leere», zu tröste», zn ermahnen »nd zn warnen. Mit dem Prc« digtamt sollen stc Aussicht über die Gemeinde sichren, worüber sie als Hüter bestellt sind; Glauben und Bekenntniß sollen sie wahren, Kirchen- und Sittenzucht erhalten und für das Wohlergehen der ganzen Gemeinde väterlich sorge».

Auch in der Armen- und Krankenpflege sollen sie nicht bloS für leibliche Bedürfnisse sorge», sondern besonders für das Wobl der Seelen. Sic sollen daher Betuche in den Häuser» mache», wozu an Sonntagen und in den Winterabenden schöne Zeit ist. Wie wohl thut es dem Kranken, wen» ei» Man» sei­nesgleichen ihm einen Zuchrnch thut aus Gottes Wort, oder eine» Liedervers ihm sagt, der ihn tröstet und ermuntert. Um das zu thuu, braucht man kein gelebrrer Mann zu sein. Wer Christen- thum hat, kann das und Biele habeu's bisher gethau.

Ebenso in der Armenpflege. Wie woblthuend ist es für die Arme», wen» je und je ein Man», vor dem sie sich gar nicht zu genircn brauchen, zu ihnen kommt und nach ihren Um­ständen fragt, und sic können ihm Alles sagen und klagen, und können guten Rath von ihm höre», wie er seine Sache einrichte, Laß Haushaltung, Gewerbe, Hans- »nd Feldgeschäft nicht Scha­den. sondern Nutzen haben, und wie zn Helsen sei in dieser und jener Noth. Sic können auch jüngere Gemeindegenossen von lebendigem Glauben und rechtschaffenem Wandel als Gehilfen beiziehen. Zwei gehen oft lieber in ein Haus, als Einer. Was der Eine nicht weiß, weiß der Andere.

Ebenso wichtig ist die Pflicht der Aeltesten, für rechte Haltung der Gottesdienste und für würdige Sonn- tagsseicr sorgen zn helfen. So lang a» unser» Sonntagen Schwelgerei, Trunkenheit und wilder Lärm ihre Herrschaft üben, so lange ist ein großer Theil unseres Volkes dem Elend, der Armuth und dem sittlichen Verderben in furchtbar steigendem Maße preiSgegeben. Längst sehne» sich alle Freunde deS Volkes, daß hierin geholfen werde.

Außer diesen wichtigen Pflichten hat der Pfarrgcmeinderath auch aus das Beste der Jugend und ihrer Schulen ein wachsames Auge zu haben, und gegen alle Gebrechen, die sich da finden, Abhilfe zu verlangen bei niederen und höheren Be­hörden, auch bei der Oberschnlbehörde »»mittelbar.

Ebenso bedeutend ist LaS Recht des Pfarrgemeindcralhs, wenn ein neuer Geistlicher an gestellt werden soll, seine Ansicht über den kirchlichen Zustand der Gemeinde anszusprcchen und zn sagen, von welcher Art der Geistliche sein sollte, dessen die Gemeinde bedarf. Auch sollen die Aeltesten fortwährend ans den Wandel und die ganze Amtsführung der Geistlichen und der Aeltesten selbst achten, einander brüderlich ermahnen oder, wo es nöthig ist, sich an die nächste kirchliche Behörde wenden, wo­von sie jedoch dem, über den sie sich beschweren, Nachricht ge­ben sollen.

E », g c s - N e n i g k e i t e n.

Stuttgart. Der erste dießjährigc Vortrag im Königsban wurde in Anwesenheit des Königs und der Königin von Prof. Dr. v. Luschka über dieArchitektur des menschlichen Körpers" gehalten. Der Saal war gefüllt von einer Menge, die der le­bendigen, klaren, faßlichen, durch Vorzeigen einer Anzahl Schädel und Gerippe unterstützten Rede aufmerksam folgte. Der beschei­dene Raum dieses Blattes verhindert uns, auf die Einzelnheiten des Vorgetragenen einzngehcn, wir müssen uns vielmehr auf die Bemerkung beschränken, daß Dr. Luschka zeigte, wie der Knochen- bau des menschlichen Körpers das Vollkommenste ist, was die Natur i» dieser Richtung hervorbrachte, daß er die Darwin'sche Lehre vollständig verwarf und daß derUrknochen", der Wirbel, in jeder Knochenbildnng enthalten sei. Die Bestimmung dessel­ben sei eine dreifache: die des Schützens, des Stutzens und der Bewegung, und dadurch, daß der Wirbel und seine verschiedenen Bildungen diese Bestimmung vollständig erfülle, werde der mensch­liche Körper zu den verschiedensten Funktionen tauglich. Lauter Beifall folgte den Worten des Redners. Se. Maj. der König bezeugte demselben am Schluffe feines Vortrags seine besondere Anerkennung in huldvollster Weise.

Stuttgart, 3. Nov. Gestern kam auf dem Bahnhof in Illingen beim Hineinfahren des Zugs in den Bahnhof ein Brem­ser aus Eßlingen unter einen Wagen und verlor hiebei beide

Füße. Derselbe ist verhcirathet und Vater von 7 Kindern. In Untertürkheim legte sich gestern eine an der Wassersucht lei­dende Frau auf die Schienen, um so ihren freiwilligen Tod zu finden. Sie verlor dabei einen Arm und ist in Folge hievon alsbald gestorben.

Stuttgart, 3. Nov. I» unserem Kriegsminisierium ist man lebhaft mit der Frage der Einführung allgemeiner Wehrpflicht und den darauf bezüglichen Gesetzesentwürfen beschäftigt. Bei diesem Anlässe soll auch zur Sprache gekommen sein, ob nicht bei allgemeiner Wehrpflicht den körperlich unlüchtigen, also zum Mi­litärdienst untauglichen, und auch denjenigen Familien, welche keine Söhne besitze», ebenso solchen Männern, welche nicht in den Ehestand getreten sind, i» einer gewissen Altersperiode dafür eine Abgabe auferlegt werde» soll, daß sie durchs Militär eines Schu­tzes genießen, zn dem sie nickt wie Andere durch persönliche Dienst­leistung, beziehungsweise durch Stellung ihrer Söhne, beitragen können.

Stuttgart, 6. Nov. Die Kommission zu Berathnng einer neue» Organisation im Departement des Innern hat ihre Aufgabe in sechs Sitzungen erfüllt. Die vorgeleglen Grundlinien sollen im Wesentlichen angenommen worden sein. Die zu erwar­tenden Veränderungen dürften sein: die Einrichtung einer geson­derten Vcrwaliungsrechtspflege, eine verbesserte Organisation der bürgerlichen Kollegien und der Amtsversammlungen, für die Ober­ämter die Beigabe eines bürgerlichen Elements, des Bezirksraths, endlich Aufhebung der Kreisregierungcn und Ersetzung derselben durch eine größere Zahl von KreiSdirckkionen unter Beigabe eines Kreisraths.' (S.M.)

Stuttgart. Kriegsminister v. Hardegg soll vom Ossi- zierkorps der Felddivision schriftlich um Ausklärung darüber ange­gangen worden sein, was er mit der in der 2. Kammer am 17. Okt. allgemein ausgesprochene» Beschuldigung ,,er hätte sehr oft Gelegenheit gehabt, kriegöreckiliche Untersuchungen nach Unten einzuleiten rc.", habe ansdrücken wollen. (S. V.-Z.)

Am 1l. Nov. soll in Stuttgart eine Versammlung ehe­mals großdentsch Gesinnter ans verschiedenen Ländern stattfinden. Die Idee geht zunächst von großdeutschcn Mitgliedern der würt- temb. Kammer ans, und Zweck der Versammlung ist, wie man hört, eine Besprechung im Sinne der Gründung eines selbstän­digen unabhängigen Südbuudes.

Horb, 4. Nov. Am Allerseelentag stürzte ein Knabe von 8 Jahren 2 Stock hock in eine Scheuer hinunter und gab einige Stunden darauf seine» Geist ans; zn gleicher Zeit wurden dem Knecht eines Fuhrmanns von einem Pferde 5 Rippen eingeschla« gen, so daß man an seinem Aufkommen zweifelt. In derselben Zeit trug man einen Eisenbahnarbeiter in bas Krankenspital, wel­chem durch einen Rollwagen beide Beine abgeführtIwurden.

München, 3. Nov. Der Erzbischof hat einen Hirtenbrief gegen das Haberfeldtreiben erlassen und droht mit dem größeren Kirchenbanne.

König Ludwig I. von Baiern ist nach Rom abgcrciSt.

Am 1. Nov. ist die Heidelberg-Würzburger Bahn dem Verkehr übergeben worden; ihre Herstellung hat über 18 Millionen Gulden gekostet.

Hanau, 31. Okt. Gestern traf hier der Herzog von Nas- san ein, um dem Kurfürsten seinen Besuch abzustatten. Der Herzog weilt seit einigen Tagen in Rumpenheim und waren mit ihm die dortigen Herrschaften zur kurfürstlichen Tafel eingeladen. Nach der Tafel haben der Kurfürst und der Herzog eine sehr lange geheime Unterredung gepflogen. Heute Mittag ist der Kur­fürst nach Rumpenheim, um dem Herzog den Besuch zu erwidern.

Dresden, 3. Novbr. Der König und die Königin von Sachsen, der Kronprinz und die Kronprinzessin, der Prinz und die Prinzessin Georg sind heute Nachmittag um 2 Uhr unter dem Geläute der Glocken und unter endlosem Jubel der Bevölkerung in die festlich geschmückte Residenz eingezogen.

Berlin, 4. Nov. Am 31. Okt. gelangte in 6 Eisenbahn- Waggons die erste Rate der sächsischen Kriegskostenenlschädignng im Betrage von 3 Mill. Thlrn. von Dresden hier an und wurde das Geld ohne Aufenthalt in verschlossenen Güterwagen nach dem Schloßhofe gefahren, um in die Gewölbe, in denen der Staats­schatz aufbewahrt wird, unkergebiacht zu werden.

Berlin, 5. Nov. Das Kammergericht bestätigte heute in dem gegen Twesten wegen seiner Rebe im Abgcordnctenhausc über