ringsten daran denke, die Lage der Dinge zu ändern, ganz und gar entmuthigt, sich entschlossen habe, nach seiner Insel Caprera zurückzukehren.

Das Nüuberwescn steht auf allen Punkten in neuer Blüthe, besonders in der Gegend von Civita Vecchia. Die Räuber for­derten ungeheure Summen von den großen Grundbesitzern, von mehreren bis zu 150,000 Fr. Ueberdieß hieben sie die Heerden zusammen und drohten im Weigerungsfall, die Häuser in Brand zu stecken. Nach einer Nachricht aus Rom vom 17. haben sich indeß 50 Räuber freiwillig gestellt. Zwei wurden erschossen. Starke Truppenabtheilungen sind entsandt und energische Maß­regeln gegen das Brigantenwesen getroffen.

Es ist die Rede davon, daß bei der großen Bischvfsver- sammluug, die im Juni in Rom stattsinden wird, auch Christof Columbus heilig gesprochen werden soll. Namentlich französische Prälaten sollen sich für diesen Vorschlag interessiren und geltend machen, daß der Entdecker der neuen Welt diese zugleich für den katholischen Glauben erobert habe. Da die Ehre, heilig gespro­chen zu werden, bei dieser Gelegenheit u. A. auch einem der be- rüchtigsteu und grausamsten Inquisitoren, Josafat von Arbues, zu Theil werden wird, so käme der große Entdecker dadurch in sonderbare Gesellschaft.

Die Schweizer Wissens und erzählens haarscharf, wies mit Luxemburg zugegangen ist. Nämlich so: Der unerwartet rasche Erfolg der preußischen Waffen im v. I. hatte Napoleon um die Besetzung des Rheins gebracht und zu den späteren Mahnungen an die früheren Verabredungen hatte Bismarck den Kopf geschüt­telt. Da schlug Napoleon Luxemburg vor und Bismarck ging darauf ein, Napoleon hatte Hintergedanken, Bismarck aber war ehrlich. Der Friede hing oft, wenn auch Bismarck und Napo­leon keinen Augenblick uneins waren, an einem Haar. Bismarck hatte unglaubliche Mühe, die Sache so zu leiten, wie sie gekom­men ist, er mußte selbst daran verzweifeln und Napoleon glaubte nicht, daß cs ihm gelingen werde. Bismarck mußte mit seinem Abschiede drohen, um die Räumung Luxemburgs durchzusetzen. Der König unterschrieb den Londoner Vertrag schweren Herzens. So die Schweizer.

London, 20. Mai. Im Unterhaufe rvurde heute im Ernst und Scherz über das Stimmrecht der Frauen debattirt. Stuart Mill will überall in der Reformbill statt mm, das Wort per­sans gesetzt wissen. Der Hauptgrundsatz des Gesetzes, daß Be­steuerung und Vertretung zusammengehöre, befürworte seinen An­trag. Niemand werde sagen können, daß die Frauen nicht zum Stimmen fähig seien, oder daß sie bei den Massenmeetings keine Rolle spielen; die Finanzen verstehe die Frau so gut wie der Mann, die Macht, die sie bisher schon im Staate besessen, werde durch sein Gesetz nur aus einer unverantwortlichen zu einer ver­antwortlichen gemacht; an die Stelle ihrer geheimen Wirksam­keit trete die offene. An Verstand und Gewissenhaftigkeit stehen die Frauen dem Mann nicht nach; ebenso seien viele Frauen ge­bildeter als mancher Stimmberechtigte. Es wird abgestimmt und für diesmal noch unterlag die Sache der Frauen; nur 72 hiel­ten zu ihnen gegen 196. sSt.-A.j

Aus Konstantinopel, 19. Mai, wird telegraphisch ge­meldet, daß amtlichen Berichten von Kreta zufolge, die dortigen Aufständischen am 11. d. von Omer Pascha in drei aufeinander­folgenden Gefechten in den Bezirken Verantia, Apokoronos und Rethymnos geschlagen wordeu seien und beträchtliche Verluste er­litten hätten. Das Journal des Debats bemerkt zu diesen Nach­richten aus Griechenland und der Türkei: Wenn jedes der Te­legramme, die uns seit einigen Monaten zugekommen sind, auch nur zur Hälfte gelogen hätte, so gäbe es im ganzen Reich keinen Türken mehr und keinen Christen in ganz Griechenland.

Der Idiot.

(Fortsetzung.)

College Warnitz hatte während dieser Zeit einen Besuch.

Kaufmann Arnfeld war vorüber gegangen und er hatte sich denselben hineingewinkt. Es mußte ihm an einer Unterredung mit demselben diesmal viel gelegen sein. Und gewiß! Meerheim war eingekommen, daß man seine Wohnung in Stand setzen möchte. Am Abend war Versammlung der Stadtverordneten. Da wurde die Sache berathen und Warnitz verlangte, daß Arnfeld die Forderung als unstatthaft zurückweisen sollte. Als

Arnfeld auf diese Zumuthung nicht eingehieu wollte, wurde er heftig und sagte:Dachte ich es doch, daß Sie Ihren Protege nicht würden fallen lassen! Aber so geht es immer; will unser­einer etwas durchgesetzt wissen, so geht es nicht. Ich aber soll zu Allem die Hand bieten! Die Geschichte mit dem Reinhard wird mir lästig; ich will nichts mehr damit zu thun haben! Wozu bedarf der Meerheim eine Staatswohnung ? Er thut, als ob er den Himmel einrennen wolle und unser Einer soll seine Sprünge mitmachen. Ha! Ha! laßt den so lange im Amte sein, wie ich es bin, dann wollen wir sehen wie der Hase läuft. Jetzt hat man durch den Menschen nichts als lauter Scheercrei!"

Nun! nun!" lachte Arnfeld,ein wenig mehr Accuratcsie im Amte könnte Euch nicht schaden, Warnitz und daß der Meer- i heim Euch ein häßlicher Spiegel ist, glaube ich schon; aber darum braucht Ihr den Reinhard nicht gleich aufzugeben und und eine Staatswohnung braucht der Meerheim ja auch nicht sofort zu bekommen. Ein bescheideneres Theil thut es auch. Et­was freilich muß für ihn geschehen. Er hat der Stimmen schon sehr viele für sich!"

Nun meinetwegen 0' brummte Warnitz.Nur wäre es mir lieb, Sie ließen den jungen Mann nicht bei Ihnen im Hause allzu warm werden. Man könnte nicht wissen. Ihr Töchterlein Elise! Na, ich will nichts gesagt haben, aber ich, ich würde mich vorsehen!"

Arnfeld glühte auf. Er wollte lachen aber es ging nicht. Die Worte hatten gezündet und hafteten im Herzen.

Und daß dieß der Fall, ärgerte ihn. Hastiger als er wollte, nahm er Abschied und eilte seiner Wohnung zu. Warnitz sah ihm nach und lachte höhnisch. Für's Erste hatte er feinen Zweck erreicht. Allzuoft wird Meerheim nicht mehr bei Arnfeld sein, dachte er und begnügte sich damit.

Daß seine Worte so bald Früchte tragen würden, als es dießmal geschah, ahnte und erwartete er freilich nicht. Aber wie es im Leben zu gehen pflegt, wenn irgend eine Sache oder Un­glück sich vorbereitet, so ist cs oft, als drängten sich alle Ver­hältnisse förmlich dazu, die Katastrophe herbeizuführen. So war es auch hier.

Arnfeld, in das Haus tretend, vernahm den Gesang seiner Tochter. Er hörte es am Spiel, daß Meerheim ihr zur Seile saß und den Gesang begleitete. Die Ader seiner Stirn schwoll und sein Blut begann noch rascher zu pochen, als es schon der Fall war. Warnitz's Worte und Andeutungen schienen also, wie er glaubte annehmen zu müssen, nicht ohne Grund zu sein. Dem Mißtrauischen genügt ein Hauch, um den Funken zur Hellen Flamme anzufachen. Rasch und erregt trat Arnfeld in das Zimmer und wurde hier von seiner Gattin auf das Liebevollste f Herzlichste empfangen. Die Frau war so voll, so bewegt von dem vorhin gepflogenen Gespräch; das Schicksal des kleinen Reinhard lag ihr so tief, so nah am Herzen und so sah und fühlte sie die Er­regtheit, die Verstimmtheit ihres Gatten nicht sofort, sondern trat ihm liebevoll entgegen uüd Hub von dem Knaben und seinem Schicksal zu sprechen an. Arnfeld hörte sie scheinbar ruhig, ge­lassen an. Er drängte seine innere Gluth zurück; er wollte seine Frau sich erst ganz aussprechen lassen dann aber, dann wollte er mit Einem Schlage dieß ganze Gewebe zereißen und fein Haus von allem Ungehörigen säubern. Die Heirath zwischen Arnfeld und seiner Frau war ohne gegenseitige Neigung nur einzig und allein auf Befehl der Eltern erfolgt. Es war eine Geldheirath nach dem gewöhnlichen Lauf der Welt gewesen; da­her zwischen den Gatten ein inniges Hcrzensverstyndniß fehlte.

Heute sprach die Gattin wärmer denn je, ihre Worte klan­gen so weich, so liebevoll, wie dieß, nach Arnfelds Ansicht noch nie geschehen war und so entnahm er auch hieraus Grund zu neuem Mißtrauen alte Geschichten tauchten in ihm auf, Eifersucht regte sich in seiner Brust und sich nicht länger be­zähmend, ließ er seinem Zorn, t seiner Erregtheit, seinem Miß­trauen die Zügel schießen und wies den gestellten Antrag, den Reinhard nach der erwähnten Jdiotenanstalt zu bringen, entschie­den zurück.-

Froh und freudig erklangen im Nebenzimmer die heiteren Melodieen. Jubelnde Lerchen schienen in die Luft zu steigen und unbewußt, ungeahnt einen nahenden Herzensfrühling anzukündigen. Arnfeld hörte es und sein Herz zog sich krampfhaft zusammen, er hörte und vernahm in seinem Herzen nur Mißtrauen. Und