bei Allen ein, und es mag wohl selten eine so heitere Gesellschaft um einen Verbrecher versammelt gewesen sein, der einem ungewissen Schicksale entgegen ging. Am meisten verwunderten sich die Alten vom Holderhofe über Bertha's uno Born's Fröhlichkeit. Am Nachmittage fand sich auch das ganze Gesinde vom Holder­hofe ein und wurde in der Vorderstube bewirtet, wobei derTriller" nicht fehlte.

Es stellte sich später heraus, daß unterdessen die schwarze Zuleika mit ihrer Bande dem verwaisten Holderhofe einen unerwarteten Besuch gemacht und wahrscheinlich für die Beherbergung Uri's ein Dutzend Hühner und ein Paar Ferkel sich zu Gemüte geführt hatte.

Die herzlich-fröhliche Stimmung imletzten Heller" blieb diesmal ohne Mißton. Als der Hellermirt den riesigen Kalbsbraten auftrug, kam sich der alte Holderhofer wirklich wie der verzeihende Vater im Evangelium vor, der seinem reuig zurückkehrenden Sohne ein gemästetes Kalb schlachten ließ, ein Gedanke, der ihn ungemein rührte. (Schluß folgt.)