wendend, rief sie, wie einer Angst und Sorge enthoben:Mutter, Du bist tnigcgrisfen; Herr Wendet erlaubt es gewiß, daß wir auf einen Augenblick eiutreten können. Du ruhst Dich ein wenig ans und ich, ich besehe mir die schönen Blumen!"

Die Mutter war bei diesen Worten wie erschreckt aufgcfahren, ihr Auge schaute wie ängstlich-fragend nach dem Greise, doch hier nur Wohlwollen und Ermuthigung findend, war es, als fasse sie einen raschen, energischen Entschluß, als würde ihr dies Er­lebnis; wie von Gott gesendet zugeführt: und schneller, als dies die Tochter vielleicht selber erwartet hatte, schritt sie der jetzt be­reits von dem Greise geöffneten Thüre zu und sagte:Ja, laß uns eintreten. Ich will ausrnhen ich will sprechen!"

Letzteres sagte sie mehr leise, nur dem Lehrer-verständlich. Doch der, der hatte sie schon bei der Hand erfaßt und geleitete sie sanft zum Hause hin. Hier angekommen, zeigte er der Toch­ter die schönsten Partyiecn seiner Blumen, hieß sie sich die auf- blühenden zu einem Bouquet flechten und trat dann mit der Mutter in das Zimmer, wo diese sich sofort ans einen Stuhl niederließ und zu weinen begann.

Der alte Mann stand ihr zur Seite, er sah so recht tief schmerzlich bewegt ans; während doch zugleich in seinem Auge eine Wehmuth sich bemerkbar machte, der herzinnige Freude nicht gänzlich fern war.

Leise beugte er zu der noch immer Weinenden sich nieder und seinen Arm sanft ans ihre Schulter legend, sagte er weich, liebevoll, sie aus alter Anhänglichkeit und Treue mit ihrem Vor­namen anredend:Elise! Wollen Sie mir Ihr Herz nicht öffnen, wie Sie dies ehedem gethan? Ich bin noch immer Ihr alter, treuer Freund. Kummer belastet Sie. Vielleicht kann ich hel­fen! Reinhard!"

Mehr sagte er nicht, denn die Frau ergriff bei diesem Worte seine Hand und rief:Sie haben recht! Ich will, ich muß reden! Sie wissen, was mir der Knabe ist. Ihnen, Ihnen kann ich es sagen, denn Sie wissen es, Sie waren mein Vertrauter, mein Herzensfreund: Reinhard ist mir das theuerste Vermächtnis;. Ich habe seinen Vater geliebt, wie er mich geliebt. Wir konnten, wir dursten uns nicht angehören. Die Welt trennte uns, die Verhältnisse machten eine Vereinigung unmöglich. O, über die blöde einfältige Menge. Als ob die Herzen sich gängeln und leiten ließen, wie Eltern es wollen, oder das Geld es nothwen- dig und wünschcnswerth erscheinen läßt. Ich wurde gezwungen, meinem Gatten meine Hand zu reichen mein Herz blieb mei­ner ersten, meiner einzigen Neigung treu. Reinhard's Vater wollte unvermählt bleiben; ich begünstigte es, als er die Hand meiner Freundin, aus Wunsch seines sterbenden Vaters, begehrte. Ich dachte ruhiger zu werden, wenn ich ihn für mich unwieder­bringlich verloren wußte, wenn er an der Hand einer Andern ein Glück fände, nach dem ich vergebens gerungen. Es war eine falsche Berechnung. Er krankte dahin er starb ohne glücklich gewesen zu sein. Er hat sein Kind mir vermacht, denn die Mutter that nur was der Sterbende gewünscht; er hat selbst das bedeutende Vermögen desselben für meine Kinder, unter ge­wissem Falle in Aussicht gestellt und ich, ich kann und soll und dars für dies Kind nichts thun; ich soll es schweigend ge­schehen lassen, daß es verkannt wird, daß es zu Grunde geht, nur o der Gedanke ist fürchterlich, weil ich den Vater geliebt, oder damit das Vermögen nnserm.Hause bleibe und werde. Wer rettet mich? Ich trage es nicht! Und in geflügelten Worten erzählte sie, was gestern geschehen, wie Mecrheim behan­delt worden. (Forts, f.)

Allerlei.

Graf Bismarck hat das'Nausschmeißen, das er vori­ges Jahr im Großen betrieb, zuerst an einem Bäuerlein in ei­nem märkischen Städtlein gelernt. Er war damals Auskultator an dem Gerichte, arbeitete in einem Zimmer mit seinem Chef, dem Kreisrichter, und hielt Termine. Ein Bäuerlein drängte sich außer der Reihe ein und verlangte sofort abgefertigt zu wer­den, es müsse heim. Der junge Auskultator wies den Bauern zurück, bis die Reihe an ihn komme, der Bauer wurde grob und Bismarck drohte ihn, durch den Gerichtsdiener 'nausschmeißen zu lassen. Da erhob sich der Kreisrichter in der Ecke und sagte: Herr Auskultator, ich muß Sic aufmerksam machen, daß hier

Niemand Jemanden Hinauswersen lassen darf als ich! Bis­marck biß sich aus die Lippen, als aber das Bäuerlein durch den unerwarteten Snkkurs dreister geworden noch mehr anfbegehrte, sprang er auf, öffnete die Thüre und rief: Jetzt packt Euch den Augenblick oder ich lasse Euch durch den Herrn Kreisrichter nans- schmeißen! Das ist der Anfang der kleinen Piq.ne zwischen den Kreisrichtern und Bismarck. ' ,5

Seit 40 Jahren lebt vor einem der Thore Wiens ein italienischer Käse- und Wursthändler, einGrossist", der seit je zu den bedeutendsten Lieferanten für die vielen Detailisten gehörte und sich dabei ein schönes Vermögen erworben hat. In voriger Woche starb die Frau dieses Italieners, und da er sein Haus eben verkauft, so schickte er sich nach dem Leichenbegängnisse an, in die neue Wohnung überzusiedeln. Nun möge man hören, welche Anzahl von Effecten der Frau seit 42 Tagen gefunden und ununterbrochen weggeschafft wurden. Es fanden sich die Zahlen werden uns buchstäblich verbürgt an 700 Kleider, darunter an 200 Seidenkleider aller Moden der letzten fünfDe- cennien, welche in den verschiedenen Kästen aufgestöbert wurden; ferner 80 Hüte, jeder Form und jeden Materials, vom feinsten Sammt- bis zum schönsten Florentiner Hute, 40 Pelzgarnituren, an tausend Paar Strümpfe, über 90 ganze und halbe Stücke Leinwand, 24 Kaffeemühlen, über 400 Chemisettes und Man­schetten, und endlich die gesummte Ausstattung für dreizehn Kin­der, welche die Frau geboren hatte, von denen jedoch keines mehr lebt oder je verheiralhet gewesen ist. Außerdem fanden sich alle Geräthfchafteu, die in einer Wirthschaft nöthig werden können, in zehn- und mehrfacher Anzahl vor, so daß z. B. an 500 St. Kupfergeschirre jeder Größe vorhanden sind. Das Interessan­teste dabei ist, daß die Frau nie diese Kleider oder Utensilien benutzt hat, sondern stets im einfachen Hauskleide dem Geschäfte Vorstand und sämmtliche Garderobestücke in Wandschränken ver­borgen hielt. Neunzig Heiligenbilder ein und desselben Genres schmückten die Wände. Natürlich waren die Wäsch- und Klei­dungsstücke bei ihrer Auffindung ganz vermodert und unbrauch­bar, da seit vielen Jahren die Stücke nicht an die Luft kamen. Von den meisten dieser und der verschiedenen Gold- und Silber­schätze hatte der Gemahl nach seinem eigenen Geständnisse keine Ahnung. Er seinerseits besitzt außer zwei Vorstadthäusern noch zwei Häuser vor den Thoren, ein Haus in einer der belebtesten Sommerfrischen, ein Koch (300 Morgen) der thenersten Guni- poldskircheuer Weingärten und ein hübsches Sümmchen verschie­dener Industrie- und Spielpapiere; es scheint also nicht, daß er die Vcrlassenschaft seiner Frau besonders dringlich nöthig haben wird.

(Einer für Zwei.) In der alten Donaustadt mit dem großen Münster und dem kleinen Namen lebte noch vor wenigen Jahren ein- Advokat, der, io eifrig und hingebend er sich im Dienste der Themis, seiner Berufsgvttin, erwies, darum doch auch Bachus, den fröhlichen Knaben, keineswegs versäumte, ikm vielmehr allabendlich begeisterte Huldigung in reichen Libatione» darbrachte. Der wackere Mann hieß eigentlich Träubler; aus der Jugendzeit aber war ihm noch ein Spitz­name anhaften gehlieben, den er der frappanten Aehnlicdkeit seines um­buschten Angesichts mit der Physiognomie eines Rattenfängers verdankte. Dieser Spitzname, die Schöpfung sideler Universitätsgenosien, war Surry (sunriZ, und galt Vielen, die es nicht besser wußten, als der eigentliche Familienname des trinkseligen Rechtsmannes. Eines Tages trafen sich zwei wohlhäbige Oberländer Bauern imjungen Hasen," dein wegen teincs braven Bieres weitkin rühmlich beleumundeten Gasihause der Stadt, in deren Mauern Freund Träubler - Suerv seines zweifachen Dienstes wartete.Ja, grüß' Gott, Netter. Hab' da einen Proccß, der mir keine leibliche Rübe läßt. Verdrießliche Geschichte mit dem ewigen Bortaden. Es thät schier Noth, ich zog' vollends gar hierher."Einen Prozeß? So, da ziehen wir an Einem Karren. Ich muß ebenfalls auf's Amt derwegen. Es ist ein Kreuz mit so einem Prozeß. Ich tbät keinen mehr anfangen, wenn's nicht schön geschehen wär'."Wohl wahr, Net­ter, aber seinem Recht will man halt doch nichts vergeben. Und wenn man nur einen tüchrigen Advokaten hat, bei dem man sein' Sach' wohl aufgehoben weiß!"Ha, was das betrifft, mein Advoeat wäre schon recht. Zwar einen Fehler hat er wobt auch, und gerade keinen von den kleinsten"Wo so?"Ersauft!"Er saust?' so! Na, das trifft sich gut. Just so ein Kerl ist auch der meine. Versteht fein Sach' aus dem FF, bat aber dafür auch jeden Abend, den Gott gibt, sternhagel- volt geladen. Wie beißt er denn. Dein Bruder Durstig?"Träubler!" So, ich Hab' schier erwartet, wir hätten am End' den Nämlichen; 's ist aber nichts. Der meinige heißt surry." ,

Redaktivu, Druck uud Verlag der G. W. Zaiser'fchen Buchhandlung.