junge Mann führte uns zu überraschend schönen Punkten und dabei erzählte er die Sagen von Grotten und Höhlen so lebhaft, daß unsere Phantasie aus das Angenehmste erregt wurde. Auch an einem Kohlenschachte kamen wir vorüber; wir konnten einen Blick werfen in die grausige Tiefe, vor der wir zurückbebten. Da die Arbeit ruhte, mußten wir uns mit den Erklärungen be­gnügen, die der Unterstciger über den Betrieb gab. In der Abenddämmerung kamen wir von einer Tour zurück, die zu den angenehmsten der ganzen Reise gehört.

Die letzten Abendstunden boten uns Gelegenheit, die Gast­hausfreuden der Bergleute kennen zu lernen; sie saßen still bei einem Kruge Bier, unterhielten sich leise, fast schüchtern, und ent­fernten sich, als die alte Stubenuhr die neunte Stunde angekündigt hatte. In der Frühe des nächsten Morgens mußten sie ja wie­der an die gefahrvolle Arbeit. Vater Reich drückte jedem der scheidenden Gäste herzlich die Hand.

Wer weiß, sagte er zu uns, als der letzte sich entfernt hatte, wieviel von den braven Leuten sich am nächsten Sonntage Wiedersehen. Glückauf! rief er aus gepreßter Brust. Mir ist immer, als ob einmal ein großes Unglück geschehen müßte.

Auf unsere Frage nach dem Grunde dieser Befürchtung antwortete er:

Der Hetrieb der Grube, in welchem jene Bergleute arbeiten, ist nicht ganz ordnungsmäßig; die Grubenverwaltung will an allen Ecken und Enden sparen . . . man darf nicht darüber sprechen, Ihnen aber darf ich es wohl sagen. Wir können von Glück sagen, daß noch alles gut abläust. Glückauf! Glückauf!

Wir nahmen die Gelegenheit wahr, ein Wort für Grctchen und Andreas einzulegen; der Alte aber blieb fest, er wollte vor der Hand von der Heirath nichts wissen. Andreas nahm Ab­schied ; standhaft verweigerte er das Geschenk, das wir ihm reichen wollten.

Sie haben es gut gemeint mit mir, ich weiß es, flüsterte er uns zu; aber mit dem alten Starrkopfe läßt sich isichts anfangen, er ist unbeugsam wie ein Brecheisen. Ganz unrecht hat er nicht, aber in meiner Lage . . .

Er trocknete eine Thräne, die ihm über die Wange rann und ging.

Mit dem Schlage fünf Uhr am nächsten Morgen waren wir zur Abreise gerüstet. Wir wollten die Morgenfrische benutzen, um die drei Stunden entfernte Eisenbahnstation zu erreichen. Gretchen nahm bewegt Abschied, sie versicherte, daß sie unsere Theilnahme nie vergessen werde, und dankte mit herzlichen Worten. Vater Reich stand schon in der Hauslhür; er geleitete uns die Steinlreppe hinab, die auf die Straße führte.

Warten Sie, sagte er; Sie können sich dem Nachbar anschließen, der zur Grube geht, er wird Ahnen den Weg zeigen, den von hier aus zu beschreiben schwer ist.

Reich trat zu einem Häuschen, das links am Wege lag. Nachdem er durch die trüben Scheiben des Fensters gesehen, winkte er uns. Wir gingen zu ihm.

Wollen Sie sich von dem Glücke eines Familienvaters überzeugen, der Bergmann ist? fragte er leise. Werfen Sie einen Blick durch dieses Fenster.

Wahrlich, eine rührende Scene bot sich dar.

Wir sahen eine ärmliche kleine Kammer, deren Wände aus nacktem Lehm bestanden. Die Morgendämmerung war schon so weit vorgerückt, daß wir die einzelnen Gegenstände deutlich unter­scheiden konnten. In einem breiten, sehr niedrigen Bette, das einem großen viereckigen Kasten ohne Deckel glich, lagen drei Kinder neben einander im festen Schlafe. Ihre Köpfe berührten sich gegenseitig und die kleinen Hände lagen eine über der andern. Eine wollene Decke lag über den kleinen Schläfern ansgebrcitet. Das erste Licht des jungen Morgens traf ihre lieblichen Gesichter. Wie saust schlummerten sie, nicht ahnend den Ernst des Lebens, der den Vater hinaustrieb zu gefahrvoller Arbeit. Wo war der Vater? Jetzt kam er ans dem Wohnstübchcn, eine kräftige Man­nesgestalt im schwarzen Arbeitsanznge. Einige Augenblicke be­trachtete er die Kinder, dann kniete er nieder und küßte vorsichtig die Händchen, die, eine in die andere verschlungen, sich leise regten. Die Mutter, eine bleiche Frau, stand hinter ihm; sie trug das kleine Bündel, das den Mundvorrath des Arbeiters enthielt. Schmerzlich lächelnd sah sie dem Abschiede zu. Der Mann raffte sich, wie es schien, gewaltsam empor. Dann reichte er der Gattin die Hand, nahm das Bündel und verschwand.

Tief ergriffen traten wir zurück.

(Fortsetzung folgt.)

Allerlei.

Weshalb kein Pferdefleisch?Die Vorurtheile hängen dem Menschen an, wie das Moos den Bäumen. Wer sie mit Gewalt auskratzen wollte, würde dem Baume schaden." Diese Worte Knebel's haben ihre volle Wahrheit. Die Vorurtheile sind wie Flechten, welche sich kaum sichtbar ansetzen, aber dann sich in wuchernder Weise vermehren und schließlich den ganzen Gegenstand überziehen. Gewalt richtet gegen sie nichts aus es gibt nur eine Waffe, um sie zu vernichten, da ist die Macht

der vernünftigen Ueberzeugung. Zu diesen schwer zu vernichten­den Vorurtheiten der Deutschen gehört ihr Widerwille gegen den Genuß des Pferdefleisches. Alle diejenigen, welche einen Wider­willen gegen den Genuß des Pferdefleisches haben, sind nicht im Stande, einen einzigen vernünftigen Grund dafür anzuführen er stützt sich allein auf das Ungewohnte. Sie können nicht leugnen, daß das Pferd zu den reinlichsten Thieren gehört, daß es sich nur von Pflanzenkost nährt, und daß das Pferdefleisch selbst nicht die geringste Eigenschaft besitzt, welche diesen Widerwillen recht- fertigen könnte, denn es ist wohlschmeckend und verdient entschieden den Vorzug vor mehreren anderen Fleischarten, welche von den Deutschen mit Vorliebe gegessen werden, z. B. vor Schweinefleisch und Kalbfleisch. Ja, die meisten, welche gegen das Pferdefleisch oppouiren, kennen weder die Eigenschaft noch den Geschmack desselben. Sie wissen auch nicht, daß in Deutschland bei unfern Voreltern der Genuß des Pferdefleisches ganz allgemein verbreitet war, bis der abergläubische und in Aeußerlichkeiten sehr engherzige Bonifacius Deutschland durchzog, die Heiden zu bekehren suchte, die Kirche in Deutschland gründete und gegen den Genuß des Pferdefleisches eiferte. Er verbot denselben allen Bekehrten, ohne daß er für dieses Verbot einen vernünftigen Grund hätte ausstellen können. Seit der Zeit hat sich das Vorurtheil gegen das Pferde­fleisch eingebürgert, und haben sich auch bereits viele Stimmen dagegen erhoben. Ist auch iu einigen größeren Städten, z. B. in Berlin, der Versuch gemacht, das Pferdefleisch einzuführen und in einigen engeru Kreisen auch gelungen, so besteht im Allge­meinen das alte, thörichte Vorurtheil noch fort. Manche äußere Umstände kommen demselben zu Hilfe. Der Genuß des Pferde­fleisches kann allerdings in Deutschland nie ein allgemeiner wer­den, weil das Pferd ein zu werthvolles Thier ist, als daß die Aufzucht desselben nur zum Zwecke der Mast sich lohnen würde, und sodann, weil die abgenutzten Pferde, wenn sie zur Arbeit untauglich geworden sind, auch nur ein zähes und untaugliches Fleisch liefern würden. Die beiden Umstände fallen schwer in's Gewicht, allein es giebt viele junge Pferde, welche irgend eines Fehlers wegen nicht zur Arbeit benutzt werden können. Sie würden ein vortreffliches Fleisch geben, wenn nicht an den meisten Orten das Vorurtheil gegen den Genuß desselben den Menschen angcwachsen wäre. Zu einer großen und bedeutungsvollen wirth- schaftlichen Frage wird der Genuß des Pferdefleisches nie werden, weil die Werthverhältnisse des Pferdes dabei entscheidend sind; allein man muß schon aus Princip jedes Vorurtheil bekämpfen, das keinen vernünftigen Grund für sich hat und sich nur auf die leidige Macht der Gewohnheit stützt. In England und Frank­reich ist der Genuß des Pferdefleisches, namentlich in den größeren Städten, weit mehr verbreitet als in Deutschland, und alle Die­jenigen, welche dort einmal jenes Vorurtheil überwunden haben, hängen mit besonderer Liebe an dem Pferdefleische, weil sie das­selbe viel wohlschmeckender finden, als die meisten anderen Fleisch­arten. Vielleicht wird auch in Deutschland die Nothwendigkeit, die Höhe der Fleischpreise, jenes thörichte Vorurtheil bekämpfen und ausrotten, und die Vernünftigen werden einsehen, daß es viel besser ist, das Fleisch eines jungen, gesunden Pferdes zu ge­nießen, als das einer alten, abgemagerten und wohl gar kranken Kuh, über welches die Hausfrauen nur allzu oft zu klagen haben.

Ein probates Recept für Heilung von Brandwunden. Man nehme einen leinenen Lappen, so groß die Wunde ist, tunke solchen in Petroleum und lege es auf; nach 2 Stunden ist alle Gefahr vorüber. Man kann solchen nur etwas angefeuchtet, damit er nicht anklebt, darauf legen, bis die gänzliche Heilung erfolgt ist. In Ermangelung dessen nimmt man Solaröl, bis man Pe­troleum haben kann. Auch ältere Brandwunden werden mit P. geheilt.

Abgang der Postwagen von Nagold

Ankunft der Post­wagen in Nagold

um:

nach:

um:

von:

l. M.

l 50 tchts. 4 5

Itrgs.

lltgs.

Calw (zum Anschluß an die ersten Po­sten nach Ditzingen und Pforzheim).

Rotten bürg (zum sofortigen Anschluß an den ersten in der Richtung nach Stuttgart abgehenden Zug).

Calw (mit Influenz nach Ditzingen, Pforzheim und Wildbad).

Mtgs. 11 45 Mtgs. 4

Nm.

4 30 Nm.

10 45 Nchts.

11 4L Nchts.

Tübingen u. Stuttgart. Freudenstad t.

Horb (mit Influenz auf die letzten Züge nach Reutlmgen und Rottweil). Stuttgart (mit Influenz auf die ersten Züge nach Bruchsal, Nördlingen u.Ulm). Freudenstadt (zum Anschluß an die Murgthalpost).

U. M.

9 IS Vm.

Horb.

10 1L Vm.

11 35 Mtgs. 3 50 Nm.

3 45 Nm.

6 25 Abds. 9 45 Nchts.

10 40 Nchts.

11 37 Nchts.

Haiterbach.

Freudcnstadt.

Stuttgart u.

Tübingen.

Calw.

Rottenburg.

Calw.

Freudenstadt.

Tübingen u. Stuttgart.

Redaction, Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchandlnng.