Wien, 20. Okt. Der Papst wird Nom unter allen Umständen nicht verlassen. Ans berufenstem Munde wird mir eine persönliche Aenßernng von ihm sttirt, die noch keine 14 Lage alt ist. „Mein Posten so lautet die Aeußerung — ist in Nom und nur in Nom, und ich werde mich daraus weder heraus- treiben noch heranslocken lassen.
Der „Pester Loyd" meldet, seitens des kaiserl. Hofes dürste Graf Neust als außerordentlicher Botschafter zur goldenen Hochzeitsfeier des sächsischen Königspaares entsendet werde».
Z ü r i ch. 21. Okt. Die Schiedsrichter im A laba m a h a n- del erhalten flotte Taggelder: 1000 Fr. per Tag. Herr Stämvfli erhält 100,000 Fr. Dafür hat er schon ein Halbjahr lang Privatunterricht in der englischen Sprache nehmen können. Ist aber durch das Schiedsgericht ein Krieg zwischen Amerika und England verhütet worden, so wären Taggelder, wenn hundertmal so hoch, noch lange nicht zu groß. (S. M.)
Bern, 22. Ott. Der hiesige Gemeiuderath cassirte mit 8 gegen 7 Stimmen den Beschluß des Vorstandes der Müusterkirche, betreffend die Verweigerung der Münsterkirche für die Fcstfeter des Reformvcreins. Pfarrer Lang wird demnach heute Abend in derselben die Festpredigt halte».
Paris, 22. Oct. „Bien Public" veröffentlicht eine Zuschrift des Maires von Nancy an den französischen Bevollmächtigten im Hauplguarlier der Occnpationstrnppe», Grasen Ballier, worin ausdrücklich gegen die Zeitungsnachricht protestirt wird, daß er (der Maire) i» Paris gewesen sei, um über Belästigung Seitens der deutschen Truppen Klage zu führen. Der Maire erklärt, Belästigungen existirtcn nur in der Einbildung der Pariser Journalisten; er beklage mit Vallier aufs Tiefste die Sprache gewisser Journale, welche die besetzten Provinzen durch wüthende Angriffe gegen die deutschen Truppen unausbleiblich der Gereiztheit der Deutschen Preisgaben. Der Maire appellirt an den Patriotismus der Journalisten und hofft, daß das verbrecherische Hetzen endlich aufhöre.
Ernst Renan arbeitet gegenwärtig au einem neuen Werk „Die Apokalypse."
Lebocuf, Kriegsminister unter dem Kaiserreich, ist wahnsinnig geworden.
Wie der Pariser Correspondeut des „Daily Telegraph" erfährt, tritt der neue Englisch-Französische Handelsvertrag im Dezember auf die Dauer von vier Jahren in Kraft.
Am 10. d. M. ereignete sich i» Lnwrence-Mnssachussets einer der schrecklichsten Unsätlc, die je i» diesem Lande stattsanden: Die sogenannten Pemberlon Mills, eine ausgedehnte Banmwollenmanusaktnr, stürzte ein und 115 Personen verloren dabei das Leben, während 105 mehr oder weniger gefährliche Verwundungen davontrugen.
Rom, 19. Okt. Das sehr merkwürdige Rundschreiben des Kardinal-Vikars Patrizi an die Geistlichkeit der Stadt Rom, das
gestern erlassen worden, legt den Priestern nicht nur eine Buß- und Betwoche und eine achttägige Abgeschiedenheit im Kloster, sondern auch noch eine Abgabe von 40 Fr. auf, nicht etwa für die Sühne der eigenen Sünden, nein, zur Buße für die Sünden der Usurpatoren, die jetzt in Rom herrschen.
Interessant ist ei» Artikel des bekannten italienischen Schriftstellers und Abg. Bong di in der von ihm redigirten Nnova Antotogia über das religiöse Gefühl. Von der Ansicht ausgehend, dass dex allgemeine religiöse Indifferentismns. in Italien ein mächtiger Bundesgenosse der römischen Kurie sei, versucht Bongin, gestützt ans den letzten religiösen statistischen Ausweis der Stadt Florenz, also ein-r der durch BN- dnng und Kultur hervorragendste» Städte Italiens, zu beweisen, wie gering i» Italien die Hoffnungen einer religiösen Reformation sind. „Nicht Einer von l67,Oü3 Einwohnern von Florenz," schreibt Bonghi, „bat sich als Altkatbolik erklärt, 158,70 t haben erklärt, katholisch zu sein; aber eS ist daraus zu wetten, das; nicht ein Zehntheil davon ihr religiöses Gewissen vor Abgabe dieser Erklärung geprüft hat. Von den übrige» 9000 Einwohnern, Orthodore oder Orientalen, 9916 Protestanten der verschiedenen Religionsiekten, 3326 Israeliten und zwei Türken abgezogen, bleiben noch 1992 Bürger übrig, von denen man eigentlich gar nicht weiß, welchem Religionsbekenntnisse sie angehören. 1315 von denselben haben ihre Religion gar nicht angegeben, weil sie entweder selbst nicht wußten, was sie zu sagen haben, oder Iveil sie vorzogen, gar nichts zu sagen ; ;>l haben sich als Anhänger des Indifferentismns bekannt und 32 von ihnen erklärt, daß sie gar keiner Religionssekte angehören. Von den übrigen 017 erklärten sich 2!6 als Rationalisten, 89 als Freidenker; die anderen erklärten, Iheils daß sie der Religion der Vernunft, theils jener der Moral, Iheils jener des Herzen? angehören, ein Theil davon, daß er an Gott, der andere, daß er an gar nichts glaube." Der Schluß, de» Bongbi aus dieser religiösen Statistik zieht, ist der, daß in Italien der religiöse Jndisfereutismns ein so großer und allgemeiner sei, daß man von demselben keine, wenn auch noch so oberflächliche Prüfung religiöser Fragen zn erwarten habe; daß daher in Italien weder für eine reiigwse Reformation noch ober auch für eine „katholische Restauration" das Feld vorhanden sei. In religiösen Fragey sei daher der Italiener der indifferenteste »nd toleranteste Mensch der Welt.
Am 35. Septbr. brach in dem Ir re »bau sc zu Newburgh Feuer aus, und die ganze Anstalt wurde ein Raub der Flammen. Wenn der Ruf Feuer unter gewöhnlichen Umständen schrecklich ist, so ist er es doppelt und dreisacb, wenn das Feuer in einem solchen Unglücks- Hanse seinen Hecrd hat. Die Beamten und Wärter beeilten sich, so bald der Schreckensrns gehört wurde, die Zeilen zn öffnen und de» Wahnsinnigen zn bedeuten, daß sie das Hans verlassen sollen. Einige ihaten es auch und waren sogar bei der Rettung Anderer behülflich. Biele wußten in ihrer Angst, die sich durch enlsetzliche Schreie und Verzerrungen kund gab, nicht, was sie ansangen sollten, und weigerten sich, ihre Kammern zn verlassen. Wie äußerst schwierig cs unter solchen Verhältnissen ist, 600 Wahnsinnige zn beaufsichtigen, läßt sich denken. Mehrere mußten mit Gewalt ans ihren Schlupfwinkeln hervorgezogen werden. Ja manche leisteten solche!; Widerstand, daß ost drei Männer nicht genügten, sie von der Stelle wegzubringen. Endlich aber war es doch gelungen, sämmtliche Insassen aus dem den; Znsammenstnrz nahen Gebäude zn befreien. Leider hatten dabei mehrere von den Wärtern und der Rettungsmannschaft ihr Leben eingebnßt. Einmal in's Freie gelangt und ohne die übliche strenge Aufsicht, machten sich Biele auf und davon und durchstreifen nun, die Bewohner ängstigend, die benachbarte Gegend.
Amtliche Bekanntmachungen.
Nagold.
Anfflirderunlj.
Gegen den Weißgerber Christian Friedrich Wizemann von Altenstaig wurde in heutiger Gerichtssitzung der Gant erkannt, nachdem die am 18. d. M. vorgenommene Untersuchung feines Vermögens bei einem Activstand von 1823 fl. 9 kr. und einer Schnldenmasse (einschließlich des zurück- geforderten Beibringens der Ehefrau) von 3538 fl. 13 kr., eine Ueberschnldung won 1715 fl. 4 kr. ergeben hat.
Hievon wird dem mit unbekanntem Aufenthaltsort abwesenden Gemeinfchuldner unter dem Anfügen Eröffnung gemacht, daß, so lange sein Aufenthaltsort diesseits nicht angezeigt werde, alle ferner in dieser Sache ergehenden Verfügungen ihm lediglich durch Aushängen am Gerichtsgebäude zugestellt würden.
Den 21. Oktober 1872.
K. Oberanttsgericht.
Kißling.
A l t e n st a i g Stadt.
Hans- K Garten- Verkauf.
D MIM
Am
Mittwoch den 30. d. Mts., Vormittags 11 Uhr,
kommt das C. Niecker'fche, in Nr. 119 dieses Blattes beschriebene Anwesen zum 2. und letztenmal in öffentlichen Ausstreich. Liebhaber sind eingeladen.
Rathsfchreiberei.
Prival-Bekanntmachungen.
Flachs-, Hans-, Wergspinnerei, Weberei, Zwirnerei K Bleicherei von A. Mäkler St Co. in HVvNv» und IrL»u»»»6»s>vr,»»)
Bost- und Bahnstation Mertingen, Bayern.
Wir machen hiermit die ergebene Anzeige, daß
Herr Adolf Frauer in Wildbcrg
ermächtigt ist, für uns Flach s, Hanf und Abwerg zum Verfpinncn, Verweben, Zwirnen oder Bleichen in Empfang zn nehmen und sichern billigste, beste und schnellste Ausführung der geehrten Aufträge zu.
Muster und Preise können jederzeit bei obengenanntem Herrn eingesehen werden.
Nagold.
Anzeige.
Hiemit zeige ich an, daß ich meine fämmtlichen Herbst- und Winterartikcl erhalten habe und zwar sehr schöne wollene und halbwollene Kleiderstoffe aller Art, Flanelle und Flanellhemden, Cassinet, Zitz und Piquo, Cachenez, Colliers, doppelseitige Seelenwärmer, wollene und baumwollene Unterhosen und Unierleibchen rc. und empfehle solche unter Zusicherung reeller und billiger Bedienung.
Fried. Stockinger.
Auf eine größere Parthie Kleiderstoffreste mache ich, des sehr billigen Preises wegen, besonders aufmerksam. Der Obige.
O b e r s ch w a n d o r f, Oberamts Nagold.
Da die Unterzeichnete vermuthct, daß ihr verstorbener Mann, Jakob Walz, Acciser und Fabrikbesitzer hier, Bürgschaftsverbindlichkeiten u. s. w. eingegangen hat, so fordert sie hiemit alle Diejenigen auf, welche in dieser Richtung rechtliche Ansprüche haben, solche innerhalb 10 Tagen geltend zu machen. Den 18. Oktober 1872.
Katharine Walz, Wittwe.
A l t e n st a i g.
Auf Martini suche ich eine im Kochen und den sonstigen Haushaltungsgeschäften erfahrene
Magd;
ebenso findet ein
Kmdsuliidcheil
eine Stelle.
Präc. Seeger.