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Nagolder TagblattDer Gesellschafter-

Mittwoch, den 29. Januar 194t

Zu spöte Einsichten

Nach einem längeren Aufenthalt in USA. hak sich jetzt einer der führenden Propagandisten des britischen Welt­reiches, Mr. G. B. Priestley, wieder zu Worte gemeldet. Wie aus einer Rundfunkansprache hervorgeht, ist Priestley durch seine amerikanischen Eindrücke nicht gerade klüger, aber immerhin um einige Erfahrungen reicher geworden. Er hat sich jedenfalls drüben jenseits des großen Wassers, das in den letzten Monaten unbarmherzig so viele englische Schiffe geschluckt hat, einige Eindrücke bestätigen lassen, die er vorher in London sammeln durfte. Damals mutzte er nämlich plötzlichauf Urlaub" gehen, weil er bei einer Regung zur Selbständigkeit den auf das Land ge­flüchteten und noch immer schmarotzenden Mitgliedern der englischen Plutokratie einige Unfreundlichkeiten in ihre morgendliche Hafergrütze rührte. Inzwischen konnte Priest­ley seststellen, daß es derartige unerfreuliche Exemplare der von ihm so heiß geliebten angelsächsischen Raffe auch an anderen mehr oder weniger geschützten Oertlichkeiten der großen Welt gibt. Er war nicht sehr glücklich darüber. Aber als etwas zurechtgestutzter Gentleman beließ er es diesmal bei der indirekten Anklage. Er ging nicht ins Konkrete, sondern stellte nur allgemein fest, daß nach dem Weltkrieg in der ganzen Welt Mißwirtschaft und Intrigen geherrscht hätten. Sie seien der wahre Grund für die unterirdische Nervosität und die Unzufriedenheit, die man eigentlich überall, also auch in der westlichen Hemisphäre, beobachten könne. Aus dieser Unzufriedenheit und Nervosität erklärten sich viele Erscheinungen der Gegenwart. Sie stünden auch hinter dem jetzigen Krieg.

Da Priestley beruflich gegen Deutschland Hetzen muß, war es selbstverständlich, daß er auch den Kampf des National­sozialismus gegen diese Erscheinungen einer allgemeinen Weltkorruption mit den von ihm entdecken Symptomen einer weitverbreiteten Mißwirtschaft in Verbindung brachte. Er hätte hier im. übrigen nur die Reden Adolf Hitlers zu studieren brauchen, um noch viel weitergehende Einsichten über die Verfilzung des internationalen Kapitals und die daraus hervorgewachsenen Weltschäden zu erhalten. Aber solche Feststellungen liegen nicht auf der englischen Propa­gandalinie. Deshalb suchte Priestley denNazi-Anteil" an der allgemeinen Wsltreformation rasch wieder zu verklei­nern. Er hielt sich lieber an dasdeutsche Volk" überhaupt und an dessen unruhige, nie zu stoppende Regsamkeit und Vesserungsbemühungen. Und er zog die Folgerung, daß diese radikal ausgemerzt werden müßten, weil eben ein in seinen Augen falscherReformwille" dahintersteckte, nicht ein eng­lischer, sondern ein deutscher. Und wenn überhaupt refor­miert werden müßte, so könnte und dürfte eben nur Eng­land reformieren, natürlich nicht jetzt, sondern erst nach dem Kriege. Aber der vollkommene englische Sieg, der ohne ame­rikanische Hilfe nicht zu erreichen sei, wäre auch nach seinen Erfahrungen in USA. die einzige Voraussetzung für dieses typisch englisch-demokratische Reformprogramm. Worauf es aber jetzt ankäme, sei nicht nur, die Welt für dieses Pro­gramm zu begeistern, sondern es überhaupt erst einmal auf­zustellen. Vorläufig besteht es nämlich noch gar nicht, wie Priestley bekümmert ausplauderte. Es liegt noch sozusagen in den Windeln. England besitzt überhaupt noch keine schlag­kräftigen Kriegsziele. Diese müßten erst geschaffen und formuliert werden. Das einzige echte Kriegsziel sei bis­her nur der Wunsch nach der völligen Vernichtung auchnurdesgeringstendeutschsnEinflusses in der Welt. Dieser Wunsch reiche jedoch nicht aus. Er sei zuinhaltslos". Auch Weltkriegserinnerungen führten hier nicht weiter. Man müsse mit Vorschlägen für eine ganz neue Sozialstruktur des internationalen Lebens aufwarten. Ohne sie blieben die schönsten englischen Anpreisungen u n - verkäuflicheWare.

Man braucht Herrn Priestley gar nicht auf irgend welche Formulierungen seiner Seufzer festzulegen, bezeichnend ist doch daran, daß die englische Propaganda jetzt überhaupt mit solchen viel zu späten Einsichten zu operieren beginnt. Was wir in Deutschland längst gewonnen haben, die Er­kenntnis von der Unzulänglichkeit, ja Menschenunwürdig- keit der plutokratischen Weltordnung, sie dämmert erst jetzt unter dem Eindruck der furchtbaren Rückwirkungen dieses von England selbst entfesselten Krieges auch den britischen Gehirnen. Auch in England fühlt man, daß es nicht so wei­tergehen kann und daß selbst ein englischerSieg" nur eine neue Niederlage werden müßte, weil er weder das Arbeits­losenproblem noch die Weltwrrtschaftsprobleme in einem wirklich sozialen Sinne lösen könnte. Aber anstatt nun Ein­kehr zu halten und die Gedankengänge des Nationalsozia­lismus und seine umfassenden Reformvorschläge auf ihre Nichtigkeit hin zu studieren, lehnt man eine solche nach­trägliche Beschäftigung mit den Zielen des deutschen Volkes kategorisch ab. Man bestiehlt den National­sozialismus, man ahmt insgeheim seine Einrichtungen und Lösungen nach. Aber vor der Welt fordert man ein ganz anderes und neues Programm aus der Zauberkiste des engischen lieben Gottes. Man sinkt bei jedem kleinsten Schritt nach vorn wieder in den plutokratischen Lügen­schlamm zurück, und man wundert sich noch, daß man aus diesem zähen Brei nur so schwer einen Ausweg findet, der zur Nacheiferung anreizt.

Nein, auch die Priestleyschen Verzweiflungsrufe nach einem typisch englischen Kriegsziel werden nicht weiter­helfen. Sie sind noch immer allzu englisch und deshalb stur und unfruchtbar. Vor allem lassen sie eines völlig ver­missen: wirkliche soziale und - nationale Verantwortung. Eirgland will heute mit amerikanischer Hilfe nur eines retten, was nicht mehr zu retten ist: seinen alten Lebens­zustand. Selbst wenn es Neues fordert, gleicht dieses Neue dem Alten wie ein Ei dem anderen. Darin besteht sein Verhängnis. Wer an der Zukunft der Welt arbeitet, greift nach Schlagworten zu allerletzt. Viel wichtiger ist ihm eins echte heilkräftige Medizin. An ihr doktert England noch herum. Inzwischen aber verblutet die Gesundheit und die Hofsnungsfreudigkeit der breiten englischen Massen. Sie glauben ja selbst nicht an die Priestley-Parolen. Wie soll die Welt an sie glauben!

Einführung der neuen Oberprüfidenlen

Berlin, 28. Jan. Reichsmarschall Hermann Göring führte Montagnachmittag die vom Führer neu ernannten Oberpräsi­denten Gauleiter Bracht für Oberschlesien und Gauleiter Hanke für Niederschlesien in ihr Amt ein. In seiner Ansprache betonte der Reichsmarschall die besonderen Pflichten, die das Amt eines Oberpräsidenten in Kriegszeiten in erhöhtem Maße mit sich bringt.

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Gauleiter Hanke wurde 1903 in Lauban (Schlesien) geboren. Mach mehrjähriger praktischer Tätigkeit im Maschinenbau.und

Prüder Mühlen-Jndustrie absolvierte er das Miihlenbautechnikum in Dippoldiswalde und das berufspädagogische Institut in Berlin.

' Seit dem Jahre 1928 hatte Hanke nacheinander im Gau Berlin die Aemter eines Ortsgruppenleiters, Vezirksführers, des Gau­organisationsleiters und später in der Reichsleitung der NSDAP, das eines Hanptleiters inne. Gauleiter Hanke war u. a. Organi­sator des Nationalsozialistischen Beamtenbundes in Berlin zu einer Zeit, als den Beamten jede Betätigung für die NSDAP, unter Strafandrohung verboten war. Wegen Zugehörigkeit zur Partei und SA., Beteiligung an Aufmärschen, Betätigung als Versammlungsredner und Gründer von Betriebszellen wurde Hanke als Gewerbelehrer von der Stadt Berlin entlasten. Hanke war Mitglied des preußischen Landtages und ist seit 1932 Ab­geordneter des Deutschen Reichstages.

Im Neichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda, das er an maßgeblicher Stelle vom ersten Tage seines Bestehens an mit aufbaute, gehörte er zuletzt als Staatssekretär und geschäftsführender Vizepräsident der Reichskulturkammer an.

Mit der Person des Gauleiters Hanke in seiner damaligen Eigenschaft als Staatssekretär aufs engste verbunden sind Idee und Organisation der Propaganda- und Kriegsberichter- Kompanien. Anfang August 1939 trat Hanke als Freiwilli­ger in das Panzerlehrregiment ein und nahm mit ihm am Feldzug in Polen teil. In seinem Regiment, das vom Osten an die Westgrenze rückte, leistete er die Uebungen als Unteroffizier und Feldwebel ab und wurde im Februar 1910 zum Leutnant befördert. An dem Feldzug in Belgien und Frankreich nahm Hanke mit den Panzerkräften teil, die zwi­schen Dinant und Sedan den Uebergang über die Maas er­zwangen und durch die verlängerte Maginot-Linie zur Kanal­küste vorstießen. Nach dem Durchbruch durch die Weygand-Linie wurde Hanke Kompanieführer. Er erhielt für Tapferkeit vor dem Feinde das EK. I und erwarb sich das Panzerkampfabzeichen. Nach Beendigung des Feldzuges gehörte er den zum Schutze der französischen Küste eingesetzten Truppen am Kanal an. Hanke ist Oberführer im Stabe des Neichsführers Träger des Goldenen Ehrenzeichens- der NSDAP, sowie Inhaber der Silbernen und Bronzenen Dienstauszeichnung der NSDAP.

, Gauleiter Fritz Bracht wurde am 18. Januar 1899 in Heiden- Lippe geboren. Er nahm mit Auszeichnungen am Weltkriege teil l(EK. II und mehrere weitere Kriegsauszeichnungen), Am 1. April k1927 trat Gauleiter Bracht in die NSDAP, ein. Er betätigte sich (zunächst in der SA., in der er heute den Rang eines SA-Vrigade- sführers bekleidet. In der politischen Führung der Partei war Gauleiter Bracht als Ortsgruppenleiter, Vezirksleiter und Kreis- heiter im Gau Westfalen-Süd tätig. Am 1. Mai 1933 wurde, ser zum stellvertretenden Gauleiter von Schlesien berufen. Ins dieser Eigenschaft war ihm insbesondere nach der Ernennung' -des Gauleiters Josef, Wagner zum Reichskommissar für di«) Preisbildung eine besondere Verantwortung für die Führung) wes Gaues Schlesien übertragen. Er ist seit 1933 Mitglied des) ^Reichstages, Träger des Goldenen Ehrenzeichens der NSDAP." sund Inhaber der Silbernen und Bronzenen Dienstauszeichnung Per NSDAP. ' ^ - -' - . . , - ^

Böswillige englische Gerüchte

Kläglicher Zusammenbruch eines neuen unsinnigen briti­schen LügenseldzugesUnruhen in Norditalien" aus den Fingern gesogen

Rom, 28. Jan. Ein klassisches Stück hat sich wieder einmal dis britische Propaganda geleistet. Am Sonntag mittag gab sie die Sensationsmeldung bekannt, Norditalien stehe unmittelbar vor einer Revolution. Deutsche Truppen würden eilig über die Grenze gebracht, um den Ausstand niederzuhalten. In Mailand und Turin seien Straßenkämpfe der Aufständischen gegen deutsche Truppen und Schwarzhemdenformationen im Gange. Kurz dar­nach erhielt diese Sensationsmeldung noch einen tüchtigen Schutz Farbe. Es wurde behauptet, dir Arbeiter von Mailand und

Turin hätten eine starke sozialistische Tradition und bildeten das Rückgrat des Widerstandes gegen diefaschistischen Ausbeutungs­methoden".

Als dann kurz darauf von zuständiger italienischer Seite ln aller Form mitgeteilt wurde, daß es sich bei diesen Gerüchten um böswillige und vollkommen gegenstandslose Ersindungen handle, mit denen die englische Propaganda aus ihre eigene Oesjentlichkeit und insbesondere aus die Oessentlichkeit der USA. den für ihre Politik erforderlichen Einslutz ausüben wolle, be­kamen die Briten doch Angst vor ihrer eigenen Courage. Mit sehr gedämpfter Tonart verkündete der Sprecher, man könneüber direkte Kämpfe in Norditalien noch nichts genaueres sage». Die Lage sei aber autzerordentlich gespannt".

Inzwischen wurde von zuständiger italienischer Seite auslän­dischen Pressevertretern noch erklärt, daß jeder einzelne Journalist in der Lage sei, sich von der llnsinnigkeit dieser Ge« rüchte zu überzeugen, die wie auf ein geheimnisvolles Stich­wort von der englischen Propaganda und amerikanischen Zeitun­gen verbreitet wurden, und daß diese böswilligen Gerüchte mit Recht bereits von verschiedenen ausländischen Journalisten de­mentiert wurden. Geradezu lächerlich sei es auch, wenn der eng­lische Rundfunk behaupte, daß deutsche Truppepnzur Aufrecht­erhaltung der Ordnung" hätten eingesetzt werden müssen. In diesem Zusammenhang sei festzustellen, daßaußer dem deutschen Fliegerkorps sich keine deutschen Truppen in Italien befinden". Die böswilligen Erfindungen der englischen Presse wurden schließlich von Stefani mit den ironischen Worten:Für den Fall, daß die Mailänder und Turiner über die Vorgänge in ihren Städten nicht auf dem Laufenden sein sollten", veröffent­licht.

So mutzte Reuter in der Nacht vom Sonntag zum Montag die Flagge streichen und bekennen:Die Meldungen über Unruhen in Italien haben keine Bestätigung gesunden." Bei diesem mitte« in der Nacht herausgegebenen Dementi sprach natürlich die Spe­kulation mit, daß von den Sensationsmeldungen des Mittags irgend etwas hängen bleiben werde, auch wenn sie buchstäblich aus den Fingern gesogen waren.

Kleine Nachrichten ans aller Wett)

Deutsche Erstaufführung einer verschollenen Verdi-Oper? Die enge Verbundenheit zwischen der deutschen und der ita­lienischen Kultur wurde in besonders eindrucksvoller Weise sichtbar durch die deutsche Erstaufführung der seit fast hun­dert Jahren verschollenen OperDie Jungfrau von Orleans" von Giuseppe Verdi, mit deren Wiedererweckung die Ber­liner Volksoper des 40. Tadestages des großen italienischen Komponisten gedachte.

Der Mörder von Weilheim gefaßt. Wie die Kriminal­polizei, Leitstelle München, mitteilt, wurde der 24 Jahre alte Gewaltverbrecher Christian Horlamus aus Nürnberg, der am 24. Januar in Weilheim den Diplom-Ingenieur Her­bert Lenz ermordet und beraubt hat, in Hechendorf durch den Eendarmeriepoften Murnau festgenommen. Der Täter ist geständig. Er wurde dem zuständigen Gericht überstellt, s

Bor dem Abschluß einer chilenisch-argentinischen Zollunion. Der chilenische Außenminister gab amtlich bekannt, daß Ar«1 gentinien Vorverhandlungen für den Abschluß einer chil«-! nisch-argentinischen Zollunion vorschlug. Der Außenminister! dankte für die Geste dieser Freundschaft und stellte die Ant»1 wort nach Befragung des Republiksträsidenten in Aussicht.

französischer Justiz;»: nister demissioniert. Justizminister nert hat, wie amtlich gemeldet wird, aus Gesundheits-! racksichten demissioniert. Zu seinem Nachfolger wurde der) Verfassungs- und Verwaltungsjurist Joseph Barthelemv! ernannt.

Das Schlachtschiff und seine Männer

Wunder der Zusammenarbeit von Mensch und Maschine im Gefecht

NSK. Ein Schlachtschiff will erlebt sein in voller Funktion, im kämpferischen Einsatz, in letzter Anspannung von Mensch und Material, in der Entfesselung aller :hm innewohnenden Kräfte.

Die wuchtigste Offenbarung des Schlachtschiffes ist die Sprache seiner schweren Artillerie. Wenn die Drillings« und Doppel­türme zu sprechen anfangen, wenn die langen Stahlrohre zu Feuerschlünden werden, wenn das Donnern der Geschütze übers Meer rollt, wenn dicke Rauchwolken das Schiff umhüllen und es in allen Fugen wie unter einem Erdbeben zittert, dann ist es, als ob Urgewalten entfesselt wären. Ganz klein kommt man sich vor und fühlt doch zugleich die Größe menschlicher Schöpferkraft, die sich so machtvoll dokumentiert, r

Im gepanzerten Hauptleitstand des I. AO.

Aber das ist doch nur der äußere Eindruck eines Vorganges, hinter dem sich ein wundersames Kräftespiel, ein (eingliedriges Räderwerk vielfältiger Funktionen von Männern und Maschinen durch das ganze Schiff hin abrollt, dessen reibungsloses Jnein- andergreifen erst zur endlichen Auslösung jener Effekte führt, die wir an dem Schlachtschiff bewundern uüd auf denen seine Kampfkraft beruht. Da steht oben auf dem Vormars, 85 Meter hoch über dem Meeresspiegel, der I. AO. (erste Artillerieoffi­zier) im gepanzerten Hauptleitstand zwischen einer verwirrenden Fülle komplizierter Ziel- und Meßgeräte, die von mehreren Männern bedient werden, in arger Beengtheit und lenkt doch sicher und ruhig inmitten des Trubels der Vefehlsübermittler und der einlaufenden Meldungen den Einsatz der schweren Artillerie, ein Herrscher im Bereich der Schiffsgeschütze. Und von hier lau­fen die elektrischen Kraftlinien und die Strippen der BUe's durch das Schiff zu den Panzertürmen und Geschützen, die mit dem Einsatz der Artillerie zu tun haben, und wo nun wieder Sie Befehle empfangen, weitergeleitet oder ausgesührt werden.

Das Schiff im Gefecht

Ein vielmaschiges, von zahllosen Adern durchpulstes Kraft­feld, das jedoch nicht in sich abgekapselt, sondern sinnvoll mit anderen wichtigen Kraftfeldern gekoppelt ist, die zusammen den großen Schiffsorganisinus bilden, der auf den Komman­do n t e u ausgerichtet ist als den Träger der Verantwortung für Schiff und Besatzung. Er ist auf der Kommandobrücke oder im Kommandostand mit allen diesen Kraftfeldern und ihren Leitern verbunden, empfängt ihre Meldungen und erteilt seine Befehle gestützt für den inneren Schiffsbetrieb auf seinen I. O. (Ersten Offizier), der im Gefecht tief unten in der Kommandozentrale,' zu der man sich vom Kommandostand auf der Brücke durch einen engen Schacht hindurchschlcusen kann, den wichtigen und wieder ein eigenes Kraftfeld bildenden Lecksicherungsdienst überwacht und überhaupt für die Sicherheit des Schisses sorgt. Erst, im KlarscknisMtand. im Kefecbt. entfaltet der SckMsoraanismuS

seinen vollen Lebensrhythmus. Da ist bis zum letzten Matrosen und Heizer jeder Mann eingesetzt an den Maschinen, Geschützen und Geräten, verwachsen Mann und Maschine in gemeinsamer Leistung. Und mögen auch Hunderte von stählernen Schotten das Schiff bienenkorbartig in ungezählte Zellen zerlegen, der Or­ganismus leistet durch Kabel und Draht und Sprachrohr in allen seinen Teilen eng verflochten seine Gemeinschaftsarbeit, als Säbe es keine räumlichen Abtrennungen. ' ^

Jeder Handgriff hundertmal geübt

Jeder Mann, jede Zelle, jedes Kraftfeld sei es Schifssfüh- rung, Artillerie, Lecksicherungsdienst, Maschine arbeitet in ihrem Bereich, im festgefügten Umlauf ihrer Funktionen ruhig, sicher, exakt, unerschüttert, mag da kommen, was will, mögen Männer und Maschinen ausfallen, Waffereinbrüche erfolgen, Feuer ausbrechen. Es gibt nichts, keinen Vorfall und keinen Ausfall, auf den nicht jeder in systematischer Uebung und Schu­lung vorbereitet wäre und dem er nicht, ohne erst lange über­legen zu müssen, zu begegnen wüßte. Alles ist hundertmal ge­übt, jede nur erdenkliche Störung xmal durchprobt worden, und im Anschluß an die Gefechtsübungen hat jeder, ob Offizier, Maat oder Matrose und Heizer, unter dem kritischen Auge des I. O's) des I. AO's oder des leitenden Ingenieurs sein Verhalten ver­antworten und begründen müssen. Eine hervorragende Erziehung zum Verantwortungsbewußtsein, zu Initiative und Entschlossen­heit jedes Gliedes der Besatzung, eine Erziehung, ohne die aber auch das reibungslose Funktionieren eines so komplizierten, rie­sigen Organismus' wie der eines Schlachtschiffes unter Umstän­den, im Toben der Schlacht und im Heulen der Granaten, gar nicht denkbar wäre. -

Dreiklang von Mensch, Material und Maschine ,

Nur so ist es möglich, daß, was immer auch passieren mH/ die Kampfkraft des Schiffes bis zur letzten Möglichkeit einsatzfähig bleibt, daß, mögen Männer fallen und Gerät«) zerfetzt werden, der Kampf unbeirrt weitergeht, die Artillerie) ihre vernichtende Wirkung übt, die feindlichen Flieger abgewehrtS werden und feindlichen Torpedos durch geschicktes Manövrieren) ausgewichen wird. Und man bedauert es nur, erlebt man das grandiose Bild eines kämpfenden Schlachtschiffes, daß man nicht zugleich auf der Kommandobrücke, dem Vormars, im Maschinen­leitstand und in der Kommandozentrale und noch an vielen an­deren Stellen des Schiffes sein kann, daß man nicht mal mit einem Blick die Gesamtheit der Vorgänge überschauen, durch di«! stählernen Wände und Schotten wie durch Glas in alle Stellen^ des Schiffsorganismus blicken kann, daß man die Große des Schauspiels, das sich da wuchtig und ergreifend abspielt, doch nur in Ausschnitten, kaleidoskopartig, zu erfassen vermag. So ist mir das Schlachtschiff zu einer Offenbarung geworden als VerkÜrpe-s rung eines im Dreiklang von Mensch, Material und Maschine einzigartigen schwimmenden Kampfinstruments.

Kriegsberichter Dr. Walt«r Lohmann (PK.)