so lächle er spöttisch aus und seine Worte mehr als je stei­gernd , rief er, die Gattin zur Seite drängend und seine Schritte zum Nebenzimmer lenkend, aus dem die Musik erklang:Ich habe nicht vermuthet, daß solch ein junger Mensch sich sobald sest- setzen würde, so daß seine Worte mehr Gewicht haben, als die Worte des eigenen Mannes. Reinhard bleibt. Verständig wird er niemals werden und geht er drauf, wird's auch kein Un­glück sein. Ich hab's nicht verschuldet und sein Vermögen Doch was rede ich und verliere noch Worte darum? Für jetzt ist Anderes zu thun! Hat der junge Mensch so rasch das Herz der Mutter erobert, so ist es Zeit, bei der Tochter ihm einen Riegel vorzuschieben. Ich mache reinen Tisch. Die Welt soll nicht ferner sprechen!"

Mit diesen Worten hatte er die Thüre geöffnet und trat hastig ein, so daß die Spielenden innc hielten. Meerheim stand auf und Elise, den Vater erkennend, lief ihm freudig, vom Gesänge erglüht, entgegen und sagte schmeichelnd:O, wie schön, daß Du kommst. Es ist ein köstliches Stück. Herr Meer- Heim übte es mit mir ein Komm' und höre nur!"

Mit diesen Worten wollte sie wieder zum Instrumente eilen, doch der Vater hielt sie zurück, und den jungen Mann keines Blickes würdigend, sagte er fest und entschieden:Es würde mir lieb sein, wenn du weniger Musik triebest und dafür Dich mehr um die häuslichen Arbeiten bekümmertest. Es ist nicht gut, wenn junge Mädchen immer am Elavier sitzen. Geh' zur Mutter, die durch ein unzeitiges, unberufenes Gespräch, mehr als noth- wendig angegriffen ist!"

Elise, durch die harten Worte des Vaters, wie sie solche fast noch nie. von ihm vernommen, gänzlich aus der Fassung gebracht, schlich tief beschämt, erglühend zur Thüre hinaus.

Meerheim, auf's Tiefste verletzt, zumal er sich nicht denken konnte, wodurch er eine Behandlung der Art sich sollte zugezogen haben, wollte herzutreten und sich vertheidigen, wenn möglich, aber Arnfeld würdigte ihn keines Blickes, er ignorirte ihn mit Absicht und ging, als wüßte er gar nicht, daß noch ein Gast im Zimmer sei, zur Thüre hinaus. Der junge Mann blieb einen Augenblick stehen; er mußte auf die Lehne des nahe stehenden Stuhles sich stützen, so tief fühlte er sich verletzt und erregt. Jetzt aber raffte er mit aller umwohnenden Kraft sich zusammen, ergriff seinen Hut und schickte sich an, das Haus zu verlassen.

Er ging.

Niemand kam, Niemand ließ' sich sehen. Auf der Straße sprang der kleine Theodor ihm freundlich entgegen. Der Knabe sprach so kindlich, zutraulich:Wann kommen Sie wieder?" daß ihm die so eben erlittene Behandlung um so tiefer in das Herz schneiden mußte. Dennoch war es ihm nicht möglich, dem Kinde eine harte, unfreundliche Antwort zu geben, seinen Weg weiter verfolgend:Bald, bald!"

DießBald" war ihm selbst wie ein Stich in die Brust. Er hatte sich in dem Hause so wohl gefühlt, er fühlte sich bereits so heimisch dort und nun O, es waren recht trübe, bittere Gedanken, die durch seine Seele gingen.

Als er nach feiner Wohnung kam, lag Warnitz im Fenster und rauchte so recht seelenverguügt. Lachte er wirklich, oder erschien es dem jungen Mann nur so? Wenigstens war ihm der Collega noch niemals so hämisch und widerwärtig erschienen als dies Mal. Rasch eilte er nach seinem Zimmer um trüben Gedanken, bitteren Gefühlen eine rechte lange, schmerzliche Au­dienz zu geben.

Am Abend bei der Stadtverordneten-Versammlung wurde der Antrag Meerheims in Betreff seiner Wohnung zwar nicht gänzlich verworfen, doch auf den Antrag Arnfelds so knapp und nur so nothdürftig bewilligt, daß cs einer Ablehnung ziemlich gleich kam.-

Des andern Tages schien die Sonne so hell und klar, daß es eine Freude war, hinaus zu blicken, hinaus zu treten in die schöne freie Gotteswelt. (Forts, f.)

Allerlei.

(Eine entsetzliche Ucberraschung.s Aus Znaym:Der Knecht des Großbauers H. W. in dem benachbarten Orte A. ging vor einigen Wochen im Aufträge seines Herrn in die Scheune, um für die Pferde Futter zu holen. Der Haufe, von dem er

das Heu nehmen sollte, war zur größeren Hälfte bereits im Mo­nat Juni nach der ersten Heu-Ernte eingeführt worden, hatte ursprünglich bis an die Decke gereicht, war aber jetzt schon auf eine geringe Menge zusammengeschmolzen. Der Knecht griff mit beiden Armen in das Heu, um eine recht große Menge zu er­fassen. Schon seit längerer Zeit war aber Allen, die die Scheune betreten hatten oder an derselben vorüber gegangen waren, ein penetranter Geruch ausgefallen. Der Knecht spürte, als er die Hände mit dem Heu in die .Höhe hob, den Geruch in erhöhtem Maße, und zugleich glaubte er seine Finger mit einem fremden Gegenstände in Berührung gebracht zu haben. Er blickte auf die Stelle, wo er das Heu aufgehoben hatte und erschrack über den Anblick, der sich ihm hier darbot, so fürchterlich, daß er in das Haus zurückstürzte und dort bald besinnungslos, mit der .Hand nach der Scheune weisend, zusammensank. Der Bauer nahm einen andern Knecht mit sich und beide begaben sich, mit Prügeln bewaffnet, da sie einen Dieb vermutheten, in die Scheune. Gleich beini Eintritt empfing sie ein- starker Leichengeruch, und als sie an das Heu herangetreten waren, bemerkten sie den in hohem Verwesungszustande begriffenen Leichnam eines preußischen Soldaten in voller Rüstung mit der Pickelhaube beim Kopse und den Säbel an der Seite. Das Zündnadelgewehr stack etwas abseits im Heu. Von den Kleidern des Todten befanden sich nur noch einzelne Fetzen in erkenntlichem Zustande, alles Andere war bereits der Fäulniß erlegen. Die Haupthaare lagen einige Schritte weit weg und sind dem Leichnam vom Knechtt, als er um das Heu griff, wahrscheinlich mit den Händen abgestreift worden,. Die Leiche wurde alsbald vergraben, und das rings­um gelagerte Heu verbrannt, lieber den räthselhaften Tod des Preußen nimmt man an, daß der Soldat gleich nach seiner An­kunft in A. wegen heftigen Choleraschmerzen sich in das Heu verkrochen, hernach darin Krämpfe bekommen habe und verschie­den sei. Alsdann war die zweite Heuernte vor sich gegangen, und das Heu iu der Scheune doppelt so hoch angehäuft worden, wodurch man unbewußt um die Leiche eine fast luftdichte Um­hüllung gebildet hatte. Der Knecht des Bauers, welcher die schreckliche Entdeckung machte, war dadurch so heftig erschüttert worden, daß er in ein heftiges Nervenficber verfiel, und am folgenden Morgen ebenfalls bereits eine Leiche war."

In Paris wurde vor einigen Tagen der Graf v. Aug... todt im Bett gefunden, mit Anzeichen, welche auf Selbstvergif­tung schließen lassen. Das Leben desselben war ein sehr tragi­sches, er hatte nämlich einen vollständigen Affenkopf, was ihn zu einem vieljährigen Einsiedlerleben zwang. Seine Mutter, im Jahre l820 eine berühmte jugendliche Schönheit zu Paris, hegte eine bizarre Vorliebe für die Affen, an deren Sprüngen und Grimassen sie täglich Stunden lang Unterhaltung fand. Im April obigen Jahres gebar sie erwähntes Kind, über dessen Aus­sehen sie sich nicht einmal sehr entsetzt haben soll, während ihr Gatte darüber schwermüthig und bald darauf zum Selbstmörder ward. Die Gräfin ließ ihren Knaben sorgfältig durch einen ver­trauten Hofmeister erziehen, indessen derselbe durch ein reizend eingerichtetes, jedoch ummauertes Landhaus im Faubourg du Roule den Blicken aller andern Leute entzogen blieb. Weder männliche noch weibliche Dienstboten hatten in seinen Gemächern Zutritt; die Mutter allein besorgte seine Bedienung. Außer dem Kopf war Graf Gaston d'A. durchaus wohlgestaltet, selbst sein unglückliches Antlitz war nicht ohne geistigen Ausdruck, in welchem sich Freude und Schmerz scharf und auf das Beweg­lichste ausprägteu. Trotzdem, trotz seinen feinen liebenswürdigen Manieren und einer Jahresrente von 00,000 Fr. konnte sich keines der jungen Mädchen, welche die Mutter ihrem 20 Jahre, alten Sohne zu freien suchte, zu einer Heirath entschließen. Nun­mehr warf sich der Unglückliche, der außer dem Hofmeister auch noch mit einem Arzt verkehrte, ganz auf die Wissenschaften, und wurde buchstäblich ein Gelehrter. In Gesellschaft der erwähn­ten Männer machte er bisweilen nächtliche Wanderungen durch Paris, mit halbvcrhülltem Gesicht. Ende April fand ihn seine bejahrte Mutter, als sie ihm eben das Frühstück bringen wollte, todt im Bette. Derselbe hatte gerade sein 47. Lebensjahr voll­endet.

Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaiser'fchcn Buchhandlung.