Nagolder Tagblatt «Der Gesellschafter'
Dienstag, den c. Zuli 1941
Sicherung an einer Bormarschstraße im Osten
(PK. v. Estorff, Presse-Hoff- mann-Zander-M.-K.)
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k. Seite - Nr. 151
Das Lied vom Feldzug im Osten
Wir standen für Deutschland auf Posten, und hielten die große Wacht — nun hebt sich die Sonne im Osten, und ruft die Millionen zur Schlacht.
Refr.: Bon Finnland bis zum Schwarzen Meek vorwärts, vorwärts!
Vorwärts nach Osten, Du stürmend Heer!
Freiheit das Ziel,
Sieg das Panier!
Führer, befiehl, wir folgen Dir!
Den Marsch, von Horst Wessel begonnen im braunen Gewand der SA. vollenden di>> grauen Kolonnen:
Die große Stunde ist da!
Refr.
Nun brausen nach Osten die Heere ins russische Land hinein,
Kameraden, an die Gewehre!
Der Sieg wird unser sein!
Refr.
Das geographische Gesicht Rußlands
Nur wenige Höhenrücken durchbrechen die weiten Ebenen des europäischen Rußland
2m Vergleich zu den übrigen Ländern West- und Mitteleuropas ist Rußland von einer außerordentlich eintönigen Flachheit und Eroßräumigkeit. Von den Randgebieten der Kola-Halbinsel im Norden, des Ural im Osten, des Jailagebirges in der Krim und des Kaukasus abgesehen, erreicht das europäische Rußland nur an wenigen Punkten eine Höhe von mehr als 400 Meter über dem Meeresspiegel. Alles Land, das heute zwischen der Ostsee, dem Ural und dem Schwarzen Meer liegt, war in der Vorzeit unzweifelhaft Meeresboden und ist durch allmähliche Hebung zum osteuropäischen Tiefland geworden. In dieser ungeheuren Fläche, die im Durchschnitt etwa 100 Meter über dem Meeresspiegel liegt, wird die Einförmigkeit nur durch einige niedrige Plateaus und dammartige Bodenerhebungen unterbrochen.
Vom Waldaigebirge im nordwestlichen Rußland gehen zwei Höhenzüge aus; zunächst der mittelrussische, der sich in einer durchschnittlichen Höhe von 250 Meter durch die Gebiete von Twer-Kalinin, Smolensk, Moskau, Kaluga, Tula, Orel und Kursk weiter nach Süden zieht, und zweitens der Wolgascha- Höhenrücken. der sich von Nischni-Nowgorod (Gorki) in einem breiten Streifen längs der Wolga bis in die Niederungen des Kaspischen Meeres verfolgen läßt. Vom nördlichen Teil des mittelrussischen Höhenzuges verläuft in westlicher Richtung der litauische Landrücken, der die baltische Niederung von der Niederung des Pripet und des Dnjestr trennt. Zwischen dem Njemen und dem Peipussee ziehen sich die baltischen Höhen bis zum Waldaigebirge heran Eine weitere Höhenplatte, Ulway genannt, durchstreicht das Gebiet von Wologda und bildet die Wasserscheide zwischen der Düna und der Wolga. Die Plateaus von Vessarabien, Wolhynien und Podolien führen bis an die Ränder der Karpathen heran. Vom Ural zweigt das Timan- gedirge ab. das sicki längs der Petschora und des Mesen nach Nordwesten entwickelt.
Das ausgedehnte Flußnetz Rußlands gehört zwei Abzugsgebieten an. Die Wasserscheide wird vom mittelrussischen Landrücken, von der Waldaihöhe und vom Ulwaygebirge gebildet. Zum nördlichen Eismeer und zum Weißen Meer fließen die Petschora, der Mesen, die Dwina, die Onega, die Wig, der Kem, der Ponoys und die Tuloma. Zum System der Ostsee gehören die Newa, die Luga, die Narowa, die Pernau, die Düna, die Windau und oer Njemen. Das System des Schwarzen und Asowschen Meeres umfaßt den Dnjestr. den Bug, den Dnjepr, den Kalmius, den Mius und den Don. Zum Syst m des Kaspischen Meeres endlich gehört der gewaltigste russische Strom, die fast 4000 Kilometer lange Wolga und der'Ural. Hier sind nur die wichtigsten Ströme aus dem russischen Wasserstraßennetz aufgezählt, das insgesamt fast 900 Flüsse umfaßt. Dazu kommen noch einige tausend Kilometer künstlicher Kanäle, durch die Newa und Wolga, Düna und Wolga, Dnjepr und Bug, Dnjepr und Njemen, Dnjepr und Düna und ferner Düna und Weichsel miteinander verbunden sind.
Die Bevölkerungsdichte im europäischen Rußland ist von großer Unterschiedlichkeit. Das am dichtesten besiedelte Ge
biet reicht von der Westgrenze Rußlands bis zur mittleren Wolga, zum unteren Don und zu der Linie Leningrad—Kasan. Innerhalb dieser Grenzen sind die Waldaihöhe, Teile von Weißrußland und des südöstlichen Steppengebietes dünner besiedelt, während die Umgebung von Leningrad, das Gebiet von Moskau und das südlich anschließende Schwarzerdegcbiet dichter besiedelt sind. Eine mittlere Volksdichte haben die Krim, das Kubangebiet, das Kaukasusvorland und der Streifen zwischen der mittleren Wolga und dem mittleren und südlichen Ural.>2m Nordgebiet und in Karelien kommen etwa 2, im Ural 5, m Weißrußland 40, im Schwarzerdegcbiet 60, in der Ukraine 70 und im Gebiet von Moskau 75 Einwohner aus einen Quadratkilometer. Von den weit über 100 Millionen Einwohnern des europäischen Rußlands wohnen etwa 20 Prozent in den Städtev-- Für fast alle städtischen russischen Siedlungen sind die großen- Breitenmaße der Straßen, die niedrige Stockwerkhöhe und die rechtwinklige Anlage des Straßennetzes bezeichnend. Auch das ländliche Rußland ist ein Gebiet geschlossener Siedlung mit Straßendörfern, die oft eine außerordentliche Länge erreichen.
Das europäische Rußland ist der am meisten industrialisierte Teil von Sowjetrußland. Die wichtigsten Vorkommen der
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Das finnische Volk greift zu den Waffen
Die Einberufenen der finnischen Armee werden an ihren Sammelplätzen von Frauen der „Lotta Sward", der Frauenorganisation des finnischen Schntzkorps, verpflegt. (PK. Möbius, Piesse-Hoffmann, Zander-M.-K.)
mineralischen Rohstoffe für die Industrie liegen in den Randgebieten: das Eisen- und Erzrevier von Kriwojrog und Nikopol ist fast unerschöpflich; wichtige Kohlenreviere liegen im Donez- /^ecken, Erdöllager im Nordkaukasusgebiet, Erze, Salze und Kohlen im Ural. In der Mitte des europäischen Rußlands liegt nur ein Eisen- und Kohlenrevier im Süden von Moskau. Die landwirtschaftlichen Industrien haben sich in den südlicheren und mittleren Teile« und die Holzindustrie im nördlichen Teil des Landes Verbreitung. Trotzdem die Sowjets die Industrialisierung mit Hilfe von Fünfjahresplänen vorangetrieben haben, herrscht rmmer noch die Landwirtjchaft vor. Das Schwergewicht in der Landwirtschaft liegt in dem Schwarzerdegebiet der Ukraine, im Nordkaukasus und an der Mittelwolga.
Die gewaltigen Entfernungen, die in den früheren Kriegen oft eine ausschlaggebende Rolle fpielten, haben im Zeitalter der Motorisierung einen großen Teil ihrer Bedeutung verloren. Dis Wolga, die wegen einiger besonders schöner russischer Volks- und Schifferlieder auch bei uns im Land ziemlich bekannt geworden ist, liegt immerhin etwa 1500 Kilometer von der deutschen Ostgrenze entfernt. Man tut überhaupt gut daran, wieder in den Maßstäben zu denken, die uns seinerzeit geläufig wurden, als die riesige Front von Narvik bis zur Biscaya entstand. In der Nähe der deutsch-russischen Grenze liegen im Bereich der ersten 100 Kilometer von Nord nach Süd die großen russischen oder von Rußland annektierten Städte Murmansk, Leningrad-Petersburg, Reval, Riga, Kowno, Wilna, Grodno, Vialystok, Vrest-Litowsk, Lemberg, Przemysl, Stanislau, Kischinew und Odessa. In dem Raum, der östlich nach 900 Kilometer von Moskau begrenzt ist, wimmelt es von Ortschaften und Städten kleineren Formats, aus denen aber Witebsk, Smolensk, Minsk, Kiew, Nicolajew, Pol- tow, Charkow, Twer-Kalinin bei weitem hervorragen.
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Verjüngung
Sie: „Sieh mal mein Lieber, dieser Hut verjüngt mich um zehn Jahre." . , ^
Er: „An deiner Stelle würde ich mir über diesen Hut .och drei andere solche Hüte aussetzen."
Der Vorschuß
„Was — Sie wollen einen Vorschuß auf Ihr Gehalt? Und wenn Sie nun diese Nacht sterben?"
„Herr Direktor, wo denken Sie hin — ich bin zwar arm. aber ehrlich!"
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Michael wendet sich schnell ab, geht ins Haus hinüber und in seine Kammer hinauf. Dort sitzt er dann im Dunkeln auf dem Bettrand, die schweren Hände hilflos vor sich hingestreckt. Wie ein Bettler sitzt er da. so leer und ausgestoßen und furchtbar arm. „Ich muß fort", sagt er sich immer wieder. „Weit fort, sonst werd ich wirklich noch krank."
Da sieht er nun die Vevi, wie sie täglich aufblüht unter ihrer heimlichen Liebe. Und täglich fühlt er sich einsamer werden, trauriger und kraftloser. Wenn die Bäuerin nun meint, sie brauche weiter nichts als hinter ihn zu treten, die Hand auf seine Schulter legen und fragen, was ihm fehle, so irrt sich hier die Bäuerin ein wenig. Mit einer Handbewegung und ein paar freundlichen Worten kann man keine zerstörten Herzen aufrichten. Es ist ja auch zwecklos, ihn darum zu fragen, denn die Ursache kann der Iungknecht Michael niemals sagen. Das muß sein Geheimnis bleiben für alle Zeiten.
Ein leises Klopfen an der Tür schreckt ihn aus seinen Gedanken.
„Ja?" fragt er und steht auf.
Die Tür öffnet sich vorsichtig, und Vevi steckt den Kopf herein.
„Ganz im Dunkeln ist er", lacht sie leise und hebt den Arm mit dem Kerzenleuchter ein wenig hoch. „Willst du mir einen Gefallen tun, Michl?" fragt sie. Und als er nickt, zieht sie einen Brief aus ihrem Spenzer hervor. „Magst den Brief morgen nach der Kirch dem Pankraz geben? Weißt, mit der Post kann ich ihn net schicken, sonst erwischt ihn amend die Sägmüllerin."
Einen besseren Liebesboten hätt sie ja gar net finden können wie mich, denkt er in Aufwallung von Schmerz und Qual. «Tu ihn nur her", sagt er ungewollt barsch.
„Ich dank dir halt schön", sagt die Vevi. „Und wenn ich dir auch einmal einen Gefallen tun kann, dann sag es nur."
„Ist schon recht", antwortet er, singend vor Hohn.
„Und gib ihm nur den Brief so, daß es niemand sieht, gell. Und jetzt gut Nacht, Michl."
Die Tür schließt sich, und Michael steht wieder allein im Dunkeln, den Brief in der Hand, überschwemmt von einer neuen, schweren Traurigkeit. Einen Augenblick denkt er daran, den Brief vorsichtig zu öffnen. Aber da packt ihn eine Angst vor dem, was geschrieben stehen könnte. So gut kennt er sich jetzt schon, um zu wissen, daß er nichts Neues mehr auf sich laden darf, das ihn irgendwie schmerzhaft berührt.
Und so wird Michael zum Liebesboten der beiden. Auch Pankraz hat ihm am Sonntag darauf einen Brief an die Vevi mitzugeben. So geht das nun jeden Sonntag hin und her, und Michael fühlt sich gar nicht mehr so tief unglücklich dabei, denn er sagt sich: Solange sie sich nur schreiben und nicht persönlich Zusammenkommen, geschieht nichts, worüber ich mir dumme Gedanken machen muß. Der weiche, schwellende Mund, den er so oft in zehrender Sehnsucht betrachtet, bleibt ungeküßt. Und was in ihrem Herzen glüht, das schüttet sie in ihre Briefe hinein und nicht über den Pankraz selber. Dies zu wissen ist ungemein gut und trostvoll für den Jungknecht Michael.
Das ändert sich aber mit dem Vergehen des Winters. An einem der ersten Vorfrühlingstage merkt er, wie Vevi eines Abends hinter das Haus huscht und in der Dämmerung verschwindet. Am darauffolgenden Sonntagnachmittag geht sie ebenfalls aus dem Hause. Es fällt dies niemand weiter auf, als sie sagt, daß sie einen Spaziergang in den Wald machen möchte. Nur Michael wird von einem neuen Jammer erfaßt. Am besten, so denkt er oft, wäre es doch, sich einen Strick zu kaufen und ihn um den Hals legen. Jedenfalls dünkt es ihm Aoch leichter, auf solche Weise durch das Tor der Ewigkeit zu treten, als sich so weiterschleppen mit der namenlosen, stummen Qual. Er wiid halt nun doch sein Bündel schnüren und vom Hof gehen.
Vevi und Pankraz gehen in diesen Frühling hinein wie zwei blinde Kinder durch einen blühenden, duftenden Garten. Das Lächeln um Veois Mund wird immer wundersamer, das Leuchten ihrer Augen immer tiefer. Pankraz, der früher zuweilen heftig und jähzornig aufbrausen konnte, wird darunter ein stiller und und ernster Mensch. Diese Liebe, die so rein und blütengleich wie der Frühling selber ist, macht ihn gut. Vevi ist die Beherrscherin seines ganzen Seins, und er weiß es gewiß, daß er sie einmal als sein Weib heimführen wird.
Eines Abends, als die Dämmerung schon so tief geworden ist, daß man auf zehn Schritte schon nichts Rechtes mehr unterscheiden kann, sitzt Monika auf der Bank oberhalb des Hofes und genießt den Feierabend auf eine stille und wundersame Weise. Da ist ihr, gls bewege sich langsam ein Schatten den Hügel herauf. Nein, es ist keine Täuschung mehr, es kommt wirklich jemand auf den Hof zu. Hinter der Wagenremise, bei den Fliederbüschen, bleibt der Mann jetzt stehen. Und da hat ihn Monika erkannt. Ein Verwundern ohnegleichen überkommt sie. Der Sägmüller-Pankraz? Was will denn der hier heroben?
Sie hat aber nicht lange Zeit, darüber nachzudenken, denn jetzt huscht jemand hinter den Wirtschaftsgebäuden hervor und läuft direkt hinein in die ausgebreiteten Arme des Mannes. Ein glückliches Lachen in der Dunkelheit, dann flüsternde Worte.
Monika ist zumute, als habe sie einen Schlag ins Gesicht empfangen, als sie die beiden erkennt. Sie möchte aufschreien, doch die Kehle ist ihr wie zugeschnürt, so schwer stürzt dieses Ungeahnte auf sie herein. Und doch, sie weiß es, sie wird die Kraft aufzubringen haben, die beiden auseinanderzureißen, ehe sie belastet werden mit einem Leid, an dem die beiden jungen Menschen zerbrechen müßten. »
Das beste wäre, nun gleich aus der Stelle hinzugehen, um das entscheidende Wort zu sprechen. Da fühlt sie sich von neuem von einem dunklen Schmerz gepackt. Das ist es ja. daß ein entscheidendes Wort hier schwer auszusprcchrn ist. Es ist kein Grund da, keine Ursache sozusagen, warum sie ihr« Einwilligung zu einer Verbindung der beiden verweigert.
(Fortsetzung solgh
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