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Nagolder Tagblatt „Der Gesellschafter
Samstag, den 4 . Januar 1941
Deutschlands Luftwaffe
Von General der Flieger Zander
Die deutsche Luftwaffe hat in diesem Kriege nicht nur Taten und Leistungen vollbracht, die für alle Zeiten mit ehernen Lettern in das Buch der Geschichte eingetragen sind, sondern außerdem überraschend schnell den Beweis dafür erbracht, welche kriegsentscheidende Bedeutung einer modernen Luftwaffe zukommt. Vom ersten Tage an hat sie sich jedem ihrer Gegner turmhoch überlegen gezeigt, die von ihr erkämpfte Ueber- legenheit festgehalten und sie von Tag zu Tag gesteigert.
Schon im polnischen Feldzug wurde sie zum tödlichen Schrecken des Feindes. Binnen zwei Tagen errang sie die unbedingte Luftherrschaft und schaltete im Verlauf der darauf folgenden Tage die polnische Luftwaffe restlos aus. Sie brach den erdgebundenen Truppen Bahn, schnitt dem Feinde mittels Zerstörung seiner rückwärtigen Verbindungen die Rückzugsmöglich- keiten ab und half so in einer nicht wegzudenkenden Weise zur Einkesselung und Vernichtung der Heere des Gegners. Als dann die Festung Warschau gegen alle Gesetze der Vernunft und Menschlichkeit von den Polen verteidigt wurde, hat die deutsche Luftwaffe dieses letzte Bollwerk des polnischen Widerstandes in kürzester Frist in rauchende Trümmer gelegt und damit den Westmächten sichtbar vor Augen geführt, welches Schicksal sie über sich selbst heraufbeschwören würden, wenn sie den Krieg und insbesondere den Luftkrieg fortzusetzen wagen sollten.
Man hätte damals meinen können, daß die Selbsttäuschung der Franzosen und Engländer, Deutschlands militärische Rüstung und innerhalb dieser die Stärke seiner Luftwaffe sei nur ein Bluff, vor der Wucht der Tatsachen des weltgeschichtlichen Sieges über einen Staat von M Millionen Bevölkerung in ganzen 18 Tagen in nichts hätte zerfließen müssen. Deutschlands Gegner haben nicht nur nichts gelernt, sondern in erstaunlicher Verblendung die Anwendung der letzten Reste ihres gesunden Menschenverstandes vergessen.
Weder Franzosen noch Engländer konnten im Winter 1939,40 die deutsche Luftwaffe an der von ihr durchgefiihrten bewaffneten Aufklärung hindern .Sie konnten zugleich ihrerseits gleiche Aufgaben so gut wie gar nicht erfüllen. Während die deutsche Führung für den späteren. Kampf gegen Frankreich und die britischen Inseln alle Aufklärungsunterlagen bekam, blieb die Führung unserer Gegner mangels entsprechender Ergebnisse blind. Zur gleichen Zeit erlitt diebritischeHandelr-undKriegs- flotte immer größer werdende Verluste durch unmittelbar« Angriffe der deutschen Luftwaffe und ihr Zusammenwirken mit der Kriegsmarine.
Als die deutsche Wehrmacht den Engländern durch raschen Zugriff auf Norwegen zuvorkam, ermöglichte und sicherte unsere Luftwaffe die Durchführung diese» mehr als kühnen Unteryehmens. Sie konnte binnen 24 Stunden die ihr befohlenen Landungsoperationen beenden und alle wesentlichen Flugplätze Norwegens in ihre Hand bringen. Fallschirm-, Luftlande- und Fliegertruppe waren im Besitz der entscheidenden Basen für die restlose Beherrschung des Luftraumes. Die Flakartillerie übernahm den Schutz von der Erde aus, die Luftnachrichtentruppe stellte alle für die Führung notwendigen Verbindungen her. Bei den darauf folgenden Operationen zu Lande und bei der Sicherung der Küste nach See zu sorgte die Luftwaffe dafür, daß der Feind nicht in der Lage war, die deutschen Operationen zu stören. Auch hier wieder griff sie in den Erdkampf ein und bestimmte wesentlich das Zeitmaß der Operationen dergestalt, daß aus dem Hineinstoßen in den eben begonnenen norwegischen Aufmarsch ein schneller und voller Sieg wurde. Sie erwies sich als ausschlaggeb, nd für das Gelingen der gesamten Operationen, trug die Hauptlast des Kampfes gegen die der deutschen Kriegsmarine zahlenmäßig weit überlegene feindliche Flotte und brachte der bis zum 10. Juni vereinsamt und ohne jede Hilfe zu Lande oder zur See kämpfenden Gruppe Narvik Nachschub, Verstärkungen und Entlastung. Sie bewies, daß eine feindliche Flotte innerhalb eines sich weit erstreckenden Wirkungsbereiches auf die Dauer gegen eine überlegene Luftwaffe nicht zu operieren in der Lage ist. Zeitweilig auftauchende feindliche Seestreitkräfte wurden so hart und schwer angegriffen, daß sie nach ernstesten Verlusten verschwinden mußten, feindliche Landungsoperationen und Rückzugsbewegungen unter Zufügung blutiger Verluste gelähmt. Auch in Norwegen griff die Luftwaffe wirksam in die Erdkämpfe sin. Sehr schnell mutzte der Feind erkennen und zugeben, daß seine strategischen Absichten zum Scheitern verurteilt waren, weil im Gegensatz zur feindlichen die deutsche Luftwaffe flog „wann, wie und wo sie wollte".
Allein unsere Luftwaffe vernichtete in diesem Kampfe 87 Feindflugzeuge (die aus Flugzeugträgern befindlichen nicht mitein- gerechnet), 28 Kriegs- und Hilfskriegsschisfe mit ungefähr 90 000 Tonnen Schiffsraum sowie 71 Handelsschiffe mit 280 000 Bruttoregistertonnen und beschädigte durch Bombentreffer außerdem 80 Kriegs- und Hilfskriegsschisfe und 99 Handelsschiffe des Feindes. Durch den Feldzug in Norwegen wurde die britische Blok- kadefroni zerbrochen und die deutsche Eegenblockade ermöglicht. Deutschland gewann die strategisch wichtige Flankenstellung gegenüber der Ostkiiste der britischen Inseln.
Mit Beginn der großen Offensive im Westen (10. bis 13. Mai 1940) und des dann folgenden zweiten Angriffs (3. Juni) wurde die feindliche Luftwaffe durch schwerste Angriffe gelähmt und im Verlause der weiteren Kämpfe immer schneller und stärker ausgeschaltet, der gesamte Fiihrungsorganismus des Gegners lahmgelegt und der Vormarsch des eigenen Heeres gesichert. Maßgeblichen Anteil hatte die deutsche Luftwaffe an der Niederringung des feindlichen Widerstandes beim deutschen Durchstoß durch die feindlichen Befestigungssystem:, wobei sie ihr« neuen und den Gegner völlig überraschenden Kampfmittel ein- setzte. Es sei nur an den Einsatz von Fallschirm-Truppen mit Be-' ginn des Angriffs auf die Festung Holland und bei der Niederkämpfung des Forts Eben-Emael erinnert. Bei Sedan hielten Kampf-, Sturzkampf- und Zerstörerverbände — bei gleichzeitiger Abwehr feindlicher Gegenangriffe zur Luft — erdgebundene Truppen des Gegners nieder und ermöglichten so den Durchstoß durch die für uneinnehmbar geltende verlängerte Ma- ginot-Äinie. Gleicher Einsatz ermöglichte den Durchbruch durch die Maginoi-Linie südlich von Saarbrücken uno am Oberrhein. Ueberall griff die Luftwaffe zur Unterstützung der schnellen Trup- pen, also der Panzer- und motorisierten Verbände, in den Erdkampf ein, versorgte diese außerdem durch ihre Transporteinheiten notfalls mit Brennstoff, Munition und Lebensmitkdln und zertrümmerte durch ihre harten Angriffe die Widerstandskraft des zurückflutenden Feindes. Dünkirchen wurde -nach Warschau und Rotterdam ein loderndes Fanal für das, was der Feind auch weiterhin zu erwarten hat. Der gewaltige Erfolg des Westfeldzuges, die Ausschaltung der englischen Streitkräfte vom Feftlandskriegsschauplatz, die Niederwerfung Frankreichs und die Gewinnung der strategischen Basis bis zur spanischen Grenze für alle drei Wehrmachtsteile Deutschlands wurde durch den beispiellosen Einsatz der deutschen Luftwaffe ermöglicht. Alle Tapferkeit und Stoßkraft des Heeres konnten sich in dem von ihr beherrsch
ten und abgeschirmten Raum entfalten. In ununterbrochenen Angriffen unterstützte sie mit der zermürbenden Wirkung ihrer Bomben und durch den Einsatz der Flakartillerie oftmals auch im Erdkampf das Heer in seinem schweren Kampf. Die Jagdverbände unterbanden jeden feindlichen Versuch einer entsprechenden Gegenwehr. In der Zeit vom 10. Mai bis 3. Juni wurden 1841 Feindflugzeuge, davon 1142 im Luftkampf und 699 durch Flak abgeschossen, mindestens 1600 am Boden vernichtet. Durch Bombentreffer beschädigt und teilweise vernichtet wurden 10 feindliche Kreuzer, 24 Zerstörer, 3 Torpedoboote, 22 sonstige Kriegsschiffe, sowie 117 Handels- und Transportschiffe.
In der Zeit vom 4. Juni bis zur Beendigung des Feldzuges in Frankreich wurden weitere 383 Feindflugzeuge in Luftkäm- pfen und ISS durch Flakartillerie abgeschossen, fowie 239 am Boden zerstört, dazu 26 Sperrballone und 1 Fesselballon. Auch der feindlichen Kriegs- und Handelsflotte wurden schwerste Verluste beigebracht. Nachdem Deutschlands Luftwaffe nunmehr über die strategische Ausgangsstelle vom Nordkap bis zur spanischen Küste verfügte, konnte sie nicht nur das Reichsgebiet und die besetzten Gebiete mit ihrer Produktionskrast vor jeder ernstlichen Störung durch den Feind schützen, sondern zugleich den Kampf gegen die Lebensnerven der britischen Rüstung unter den günstigsten Bedingungen ausnehmen. Als der Führer nach langem Zuwarten den Befehl zur Durchführung von Vergeltungsangriffen gegen England erteilte, begannen Anfang August die deutschen Einsätze gegen England und seit dem 7. September auch gegen London. Von nun an trug unsere Luftwaffe mit den leichten Ueber- und Unterwasser-Seestreitkräften der Kriegsmarine die Hauptlast des Kampfes gegen England. Ununterbrochen fallen seitdem die furchtbaren Schläge der deutschen Luftwaffe auf die belagerte Festung Großbritannien. Nachdem man dort auch aus dem norwegischen Feldzug und dem Krieg in Holland, Belgien und Frankreich nichts gelernt hat, beginnt ein neues Warschau oder Dünkirchen von unvorstellbarem Ausmaße sichtbar vor den Augen der ganzen Welt Wirklichkeit zu werden.
Herzliche Vegrützmigder deulschenFlteger
Nom, 3. Jan. Der italienische Rundfunk wie die gesamte Presse entbieten den nach Italien kommenden deutschen Fliegern den allerherzlichsten Willkomm und die wärmsten kameradschaftlichen Grüße. Das italienische Volk, so erklärt „Eiornale d'Jta- l i a", entbietet den Kameraden des deutschen Fliegrkorps, die nach Italien kommen, um auf den schwierigen Kriegsschauplätzen des Mittelmeeres zu kämpfen, seinen herzlichsten Gruß. Als Soldaten kommen sie zu Soldaten und werden bei dem italienischen Volk die kameradschaftlichste, herzlichste und brüderlichste Aufnahme finden. Gegen den gemeinsamen Feind, das die Welt ver- skavenbe britische Imperium, gehe die gewaltige Aktion der Achsenmächte an allen Fronten für die Verwirklichung des neuen Europas weiter. So bilde heute vonderNordseebiszum Mittelmeer die Flugwaffe der Achse eine einzige gewaltige Lustarmee, eingesetzt für die Erringung des gemeinsamen Sieges.
„Lavoro Faszista" betont, daß die Entsendung des deutschen Fliegerkorps den besten Beweis für die aktive und solidarische Zusammenarbeit zwischen den Achsenmächten sei. Alle Kampf- und sonstigen Mittel würden gemeinsam eingesetzt, um den Angr^f gegen den gemeinsamen Todfeind wirksamer zu gestalten. D : Italiener werden die deutschen Kameraden, die di« Soldaten des Führers werden eine ihrer würdige Oufnahme fin- verkörpern, mit Gefühlen herzlichster Sympathie begrüßen. Diese Soldaten des Führers werden eine ihrer würige Aufnahme finden und dazu beitragen, die Beziehungen zwischen den beiden Völkern enger zu gestalten. Auch „Tribun a" unterstreicht die gemeinsame LuftaktionderAchse, die der Erringung des Endsieges über England dient.
Die Futterplätze müssen vollständig A gegen Regen und Schneeverwehungen und gegen Katzen geschützt sein.
^ Das Futter dars nicht naß werden.
Brasilien in der Außenpottlik
Wirtschaftlicher und politischer Rechenschaftsbericht des Präsidenten Vargas
Rio de Janeiro, 2. Jan. Heer und Marine Brasiliens veranstalteten am Silvestertag ein Bankett zu Ehren des Präsidenten Vargas, an dem 1200 Offiziere aller Wehrmachtteile teilnahmen.
In einer großen Rede gab Präsident Var gas anschließend einen wirtschaftlichen und politischen Rechenschaftsbericht des vergangenen Jahres, in dem er auf die tiefe Wirkung des Krieges hinwies, der Brasilien die europäischen Märkte verschlossen habe. Unter Betonung der Wichtigkeit der Rolle der bewaffneten Macht bei der Aufbauarbeit Brasiliens wies Vargas auf die systematische Aufrüstung hin, die längst vor dem Krieg in Europa von Brasilien eingeleitet worden sei. Er berührte dabei gewisse Vorkommnisse der letzten Zeit, indem er feststellte: „Kriegsmaterial, das wir bestellt haben, gehört uns und kostete unser Geld. Es wäre eine Verletzung unserer Rechte, verhindern zu wollen, daß es in unsere Hände gelangt. Wer das versucht, kann von uns kein Entgegenkommen und keine Gesinnung freundschaftlicher Zusammenarbeit erwarten." Brasiliens Weg in der Innen- und Außenpolitik sei klar festgelcgt. Auf der Grundlage seiner christlichen Traditionen und seiner Qualität als arbeitsames friedliebendes Volk baue Brasilien sein Nationalleben zu einer disziplinierten Einheit aller Brasilianer aus. Dir Freiheit, sich selbst zu regieren, sei ein unveräußerliches Attribut der Souveränität, von dem Brasilien Gebrauch mache, ohne die Absicht, in das Innenleben anderer Völker einzugreifen. Brasilien erhalte seine Neutralität aufrecht und verlange, daß sie geachtet werde, wie es die Rechte der Krieg- führenden achte, ohne Vorzüge und Sympathien, weil dies Pflicht gegenüber dem Konflikt außerhalb des Kontinents sei.
Neujahrsbotschafl des japanischen Kriegsminister»
Japans Armee entschlossen, den chinesischen Feldzug erfolg-
^ reich zu beenden
Tokio, 2. Jan. (Ostaflendienst des DNV.j In einer Botschaft zur Begrüßung des 2601. Jahres seit der Gründung des japanischen Reiches erklärte Kriegsminister Generalleutnant Tojo: „Obwohl die chinesische Angelegenheit nun dreieinhalb Jahrelang geht, halten die alten Offiziere und Mannschaften an der Front eine hohe Moral aufrecht, und die Männer hinter den Kanonen arbeiten mit ihnen unter größten Anstrengungen zusammen, um den Feldzug zu einem erfolgreichen Ende zu bringen. Im letzten Jahre wurde der Dreimächtepakt abgeschlossen, um der gespannten internationalen Situation zu begegnen, und es wurde auch der Abschluß eines Grundabkommens zwischen Japan und China herbeigeführt. Das bedeutet neue Schritte beim Vormarsch Japans, in Ostasien eine neue Ordnung zu schaffen. Die kaiserliche Armee ist entschlossen, den chinesischen Feldzug zu einem erfolgreichen Ende zu bringen. Sie wird die Erwartungen des Thrones wie des Volkes erfüllen. Die Armee verlangt die Unterstützung der ganzen Bevölkerung bei der Erfüllung ihrer Pflicht. Ich hoffe, daß alle mit der Armee zusam- menarbeiten werden mir der gleichen Ausdauer und dom gleichen Mute, als ob sie Soldaten an der Front wären. Es muß ebenso die geistige wie die materielle Ausrüstungs geschmiedet werden.
Aufbauarbeit im „östlichsten Osten-
Aus dem Schmutznsst Suwalki wird eine moderne deutsche Stadt
Don dem nach Suwalki entsandten NSK.-Sonderberichterstatter F. R. W i n k l e r
NSK. Suwalki das ist ein Name, den die allermeisten nur vom Hörensagen kennen. Ein Stück Land kam hier im Osten zum Großdeutschen Reich, das man wahrlich als eine Art „Ende der Welt" ansprcchen könnte. Mühsam, langwierig und mit vielfachem Umsteigen bringt einen die Bahn ans Ziel, und mit dem Auto fährt man über Lyck und Treuburg zwar durch eine der schönsten Landschaften Ostpreußens, aber die Wege sind verschlungen, und wer nicht aufpaßt, verfährt sich leicht.
Nirgendwo im neuen Osten kommt es den Männern, die an dem großen Aufbauwerk schaffen, so sehr zum Bewußtsein, daß sie auf sich gestellte Pioniere einer neuen Zeit sind, wie gerade hier im abgelegenen Suwalkigcbict.
2800 Quadratkilometer ist das Gebiet groß, das jetzt als Kreis ^Suwalki zur Provinz Ostpreußen gehört. An die 15 000 Ein- 'wohner zählt seine Hauptstadt. Die Bevölkerung ist zur Hälfte polnisch-litauisch gemischt, aber das Volksdeutsche Element stellt mit 7800 Köpfen den bedeutendsten Anteil. Das Sturmgewitter des Feldzuges der 18 Tage ging an diesem Land vorüber. Im September 1939 besetzten es zuerst die Russen, und nach Festlegung der deutsch-russischen Jntercssengrenze kam es zum Großdeutschen Reich, nachdem es früher schon einmal in den Jahren 1795 bis 1807 ein Teil der damaligen preußischen Provinz Neuostpreußen gewesen war.
.. Auch zu polnischer Zeit war das Suwalkigebiet eine Art Ende der Welt gewesen, und die Zeichen der grausigen polnischen Wirtschaft zeigten sich hier vielleicht am krassesten, als Deutsche die Geschicke des Landes in die Hand nahmen. Unsagbar verwahrlost, vor Dreck starrend, präsentierste sich die Stadt Suwalki. Es war ein Augiasstall, und ihn auszumistcn bedeutete mehr als eine Herkulesarbeit. Und diese Arbeit ist in zähem, unablässigem Einsatz geleistet worden! Suwalki ist nicht nur von polnischer Herrschaft, es ist auch vom polnischen Dreck befreit. Sauber liegen die Straßen da. Auf dem Markt sind keine feilschenden Hebräer mehr zu erblicken. Ordentlich und sauber geht es zu, und die Fuhrwerke der Landbevölkerung stehen fast militärisch in Reih und Glied wie zur Parade aufgesahren Deutsche Geschäfte haben sich in den Straßen aufgetan; man wird ordentlich und reell bedient wie überall im Reich. Ein deutsches Hotel mit anheimelnder Gaststätte bietet Fremden und Einheimischen, was sie sich an deutscher Gastlichkeit wünschen. Behörden und Dienststellen haben sich gut und zweckmäßig eingerichtet —, alles in allem: Es ist ein freundliches Gesamtbild.
Und dabei ist dies alles nur der allererste Anfang. Der kürzlich aufgestellte Teilbebauungsplan der Stadt zeigt erst, welche ungeahnten Perspektiven sich für die Zukunft eröffnen. Klar und übersichtlich soll die Stadt durch eine Nord-Süd- und eine Ost« West-Achse gegliedert werden. Als die elftere soll die Adolf- Hitlcr-Straße, die Hauptstraße der Stadt, beibehalten werden. An neuen Baulichkeiten sind hier fürs erste eine Bücherei mit
Lesehalle und ein Kaffeehaus geplant. Eine völlig« Neüplanung ist die Ost-West-Achse, die in erster Linie eine Geschäftsstraße sein soll. Hier werden auch Snwalkis repräsentative Baulichkeiten erstehen: Ein Parteihaus mit Ehrenhof, das Landratsamt sowie der große Ausmarschplatz. Im Zentrum der Stadt wird am Lötzener Platz ein Hotelneubau erstehen, der vor allem einen für Theatervorstellungen geeigneten Saal erhalten soll. Auch der Wohnungsbau ist nicht vergessen. Schon 1941 werden am Bahnhof 160 Beamtenwohnungen erstellt. Die Planung großer Sportplatzanlagen einschließlich eines Schwimmstadions rundet da» großzügig« Programm ab.
Hand in Hand mit dem allgemeinen Aufbau geht der Aufbau des deutschen Schulwesens, den man besser als Neubau bezeichnet, denn er begann mit einem buchstäblichen Nichts. Als am 1. November 1939 in Suwalki mit einer Zahl von 45 Schülern eine einklassige Schule eröffnet wurde, war dies die erste deutsche Schule in diesem Land. Die Polen hatte« es nicht für nötig befunden, für die doch beachtliche Zahl von 7500 Volksdeutschen einen deutschen Unterricht zu schaffen, obwohl die Deutschen selbst zum Mittel des Schulstreiks gegriffen hatten, um ihr Recht durchzusetzen. Heute ist in der Stadt Suwalki bereits eine vierklassige deutsche Schule mit über 180 Schülern im Betrieb, und weitere zehn Schulen — ein- bis vierklassig — sind in dem Gebiet auf dem Lande eingerichtet worden.
Die Nutzung der reichen Naturschätze, die das Land willig darbietet, ist unter deutscher Verwaltung qlsbald in großem Umfange in Angriff genommen worden, und sie stellt eine beachtliche Verbreiterung der deutschen Versorgungsbasis dar. Das Suwalkigebiet ist, abgesehen von den zum Augustower Forst gehörenden Waldungen, ein reines Agrarland, dessen intensive Nutzung jetzt erst unter deutscher Hand beginnt.
Darüber hinaus aber wird das Suwalkigebiet bald unter dem Namen des Landes der 600 Seen ein Begriff geworden sein. Ueber 10 000 Hektar Wasserfläche hat das Land aufzuweisen, mehr als 300 der 500 Seen sind über einen Hektar groß, und der größte von ihnen, der fischreiche Wigrysee, hat die beachtliche Länge von 17 Kilometern. Am Wigrysee ist eine Brutanstalt eingerichtet, von der im April 1940 allein sechs Millionen gezüchtete Jungmaränen auf die einzelnen Seen verteilt wurden. Zur Förderung der Aalsischerei wurden ferner im November 1940 80 000 Jungaale ausgesetzt, die zum Teil gekennzeichnet wurden, damit ihr Wachstum und ihre Wanderungen laufend kontrolliert werden können.
Bis ins kleinste geht im Suwalkigebiet das weit voraus- sthaucnde Aufbauprogramm, um nichts mehr verkommen zu lassen. So soll beispielsweise das wertvolle Terpentinvorkommsn viel besser genutzt werden. Zur Zeit hat man nur ein paar Teeröfen, in denen man aus den Kiefernstubben neben Terpentin noch Teer, Karbolineum und Holzkohle gewinnt. Der Vau einer großen Terpcntinfabrik wird in absehbarer Zeit nicht nur den Terpentinertrag erheblich steigern, sondern auch dafür sorgen, daß die zur Zeit noch verloren gehenden wertvollen Stoffe wie Azeton, Kolophonium und Holzspiritus gewonnen werden.
So vollzieht sich in dem einstigen Suwalkizipfel ein großes Aufbauwerk.