mit nach Hause nehmen. Einige Kilometer von seiner Behausung entsernt ereilte ihn der Tod. Das Pferd kam in der Nacht in ein Gehöft bei Grünenbach in der Nähe der Eisenbahnstation Urlau. Der Hund bewachte den Leichnam und wollte niemand die Leiche berühren lasten. Die zahlreiche Familie ist sehr zu bedauern.
Jsny, 15. Jan. Im Mai des verwichenen Jahres wurde auf der Schletteralp in der Streue einer Sennhütte versteckt ein Päckchen bayer. Obligationen im Werte von 8000 , ein Gewehr, Fernrohr rc. gefunden.
Die Vermutung, daß diese Gegenstände von jenem Matth. Brunninger herrühren möchten, der voriges Jahr die ganze hiesige Gegend unsicher gemacht und namentlich die Adelegg zu seinem Versteck ausersehen hatte, bestätigt sich nun. Brunninger hat die Wertpapiere dem Pfarrer und nunmehrigen Reichstagsabgeordneten Schelbert in Maria-Rain bei Kempten gestohlen, wofür ihm vom Landgericht Kempten am 13. ds. Mts. eine 12jährige Zuchthausstrafe angesetzt wurde.
Frankfurt a. M., 16. Januar. Die Spuren des Mordes an Polizeirat Rumpfs führen möglicherweise nach Offenbach. Die „Offenb. Mrgztg." schreibt: Am Tage der That wurde nach der Einfahrt des letzten Abendzuges hier von einem Arbeiter eine Manchette auf dem Perron gefunden und bei Seite gelegt. Am nächsten Tage erwies sich dieselbe bei näherer Besichtigung mit Blut befleckt. Gestern Morgen traf infolge besten eine Unterkommission ein, welche die in Gebrauch gewesenen Wagen, speziell diejenigen 4. Klasse, genau besichtigte und auch andere Nachforschungen anstellte. In dem Hause eines anarchistischer Gesinnungen verdächtigen Öffenbacher Arbeiters soll eine Haussuchung abgehalten worden sein. — Man erzählt in Frankfurt: Ein Herr mietete vor einiger Zeit eine Wohnung und erfuhr nachträglich, daß Polizeirat Dr. Rumpfs in dem Hause wohne. Ganz bestürzt lief er darauf zum Hausherrn und erklärte, er wolle Reugeld zahlen, man möge ihm den Einzug erlasten. Ueber den Grund dieses Verlangens befragt, antwortete er: „Bei ihnen wohnt ja Dr. Rumpfs, da könnten wir am Ende einmal in die Luft gesprengt werden!" Der Hausherr ließ den Mieter ziehen und teilte Rumpfs die Sache mit, der sich sehr darüber amüsierte und scherzend bemerkte: „Es ist mir nicht bestimmt, auf solche Weise ums Leben zu kommen." — Polizeirat Rumpfs hielt seine Gegner für zu feige, um gegen ihn etwas zu unternehmen. Er nahm daher keinen Anstand, in einer "sehr einsamen Straße der Vorstadt zu wohnen.
— Noch in derselben Nacht, als der Polizeirat Rumpfs ermordet wurde, sandte das Frankfurter Polizeipräsidium an alle größeren Eisenbahnknotenpunkte, ein Telegramm, worin gesagt war, daß der Thäter möglicherweise ein Mann von 30 bis 40 Jahren mit vollem Gesicht, blonden Haaren, kurzem blondem Schnurrbart, untersetztem Wuchs sei. Wie das Franks. I. erfährt, soll dies ein Anarchist sein, der seit etwa 14 Tagen aus seinem Wohnort (Name einstweilen noch zu verschweigen) plötzlich verschwunden sei. In Stuttgart soll eine solche Persönlichkeit, wie oben beschrieben, verhaftet worden sein. — Auch in Antwerpen wurden des Mordes verdächtige Personen verhaftet. — Auf allen Bahnhöfen werden die Reisenden scharf gemustert und erforderlichenfalls um ihre Papiere gefragt. In Frankfurt fürchtet man, obwohl es ziemlich feststeht, daß der Mörder kein Frankfurter, die Verhängung des kleinen Belagerungszustandes.
— In Brüssel wurde ein des Mordes an Rumpfs Verdächtiger verhaftet. Der Frkf. Ztg. geht folg. Tel. aus Antwerpen zu: „Um 5 Uhr morgens heute (15. Jan.) ist ein Mann aus Deutschland hier angekommen, besten Aeußeres genau dem von der Frankfurter Polizeibehörde hinaustelegraphierten Signalement des mutmaßlichen Mörders oder Mitwissers entsprach. Bernard, so behauptet er zu heißen, wurde in Brüssel verhaftet. Von der Brüsseler Polizei nach dem Zwecke seiner Reise befragt, erklärte er, daß er einen Bruder in Antwerpen besitze. Die Antwerpens Polizei konnte indessen diesen Bruder noch nicht ausfindig machen."
Wien, 12. Januar. Vom Polizeikommistariat in der innern Stadt wurde heute Nachmittags Theodor Noderer, Chef des Bankhauses Noderer
wende. Sollte die Tochter des Domänenrates sich dem Zweitgebornen lieber zuwenden, dann lag die Sache überhaupt schlimm, und er mußte bei dieser Annahme immer wieder an die feuerspeienden Berge denken.
Und dann sein Herzblatt, die holde Bertha!
Ihr Wesen war so georückt, so schwermütig in letzter Zeit, auf ihre Jugendblüte war ein Reif gefallen. Warum? Der alte Holderhofer wußte es nicht und schließlich schlug er sich die „dummen Gedanken" aus dem Kopfe und tröstete sich mit dem Wahlspruch: „Kommt Zeit kommt Rat!"
Während der Hosbauer, die Blicke in einen Balken bohrend, so seinen Gedanken nachhing, war die alte Jul mit ihren Rosen und ihrem Briefe in die Wohnstube getreten, in welcher die Bäuerin mit ihren Töchtern emsig Hemden nähte aus selbstgesponnenem Linnen. Der neugierige Holderjörg war ihr nachgegangen, um auch etwas von ihren Nachrichten aufzufangen. Vor ihm hatte man kein Geheimnis, das wußte er, denn er gehörte zum Hause wie der Kehrwisch und das Rührfaß. und zuwellen ging man ihn sogar um Rat an, den er dann meistens in schrecklichen Reimen erteilte.
Er machte sich in allen Ecken zu schaffen. Zuerst stand er an der Thüre, auf die er zwölf Kreise gezeichnet hatte, die freilich mit der Geometrie auf sehr schlechtem Fuße standen. Sie bedeuteten „die zwölf heiligen Tage" zwischen Weihnachten und Dreikönig. Wie die Witterung an diesen Tagen gewesen, so war sie — jeder Kreis bedeutet einen Monat — das ganze Jahr hindurch. Jeder Kreis war durch zwei Striche in vier Felder abgeteilt, deren jedes eine Woche bedeutete. Sie waren mit Strichen schraffiert, was den Witterungswechsel anzeigte.
Als er weiter in die Stube trat, sah er. wie die Holderhoferin mittelst ihrer Radbrille genug zu thun hatte, den Brief des Barons zu enträtseln, und die anderen schauten ihr lautlos zu.
Hierauf begab er sich hinter den Ofen, um seinen „Kutzen" zu untersuchen, denn er witterte Regenwetter. Ein Kutzen ist — wenn es der Leser nicht wissen sollte — ein Wollenteppich, der in der Mitte ein Loch hat, in
und Komp., Heßgaste Nr. 7, wegen dringenden Verdachts des Verbrechens des Betrugs und der Veruntreuung in der vorerst konstatirten Höhe von 12,000 fl. in Haft genommen. Noderer gehörte zu jenen Bankfirmen, welche die Börse überhaupt nicht besuchten. Die Methode des Verhafteten bestand darin, die Leute zu Börsenspekulationen in der Weise heranzuziehen, daß er ihnen sagte, sie sollen bei ihm ^Einlagen machen, er werde sie für diese Einlagen in seinen Börsenspekulationen mit einem entsprechenden Gewinn beteiligen. Zeitweise verständigte er durch Zirkuläre u. s. w. seine Kunden und Andere, die er für seine Operationen gewonnen hatte, dahin, daß für den abgelaufenen Monat seine Operationen so erfolgreich durchgesührt worden seien, daß seine Kommittenten einen Gewinn von 25 bis 30 pCt. erzielten. Es ist merkwürdig, daß nach den Erfahrungen der letzten Jahre sich noch immer Leute finden, die solchen Verlautbarungen Glauben schenken und diesen Spekulanten ihre Gelder überließen.
WevrnifcHLes.
— Ist Bienenhonig schädlich für die Gesundheit des Menschen? In letzterer Zeit hat sich zwischen dem Redakteur des Eßl. Wochenbl. und der Fabrik des sogen. „Rheinischen Trauben-Brust-Honigs" von W. Zickenheimer in Mainz ein Streit entspannen, bei welchem unter Anderem von letzterer Firma behauptet wird, daß der ächte Bienenhonig Gift enthalte und deßhalb auf den Konsumenten nachteilig, ja tödt- lich wirken könne, wogegen Herr Zickenheimer die sonst dem Honig allgemein beigemessenen guten Eigenschaften für sein Fabrikat in Anspruch nimmt. In Folge besten fühlten sich mehrere Bienenzüchter von Eßlingen veranlaßt, das Zickenheimer'sche Präparat dem Laboratorium der Kgl. Centralstelle zur Untersuchung zu übergeben. Das demnächst zu erwartende Resultat dieser Analyse dürste von allgemeinem Interesse sein.
— Es wird beabsichtigt, den Rhein bis Köln für Seeschiffe von 15—16 Fuß Tiefgang fahrbar zu machen. Der Plan ist großartig und nicht unausführbar, besonders da die Holländer damit Hand in Hand gehen wollen. Kleine Seeschiffe, sogenannte Tjalken, welche die seeländischen Gewässer befahren, kommen ohnehin schon massenhaft bis Ruhrort und bei gutem Wasterstande sind auch schon stattliche Dreimaster bis Köln gekommen.
— Auf einer Jngenieurversammlung in Buffalo wurde die Ausnützung der Wasserkraft des Niagara, die auf etwa 7 Mill. Pferdekräfte berechnet worden ist, also annähernd soviel wie die gesamten in Betrieb befindlichen Dampfpserdekräfte Nordamerikas ausmachen, durch elekrische Leitung zu verwerten. Bis auf eine Entfernung von 300 Kilometer würde sich die Kraft mit Vorteil verwenden lassen. Gegen den Dampfbetrieb würde sich dadurch eine jährliche Ersparnis von 1100 Millionen Mark erzielen lasten, doch würde die Anlage nicht unter 20 Milliarden Mark herzustellen sein. Kommt das Projekt zur Ausführung, so wird sich ein großer Teil der Industrie des Nordwestens um den Niagarafall gruppieren.
— Ein schöner Klapphornvers ließe sich auf die beiden Knaben machen, die bei Bensberg im Chausseegraben eine Dynamitpatrone fanden, daran leckten und, durch den süßlichen Geschmack der Gelatine, die jetzt bei der Bereitung des Dynamits verwendet wird, auf den Gedanken gebracht, es sei eine Art Bonbon, dieselbe verzehrten. Das Dynamit verfehlte aber auch in diesem Fall seine Wirkung nicht, denn kaum waren die Knaben zu Hause angelangt, so folgte eine Eruption auf die andere; im Uebrigen soll es den Jungens aber nichts geschadet haben.
— Ern hoher Staatswürdenträger, welcher sich auf einer Reise befand, erkrankte in einem kleinen Städtchen der österreichischen Monarchie und starb plötzlich. Beim Leichenbegängnisse des Dignitärs begann der Bürgermeister des Oertchens seine Trauerrede mit folgenden Worten: „Se. Excellenz hat unserer Stadt die seltene Ehre erwiesen, innerhalb ihrer Mauern das Zeitliche zu segnen."
das der Kopf gesteckt wird. Dieses höchst einfache, aber praktische Kleidungsstück gleicht ganz dem Poncho der südamerikanischen Schafhirten, und der Holderjörg sah darin immer wie ein Räuberhauptmann aus. Er trug bei Regenwetter oder im Winter dazu eine schwarze Zipfelmütze und über dieser einen breitrandigen Filz und hatte dann ein fast schreckhaftes Aussehen, wie die alte Jul behauptete.
Hinter dem Ofen aber litt es ihn nicht lang. Er trat zum Wetterglas am Fenster und „klöpfelte" kunstgerecht daran. Zuletzt vertiefte er sich noch in den hundertjährigen Kalender, der melancholisch am Uhrgehäuse hing; kurz, er war nicht mehr aus der Stube zu bringen.
Bertha hatte ihren Rosenstrauß ruhig vor sich hingelegt, während die noch halb kindliche Pauline mit dem fröhlichsten Gesichtchen von der Welt den Dust des ihrigen einsog. Die alte Jul hatte bei ihrem Eintritte wieder erzählt, daß sie Heribert bei der Tochter des Turbinenrates getroffen habe und daß die Sache mit dem Uri so schief stehe, als nur immer möglich, und das Gesicht der Holderhoferin war finster geworden, wie eine Hagelwolke. Während des Lesens aber schlich ein Heller Strahl nach dem andern über ihr Gesicht, bis es ganz zur Sonne verklärt war. Den Brief mit samt der Brills niederlegend, sagte sie jetzt mit würdevollem Entzücken: „Das heiß' ich eine Ehre! Ich Hab' freilich so Etwas kommen sehen, aber so geschwind Hab' ich doch nicht geglaubt, daß der Haber zeitig sei. Bertha, gieb wohl Acht! Der Herr Baron hält um Dich an, und „die Rose vom Holderhof", wie er sagt, soll Baronin werden, eine richtige Baronin. Und wie schön er Alles sagt! Es hat mir früher freilich auch Einer großartige Briefe geschrieben, aber so fein ist es doch nicht geweien, und Baron ist er auch nicht. Fall' mir nur nicht in Krämpfe! Er braucht sich nicht zu schämen mit der Tochter vom Holderhof, das thät' ich mir schon verbitten. Tausend noch einmal, wird mein Andres für Augen machen!"
(Fortsetzung folgt.)