hat, bezahlt worden. Jetzt finden sich aber weder eine Firma I. A. Smith, noch auch Teppiche vor. Ebenso hat eine nicht existirende Firma C. D- BvUar und Eomp. in fünfzehn Monaten 916,124 Dollars für Tischlerarbeit und Möbel bezogen. Alle diese Rechnungen beziehen sich auf das neue EourthauS, das bis jetzt schon die Kleinigkeit von 12,000,006 Dollars gekostet hat und noch lange nicht fertig ist. Eine andere Rechnung lautete auf etwa 35,000 Dollars für Meublement; nach genauer Ermittlung ergab sich, daß das gelieferte „Meublement" aus „44 gewöhnlichen Stühlen und 4 Tischen" bestand. Für die Vorhänge der Courthausfenster war die enorme Summe von 108,320 Dollars angcsetzt und bezahlt. Ein unternehmender Reporter hatte sich nun die Mühe gegeben und die Sache untersucht. Er fand denn auch heraus daß das Courthaus allerdings 1.36 Fenster habe, daß somit jeder Vorhang etwa 800 Dollars kosten müsse, aber er hat ganz genau jedes der 136 Fenster untersucht und — bei keinem einzigen überhaupt einen Vorhang entdecken können. Bestraft werden diese Herren wegen dieser immensen Diebstähle nicht: in Newyork bängt ed-n Alles zusammen; ein grober Theil der Presse, darunter der nichtsnutzige Herald, ist in den Händen der sauberen Clique fauch die deutsche Presse, wie z. B. die Staatszeitung, darf nicht mucksen); die meisten Richter und Beamten gehören zu dieser allmächtigen Schwindel- Gesellschaft, und so wird es den wenigen ehrlichen Leuten gewaltig schwer werden, mit dem Schwerte der Gerechtigkeit diesen gordischen Knoten der Eorruption zu zerhauen.
Eine Geldheirath. '
(Fortsetzung.)
Seltsam! da liegt der See glatt und still, die Menschen haben sich hieher geflüchtet, wie sie lagen aus genügsamer Erquickung an stillen Natnrscenen, ans Freude am idyllischen Zusammenleben. Und wie weit auseinander stehen sich all' diese zusammengeworfcnen Nachbarn! Wie wühlen Leidenschaften, schmerz und Acrger in vielen Herzen und zeichnen sich unschön ans dem Antlitz ab! Gerade wie zu Hause auch — und um nichts haben ne sich herausbemüht! Unsere Familie hatte eine ruhelose Nacht hingebracht und doch glühte Bertha des Morgens frisch und schön wie nie und die Mutter schaute verwundert zu ihr empor, wie zu einer neuen Erscheinung. So oft die Seele so recht mit sich selbst gesprochen und sich gleichsam rein und klar geweint hat, wächst auch an unserer äußern Hülle, wie der Jahresring am Baume, ein neu durchleuchtetes Gewand an und der Staub des gemeinen Lebens legt sich nicht so leicht wieder darauf.
Nach dem Frühstück ließ man sich auf dem See behaglich wiegen, immer in Gesellschaft Lobach's, der sich wie ein Glied der Familie eingesührt. Er war ja gekommen, um die Tochter sich „anznschauen" und, so sie ihm gefiele, sie als seine Braut zn erklären. An einen selbstständigen Willen Bertha's hatte er nicht gedacht; sie war gewiß auf seine Absicht vorbereitet und auch sonst ein gefügiges Kind. Nun hatte ihn ihr liebenswürdiges, tiefes Wesen ganz hineingcrissen und das war ihm anfangs genug, die Verbindung für geschlossen zn halten.
Solcherlei Freierwege zu betreten ist in unserer Zeit keine seltene Erscheinung. Die „Brautschau," wo sich das Mädchen wie eine circassische Sklavin mustern läßt, ist oft die einzige Brücke für Ehen, in denen Geld und Geld zusammenheirathen soll.
Aber unser Bräutigam hatte doch manchen Blick scharf in das Leben gethan und so sah er allmählich ein, daß er hier mit der den Eltern gegenüber gewahrten Förmlichkeit nicht genug thue, daß er zuvor, wenn auch nicht sogleich Bertha's Herz, doch wenigstens ihre Achtung erobert haben müsse. Er ging daher, so sehr sich seine praktische Natur manchmal innerlichst dagegen sträubte, gern auf alle die leichten Schwärmereien Bertha's ein, die, wie die meisten jungen Mädchen, so gern in die Natur all' das Unnennbare, Unfaßliche ihres eigenen geheimnißreichen Seelenlebens legte. Umsomehr bemühte sich Löbach, nicht unempfänglich für das Schöne zu erscheinen, seit ein junger Künstler, Eugen Maurer, der in Oberaudorf seine Studien machte, in gleichwarmer Bewunderung des einfachen Naturbildcs sich innig an Bertha und Julius angeschlossen hatte. Und als absichtliche Heuchelei dürfen wir Lobach's lautes Begleiten Bertha's auf ihren Gedankengängen durch die Natur gerade auch nicht nehmen; so ganz leer und hohl war sein Herz wahrlich nicht, wenn sich gleich manches Gefühl in ihm wie der abfallende Tropfen an der Höhlenivand nur versteinert angesetzt hatte. Er besaß wenigstens eine tiefe Achtung vor höher begabten und feiner organisirten Naturen, so lange sie nicht rücksichtslos mit ihrem Gefühlsleben in die Alltagswelt hineintrcten wollten.
Nicht lange hin und her schwankend, sprach er sich denn Abends, als er Bertha, die ihn wirklich tagsüber achtungsvoll behandelt hatte, der Führung des Malers gleichsam abgestohlen und nun Arm in Arm mit ihr den See entlang wandelte, offen und ehrlich aus. „Mein liebes Fräulein l" begann er, „Ihre Mutter wird Sie wohl halb und halb über den Zweck meines Kommens belehrt haben: ich bin gesonnen, einen eigenen Herd zu gründen und ergreife mit Freuden die Gelegenheit, als Thcil- nehmer in ihres Vaters achtbares Haus zu treten, wo meine Thätigkeit sich allseitigst ausbreiten kann. Dabei eine liebevolle Gattin in Ihnen zu finden, die dem lange einsam gebliebenen Manne nun ganz eigen in aller Neigung und Wahrheit ihres Herzens zur Seite steht, ist mir freilich erste und höchste Bedingung. Sie zu sehen und zu ergründen, wollte ich nach Oberaudorf; da hat mich schon der gestrige Abend ganz Ihnen eigen
gemacht. Was ich ihnen biete, ist ein treues Herz, ein fester Halt, an den Sie vertrauensvoll durch's ganze Leben sich lehnen können. Mögen Sie vielleicht dies geschäftmäßige auf „Brautschau" Kommen — ich gebrauche absichtlich den Ansdruck — für frivol und leichtsinnig erklären, mögen Sie in den Träumen Ihres warmen Herzens sich eine Ehe aufgebaut haben, die aus lange genährter Liebe, ans wohlgeprüftem Zusammenklang zweier Seelen mit Nothwendigkeit sich bilden muß — ich will nicht mit altväterischer, die Welt besser kennender Moral in ihre Anschauungen greifen
— ich bitte einfach auf morgen um Ihre Antwort."
Und Bertha? Sste hatte mit der Mutter noch eine lange Unterredung. Ohne klar zu sagen, was man von der aufopfernden Hingabe der Tochter an ihre Eltern verlange, wußte die kluge Frau doch, überall mit feinem Gefühl die Fäden zusammenfaffend, die Bertha zu der sehnlichst gewünschten Heirath führen sollten, das zaghafte Mädchen zu dem schweren Entschlüsse zu bewegen
— und ein neu verlobtes Brautpaar fuhr des andern Tags im geschmückten Wagen beim „Hofwirth" vor. «-
Und so wirst du denn herausgehoben, liebes Kind, aus dem inhaltlosen Leben deiner Mädchenjahre und die Zukunft tritt ernst an dich heran, in der Hand die verhängnißvolle Urne.
Bertha durchlebte wie traumhaft ihre kurze Brautzeit. Löbach war mit geringer Unterbrechung immer an ihrer Seile und immer liebevoll und zart. Der Vater hatte gewünscht, die Hochzeit schon auf den Herbst bestimmen zu dürfen und so konnte Bertha, während in der Hauptstadt viele Hände an der äußern Ausstattung schafften, kaum in ihrem eigenem Herzen ausruhen und es von allen cingenisteten Mädchenträumen reinfegen für den Einzug des neuen, alleinigen Herrschers, lieber ihren Verlobten konnte und wollte sie zuletzt nicht klar werden. Er zeigte mehr Geist und allfeitige Bildung, mehr Takt und Zartheit, als sie an vielen Männern seines Standes beobachtet hatte, — in sein Herz jedoch war es vergeblich hinabzusteigen; das blieb immer klar und rein; aber immer auch undurchdringlich. Zuletzt schmiegte sie sich mit zweifellosem Vertrauen an ihn und" was sie am letzten Abend ihm geloben mußte, das durfte sie von feiner Seite auch allezeit zu erhalten hoffen.
Der „Weber an der Wand," diese liebe, goldene Schenke nämlich war es, die beide jeden Abend in ihren Räumen sah. Man steigt da einen schmalen, leichtgewundenen Weg hinan, sich lange an dem schroffen Felsen haltend, bis oben das nette Häuschen, wie an die Steinwand geklebt, zutraulich uns entgegenwinkt. Da hatte einmal ein stiller Mann gehaust, seines Gewerbes ein Weber, der die bunten Farbengewebe, die er kunstfertig in sein Tuch schoß, auch gern in Duft und Leben vor sich sah nud darum an die Felsenmauer, der warmen Sonne gegenüber, ein Gewächshaus hoch und luftig anlehnte. Der Mann ist rodt, seine Blumen blühen fort und zwischen diesen kleinen zarten Gewächsen schweben jetzt gar oft liebe, blumige Mädchen herum, die im Familienkreise die neue Wirthschaft, den „Weber an der Wand," besuchen, wie sie der feine Schenkwirth benannt hat. Hier saß denn am letzten Tage seines Aufenthalts das junge Brautpaar, allein, abgeschieden von der Welt. Aus der abendlichen Nebenfluth schossen die Felsen heraus wie verlassene Schiffswracks und über dem schroffen „Kaisergebirg" und dem „Prinzenstein" schwamm groß und ruhig der Mond. Kein herziges Ge- kose ging heute zwischen den Beiden, wie ein Spielball herüber und hinüber, kein schelmischer Licbesengel zog lauschend durch das Gemach, ernste schonungslose Worte sprach diesmal, wie noch nie, der Bräutigam, der nachlässig den Arm um sein schönes Mädchen gelegt, und lauschend schaute das Mädchen zu ihm auf.
„Sieh', mein liebes Kind," Hub er an, „unsere Herzen wurden auf dem Markt des Lebens aneinander verhandelt, aber uns bleibt noch übrig, die wahre Weihe der Poesie und der Liebe darüber auszugießen. Schon hat deine Zauberkraft über mich gewirkt, was ich einem gleichgültigen Geschöpfe gegenüber nie gethan hätte: ich habe, ganz im Vertrauen auf den großen Ruf seines Hauses, und mehr noch seines Herzens, nie bei deinem Vater um eine Erklärung über seine Geschäftsverhältnisse, um eine genaue Bestimmung deiner Mitgift angepocht, ja, ich habe schon mein Vermögen in den Mahlkasten seines Geschäftes aufgeschüttet und rasch einer glanzvollen Stellung entsagt, um mit dir einen freundlichen Sommer zu durchleben. Und doch scharf und schneidend spreche ich das aus, meine Liebe, nur deines Geldes, deiner äußeren Schätze wegen kam ich hieher, meine Hand in die deine zu legen; denn wenn auch der süßeste Zauberer deine Huldgestalt umflösse und du säßest arm am Weg, schautest dich bange um, ich müßte mit kaltem Mitleid vor dir vorüberziehen. Und wie ich nun Vertrauen gezeigt, wie ich ungescheut mein Innerstes aufgeschlossen, so halte auch du dich immer daran, in allem rückhaltlos vor meine Augen zu treten, wenn gleich das vollausgeströmte Licht sie schmerzen sollte! Vergiß diesen letzten Abend zu Oberaudorf nicht! Es wird oft noththun, an ihn zu denken."
(Fortsetzung folgt.)
Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Bmddandlunx.