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Nagolder TagblattDer Sefellfch«fter*

Dienstag, den 28. Jannar 1941

Dke Voraussetzung: Taten vor den Siegen

NSK. In diesem Monat hat die deutsche Luftwaffe im Mittel- mecr ein neues Kampffeld bezogen. Die ersten großen Erfolge, die sie im Mittelmeer errungen hat, verpflichten dazu, sich aber­mals an diejenigen zu erinnern, die den Soldaten dieses Krieges ihre Waffen in die Hände gegeben haben. Ohne den deutschen Erfinder und den deutschen Rüstungsarbeiter wäre ein Sieg, der über Deutschlands Stellung in der Welt entscheidet, nicht zu er­ringen. Ein Einzelsall, der besondere Beachtung verdient, mag herausgegriffen sein, um deutlich zu machen, auf welchen mensch­lichen Grundlagen diese Erfolge wachsen.

Der Heinkel-Vetrieb erhielt die vom Führer verliehene Goldene Fahne zur Kennzeichnung eines Musterbetriebes. Er wurde von Dr. Ley mit dem Leistungsabzeichen für vorbildliche Leistungen auf dem Gebiete der Verufserziehung, der vorbild­lichen Sorge für die Gefolgschaft im Sinne der NSG.Kraft durch Freude" und für Volksgesundheit ausgezeichnet. Und er ist im Besitz des vom Gauleiter verliehenen Eaudiploms für her­vorragende Gesamtleistungen. Was in diesem Betrieb für die Bolksgesundheit erreicht wurde, ist besonders auffallend. Der Be­triebssichrer, der Nationalpreisträger des Jahres 1938 Ernst Heinkel, der übrigens in diesen Tagen seinen Geburtstag feiert, ließ dabei Einrichtungen nach seinen eigenen persönlichen Ideen schaffen. Jeder einzelne Wertteil erhielt sein eigenes Gesundheits- Haus, bei denen es sich um regelrechte klinische Behandlungs­räume mit Bädern, Bestrahlungsmöglichkeiten und Arneivorräiten handelt, und jedes dieser Häuser hat seinen eigenen Arzt, der die Gefolgschaft ständig überwacht.

Darüber hinaus sind die mit modernsten Anlagen versehenen Heinkel-Vetriebe mustergültig in ihren Arbeitsmänteln, muster­gültig in der Raumgestaltung, mustergültig überhaupt in allen Einzelmatznahmen, deren Einrichtung die Idee Schönheit der Arbeit verwirklichen hilft. Es ist ein eigener Betriebssportlehrer an der Arbeit, es wurden in Friedenszeiten Urlaubszuschüsse für alle Verheirateten und Kinderreichen ausgeworfen, und der wei­tere Ausbau aller Einrichtungen, die die Freizeitgestaltung för­dern könnten, wird auch im Kriege durchgeführt.

Wenn unsere Bomber heute erfolgreich im Mittelmeer wirken, -nun wissen wir über den tapferen Einsatz des einzelnen Sol­daten hinaus, warum dies geschehen kann: Ein Rad mutz in das andere greifen. Ernst Heinkels Lebenswerk, das noch lange nicht abgeschlossen ist, bedeutet einen Teil dieses in Krieg und Frieden bewährten Organismus, der Leben und Sieg des deut­schen Volkes garantiert. H. E.

3rr englischen Seedienst gepreßt

Lieber über Bord, als nach England fahren

DNV Berlin, 27. Jan. In einem portugiesieschen Hafen ist vor einiger Zeit der in englischen Diensten stehende holländische MinenlegerWillem van den Zaan" eingelaufen. Das Schiff führte die holländische Flagge, übernahm Brennstoff, Proviant und Wasser und lief am gleichen Tage abends wieder aus um die Fahrt nach Kapstadt fortzusetzen. Die Mannschaft bestand aus Holländern und Engländern. Bei der Ausfahrt des Schif­fes sprangen zwei holländische Mitglieder der Besatzung von Bord. Der Matrose H. Heere aus Vorne in Holland kam mit der Schiffsschraube in Berührung und fand den Tod. Dem Matrosen H. Spaan aus Utrecht, Reggestraat 18, gelang es, an Land zu schwimmen wo er interniert wurde. Er hat später berichtet datz er zusammen mit vielen anderen Angehörigen der Besatzung während des kurzen Aufenthaltes im Hafen versucht hatte, von Bord zu kommen, um sich der Dienstleistung für England zu ent­ziehen. Unter der holländischen Besatzung seien fast alle aufs äußerste überdrüssig gewesen, noch weiterhin für England zu kämpfen. Denn keiner hätte eine vernünftige Antwort auf die Frage gewußt, wofür und warum man eigentlich für England Kriegsdienste leistet. Von der Absichten der Besatzung habe die Schisfsführung irgendwie Kunde erhalten. Daraufhin wurde eine scharfe Bewachung aller Holländer durch die an Bord befindlichen Engländer eingerichtet. In den Nachmittagsstunden sei es unter den holländischen Matrosen zu einer Revolte gegen die Engländer gekommen, die aber mit Waffengewalt unter­drückt wurde. So hätten er und sein Kamerad Heere bei der Aus­fahrt kurzerhand den Entschluß gefaßt, über Bord zu springen.

Daß die Engländer neutralen Seeleuten auch auf den von England geraubten Handelsschiffen das Leben zur Hölle machen, geht aus zahlreichen Fällen von Selbstmord hervor. So wird be­kannt, daß der Kapitän Heymann von einem skandinavischen Dampfer in Liverpool Selbstmord begangen hat. Auch der Kapi­tän Engström, dessen Schiff in der Englandfahrt tätig war, hat sich das Leben genommen. In südamerikanischen Häfen sind die skandinavischen Kapitäne Nyberg und A. Jonson über Bord ge­sprungen, als ihre Schiffe wieder nach England auslaufen soll­ten, und befinden sich wegen Nervenzusammenbruches an Land. Alle diese Kapitäne gehörten derselben Reederei an.

Ausländer-Einsatz

070 000 gewerbliche ausländische Arbeitskräfte in Deutschland

NdZ. Berlin, 27. Jan. Bereits vor dem Weltkrieg haben aus­ländische Arbeitskräfte regelmäßig in Deutschland gearbeitet. Ihre Zahl betrug rund eine Million, wovon etwa je die Hälfte landwirtschaftliche und gewerbliche Kräfte waren. Nach dem Weltkrieg ging diese Beschäftigung zurück. Erst die zunehmende Verknappung von Arbeitskräften nach der Machtübernahme führte zur Wiederaufnahme der planmäßigen Anwerbung aus­ländischer Landarbeiter. Im gew er blichen Sektor begann der Ausländereinsatz in größerem Maßstabe erst mit der Ein­gliederung des Protektorats, in dem bisher etwa ISO OVO gewerb­liche Arbeitskräfte angeworben wurden. Mit der Besetzung Po­lens standen auch dort arbeitslose gewerbliche Kräfte in großer Zahl zur Verfügung. In gleicher Weise sind im Lause des vorigen Jahres aus den besetzten Gebieten im Norden und Westen des Reiches Kräfte eingesetzt worden. Hinzu kommt der Einsatz aus den befreundeten Staaten, in erster Linie Italien.

Wie Oberregierungsrat Dr. Letsch imNeichsarbeitsblatt" mit­teilt, sind insgesamt seit dem Sommer 1939 rund 670 000 gewerb­liche ausländische Arbeitskräfte in Deutschland eingesetzt worden. Davon entfallen auf Dänemark und die besetzten Westgcbiete rund ^ 009, auf Italien 70 000 und die Slowakei 11000. Weit über die Hälfte dieser Kräfte ist in der Vauwirtschaft eingesetzt. Der Einsatz erfolgt grundsätzlich nur in solche Berufe, bei denen eme Zuführung von Arbeitskräften erforderlich ist. Er hat zu etwa zwei Dritteln in Außenberufen stattgefunden. Die An­werbung der ausländischen gewerblichen Arbeitskräfte erfolgt auf Grund freiwilliger Meldung. Gegenüber anderslautenden Be­hauptungen der Feindpresse stellt der Referent fest, daß dieser Grundsatz auch für die Anwerbung in den besetzten Gebieten gilt. Mit einem Einsatz zwangsweise angeworbener Kräfte wäre den Interessen der deutschen Betriebe kaum gedient. Die steigenden ^ermittlungsergcbnisse beweisen, daß es ohne Anwendung von Jwang möglich ist, freiwillige Kräfte auch in den besetzten Ee- owten anzuwerben.

Alle im Reich beschäftigten ausländischen gewerblichen Arbeits­kräfte haben grundsätzlich die gleichen Rechte und Pflichten wie vergleichbare deutsche Arbeitskräfte. Auch nach dem Kriege wird auf.diesen Einsatz nicht verzichtet werden können. Die Bildung der europäischen Eroßraumwirtschaft wird diese Entwicklung för­dern. Dabei wird sich neben dem Hereinholen zusätzlicher Kräfte a/rs den Kontinentalstaaten nach Deutschland zweifellos auch der ^-geuieitige Kräfteaustausch in der Form der sogenannten Gast - arbeitnehm er stärker entwickeln. Stets wird aber zu ver­meiden sein, daß etwa bestimmte Berufe zu ausgesprochenen Aus­länderberufen werden. Der Ausländereinsatz wird vornehmlich in solchen Berufen erfolgen müssen, die einen Gruppeneinsatz und eine saisonmäßige Beschäftigung gestatten. Dabei wird nach dem Kriege auch die Möglichkeit gegeben sein, den Einsatz stärker regional nachderVolkstumszugehörigkeitzu lenken.

Staatsbegräbnis für Graf Csakq am 30. Januar

Das Staatsbegräbnis des verstorbenen Außenministers Graf Stesan Lsaky findet am Vormittag des 30. Januar statt. Die feierliche Aufbahrung erfolgt im Kuppelsaal des Parlaments. Die Totenfeier wird von Kardinal Fürsterzbisochf Seredy zele­briert. Die Totenrede hält der Ministerpräsident.

Die Geschäfte des Außenministeriums leitet einstweilen der Ministerpräsident Graf Paul Teleki.

Inserieren bringt Gewinn!

Der stellvertretende Eeneralgouverneur von Libyen ge­storben. In Tripolis verstarb in der Nacht zum Montag im Alter von 55 Jahren der stellv. Eeneralgouverneur von Libyen, Giuseppe Vruni, der seit 1923 bedeutende Stellun­gen in der Verwaltung von Jtalienisch-Nordafrika beklei­dete und seit Juni 1936 als stellv. Eeneralgouverneur einer der tüchtigsten Mitarbeiter von Marschall Balbo war. Im gegenwärtigen Krieg oblag ihm die Aufgabe, auf zivilem Gebiet die Arbeit von Marschall Eraziani zu unterstützen.

Im Dienste Englands verloren. Der holländische für Eng­land fahrende DampferBeemsterdijk" (6869 BNT.) sandte Mackay Radio zufolge einen Hilferuf aus. Das Schiff finke nach einer Explosion und die Mannschaft verlasse das Schiff zwölf Meilen von der britischen Küste entfernt.

Eesamtbevölkerung Maltas zum Militärdienst herangezo- ge». Die unaufhörlichen Luftangriffe gegen die Insel Malta haben den Gouverneur, Generalleutnant Dossie, veranlaßt, durch öffentlichen Aufruf die gesamte Bevölkerung zum Militärdienst heranzuziehen, d. h. nach dem Vorbild des Mutterlandes Heimwehren zu bilden.

Meine

ans aller Weu

Raubmörder auf der Flucht. Aus München wird berichtet: Am 21. Januar gegen 9 Uhr vormittags wurde im Keller seines Hauses in Weilheim der 67 Jahre alte Ingenieur Herbert Lenz mit einem schweren Kopfschuß tot aufgefun­den. Lenz wurde offenbar niedergeschossen, als er den Zen­tralheizungsofen bediente. Die Leiche wurde darauf in das anstoßende Waschhaus geschleift. Da dem Toten ein Geld­betrag von 60 NM. geraubt wurde, liegt Raubmord vor. Als Täter kommt der am 21. September 1916 in Nürnberg geborene Christian Horlamus in Frage, der nach der Tat geflüchtet ist.

Streik in Bombay. Wie die Taß aus Kabul meldet, sind in Bombay 2000 Arbeiter in den Streik getreten. Weiter wird von Polizeirazzien in Kalkutta berichtet, sowie von Verhaftungen und Verurteilungen zahlreicher Inder, die gegen den Krieg gerichtete Flugblätter verbreiteten.

Willkie in London. Wie Associated Preß aus London mel­det, ist Wendel! Willkie am Sonntag nachmittag in der bri­tischen Hauptstadt eingetroffen. .

USA-Flsttensti tzp: !>.rt Norfolk kn Virginia zerstört. Wie ^as amerikanische Marineministerium bekannt gab, wurdet das Verwaltungsgebäude des Flottenstützpunktes Norfolk! Lurch Feuer zerstört. Die Ursache des Brandes ist unbekannt.?

Der Tlug zurück

Beide Motore fielen aus und doch glücklich im Heimathafen gelandet

NdZ ..., 27. Jan. (PK) 2n dem diesigen Mondlicht leuchten die Flaksprengwolken besonders gespensterisch. Schon zum zweiten Male kreist die Ju über ihrem Ziel. Zu dicht hängen heute die Wolken über dem Ziel, hüllen es in eine schützende Dunstschicht. Runter durchstoßen der Flugzeugführer drückt die Ma­schine langsam tiefer. Wie große Scheiben aus einer Leinwand heben sich die Strahlenbündel der Scheinwerfer von den Wolken ab Nervös huschen sie hin und her. Jetzt reißt der Wolkenvor­hang sekundenlang auf. Der Bombenschüße kniet über seinem Zielgerät und löst die schweren Brocken aus. Wie graue Fische torkeln sie in die Tiefe.Die haben mal wieder hingehauen", bestätigt der Fliegerschütze den Erfolg. Jetzt nichts wie Höhe gewinnen und raus aus dem Stadtgebiet, raus aus dem Sperr­feuerring.

Gewohnheitsmäßig wirft der Flugzeugführer einen Blick auf die Instrumente. Alles ist in Ordnung.-. Kaum wahrnehmbar hat sich aber das Summen der Motore verändert. Das ist nicht mehr das volle Crescendo, nicht mehr der beruhigende Gleichklang zweier Motore. Die 2u zieht unvermerklich nach links. Da stimmt etwas nicht. Und jetzt spuckt auch der rechte Motor. Insgesamt geht der Tourenzähler zurück: 2100 2000 immer stärker wird der Drang nach links. Aber was will das schon heißen? 1800 1600 1100 zeigt der Tourenzähler an. Und nun fällt der Motor ganz aus. Der Flugzeugführer hält den Knüppel fest in der Hand. Auch mit nur einem Motor folgt ihm die 2u willig. Noch ist keine Gefahr. Nur raus aus dem Flakfeuer, das wie toll neben der Maschine aufspritzt Nur der Bombenschüße vorn starrt mit prallen Augen auf den kleinen Zeiger, der die Tou­renzahlen angibt. Keiner von beiden spricht ein Wort. Wozu noch. Man darf die anderen nicht unnütz nervös machen. Wenn wir nur mehr Höhe hätten. Dann langte es zu einem Eleitflug über den Kanal. Aber so? Auchteigen? lleber London? Das darf nicht sein. Langsam, viel zu langsam steigt die Maschine. Verfolgt von unzähligen Scheinwerfern und einem wilden Flak­feuer, das sich auf den lahmen Vogel zu konzentrieren scheint. 1000 Meter zeigt der Höhenmesser an. Der Flugzeugführer atmet auf. Aber ... Was ist das? Auch der zweite Motor läßt nach. Schneller noch als vorhin geht die Tourenzahl zurück. 2200 18001300, immer wieder versucht es der Flugzeugführer. Vor­sichtig nimmt er Gas raus, gibt neues Gas. Vergebens. Immer tiefer gleitet die Maschine.

Der Höhenmesser fällt unheimlich schnell: 3800 3200 23002100 Meter. Jetzt scheint alles verloren. Es bleibt nur noch ein Ausweg aussteigen und den braven Vogel irgendwo auf englischem Felde zerschellen lassen. Aber nein, durchzuckt es den Flugzeugführer, ichmuhmeineMännernachHause bringen. And immer von neuem versucht er e? mit dem Motor. Noch einmal und noch einmal. Herrgott, der Motor muß doch wieder kommen. Er hat einen doch noch nie im Stich gelaffen. Unbegrenzt ist das Vertrauen zu dem braven Vogel, der Nacht für Nacht die Besatzung immer wieder wohlbehalten zurück­getragen hat. Unterdes aber verliert'die 2u immer mehr an Höhe. Ein Glück, daß der Dunst den Tommies die Sicht erschwert, sonst hätte sicher schon ein Volltreffer alldem ein Ende gemacht. Den Flugzeugführer verläßt die Ruhe nicht. Da, mit einem Male überkommt ihn eine Vision er sieht vor sich den kleinen Raum des Grnppengefechtsstandes. Der Kommandeur, dem die Sorge um seine Kameraden auf dem Gesicht steht, starrt durch das Fenster auf den hellerleuchteten Platz.Noch immer keine Meldung?" Wieder sendet der Funkoffizier seine Rufe an die überfällige Maschine in die Nacht hinaus. Keine Antwort. Un­unterbrochen werden Leuchtsignale geschossen. Vielleicht schwebt die Maschine irgendwo in der Nähe, mit zerstörtem Funkgerät, und findet den Hafen nicht. Schweigen herrscht in dem kleinen Raum. Die Sorge um die Kameraden hockt den Männern im Nacken. Einer schüttelt den Kopf, spricht kein Wort. Jetzt mutz der Seenotdicnst alarmiert werden, denkt der Kommandeur ci. Da zerreißt die Vision. Herrgott, du darsst deinen Kommas dcur nicht warten lassen, du nicht. Der Flugzeugführer macht noch einen letzten Versuch. Einen allerletzten. Mittlerweile hat die Maschine erheblich an Höhe verloren und ist in eine wär­mere Luftschicht geraten. Und jetzt o Wunder, der linke Motor kommt wieder. Wie eine wundersame Musik will das erste Brummen dem Flugzeugführer erscheinen. Köstlich wie das Leben selbst. Langsam klettert der Tourenzeiger hoch. Jetzt muß es bis über den Kanal reichen, drüben eine Notlandrmg, nicht weiter gefährlich. Es war die äußerste Grenze. Nur Se­kunden blieben noch. Dann mußte das Kommando zum Aus­steigen kommen Die Maschine zieht wieder an und wie, um das Glück vollzumachen, läuft plötzlich auch der zweite

Motor wieder. Jetzt ist alles wieder gut. Brave Ju. hast uns doch nicht im Stich gelaffen.

Drinnen in der kleinen Kabine hocken die vier Männer schwel, gend wie zuvor. Nur ihr Blut kreist etwas schneller in den Adern. Ihre Augen leuchten etwas Heller.

Draußen aber singen die beiden Motoren wie aus schweren Lcgelblasen ihr volles Lied, so als ob nichts gewesen wäre.

Kriegsberichter KurtHelbing.

Dem Sieg entgegen

Erinnerungen eines Fliegers an den 3V. Januar 1033

Von Kriegsberichter Herniann Marten (PK.)

NSK. Mitternacht vorüber. Leise zittert die dunkle Flüssigkeit in den Schalen, wenn draußen, vor der Messe am Rande des Flugplatzes, wieder ein anschwellendes und jäh abebbendes Dröh­nen die Landung eines Kampsslugzeuges anzeigt. Rückkehr von England!

Vorbei der Flug. Das stets neue, aufwühlende Erleben meh­rerer Stunden aber muß erst langsam abklingen. Abklingen bei einer Zigarette, einer Tasse Kaffee. Ein Lautsprecher. Die letzten Nachrichten...

Weiß der Teufel", sagt mein Kamerad,ich saß ja vor vier Stunden schon hier. Na, du weißt ja, bevor man in die Maschine steigt, fällt einem so allerhand ein. Weißt du, woran ich dachte? An einen Abend vor acht Jahren, an den 15. Januar 1933.

In Lippe war's. Kennst Du's? Da saß ich auch an einem Appa­rat selbstgebastelt, versteht sich. War arbeitslos. Ich wartete nur auf eines: Wahlergebnisse. Unsere Wahl! Wie werden-sie sein?

Herrgott, war das ein Warten! Was lag nicht hinter uns mein Sturm hat damals wochenlang kaum geschlafen. Versamm­lungen, Saalschutz, Propagandaarbeit, mal hier, mal dort. Wenn ich da mein Motorrad nicht gehabt hätte... Und nun wartete ich, hatte einen Bleistift in der Hand und schrieb. Zahlen, die mich dann, so schien es, vorwurfsvoll anschauten. So ein Optimist! Also warten dieses entsetzliche Warten!

Da kamen die ersten Ergebnisse. Ich konnt's nicht fassen. Lief hinaus, dahin, wo ich die Kameraden wußte. Wir saßen zusam­men, wir sprachen nicht viel, uns beseelte nur ein Gefühl: Sieg! Wir wußten an diesem Tage noch nichts von dem 30. Januar, wußten nur, daß dieser Tag einmal kommen mußte. Sieh mal", mein Kamerad blickte nachdenklich in die blauen Wölkchen, die zusammen mit denen, die von anderen Tischen aufstiegen, ver- schwebten,sieh so erlebten wir damals den Abend vor dem endgültigen, großen Sieg. Wir sahen ihn noch nicht in festen Umrissen, aber wir spürten, wir wußten, daß er vor uns lag der 30. Januar... >

War es nicht damals wie heute?

Ich werde diesen Abend niemals vergessen, wie ich auch diese Stunden vor den Nachtangriffen auf England nicht vergessen werde. Zuweilen ist mir's, als seien es dieselben. Trage ich nicht noch das Braunhemd? Dann muß ich erst wieder auf meine Kom­bination schauen. Erleben wir den Sieg im Lipper Wahlkampf, der uns den größeren brachte, nicht jede Nacht aufs neue? Da­mals sahen wir morsche, überlebte Einrichtungen unseres Landes im Wanken in den unzähligen Bränden auf der englischen Insel blickt uns heute der Untergang ebenso überlebter und ver­morschter demokratischer Welten an. Ist es nicht dasselbe? Nur die Maßstäbe sind andere."

Und schau doch einmal ringsum! Unsere Staffel vor weni­gen Stunden noch im Flakfeuer über London, mit demselben Ehrgeiz jede Bombe sollte einen Lebensnerv treffen!, muß man sich in diesem Kreis nicht geborgen fühlen? So geborgen wie damals, bei den Kameraden des Sturmes..."

Wir haben einige Zeit geschwiegen. Wir sahen, wie sich einer' nach dem anderen erhob, wie die Besatzungen sich zur Heimfahrt zusammenfanden. Und dachten an den Abend des 15. Januar 1933, der vor dem Sieg einer Idee stehen mußte, durchlebten die Jahre bis heute, da in jedem neuen vernichtenden Schlag der Luftwaffe der größere Sieg sich ankündigt. Sollten wir noch ein­mal in Worte fassen, was uns zutiefst bewegte diese Gewiß­heit unseres Sieges, in den dieser Kampf aufbrcchen wird die gleiche Gewißheit wie vor acht Jahren? Nein, besser Taten als Worte das ist unsere Art.

Wir werden fliegen morgen und jederzeit, wenn der Ein- satzbcfehl ruft. Und wir werden siegen so, wie wir am 30. Ja­nnar 1933 eine alte, in sich zerfallende Vorstellungswelt mit un, serem Siege ablöstcn.