K. Seite Nr. 96

Nagolder TagblattDer Gesellschafter"

Darlehen und langfristig-:!! Vorau 2 zahlunqcn> botJdamit diese Hersteller nicht mehr ihre frühere Kundschaft, sondern ausschließ­lich oder überwiegend ihn belieferten. Außerdem veranlaßte er eine größere Anzahl von Zigarrenherstellern zu einer Höher- ' anderolieruna der Zigarren und damit zu einer Erhöhung der Warenpreise. Kegen die Hersteller, die sich auf*die Machenschaften Griedels einl-eßen, müßte ebenfalls strafend eingeschritten werden.

2. Gegen den Zigarrenfabrikanten Leonhard Gorenflo in Friedrichstal (Kreis Karlsruhe) wurde eine Ordnungsstrafe von '.2 600 Mark ausgesprochen, weil er auf Veranlassung des vor erwähnten Aufkäufers Frjedel eine von ihm hergestellte und mit 6 Rpf. banderolierte Ziaarreniorte unberechtigterweitse mt '0 Rpf. banderolierte. Daneben ließ er sich von Griedel noch pro Rille..Trinkgelder" d. h. Ueberpreise,von 10 bis 13 RM. be­zahlen.

3. Gegen den Zigarrengroschändler Julis Schönberger in 'Kalldorf mußte eine Ordnungsstrafe von 10 060RM. ausgespro Yen werden, weil er seinen Lieferanten höhere Warenpreise al­mlässig bezahlte und von seinen Abnehmern übersetzte Preis: 'orderte.

4. Der Zigarrenbersteller Adam Dörr in Reilingen wurde mit 5000 RM. bestraft, weil er unberechtigterweise seinen Varend-urchschnittspreis erhöhte,

3. Der Großhändler Willy Holtmann in Ka isrube wurde mit einer Strare von 5000 RM. belegt, weil er mehr als >000 Stück Hobboks und. Marineladeeimer mit weit übersetzten Handelsaufschlägen verkaufte.

6. Gegen den Gastwirt Hermann Walter in Gernsbach (zu« Golvenen Kreuz") wurde eine Ordnungsstrafe von 1500 RM. ausgesprochen, weil er u. a. seit Kriegsbeginn die Preise für sämtliche Speisen erhöhte (z. B. auch die der Wurstportionen, obwohl deren Gewichtsverringerung sogar eine Preissenkung er­fordert hätte) und Weine, Tafelwasser und Limonade Zu übersetzten Preisen verkaufte. Außerdem hatte er die Bierpreise nicht angeschlagen und keine Getränkekarte aufliegen.

7. Gegen den Hotelier Albert Hauser in Baden-Baden (zum Ouellenhos" und zumSüßen Löchel") wurde eine Ordnungs­strafe von 5000 RM. ausgesprochen, weil er. ohne zum Weinhan­del zugelassen zu sein, 6000 Liter Wein zu übersetzten Preisen nach der Ostmark verkaufte. Auch berechnete er bei diesem Ge­schäft unberechtigterweise Abfüll- und Ausstattu-ngskosten. -

8. Der Kohlenhändler Anton Bartak in Mannheim mußte mit einer Strafe von 500 RM. belegt werden, weil er einer Kundin an Stelle der von ihr bestellten und bezahlten 4 Zentner Briketts nur eine um nahezu ein Drittel geringere Menge lie­ferte, die Abnehmerin aber im Glauben ließ, es handle sich um das bestellte und bezahlte Quantum.

9. Zwei Lagenneister von Kohlenhandelsfirmen in Mannheim wurden mit Ordnungsstrafen von 500 und 300 RM. bestraft, weil sie es an der nötigen Aufsicht fehlen ließen, so daß die den Kunden zugeführten von Arbeitern und Kriegsgefangenen ge­füllten Kohlensäcke zum Teil Untergewicht aufwiesen.

Ferner mußte gegen eine Reihe von Personen das Verlangen auf gerichtliche Strafverfolgung gestellt werden. Diese haben zum Teil mit längeren und schwersten Freiheitsstrafen zu rechnen.

M ü t t e re r h o l u n g der NSV. 2m Rahmen der zu jeder Jahreszeit weitergehenden Müttererholungspflege schickt die NS-Volkswohlfahrt im Monat April zu einem dreiwöchigen Er­holungsaufenthalt in das NSV.-MLttererholungsheim Schloß Wildberg 55 Frauen, in das NSP.-Müttererholungsheim Jsny- Allgüu 34 Frauen und in das Erholungsheim Lauterbach im Schwarzwald 30 Mütter. Zu einer 4 Wochen dauernden Erho­lungskur nimmt das NSV.-MLttererholungsheim Landgut Burg bei Veutelsbach 28 Mütter mit 10 Säuglingen auf, unter denen sich auch zwei Zwillingspärchen befinden. Bei all den im April verschickten Müttern sind viele Landfrauen, die für die kom­mende landwirtschaftliche Arbeit neue Kräfte sammeln sollen.

Nürtingen. (60 Jahre im gleichen Betrieb.) Sechzig Jahre ist nun der 74 Jahre alte Packer Karl Clauß bei de: Firma Melchior in Nürtingen tätig, davon 21 Jahre als Vor­arbeiter. An seinem Arbeitsplatz hat der pflichtgetreue Jubilar außer im Weltkrieg, in deem er als Sanitäter Dienst tat, noch keinen einzigen Tag gefehlt/

Geislingen a. St. (Neue Kleingärten.) Durch das Ent­gegenkommen der Stadt konnte der Kleingärtneroerein ein von der Stadtverwaltung überlassenes größeres Grundstück im See­dachgebiet in Eeneralpacht übernehmen. Es wurde in 28 Par­zellen aufgeteilt und an Kleingärtner weitergegeben.

Jngelfingen. (D e r F üh r e r g r a t u l'i e r t.) Zu seinem hun­dertsten Geburtstag sind dem Weingärtner Johann Seezer aus Jngelfingen mancherlei Ehrungen zuteil geworden. Das höchste Erlebnis dieses Tages war für den Hochbetagten das Eintreffen eines Glückwunschtelegramms vom Führer aus dem Führerhaupt­quartier. Außer den Glückwünschen hat ihm der Führer noch ein namhaftes Geldgeschenk übermittelt.

Mergentheim. (Schwerverletzt.) In Eaukönigshofen fiel ein Scheunentor aus den Angeln und traf das 14 Jahre alte Mädchen des Schlossers Adam Geiger. Das Kind wurd-e mit schweren inneren Verletzungen in das Krankenhaus eingeliefert.

Hcchingen. (Mit 99 Jahren gestorben.) Fünf Tage vor ihrem 99. Geburtstag ist die älteste Fra« der Stadt Salome Haug Witwe gestorben.

Der Neichsbeamtenführer sprach

» nsg. Reichsbeamtenführer Neef besichtigte die Eauschule Metzingen des Amtes für Beamte sowie das Baugelände der zukünftigen Gauschule Neuffen. In Metzingen gab der Reichsbeamtenführer mit einer Ansprache über die Bedeu­tung der Frauenarbeit, die er in dem großen Zusam­menhang des gegenwärtigen Freiheitskampfes unseres Voltes und seiner Auswirkungen für die Zukunft sah, den verheißungs­vollen Abschluß der von Reichsreferentin Dora Hein geleiteten fünftägigen Arbeitstagung der Eaureferentinnen in den Aem- tern für Beamte sämtlicher deutscher Gaue. Der Rezchsbeamten- siihrer führte dabei u. a. aus:

Die der Verwaltung heute gestellte Ausgabe, mit wesentlich

nsg Stuttgart. (Die Dr. Goebbels-Rundfunk- Spende.) Die Dr. Goebbels-Rundfunk-Spende arbeitet auch im Kriege erfolgreich weiter. Im Rahmen der bisherigen Ver­teilung von Rundfunkempfangsgeräten wurden für den Gau Württemberg-Hohenzollern durch die Eauhauptstelle Rundfunk 120 Deutsche Kleinempfänger ausgegeben. Im Einvernehmen mit der Dienststelle der NSKOV. wurden die Geräte zu Führers Ge­burtstag über die Kreisstellenleiter Rundfunk der NSDAP, an Schwerkriegsbeschädigte und, Hinterbliebene von Gefallenen des gegenwärtigen Krieges verteilt.

nsg Stuttgart. (Auszeichnun g.). Für mehrfache besondere Tapferkeit bei den Kämpfen an der Ostfront wurde dem Oberst­leutnant Hubert Strohmaier, Kommandeur eines wllrttember- gischen Gebirgs-Artillerieregiments, das Deutsche Kreuz in Gold verliehen.

Stüttgart. (TödlicherAbsturzindenBergen.) We aus Garmisch-Partenkirchen gemeldet wird, unternahm der 15 Jahre alte Hotcllehrling Willi Münz von Ettal aus eine Tour auf den Not. Als er abends noch nichi zurück war. wurden zwei Suchmannschaflcn, am darauffolgenden Tag eine dritte Suchmannschaft entsandt. Diese fand den Lehrling am Fuße einer 50 Meter hohen Wand tor auf Offenbar wollte Münz beim Abstieg den Weg abkürzen, geriet ins Steilgehänge und stützte gb. .

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Staatsschauspieler Paul Hartmann,

der neue Präsident der Reichstheaterkammer.

(Tobis-Dähn, Zander-M.-K)

_ Samstag, den 25. April igz»

weniger Menschen als' früher weite, über das Reich selbst hin­ausragende Räume zu verwalten, bedingt die Schaffung eines neuen Veamtentypus, der sich nicht nur durch einwand­freie nationalsozialistische Haltung, sondern auch durch erhöhte Verantwortungs- und Entschlußfreudigkeit auszeichnet. Damit wird schon jetzt der Grund zu einer Verwaltungsreform gelegt die mit einer Verlagerung der Befugnisse nach den unteren Im stanzen Hand in Hand geht. Das Beispiel des Generalgouver­nements, das in der ganzen deutschen Verwaltungsgeschichte ein­zig dasteht, und das beste Zeugnis für die Initiative der dort eingesetzten deutschen Beamten ablegt, beweist, daß dieser Weg, der gleichzeitig auch ein starker Anreiz für den Nachwuchs sein wird, mit außerordentlichem Erfolg beschritten wurde. Wenn nun die erweiterte Frauenarbeit, dieses stetige Element in der Kriegsverwaltung, vielfach zunächst nur als eine Aushilfsmaß­nahme über die Kriegszeit angesehen wurde, so muß demgegen­über klar zum Ausdruck gebracht werden, daß sich sicherlich auch nach dem Kriege in der Beamtenschaft das Zahlenverhältnis zu­gunsten der Beamtinnen verschieben wird. Hieraus ergeben sich zahlreiche Probleme, von denen das der Betreuung der in der Verwaltung tätigen Frau im Vordergrund steht. Es werden die Berufe der Volkspflegerin und Sozialbeamtin an Bedeutung gewinnen. Die deutschen Beamten und Beamtinnen hätten nur den einen Willen, dem millicknenhaft gegebenen Beispiel des deutschen Soldaten folgend, allen jetzt und in der Zukunft an sie gerichteten Anforderungen zu genügen. Dieselben Voraus­setzungen, die zum 30. Januar 1933 geführt hätten, müßten auch zu dem jetzt vor uns stehenden Siege führen: der unbedingte Glaube an den Sieg und das unerschütterliche Vertrauen mm Führer.

Lob der Höflichkeit

Höflichkeit entspringt einem natürlichen Takt des Herzens. Sie erleichtert, in wohlabgewogenem Maße angewandt, den Um­gang unter den Menschen, schafft auch unter mißlichen Um­ständen eine wohltuend angenehme und Gegensätze ausgleichende Stimmung und vermag auch rauhere Sitten, die in bedrängten Zeiten als unliebsame Begleiterscheinungen aufzutreten pflegen, zu läutern oder wenigstens abzudämpfen. Sie war im gesell­schaftlichen Erziehungssystem vergangener Zeiten nicht mit Un­recht ein Gradmesser von Stand und Bildung und Ansehen, und das gefällige Wort schuf jene Atmosphäre gegenseitigen Wohl- Verhaltens, die uns, den Menschen eines sachlicher denkenden, im Grunde unzeremoniösen und im Verkehr von Gefühlen gelösten Zeitalters keineswegs mehr wie früher als eine selbstverständ- liche llmgangserscheinung geläufig ist. Entraten können wir der Höflichkeit nicht. Wir stehen nicht vereinzelt im Lebens­raum und bedürfen, mögen wir uns auch noch so selbstsicher fühlen, ständig der Hilfe, des Rates, ja des Wohlwollens der anderen Menschen, die mit uns leben und sich im gleichen Ver­hältnis zu uns befinden. ,

Es gibt auch heute noch vorbildlich aufmerksame, zuvorkom­mende, ritterliche, durchaus höfliche Menschen in allen Lebens­lagen, -berufen und -ständen. Die Höflichkeit ist sogar auf Aus­hangtafeln in Kanzleien und Aemtern sozusagen als empfehlen?- werte Eigenschaft im llmgangston zwischen Behörde und Pub­likum proklamiert worden eine Aufforderung, eine Bitte nur, aber ein, bildlich gesprochen, wohltätig lenkender erzieheri­scher Zeigefinger. Im geschäftlichen Leben begegnet man ihr manchmal seltener. Kriegs- und Notzeiten bringen es mitunter mit sich, daß die Menschen, anstatt sich einander zu nähern und sich gegenseitig zu nützen, sich voneinander abschließen und selbst­süchtig auch den kleinsten persönlichen Vorteil für sich zu er­gattern streben. Hier zeigen sich die/ ersten Symptome des Mangels an natürlicher Höflichkeit gleichzu­setzen mit dem Mangel an Herzenstakt. Die Kategorie jener ewig Verdrossenen, der Griesgrämigen, der Nörgler belästigt, weil ihr eine altgewohnte Bequemlichkeit oder eine leibliche An­nehmlichkeit versagt bleibt, ihre ganze Umwelt mit der gereiz­ten Anhöflichkeit ihrer schlechten Laune. Wie sich ein Charakter erst ganz im Unglück bewährt, so die Höflichkeit, persönlich ge­nommen, im Feuer der Volksnot. Auch sie vermag zu beweisen, was wir innerlich wert sind. Vortrefflich hat diese Goethe in den Wahlverwandtschaften, in Ottiliens Tagebuch, zum Aus­druck gebracht:Es gibt eine Höflichkeit des Herzens; sie ist der Liebe verwandt. Aus ihr entspringt die bequemste Höflichkeit des äußeren Betragens." Wahr allzu wahr!

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24. Fortsetzung.

Tante Encarnacion", sagte sie drohend,es ist um­sonst, daß du damit wieder ansängst! Ich denke nicht mehr daran, in der Taverne zu singen. Ich will es nicht."

Dona Encarnacion fuchtelte mit den Händen in der Lust.

.Was bist du für ein Eigensinn!"

.Nein", sprach Dolores in die dunkle Ecke hinein, wo die Tante jetzt stand,das bin ich nicht . . . Aber ich will lieber sterben, als daß ich tue, was ihr möchtet!" In ihrer Stimme lag etwas, von dem ihre Tante nicht wußte, ob es ein Lachen oder ein Schluchzen war.

Es kostete Dona Encarnacion diel, an sich zu halten.

So", sagte sie bitter,und daß das Geschäft deines Vaters täglich schlechter geht, ist dir also gleichgültig?"

Du übertreibst, Tante . .. die Taverne wird von den alten Gästen nicht vernachlässigt."

.Ja, aber die neuen, die deinetwegen" Dona Encar- nacron verbesserte sich,ich will sagen, die deiner Lieder wegen kamen, die lassen sich nicht mehr blicken!"

Und wenn auch", rief Dolores ungeduldig und leiden­schaftlich.Nichts kann mich bewegen, mich je wieder unten zu zeigen. Heute nicht und morgen nicht und niemals!"

Seit Wochen hoffte Dona Encarnacion, den Starrsinn ihrer Nichte zu brechen, diesen unbegreiflichen Starrsinn, der das Einkommen ihres Bruders Pablo stark schmä­lerte und Catalinas Aussichten auf eine Mitgift nicht ver­größerte. Daß nun Dolores' trotziger Widerstand plötz­lich in offenen Aufruhr ausartete, setzte ihre schwelende Wut in Helle Flammen. Ihre Stimme überschlug sich:

Du bist wirklich ein herzloses und undankbares Ge­schöpf!" schrie sie.

Dolores schloß klirrend das Fenster. Die Nachbarn brauchten nicht alle Ohrenzeugen der Schimpserei zu jsin. . . . Nun strömten Vorwürfe wie ein Sturzbach über Dona Encarnacions Lippen:

Ah de mi, es ist wirklich besser, die Leute erfahren

nicht, wie pflichtvergessen du bist! Begreifst du nicht, daß du deinem Vater den schuldigen Gehorsam verweigerst? Wenn er dich auch in seiner übertriebenen Güte nicht zwingt, in der Taverne zu singen, so müßtest du doch freiwillig alles tun, was in deinen Kräften steht, um sein Einkommen zu erhöhen. Es ist ja, por Dios, nichts Unrechtes, was von dir verlangt wird! Wozu hat dir der Himmel eine Stimme gegeben, die die Leute von weit und breit anzieht, wenn dein Vater davon keinen Nutzen haben soll! Ah, der Arme, er ist wirklich mit schlechten Kindern gestraft..."

Dolores zuckte die Achseln. - Mochte die Tante toben, soviel und solang es ihr paßte. Nie würde sie etwas tun, was der Geliebte nicht wollte! Kein Vater, keine Tante, niemand hatte über sie zu bestimmen. Nur er allein! Und bis in die Fingerspitzen erfüllte sie die Gewißheit, daß es ihr unentrinnbares Schicksal war, fortan nur seinen Wünschen zu gehorchen.

Dona Encarnacion hatte die Bewegung bemerkt, wo­mit Dolores ihre Verstocktheit zum Ausdruck brachte. Sie geriet vollends außer Rand und Band.

Ihr beide", zeterte sie hysterisch,du und Juan, werdet den Vater zugrunde richten . . .!"

Etwas in der Stimme ihrer Tante ließ Dolores auf­horchen. Sie näherte sich ihr und bemühte sich, deren Züge zu erforschen.

Warum sprichst du von Juan?" fragte sie aufmerksam.

Weil es am Nachmittag etwas gab!" erwiderte Dona Encarnacion voll höhnischem Triumph.Dein Vater kam gerade dazu, als Juan von seinem Freund Aurelio abge­holt wurde. Der trug eine eingerollte rote Fahne in der Hand. Der Vater fragte, was das zu bedeuten hätte und wohin sie denn wollten. Da antwortete Juan frech, daß sie zu einer politischen Versammlung gingen! Der Va­ter verweigerte ihm natürlich die Erlaubnis. Aber der ungeratene Bursche erdreistete sich zu sagen, daß er gar nicht danach gefragt habe und tun werde, was er wolle. Mi madre, was sind das für Zeiten, in der Kinder in

solcher Weise die Wunsche ihrer Ettern mißachten! Wenn du benimmst dich ja auch nicht besser als dein Bruder!"

Tante . . .", unterbrach Dolores sie, und ihre Stimme klang dunkel.

Was ,Tante'", keifte Dona Encarnacion,habe ich vielleicht nicht recht? Nur ist es Juan nicht so gut be­kommen. Als er nämlich zur Tür hinauslaufen wollte, entriß der Vater Aurelio den Fahneustock und schlug ihn auf Juans Rücken entzwei."

Und er, Juan ?"

Nun was tut so ein gottverlassener Sohn? Er wandte sich gegen den Vater und stieß ihm mit der Faust vor die Brust!"

O . . stöhnte Dolores entsetzt.

Ja . . . Und wenn nicht etliche der liederlichen Trun­kenbolde, die sich den ganzen Tag in Schenken Herumtrei­ben, die aber in diesem Augenblick nur die lieben Heiligen herbeiriefen, deinem Vater in den Arm gefallen wären, hätte er Juan bestimmt umgebracht. . . man hörte es bis herauf, wie er unaufhörlich brüllte: .Haltet mich fest, sonst schlag ich ihn tot!'"

*

Zufrkedengestellt durch den Eindruck, dm ihre Erzäh­lung offenbar bei der Nichte gemacht hatte, ließ sich Dona Encarnacion erschöpft in einen Sessel fullm.

Dolores wußte, daß, wenn die Drohung ihres Vaters auch nicht gerade wörtlich genommen zu werden brauchte, eines Tages doch ein Unglück geschehen konnte. Sie spürte plötzlich ganz'deutlich die Vorahnung kommenden Unheils. Und die Dunkelheit, die sich auf alle Gegenstände oes Zimmers senkte und sie verhüllte, drang auch in ihr Herz ein.

Während der von Dona Encarnacion absichtlich einge­schalteten Kunstpause öffnete Catalina die Verbindungstür zu ihrem Zimmer. Sie tat, als ob sie durch das Gerassel der Nähmaschine nichts von der Auseinandersetzung zwi­schen ihrer Mutter und Dolores gehört hätte. Scheinbar erstaunt fragte sie:

Warum sitzt ihr denn im Finstern?" und sie machte Licht.

Dona Encarnacion sah, daß Dolores an' ihrer Kom­mode lehnte und in krassem Gegensatz zu früher sehr blaß war. Da schwoll ihre Hoffnung, daß sie doch nach­geben werde.

Ich erzählte Dolores gerade von dem schrecklichen Auftritt, den wir erleben mußten . . ." Sie blinzelte Catalina zu.

Catalina war im Bild. Ihr Schnurrbart zitterte vor Entrüstung.

Es ist ein Wunder", sagte sie,daß den armen Onkel nicht vor Aufregung der Schlag getroffen hat!"

Das meine ich auch", nickte Dona Encarnacion,wenn ich nicht heruntergelaufen wäre und erst einmal dm Tauge­nichts Aurelio aus dem Haus geworfen und dann Pablo beruhigt hätte, ich weiß nicht, wie die Geschichte ausge­gangen wäre."

(Fortsetzung folgt.)