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Nagvlder Tagblatt „Der Gcsellschaitcr
Samstag, de» 20. Februar 1043
Ich streite nicht ab daß uns auch angesichts der Durchführung der eben geschilderten Maßnahmen noch sorgenvolle Wochen devorstehen. Aber damit schaffen wir jetzt endgültig Luft. Wir stellen diese Maßnahmen auf die Aktionen des kommenden Sommers ein und begeben uns heute, ohne den Drohungen und Großsprechereien des Feindes irgendeine Beachtung zu schenken, an die Arbeit. Ich bin glücklich, dieses Programm des Sieges einem deutschen Volke vortragen zu dürfen, das diese Maßnahmen nicht nur-willig auf sich nimmt, sondern sie fordert, und zwar dringender, als das je im Verlaufe dieses Krieges der Fall gewesen isi.
Ich wende mich bei diesem Appell an das ganze deutsche Volk, besonders aber an die Partei als die berufene Führerin der Totalisierunq unserer inneren Kriegführung. Sie steht nicht zum ersten Male vor einer derartigen gigantischen Aufgabe. Sie wird diese Aufgabe mit dem an ihr gewohnten revolutionären Elan zur Lösung bringen. Ueber allem aber, was wir jetzt unternehmen und lasten, steht für jeden gültig das moralische Gesetz, nichts zu tun. was dem Kriege schadet, und alles zu tun. was dem Siege nützt.
Ich gebe meiner tiefen lleberzeugunq Ausdruck, daß das deutsche Volk durch den tragischen Schicksalsschlag von Stalingrad innerlich aus das tiefste geläutert worden ist. Es hat dem Kriege in sein hartes und erbarmungsloses Antlitz hineingeschaut. Es weiß nun die grausame Wahrheit und ist entschlossen, mit dein Führer durch dick und dünn zu gehen.
An unserer Seite stehen treue und zuverlässige Bundesgenossen. Das italienische Volk wird mit uns unter der Führung seines großen Duce unbeirrt den Weg zum Siege sortsetzen. In Ostasien fügt das lapfere japanische Volk der angelsächsischen Kriegsmacht Schlag über Schlag zu. Drei Welt- und Großmächte zusammen mit ihren Verbündeten führen den Kampf gegen die plutokrajtische Tyrannei und die bolschewistische Bedrohung Was kann uns geschehen, wenn wir uns den harten Proben dieses Krieges mit fester Entschlossenheit unterziehen. An der Sicherheit unseres Sieges gibt es bei uns keinen Zweifel.
Während unsere Fronten im Osten ihre gigantischen Abwehr schlachten gegen den Ansturm der Steppe schlagen, rast der Krieg unserer U-Boote über die Weltmeere. Der feindliche Tonnageraum erleidet Einbußen, die auch durch künstlich noch so hochgeschraubte Ersatz- und Neubauten bei weitem nicht wieder
wertgemacht werden können. Im ührigen aber wird der Feind uns im kommenden Sommer wieder in alter Offensivkraft kenncnlernen. Das deutsche Volk ist entschlossen, dem Führer dazu unter Aufbietung all seiner Energien die nötige Möglichkeit zu verschaffen.
Ich r öchle aber zur Steuer Ser Wahrheil an Euch, meine deutschen Volk-,-genosten und Bolksgeuoisinnen. eine Reihe von Fragen richieu die Ihr mir nach besten- Wißen und Gewissen
beantworten müßt. Als mir meine Zuhörer auf meine Forde
rungell vom Y0 Januar ipcml.'.n ihre Zustimmung bekundeten, behauptete die englische Presse am anderen Tag das sei ein Propagandatheater, gewesen und entspreche in keiner Weise der wahren Stimmung des deutschen Volkes. Ich habe heute zu dieser Versammlung nun einen Ausschnitt des deutschen Voltes im bestell Sinne des Wortes eingeladen. Kein Stand, kein Beruf und kein Lebensjahr blieb bei der Einladung unbe rückstchtigt. Ich kann also mit Fug und Recht sagen: Was hier vor mir ätzt, ist ein Ausschnitt aus dem ganzen deutschen Volk an der Front und in der Heimat. Stimmt das? Ja oder nein.
Ihr alio meine Zuhörer, repräsentiert in diesem Augenblick die Nation. Und an Euch möchte ich zehn Fragen richten, die Ihr mir mit dem deutschen Volke vor der ganzen Welt, insbesondere aber vor unseren Feinden, die uns auch an ihreni Rundfunk zuhören, beantworten sollt:
Die Engländer behaupten, das deutsche Volk habe den Glauben an den Sieg verloren.
Ich frag» Euch: Glaubt Ihr mit dem Führer und mir uns an den endgültigen totalen Sieg des deutschen Volkes?
Ich frage Euch: Seid Ihr entschlossen, dem Führer in der Erkämpfung des Sieges durch dick und dünn und unter Aufnahme auch der schwersten persönlichen Belastungen zu folgen?
Zweitens: Die Engländer behaupten, das deutsche Volk ist des Kampfes müde
Ich 'rage Euch: Seid Ihr bereit, mit dem Führer als Phalanx der Heimat hinter der kämpfenden Wehrmacht stehend diesen Kampf mit wilder Entschlossenheit und unbeirrt durch alle Schicksalsfügungen fortzusetzen, bis der Sieg in unseren Händen ist?
Drittens: Die Engländer behaupten, das deutsche Volk har keine Lust mehr, sich der überhand nehmenden Kriegsarbeit, die die Regierung von ibm fordert, zu unterziehen.
Ich frage Euch: Seid Ihr und ist das deutsche Volk entschlossen. wenn der Führer es befiehlt, zehn, zwölf und wenn nötig 14 lind 1l> Stunden täglich zu arbeiten und das Letzte herzugeben für den Siea?
Viertens: Die Engländer behaupten, däs deutsche Volk wehrt sich gegen üie totalen Kriegsmaßnahmen der Regierung. Es will nicht den totalen Krieg, sondern die Kapitulation.
Ich frage Euch: Wollt Ihr den totalen Krieg? Wollt Ihr ihn wenn nötig totaler und radikaler, als wir ihn uns heute überhaupt noch oorßellen können?
Fünftens: Die Engländer behaupten, das deutsche Volk hat sein Vertrauen zum Führer verloren.
Ich frage Tuch: Ist Euer Vertrauen zum Führer beute größer. gläubiger und unerschütterlicher denn je? Ist Eure Bereitschaft. ihm auf allen seinen Wegen zu folgen und alles zu tun. was nötig ist. um den Krieg zum siegreichen Ende zu führen eine gröbere als je zuvor?
Ich frage Euch als sechstes. Seid Ihr bereit, von um; ab Eure ganze Kraft einzusetzen und der Ostfront die Menschen und Waffen zur Verfügung zu stellen, die sie brauchen, um dem Bolschewismus den tödlichen Schlag zu versetzen?
Ich frage Euch siebentens: Gelobt Ihr mit heiligem Eid der Front, daß die Heimat mit starker Moral hinter ihr steht und ihr alles geben wird, was sie nötig hat. um den Sieg zu erkämpfen?
Ich frage Euck achtens: Wollt Ihr. insbesondere Ihr Frauen selbst. daß die Regierung dafür sorgt, daß auch die deutsche Frau ihre ganze Kraft der Kriegführung zur Verfügung stellt und überall da. wo es nur möglich ist. einspringt, um Männer für die Front frei zu machen und damit ihren Männern an der Front zu helfen?
Ich frage Euch neuntens: Billigt Ihr. wenn nötig, die radikalsten Maßnahmen gegen einen kleinen Krieg von Drückebergern und Schiebern, die mitten im Kriege Frieden spielen und die Not des Volkes zu eigensüchtigen Zwecken ausnutzen wollen? Seid Ihr damit einverstanden, daß. wer sich am. Krieg vergeht, den Kopf verliert?
Ich frage Euch zehntens und zuletzt: Wollt Ihr. daß. wie das nationalsozialistische Parteiprogramm es gebietet, gerade im Kriege gleiche Rechte und gleiche Pflichten vorherrschen, daß die Heimat die schweren Belastungen des Krieges solidarisch auf ihre Schultern nimmt und daß sie für hoch und niedrig und arm und reich in gleicher Weise verteilt werden?
Ich habe Euch gefragt, Ihr habt mir Eure Antwort gegeben. Ihr seid ein Stück Volk durch Euren Mund hat sich damit die Stellungnahme des deutschen Volkes manifestiert. Ihr habt unseren Feinden das zugerufen, was sie wissen müssen, damit ße sich keinen Illusionen und falschen Vorstellungen hingeben.
Somit sind wir. wie von der ersten Stunde unserer Macht an »ird durch all die zehn Jahre hindurch, fest und brüderlich mit dem deutschen Volk vereint. Der mächtigste Bundesgenosse, den
es auf dieser Welr gibt, das Volk selbst, steht hinter uns und ist entslblossen. mit dein Führer, koste es was es wolle, und unter Ausnahme auch der schwersten Opfer den Sieg kämpfend zu erstreiten. Welche Macht der Welt könnte uns jetzt noch hindern, alles das durchzusetzen und zu erfüllen, was wir uns als Ziel gesteckt baden Jetzt wird und muß es uns gelingen . Irb stehe hier vor Euch nicht als Sprecher der Regierung, sondern auch als Sprecher des Volkes. Um mich herum sitzen meine alten Freunds aus der Partei, dir hohe Aemter in der Führung von Volk und Staat bekleiden.
Wir alle. Kruder unseres Volkes, zusammengeschweißt mit dem Volke in der größten Schicksalsstunde unserer nationalen Geschichte wir aeloben Euch, wir geloben der Front, und wir geloben dem Führer, daß wir die Heimat zu einem Willensblock zusammenschweißen wollen, auf den sich der Führer und seine kämpfenden Soldaten unbedingt und blindlings verlaßen
Ein Jahr neue Agrarordnung im Osten
WPD Vor einem Jahr wurde die Neue Agrarordnung für die besetzten Ostgebiete durch Reichsminister Alfred Rosenberg unterzeichnet. Sie bedeutet für die vom Bolschewismus befreiten Ostvölker einen Wendepunkt.
Lenin verhieß einst den Bauern den Boden. Alle Welt weiß, wie betrügerisch diese Losung war. Statt selbständiger Bauern gab es im bolschewistischen Rußland nur nach enteignete und entrechtete Landproletarier, die, ständig unter dem Druck der Kommissare stehend, ein wahres Sklavendasein führten. Der Bolschewismus vernichtete in seiner Vauernfeindlichkeit das letzte Stück Bauerntum. Die Auswirkungen sind allgemein bekannt: Verfall der Landwirtschaft, Hungersnöte. Rückfall der Landwirtschaft. Hungersnöte, Rückgang der Leistungen. Schwund der Tierbeständc, gewaltsame und sinnlose Uebermechanisierung. klnterdlückung des Menschen, Verantwortungslosigkeit. Das bolschewistische Ideal war, durch die Kollektivwirtschaft (Kolchos) und durch riesige Staatsgüter (Sowchosen) die Landwirtschaft -u einer Industrie zu gestalten, ohne Rücksicht auf natürliche Gegebenheiten.
Die deutsche Verwaltung behielt natürlich dieses jeder Vernunft und jedem menschlichen Gefühl widersprechende System nicht bei. Es war aber auch ebenso selbstverständlich, daß die Aenderungen ohne jede Erschütterung erfolgen mußten. Der Weg zur Neuordnung mußte sicher utid elastisch zugleich sein. Er wurde in der Neuen Agrarordnung voraezeichnet.
Diese neue Agrarordnung beseitigte die Kolchosen und befreite die Landbevölkerung damit von einem nur widerwillig und erst nach erheblichem Widerstand getragenen Joch. An Stelle des Kolchos tritt als llebergangsform die Ge meinwirtschaft. Sie ist nicht, wie in durchsichtiger Weist von feindlicher Seite behauptet wird, ein anderer Name für das Kolchossystem. Abgesehen davon, daß die Eemeinrvirtschaft nur eine llebergangsform darstellt, gestattet sie bereits dem Bauer eine Vergrößerung seines Hoflandes, erlaubt ihm die unbeschränkte Viehhaltung und gibt ihm damit die Möglichkeit, seine Privatinitiative zu entfalten.
Wo dje Möglichkeit bestand, wurde die llebergangsform der Eemeinwirtschaft bereits abgelöst durch die individuell ausgerichteten Formen der Landbau-Eenossenschaften oder des selbständigen Einzelhofes. Entscheidend dafür, welche von diesen beiden Formen im Einzelfall bevorzugt wird, sind allein di« natürlichen Verhältnisse d. h. die örtliche Lage, das Vorhandensein der Betriebsmittel und verschiedene andere materielle Voraussetzungen, ohne die auch beim besten Willen eine individuelle Wirtschaft nun einmal nicht möglich ist.
- Es ist unser Grundsatz, in wirtschaftlichen Dingen nicht starr ein bestimmtes Schema anzuwenden, sondern den jeweiligen Umständen entsprechend zu verfahren. Dieser Grundsatz hat sich hier wieder bewährt. Die nördlichen und mittleren Gebiete z. V. weisen infolge ihrer Bodenstruktur nicht die großen zusammenhängenden Flächen auf wie der Süden. Auch die Dörfer find kleiner. Daraus ergibt sich, daß eins Landaufteilung unter diesen Verhältnissen leichter durchzuführen ist als im Süden mit den meist sehr großen Haufendörfern. So finden wir denn auch, daß die Aebergangsform der Eemeinwirtschaft in den nördlichen und mittleren Landesteilen bereits jetzt in einem erstaunlich hohen Umfang durch die individuelle Bodennutzung ersetzt worden ist. Diese Entwicklung wird auf der ganzen Linie tatkräftig vorangetrieben- Schon heute kann gesagt werden, daß noch nie eine so große LandflSchen und eine solche Zahl von Menschen und Betrieben umfassende Agrarreform in einem so kurzen Zeitraum durchgeführt worden ist. Dabei ist zu berücksichtigen, daß alle diese ungeheueren Arbeiten — von der Planung bis zur Verwirklichung sind außerordentlich viele Dinge zu beachten und zu tun — mitten im Kriege von einer kleinen Zahl von Verwaltungsbeamten und Landwirtschaft?führern geleistet werden.
Welche Form der Bewirtschaftung zurzeit auch vorhanden sein mag: es steht fest, daß die befreiten Ostvölker bereits jetzt der Fessel der Kolchoswirtschaft ledig find, daß sie auch dort, wo die Gemeinschaft noch besteht, über mehr eigenbewirtschaftetes Land verfügen und daß in einer außerordentlich großen Zahl von Betrieben schon die völlige Landaufteilung durchgeführt ist. Diese Aufteilung des Landes der Eemeinwirtschaften geht aus rein praktischen Gründen so vor sich, daß im allgemeinen keine in sich geschlossenen Einzelbetriebe gebildet werden, sondern daß die Felder der Fruchtfolge einzeln aufgeteilt werden. Die Fruchtfolge auf den großen Schlägen wird also beibehalten, die Schläge sind aber in sich entsprechend der Zahl der anteilberechtigten Bauern aufgeteilt. Das hat den Dorteil, daß die Destelluna und die Ernte mit den vorhandenen großen
Mahatma Gandhi
(Presse-Hofsmann. Zander-M.-K.)
können Wir verpflichten uns. in unserem Leben und Arbeiten alles zu tun, was zum Siege nötig ist.
Als dreier Krieg begann, haben wir unsere Augen einzig und allein auf die Nation gerichtet. Was ihr und ihrem Lebenskampf dient, das ist gut und muß erhalten und gefördert werden. Was ihr und ihrem Lebenskampf schadet, das ist schlecht und muß beseitigt werden. Mit heißem Herzen und kühlem Kopf wollen wir an die Bewältigung der großen Probleme dieses Zeitabschnittes des Krieges herantreten. Wir beschreiten damit den Weg zum endgültigen Sieg. Er liegt begründet im Glauben an den Führer. In den großen Krisen und Erschütterungen des nationalen Lebens erst bewähren sich die wahren Männer, aber auch die wahren Frauen. Da hat man nicht mehr das Recht, vom schwachen Geschlecht zu sprechen, da beweisen beide Geschlechter die gleiche Kampfentschlossenheit. Die Nation ist zu allem bereit. Der Führer hat befohlen, wir werden ihm folgen. Und oarum lautet die Parole:
Nun. Volk, steh auf und Sturm brich los!
Maschinen durchgesübrt werden und der Einsatz des au sich knappen Inventars zweckmäßiger erfolgen kann Eins solche genossenschaftliche Zusammenarbeit bringt den Beteiligten nur Vorteile. Diplom-Landwirt Waller Kenne.
»Tapfer fei« M g«t!*
Wer das Sterben eines guten Kam e ra d e n
Von ^-Kriegsberichter Friedrich Gerlach, ff-PK.
KSK Einer kam nach vor» gekrochen. Er tastet« sich langsam und keuchend in der Dunkelheit voran, fand endlich da» Schützenloch und glitt schweigend in seine» alte« Platz. Dort blieb er erschöpft liegen. ^
Jetzt erst erkannten sie ihn, sahen ste, matt aus dem Dunkel hervortreteud, sein Gesicht und de« weißschimmeruden Verband um seinen Kopf. Es war der Rottenführer, der — seit Tagen schon von den Fieberschauern einer Krankheit geschüttelt — erst nach hinten ging, als ihn nach dem fünfte» Angriff der Sowjets a« diesem Tage ein Granatsplitter traf.
„Du dist's?" flüsterte einer mit vor Verwunderung erregter Stimme. „Wir dachten schon . . ." Der Rottenführer fühlt«, wie sich ihm ihre Hände entgegenstreckten, doch er konnte ihren festen Druck nur matt erwidern. Dann sagte er leise: „Munition!" und deutete hinter sich, „aber ich konnte sie nicht mehr . . ." Jäh erstürben ihm die Worte. Plötzlich lag er still, mit geschlossenen Augen, schwer atmend an ihrer Seite.
„Verdammt!" schrie der Unterscharführer und bettete den Kopf des Rottenführers auf seine Knie. „Verdammt noch mal! Sofort einen Sanitäter!" Doch da hob der fast Bewußtlose müde abwinkend die Hand. „Nein! nein! Geht schon vorüber, nur einen Schluck." Sie hatten längst die Feldflasche mit kaltem Tee an seine Lippen gesetzt. Er trank wie ein Verdurstender, fuhr, sich besinnend, über das Gesicht und richtete sich halb auf. „ViÄ Blut verloren!" keucht« er, und es klang wie eine Entschuldigung. Run bestürmten sie ihn, wieder zurückzugehen. Aber er wehrte, in dem er sich zu straffen versuchte, kopfschüttelnd ab und sank gleich darauf langsam auf den Schoß des Kameraden zurück. In aufbegehrendem Trotz schrie er es fast: „Ich bleibe hier — hier bei euch!" Seine Stimme Letz sie erschauern. War es »icht die Stimme eines Sterbende«
Der Unterscharführer mußte ei« Würgen in seiner Kehte hinunterschlucken, und seine rauhen Hände zitterten, als sie über die Haare des Verwundete» glitte». „Ja", antwortete er, „gewiß, du bleibst bei »ns!" und schob vorsichtig seine Zeltbahm unter den Kopf des Verwundeten, beugte sich tiefer zu ihm hinunter und blickte in weit geöffnete, wie in endlose Fernen starrende Augen. „Mein Gewehr, mein Gewehr!" begehrte der Fiebernde plötzlich auf, „hört ihr nicht? Hört doch — sie kommen wieder!" Sie drückten ihn sanft zurück. „Nein", flüsterte einer beruhigend, „nein, sie kommen nicht mehr. And wenn sie kommen", er zwang sich zu einem sorglose» Lache», „dann haben wir ja wieder Munition!"
„Deine Munition", fügte ein anderer leise Hinz« und wandte sich umflorten Auges ab. Warum ihm sagen, daß sie längst vorher wieder Munition erhalten haben? Der Rottenführer seufzte schwer. Doch dann entspannte sich sein Gesicht, und er lächelte, als er in die große Stille hineinsprach: „Ja, dann ist es gut..."
Drei Kilometer zurück, in dem trostlos grauen Bauernhaus, das sich inmitten des verschossenen, niedergebrannten Dorfes als einziges und letztes aus den Ruinen heraushob und als Verbandplatz dienen mußte, führten und trugen sie um diese Stunde die Verwundeten in die zurückgekommenen und nun wartenden Sanitätsfahrzeuge. Dreimal rief der Sanitätssoldat den Namen des Rottenführers auf. Dreimal blieb der Aufruf ohne Antwort. Er schritt suchend, fragend umher, bis einer sagte: „Ein Rottenführer? Vielelicht war es der. Da war einer, der wollte nur einmal hinausgehen." — „Hinausgehen?" Der Sanitätssoldat schüttelte »»gläubig den Kopf und eilte zur Tür. Er kam mit ei«em halb verwunderten, halb verlegenen Achselzucken zurück, lief zn» Sanitätsoffizier und meldete, noch verwirrt, den Vorfall. „Am»öglich!" entgegnete der Arzt, „ganz «»faßbar! Mit diesem Splitter im Kopf geht man keine zwanzig Schritt. Lasse« Sie sofort di« nächste Umgebung absuchen. Der Mann muß dort irgendwo sein!"
Aber sie fanden ihn nicht.
Vorne, im Schützenloch hockten sie indes schweigend um den Verwundeten, der nach vielen wirren Fieberworten nun ganz still «nd unbeweglich im Schoße der Kameraden ruhte. Mit geschloffenen Augen und seltsam friedlichem Gesicht.
Die Dämmerung war gekommen. Sie hatten ihn in ihr« Mäntel gehüllt und warteten, die Sekunden zählend, auf den Schlitten, den der längst herbeigerufene Sanitätssoldat unverzüglich angefordert hatte. Der Sanitätssoldat sprach, als st« fragend auf ihn einstürmten, erst kein Wort. „Ich weiß es nicht!" wich er dann aus. Doch aus seinen Minen lasen sie alles. Und wußten nun, was sie lange schmerzend fühlten: es würde zu Ende gehen, sie mutzten von einem guten Kameraden Abschied nehmen.
Drei Tage spater begruben sie ihn. Der Kompaniechef hatte Mühe, den dnhinbrausenden Schnecsturm mit seinen Worten zu übertönen. Er sprach ganz schlicht und nur wenige Sätze. Von den vktlen unbekannten Soldaten sprach er, deren einer der Gefalle»« war, die immer still und selbstverständlich ihre Pflicht tun, ohne jemals aus der Namenlosigkeit des grauen Heeres heranszutrete». Dieser eine nun war in seinen letzten Stunden Mische« Wache» und Dämmern über sich hinausgewachsen. Schwer verwundet hatte er sich drei lange Kilometer durch Schnee, Kälte und Dunkel wieder nach vorn geschleppt, nur den einen Gedanken im fiebernden Hirn: Sie brauchen Munition! Du mußt sie ihnen bringen! Ein Melder hatte berichtet, das- einer mit Munitionstästen an ihm vorbei ins Dunkel getorkeli war. Er hatte ein« heiser flüsternde Stimme gehört: „Mul Zungen?! Ich komme schon!" Der Kompaniechef erzählte es. Seine Männer erwiderten stumm mit verschütteten Augen seinen Blick. Der Kompaniechef aber schloß seine kurze Gedenkrede mii dem Rietzlche-Wort: „Was ist aut? Tapfer sein ist gut!"