Christiansfeld (Nordschleswig), 15. Olt. Wegen der obschwebenden Verhandlungen mit Dänemark ist eine Deputation ans der hiesigen Brüdergemeinde Christiansseld an der Nord- granze Deutschlands mit einer Adresse nach Berlin abgercist, worin die flehentliche Bitte ansgcsvrochen wird, nicht von Preußen und Deutschland getrennt zu werden.
In Oldenburg ist Julius Mosen, einer der edelsten deutschen Dichter, gestorben. Bon seinen Gedichten sind namentlich zwei ins Volk gedrungen: „Zu Mantua in Banden der treue Hofer lag" und „Die letzten Zehn vom vierten Regiment." Der arme Dichter lag, wie'einst Heinrich Heine, die letzten zwölf Jahre ! seines Lebens vollständig gelähmt zu Bette, sein letztes Lied galt dem Andenken Uhlands. Mosen war 1803 im Boigtlande geboren.
Der Kurfürst von Hessen geräth in aller Mille immer tiefer nach Oesterreich hinein. Am 1.6. Okt. wird er als Gast des Kaisers in oer Hofburg in Wien absteigen und der Kaiserin ^ die Zeit verkürzen, wenn ihr hoher Gemahl nach Paris reist. Napoleon schickt seinem Gaste einen neuen Eisenbahnwagen entgegen, der unter Brüdern 300,000 Franks kostet, aber noch lange keine Alliance werth ist. Der Kaiser hat sich übrigens alle Festlichkeiten verbeten.
Die Getreideeinkäuse in Ungarn sollen die Summe von 60 Millionen Giilden erreicht haben; den größten Theil hat Frankreich gekauft.
Schweiz. (Falsche Münzen). In einigen Kantonen wird von den Behörden und auch durch die Presse vor der Annahme falscher derzeit kursirenden Münzen gewarnt. Ein Theil derselben wird unstreitig auch seinen Weg nach Süddentschland finden und wir geben daher nachstehend eine Auszählung dieser falschen Stücke. Dieselben sind: Schweizerische Einfrankstücke mit den Jahrzahlen 1850 und 1861. Schweizerische Zwei-Frankstücke mit den Jahrzahlcn 1850, 1860 u. 1862. Französische Fünf- Frankstücke mit der Jahrzahl 1842. Diele Stücke sind am Klange und an der ausfallenden bläulichen und Bleifarbe zu erkennen.
Zürich, 6. Okr. Die Cholera, die uns seit zwei Monaten geängstigt, ist nunmehr am Erlöschen. Den höchsten Punkt erreichte sie am 22. September mit 54 Erkrankungen und 22 Todesfällen für Stadt und Umgebung. Im Ganzen haben wir etwa 400 Todesfälle, was ungefähr 1 Prozent der Bevölkerung beträgt. Die meisten Kranken, welch der Seuche erlagen, starben innerhalb 10 Stunden, manche fast plötzlich, was die Angst ungemein steigerte. Alle Fremden und eine Menge Einheimischer verließen die Stadt, die Gasthöfc sind seit vier Wochen leer, die Geschäfte stehen still.
Paris, 11. Okt. Die heutige Börse — schreibt man der „Köln. Ztg." — war einen Augenblick in einer gewissen Aufregung. An einem Fenster des Kabinets der Wechselagenten, und zwar aus der innern Seite, war nämlich eine hochverräthc- rische Karrikatur angebracht; sie stellte den Kaiser als Polichinell dar; aus seiner Nase bnlancirte er einen Stock, an dessen Enden sich Gras Bismarck und Garibaldi mit der Ueberschrift: „Die schwarzen Punkte" , befanden. Neben dem Kaiser stand die Kaiserin in „Sylphidentracht" und auf die große Pauke losschlagcnd, während der kaiserliche Prinz als Bajazzo mächtige Purzelbäume schlug. Die Menge war ob dieser Karrikatur um so mehr erstaunt, als sie im Innern des Kabinets der Wechselagenten gezeichnet worden wnr, der Missethütcr also unter dieser so ernsten Korporation gesucht werden mußte. Der Polizeikommissär schritt sofort ein, ließ die Karrikatur, nachdem er sie genau bezeichnet hatte, wegnehmen und nach dem Urheber suchen. Oes stellte sich ' sofort heraus, daß derselbe ein Commis des Wechselagenten Oskar Nodrignes sei. Bor den Polizcikommissär geführt, gestand er sein Verbrechen ein.
Paris, 12. Okt. Bei den Minen von St. Etienne in der Grube von Bonier-Villars hat heute eine entsetzliche Explosion stattgefunden. Bis jetzt hat man schon ID Leichen hervorgezogen, und noch werden 17 Menschen vermißt. -
Paris, 14. Okt. Wie man versichert, ist der Schluß der Industrieausstellung bis 17. November ans Wunsch des Kaisers verlängert worden. Vom 1. bis 8. November soll der Eintritt 50 Et. kosten und vom 77 bis 17. gratis sein.
Paris, 15. Okt. Die „Presse" sagt: Im Hafen von Toulon herrscht große Thätigkeit. Lamarmora ist bereit, in das
römische Gebiet einzurücken. Eine Proklamation Mazzini's fordert die Römer auf, die Republik zu proklamiren. (St.-A)
Brüssel, 15. Okt. Die Meuse bringt einen Brief ans Mexiko, nach welchem Hr. Eloin, der Sekretär des Kaisers Max, und der Pater Fischer zu vierjährigem Gefängnis; vernrtheilt worden sind.
Florenz, 16, Okt. Die Garibaldiner besetzen den größten Theil der Provinz Frosinone. Die Garnisonen ziehen sich nach kurzem Widerstand oder ohne Widerstand zurück.
Nach einem Brif der DebatA ist die Ruhe in Rom nur eine äußerliche, zu erklären ans dem Wunsch der Römer, die Berathungen der Diplomatie nicht zu stören. In Wahrheit seien die Römer keineswegs indifferent gegenüber den gegenwärtigen Ereignissen; aber von einer solchen Theilnahme, so lebhaft sie auch sein möge, sei ein großer Schritt bis zum Einschluß auf die Barrikaden zu stehen. Die Polizei fährt mit ihren Verhaftungen fort. Die Zahl derselben übersteigt schon 1200. Die Gefängnisse sind überfüllt. Die Furcht vor Denunciation und Einkerkerung treibt die jungen Leute aus der Stadt in die Reihen der Insurgenten. Der größere Theil der römischen Jugend ist ausgewandert, verbannt oder im Gefängniß; die Geschäfte sind snspendirt, der Handel gleich Null, die Lebensmittel sind theuer. Das Elend hat die äußerste Höhe erreicht. Die Verstärkungen der päbstlichen Armee sind so gering, daß sie den Strom der Insurrektion nicht hemmen können. Im Vatikan rüstet man übrigens nicht zur Abreise, wie schon gemeldet wurde. Der Pabst scheint sehr ruhig zu sein. Ein Spaziergang, den er -neulich auf dem Corso machte, konnte ihm von der öffentlichen Stimmung keine günstige Meinung beibringen. Es wurde nicht nur nicht gerufen oder sonst eine Kundgebung von Sympathie ihm dargebracht, sondern man zog sich sogar zurück, nur um nicht grüßen zu müssen.
London, 15. Okt. Aus New-Aork sind Berichte bis zum 5. Oktober eingeiroffen. Dieselben melden, daß in New-Orleans das gelbe Fieber fortwüthet und daß der Admiral Tegetthofs am 10. September noch wegen der Auslieferung der Leiche Maximilians unterhandelte. sSt.-A.s
Dre Schleppe der Prinzessin von Montpensier.
(Fortsetzung.)
3.
Der Ball hatte begonnen. Vor dem Hause, das der reichste Kaufherr von St. Jean-de-Luz der Königin Mutter eingerüumt hatte, drängte sich Kopf an Kopf. Die rothröckigen Schweizer waren kaum im Stande, mit ihren Hellebarden die Auffahrt frei zu halten. Jede Sänfte, jede Karosse veranlaßte ein neues Zudrängen, ein neues erwartungsvolles Flüstern, das sich zum Beifallsgemurmel steigerte, so oft eine stolze oder anliegende Franengestalt in rauschenden Stoffen, von Spitzen umwallt, die Freitreppe hinaufslieg und die Edelsteine, womit Busen, Arme und Locken geschmückt waren, im Fackellichte blitzten.
Aber es war besser draußen im Sternenschcin, unter den Bäumen des Platzes, in der balsamischen Abendlnft, die der Südwind kühlte, als in den Zimmern, die kaum die Masse der Gäste fassen konnten. AnS zwanzig Meilen in der Runde war der hoffähige Adel gekommen; so groß war das Gedränge, daß man nur in den Seilengemächern hin und wieder eine Quadrille stellen konnte. Staub und Hitze wurden mit jedem Augenblicke unerträglicher, besonders im großen Saale, wo die Königin saß, umgeben von den vornehmsten Frauen ihres Hofes.
Die Unterhaltung war ungewöhnlich lebhaft in diesem Kreise der Auserwählren, die sich so bald als möglich von den geringeren Elementen der Gesellschaft gesondert hatten. Die Einholung der jungen Königin war's, die Alle beschäftigte.
Nur die Königin Mutter nahm an der Verhandlung nicht den Antheil, den man von ihr erwarten durste. Müde und zerstreut saß sie da, den stark parfümirten Fächer lässig bewegend, und bemerkte nicht, mit welchen frappanten, verwunderten und vorwurfsvollen Blicken sie von ihrer Oberhofmeisterin, der Herzogin von Grammont, beobachtet wurde.
Anna von Oesterreich hatte gelernt, sich zu beherrschen. Seit langer Zeit hatte sie die Hauptaufgabe ihres Lebeus darin gefunden, die Oiebote des Ceremoniells zu befolgen — aber heute war sie in Gefahr, sich auf sich selbst, auf die Ansprüche ihres