^Isnscär, SrFsrs nlcjit l

n ungelenker Kinderschrlst steht es mit unerbittlicher Deutlichkeit und ») Kreide an der Wand: Fritz ist dumm!

Manchmal steht stattdumm" auch Vi --doof" da, ohne daß dadurch die ^ V ^ Schlagkraft dieser Behauptung et- was einbüßt. Das Urteil Uber jenen imaginären Fritz, der auch EmU oder sonstwie heißen kann, ist gefällt und der Oef- fentlichkeit zu Schimpf und Schande des Verurteil­ten kundgetan: Jeder Vorübergehende kann es le­sen, daß Fritz mit einer in keinem guten Ruf ste­henden Eigenschaft behaftet ist. Welche Wonnen mag der wohlweislich anonyme Schreiber sowohl beim Anbringen als auch beim Lesen und Wieder­lelen der drei Worte empfinden, trifft er doch einen Feind, der ihm wahrscheinlich an Körperkraft über­legen ist, an seiner empfindlichsten Stelle: der Ei­telkeit I Zwar wird der Urteilsverkünder kaum von lolchen Ueberlegungen ausgehen, sondern seine Tat lediglich von dem heißen Wunsch beseelt, Fritz tüchtig zu ärgern, ausführ^if. Alle lesen es, be­sonders die Kinder, die jenen Fritz kennen, und oögen die Worte an der Wand auch nicht den Tat­sachen entsprechen, so lösen sie doch immerhin ei« Lächeln der Schadenfreude aus. Mit dem Ansehe» des schimpflich Preisgegebenen ist es geschehende« sonst nicht angreifbare Gegner ist geschlagen.

Die Kinder haben es gut, sie können ihren Ber­ger, ihren Zorn und Haß so äußern, wie es zu» Erleichterung der durch solche Gefühle hervor- oerufenen seelischen Betastungen notwendig und dienlich ist. Wir Erwachsenen dagegen dürfen da» Nicht, eben, weil wir erwachsen sind. Stellen Si» sich vor. Sie würden sich schreiend auf den Boden werfen und mit Armen und Beinen um sich schla- gen, weil statt der erwarteten Erbschaft die betref- knde Tante in voller körperlicher und geistiger Frische zu einem vierwöchigen Besuch eingetroffen ytl Ober Eie hatten Aerger im Geschäft, der Chef verpaßte Ihnen eine riesige ^Zigarre" und ließ Sie im eigenen Saft kochenI Wie schön wäre es,

Eine Taschenlampe kannte schon das Mittelalter. Dtan glühte Schwerspat mit Kohle, füllte das Er­zeugnis, das in der Dunkelheit leuchtet, in Glas­röhren und trug diese bei sich.

^ Die stärksten Kaffeetrinker der Welt sind di, Schweden mit einem Jahresverbrauch pro Kops von IS Pfund (1937).

.Eine Hausfliege überlebt keinen Winter. Jh« Debenssrist ist bereits mit 80 Tagen abgelaufen.

Im Ort Payta in Peru braucht man keine B» tzenschirme. Nur durchschnittlich alle sieben Jahr» seinmal fällt dort ein kurzer, aber heftiger Regem schauer.

Sie könnten dann auf hem NaHhÄvseweg an di«! nächstbeste Wand die Worte schreiben: Herr Gene­raldirektor Meier ist doof! Das wäre ein Ventil, aus dem die angesammelte und zum Platzen ge­ballte Wut hinauszischen könntel Und uns wäre leichterl Liber nein, wir dürfen das nicht, sondern müssen alles stillschweigend herunterschlucken, die Tante wie den Generaldirektor. Ist es deshalb verwunderlich, wenn wir dann Verdauungsstörun­gen bekommen und nicht wissen, wovon? Am Essen liegt es nicht, wenn wir es der mit Recht gekränk­ten Gattin auch vorwersen. Nein, wir haben nur etwas schlucken müssen, was, obwohl es keine Speise, doch schwer zu verdauen ist. Und das ist

immer dumm bzw. doof. Nur dürfen wir es nicht an die Wand schreiben, leiderl

Es gibt ein Spiel mit dem schönen Namen Mensch, ärgere dich nicht!" Wir haben es gespielt und uns geärgert, denn das ist der Sinn de» Spieles, trotz seiner widersprechenden Auffor­derung. Ich möchte ein anderes Spiel Vorschlägen: Mensch, ärgere nicht! Wenn du einen Aerger hast, laß ihn nicht an andern oder gar Unbeteiligten aus! Errichte in deinem Innern eine schön« glatie Wand, an der alles abprallt und an die du mit seelischer Kreide schreiben kannst. Nun darfst du die Ursache deines Zornes nach Herzenslust mit den fchmeichelhastesten Worten bedenken, ohne eine Beleidigungsklage fürchten zu müssen. Besonders geeignet ist jene bewußte Stelle aus demGötz", die als wntlinderndes Abführmittel schon Wunder gewirkt hat.

Versuchen Sie es mal, ich meine dasMensch, ärgere nicht!" Sie machen es-sick und anderen be­stimmt leichter. bliabcrsl kckolavcksr

Drei Kleins OeLeliic^ten, öi^er

IVS8 Ispplck.

Wir wußten ja, wie schüchtern Martin dem weib­lichen Geschlecht gegenüber immer gewesen war. So siel es uns auf, daß er sich neuerdings Eva gegenüber etwas freier und weniger ungeschickt benahm. Unsere Vermutung, daß sie es wohl ge­wesen sei, die ihm den Weg gewiesen hatte, wurde uns von ihm freimütig als richtig bestätigt, aber er tat dabei so, als wäre es bei harmlosen Zärt­lichkeiten geblieben.

Eines To."es aber geschah etwas, was uns diesen Glauben nahm.

Eva, die fingerfertige und geschickte, hatte aus Resten alter Strümpfe und sonstiger Bekleidungs­stücke, die sie erst in lange, gleichmäßig schmale Streifen geschnitten hatte, einen Teppich gewebt. Einen Plünnenteppich, wie sie das nannte. Der lag nun, als wir sie besuchten, in ihrem Zimmer.

Wir a!' sahen ihn zum erstenmal. Und er ge­fiel uns gut. Bunt und farbenprächtig war er.

Sieh mal, da ist ein Stück von deinem alten Sommerkleid!" rief Jan.

Tatsächlich, auch ich erkannte es und fand zu­gleich Reste einer alten Bluse, die mir vor Jahren sehr an Eva gefallen hatte. Run knieten wir alle auf dem Teppich und suchten wettere bekannte Stücke. Lächelnd sah Eva uns zu. Denn nun hatte auch Martin etwas gefunden.

Und da ist ja auch ein Stück von deinem Schlaf­anzug", rief er in ehrlicher Wiedersehenssreude.

Dis gröLsrs I-sistuncs

Elfriede war wirklich ein hübsches und begeh­renswertes Mädchen. Auch Kai fand das. Fand sie hübsch und begehrte sie. Nicht etwa mal so vor­übergehend! Nein, ernsthaft und für» Leben. Al» angetraute Gemahlin.

Elfriede hatte nichts dagegen. Aber ihr Vater machte allerhand Schwierigkeiten. So kam di« Sach« nicht recht weiter. Kai klagte uns sein Leid.

Ich kenne den Vater gar nicht", sagt« Jan. Was ist er eigentlich?"

Er hat ein Uhrengeschäft in der Goet Lad-n ' - b Reparaturwerkstatt", erklärte Kai.

Ich will ihn mir doch mal ansehen", meinte Jan.

Drei Tage später trafen wir uns wieder. Kat strahlte. Auch Jan sah recht zufrieden aus.

,Lch Hab ihn endlich überreden können", berich­tete Kai.In zwei Monaten ist Elfriede meine Frau. Aber es war wirklich verdammt schwer, ihn rumzukriegen. Er ist doch furchtbar bockig. Ich kann stolz darauf sein, daß es mir gelungen ist."

Ach, was ist das schon Besonderes, was du er­reicht hast", sagte Jan wegwerfend.Wie stolz soll ich denn dann erst sein! Ich habe ihn dazu über­redet, meine Uhr zur Reparatur anzunehmen. In zwei Monaten schon soll ich sie wieder haben."

Drittens

Martin und ich erkletterten die Straßenbahn. Ais die Schafsnerin kam, waren wir gerade in eine lebhafte Unterhaltung vertieft und verlangten ohne auszublicken:Zweimal umsteigen zum Stadt­park."

Zweimal umsteigen zum Stadtpark", wieder­holte die Schaffnerin.Da nehmen Sie am besten beim Bahnhof Linie sechs."

Schon bei den ersten Worten hatte« wir ausge­blickt. Der Liebreiz dieser Stimme zwang uns dazu. Und wirklich, das junge Ding, dar da seinen Kriegs­dienst ableistete, sah bezaubernd hübsch und freund­lich aus. Es war eine Freude, aus ihrer Hand den Fahrschein zu empfangen.

Da fällt mir doch eben ein", sagte Martin,daß ich ja gar keine Zeit zu unserm Spaziergang habe. Ich muh ja sofort nach Hause, einen Geschäfts­freund erwarten. Also, mein Fräulein, seien Sie so lieb, geben Sie mir einen Fahrschein bi» End­station. Sie brauch«« den andern auch nicht zurück­zunehmen."

Dann will ich auch nicht zum Stadtpark", er­klärte ich schnellWas soll uh da alleine? Mir also bitte auch Endstation!"

Lächelnd sah uns di« kleine Schaffnerin an.' Steigen Sie man ruhig brav am Bahnhof um in di« Sechfe. Erstens ist es billiger, zweitens ist d«r Stadtpark wirklich sehr hübsch und drittens i"> Bahnhof sowieso abgelöst", sagte sie.

cksr VüNic«' ^

Bist du ein Amboß, so dulde: bist du ein Ham­mer, so schlaget

Die Last vieler Kinder hat noch nie das Dach eines Mannes zum Einsturz gebracht.

Schreibe mißliche Vorfälle niemals auf Papier, sondern auf fließendes Wasser!

Geliehene Kleider halten nicht warm.

Die Zunge hat keine Knochen, doch sie kann Kno­chen zerbrechen.

(Illlßri-ir)

Meine Frau wurde früher so nervös, wenn irgendein Laut in der Wohnung zu hören wart Ich machte ihr aber klar, daß das keine Diebe sein könnten, denn die pflegten immer ganz mäuschen­still zu kommenl"Und jetzt hat sie sich be­ruhigt?" ,Lm Gegenteil, leider nicht! Jetzt ist sie außer sich vor Angst, wenn sie nichts hörtl" Der Herr in der Straßenbahn sagte drohend zu seinem Gegenüber:Jetzt möchte ich aber doch wissen, warum Sie immer meine Frau fixierend Muh ich da» sagen?" .Lcuvohl, das ver­lang ich", erklärte der Herr mit Rackdruck. .La, schauen Sie, so oft ich sie anseh«, denke ich mir: die möchte ich nicht haben!"

Aber, Albert, was sollen bloß dl« Leut« den­ken? Jetzt warst du schon viermal am Büfett und hast einen großen Teller mit belegten Brötchen geholt!"Da sei nur beruhigt ---ich sage jedes­mal, daß es für dich ist!"

Wie gefällt dir «««eine neueste Photographie?" fragt Käthe ihre Freundin Ursula.Ausgezeich­net", meint Ursula,so mühtest du wirklich immer aussehenl"

Auf einem Rundgang durch die Räume von Sanssouci tras Friedrich der Groß«, der ein aus­gezeichnetes Gedächtnis hatte, eine Putzfrau, von der ihm einmal erzählt worden war, daß ihr Mann sie mißhandeln solle. Er rief die Frau heran und sagte:

Ich habe gehört. Sie wird von ihrem Man» geschlagen, stimmt das?"

Geschlagen?", fragte die Gute entrüstet zurück. Ree, Majestät, der Wahrheit di« Ehre, aber det W ne jemeine Verleumdung. Er pufft mir woll bin und wieder, knufft oder würgt mir, manchmal hat er mir ooch woll an den Haaren jezogen, nach mir jetreten und jejen 'ne Wand g«schuppst, aber f«hauen hat er mir noch nie."

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Kohlhaas, aus seinen von dem Prinzen an­genommenen Vorschlag, setzte sich nieder und er­ließ ein Sendschreiben an den Nagelschmidt, worin er das Vorgehen desselben, zur Ausrechterhaltung der an ihm unv jeinen: Hausen gebrochenen Amne­stie aufgestanden zu sein, für eine schändliche Md ruchlose Erfindung Erklärte, ihm sagte, daß er bei seiner Ankunft in Dresden weder eingesteckt noch einer Wache übergeben, auch seine Rechts­sache ganz so, wie er es wünsche, im Fortgange sei, und ihn wegen der nach Publikation der Amnestie im Erzgebirge ausgeübten Mordbren­nerelen zur Älamung des um ihn versammelten Gesindels der ganzen Rache der Gesetze preisgab.

Dabei wurden einige Fragmente der Kriminal- Verhandlung, die der Rotzhändler auf dem Schlosse M Lützen in bezug auf tue obenerwähnten Schand- lichkeiten über ihn hatte anstellen lassen, zur Be­lehrung des Volks über diesen nichtsnutzigen, schon damals dem Galgen bestimmten und, wie schon erwähnt, nur durch das Patent, das der Kurfürst «lieh, geretteten Kerl angehängt.

Demgemäß beruhigte der Prinz den Kohlhaas über den Verdacht, den man ihm, durch die Um­stände notgedrungen, in diesem Verhör habe äußern»en, versicherte ihm, daß solange Er in Dresden wäre, die ihm erteilte Amnestie auf keine Weise gebrochen werden solle, reichte den Knaben noch einmal, indem er sie mit Obst, das auf seinem Tische stand, beschenkte, die Hand, grüßte den Kohlhaas und entließ ihn.

Der Großkanzler, der gleichwohl die Gefahr, die über den Rotzhäiwler schwebte, erkannte, tat sein Aentzerstes, um die Sache desselben, bevor sie durch neue Ereignisse verwickelt und verwor­ren würde, zu Ende zu bringen.

Das aber wünschten und bezweckten die jtaats- slugen Ritter eben, und statt wie zuvor mit still­schweigendem Eingeständnis der Schuld ihren Widerstand aus em bloß gemildertes Rechts- Erkenntnis einzuschiänken, fingen sie jetzt an, in Wendungen arglistiger und rabnlistischer Art diese schuld selbst gänzlich zu leugnen. Bald gaben sie vor, daß die Rappen des Kohlhaas infolge eines Vloß eigenmächtigen Verfahrens des Schloßvogts und Verwalters, von welchem der Junker nichts oder nur Unvollständiges gewußt, aus der Tron- stnburg zurückgehatten worden seien; bald ver- ächerten sie, daß die Tiere schon bei ihrer An­kunft daselbst an einem heftigen und gefährlichen husten krank gewesen wären, und beriefen sich äeshald auf Zeugen, die sie herbeizuschaffen sich anheischig machten.

And als sie mit diesen Argumenten nach weit­läufigen Untersuchungen und Auseinandersetzun­gen aus dem Felde geschlagen waren, brachten sie iar ein kurfürstliches Edikt bei, worin vor einem

Zeitraum von zwölf Jahren einer Viehseuche we­gen die Einführung der Pferde aus dem Branden- durgijchen ins Sächsische in der Tat verboten worden war; zum sonnenklaren Beleg nicht nur der Befugnis, sondern sogar der Verpflichtung des Junkers, die von dem Kohlhaas über die Grenze gebrachten Pferde anzuhalten.

Kohlhaas, der inzwischen von dem wackern Amt­mann zu Kohlhaujenvruck seine Meierei gegen eine geringe Vergütung deS dabei gehabten Scha­dens käuflich w'edererlangt hatte, wünschte, wie es scheint wegen gerichtlicher Abmachung dieses Geschäfts. Dresden am einige Tage zu verlaßen und in diese seine Heiinat zu reisen: ein Entschluß, an welchem gleichwohl, wie wir nicht zweifeln, weniger das besagte Geschäft, so dringend es auch in der Tat wegen Bestellung der Wintersaat sein mochte, als die Absicht, unter so sonderbaren und bedenklichen Umständen seine Lage zu prüfen, An­teil hatte, zu welchem Vielleicht auch noch Gründe anderer Art mitwirkten. die wir jedem,.der in seiner Brust Bescheid weiß, zu erraten überlassen wollen.

Demnach verfügte er sich mit Zurücklassung der Wache, die ihm zugeordnet war, zum Großkanzler und eröffnete ihm, die Briefe des Amtmanns in der Hand, daß er willens sei, falls man seiner, wie es den Anschein habe, bei dem Gericht nicht notwendig bedürfe, die Stadt zu verlassen und auf einen Zeitraum von acht oder zwölf Tagen, binnen welcher Zeit er wieder zurück zu sein ver­

sprach, nach dem Brandenbucgischen Zu reisen.

Der Großkanzler, indem er mit einem mißver­gnügten und bedenklichen Gesichte zur Erde sah, versetzte, er müsse gestehen, daß seine Anwesenheit gerade jetzt notwendiger sei als jemals, indem das Gericht wegen arglistiger und winkelziehender Einwendungen der Gegenpart seiner Aussagen und Erörterungen m tausenderlei nicht vorher- zujehenden Fällen bedürfe.

Doch da Kohlhaas ihn auf seinen von dem Rechtsfall wohlunterrichteten Advokaten verwies und mit bescheidener Zudringlichkeit, indem er sich auf acht Tage einzuschränken versprach, auf seine Bitte beharrte, so sagte der Großkanzler nach einer Pause kurz, indem er ihn entließ, er hoffe, daß er sich deshalb Pässe bei dem Prinzen Christiern von Meißen ausbitten würde.

Kohlhaas, der sich aus das Gesicht des Groß- kanzlers gar wohl verstand, setzte sich, in seinem Entschluß nur bestärkt, auf der Stelle nieder und bat, ohne irgendeinen Grund anzugeben, den Prinzen von Mcch,.n als Chef des Guberniums um Pässe auf acht Tage nach Kohlhaasenbrück und zurück. Auf dieses Schreiben erhielt er eine von dem Schloßhauptmann, Freiherrn Siegfried von Wenk, Unterzeichnete Gnbernialresolution, des In­halts: sein Gesuch um Pässe nach Kohlhaasenbrück werde des Kurfürsten Durchlaucht vorgelegt wer­den, auf dessen höchste Bewilligung, sobald sie einginge, ihm die Pässe zugeschickt werden würden.

Auf die Erkundigung Kohlhaasens bei seinem

Dev fische Aug von l.uävvig binckti

Ein einziges Mal habe ich in meinem Leben den Zug verfehlt; und das war mir besonders schmerzlich, weil ich so viele Erwartungen damit enttäuschte.

Das war in Rumänien 1924, irgendwo im Ba- nat. Ich kam von Ungarn und Südslawien und wollte nach Siebenbürgen; die Verhältnisse waren noch schwierig, der Deutsche ivar geächtet, und ich mußte oft mit einem landeskundigen Amvalt vor den Paßstellen erscheinen, der wußte, wieviel man zu bieten hatte, um Entgegenkommen zu erwirken; ich verstand weder Serbisch noch Rumänisch.

Ich solle setzt von Temesvar. Temejchburg, ich glaube nach Orawitza, einer schwäbischen Stadt, fahren und wußte, ich würde am Bahnhof mit Musik erwartet. Es war bas erstemal, daß ein deut­scher Dichter zu diesen Getreuen kam, um vor ihnen zu sprechen. Ich fuhr einige Stunden im Schnell­zug 1. Klasse (das war wie bei uns 3. Klasse) oft an Gleisen vorbei, aus denen lange Eisenbahn- üge mit deutschen Wagen standen, abgeiicfert nach ein Vertrag von Versailles an Rumänien. Aber man hatte bei dem Auftrag vergessen, uns di« Spurweite anzugeben, sie paßten nicht auf di« einheimischen Strecken, und so standen Hunderte von Wagen funkelnagelneu unbenüht in Wind und Wetter draußen seit Jahren und gingen zu Bruch.

Nach endlos langer Fahrt kurz vor dem Ziel hatte ich auf einer Station zwei Stunden Auf­enthalt. um den Umsteigzug abzuwarten. Al» e» Mphr_ er Haft» VsÄütmia ich es»

und rüstete mich in Gedanken, e» war nur noch eine kurz Strecke, auf den Empfang; ich wurde aber nach wenigen Minuten unruhig, da mir die Richtung nicht gefiel, und fragte einen Mitreisen­den:Der Zug fährt doch nach Orawitza?"

Aber nein! Da fahren Si« falsch nach Temesvar!"

Da komme ich ja her!" Und ich spürt« dt« allgemeine Schadenfreude aus den Gesichtern.

Ich sah im Geist meinen Zug in einer viertel- stunde in Orawitza einlaufen. am Bahnhof di« Musikkapelle des deutschen MufikvercftiS mit blitzenden Hörnern und Posaunen, der Kapell­meister hob den Stock, die große Trommel schlug an, und unter den Klängen des Präsentiermarsches -wurde der deutsche Dichter begrüßt von den Her­ren im schwarzen Frack, aber niemand stieg aus, kein Doktor urck kein Finckh. Und ich fuhr der­weil mit kaltem Schweiß im Schnellzug zurück nach Temesvar, von wo ich frühmorgens ziel- bewußt äusgegangen war.

Es blieb mir nichts übrig, als von hier aus am späten Abend ein Telegramm abgehen zu lassen:Zug verfehlt, Vortrag fällt aus!"

Aber dos wußten sie ja von selber.

Seither schau« ich mir immer aus Reisen die Wagen zehnmal genau an und frage den Schaff­ner nock besonder». Der Zug war auf jener Eta­tton in der Mitte getrennt worden, die eine Hälft« war nach Orawitza, die andere nach Temesvar ge­fahren. Nick» ich hatte di« falsche heftiegy^

Advokaten, wie es zuginge, daß die Gubemial- resolution von einem Freiherrn Siegfried von Wenk und nicht von dem Prinzen Christiern von Meißen, an den er fick gewendet, unterschrieben sei, erhielt er zur Antwört, daß der Prinz vor drei Tagen auf seine Güter gereist und die Gu- bernialgeschäfte während seiner Abwesenheit dem Schloßhauptmann Freiherr» Siegfried von Wenk, einem Vetter des oben erwähnten Herrn gleichen Namens, übergeben worden wären.

Kohlhaas, dem das Herz unter allen diesen Um­ständen unruhig zu klopfen anfing, harrte durch mehrere Tage auf die Entscheidung feiner der Person des Landesherrn mit befremdender Weit­läufigkeit vorgelegten Bitte; doch es verging ein« Woche, und es verging mehr, ohne daß weder dies» Entscheidung einlief noch auch das Rechtserkennt­nis, so bestimmt man es ihm auch verkündigt hatte, bei dem Tribunal gefällt ward: dergestalt, daß er am zwölften Tage, fest entschlossen, di« Gesinnung der Regierung gegen ihn, sie mög« sein, welche man wolle, zur Sprache zu bringen, sich niedersetzte und das Gubernium von neuem in einer dringenden Vorstellung um die erforder­ten Pässe bat.

Aber wie betreten war er, als er am Abend des folgenden, gleichfalls ohne die erwartete Ant­wort verstrichenen Tages mit einem Schritt, den er gedankenvoll in Erwägung seiner. Lage und besonders der ihm oon dem Doktor Luther aus- gewirkten Amnestie an das Fenster seines Hinter­stübchens tat, in dem kleinen, auf dem Hofe be­findlichen Nebengebäude, das er ihr zum Aufent­halte angewiesen hatte, die Wache nicht erblickt«, die ihm bei seiner Ankunft der Prinz von Meißen eingesetzt hatte.

Thomas, der alte Hausmann, den er herbeirtrf und fragte, was dies zu bedeuten habe, antwor­tete ihm seufzend:Herr! es ist nicht alles, wi«> es sein soll; die Landsknechte, deren heute mehr sind wie gewöhnlich, haben sich bei Einbruch de» Nacht um das ganze Haus verteilt; zwei stehe»», mit Schild und Spieß an der vordem Tür auf: der Straße, zwei an der hintern im Garten, und' noch zwei andere liegen im Vorsaal auf einem Bund Stroh unv sagen, daß sie daselbst schlafen würden."

Kohlhaas, der secne Farbe verlor, wandte sich und versetzte, es wäre gleichviel, wenn sie nur da Wären, und er möchte den Landsknechten, sobald er auf den Flur käme, Licht hinsetzen, damit st« sehen könnten. Nachdem er noch unter dem Vor- wände, ein Geschirr auszugießen, den vordem Fensterladen eröffnet und sich von der Wahrheit des Umstands, den ihm der Alte entdeckt, über­zeugt hatte denn eben ward sogar in geräusch­loser Ablösung die Wache erneuert, an welch« Maßregel bisher, solange die Einrichtung bestand, noch niemand gedacht hatte, so legte er sich, wenig schlaflustig allerdings, zu Bette, und sein Entschluß war für den kommenden Tag sogleich Maßt. (Fortsetzung folgt),