welchem fick Bcttstücke befanden. In aufgeregter Stimmung erzählte sie hastig, sie komme ans M. in Westphale», sei eine Wittwe und nähre sich mit ihrer Tochter vom Waschen. Ihr Sohn sei mit im Krieg und sie habe erfahren, derselbe sei verwundet und liege im Lazareth. Da habe es ihr keine Ruhe ge- lassen. Sie hätte mit ihrer Tochter nur ein einziges Bett, ans dem sie schliefen. Ta habe die Schwester sich auf's Stroh gebettet und die Mutter geheißen, das Bett für den kranke» Bru- der initzunehmen. So war sie mit dem Bette auf dem Rücken ausgezogen. Sie war, da sie in ihrer Bangigkeit vergessen hatte, genauere Erkundigungen vorher einzuziehen, schon in Aschaffenburg und Kisstngen gewesen, ohne den Sohn zu finden. Eine barmherzige Schwester hatte der Geängstigken sich -endlich angenommen und sie hieher gebracht. Hier hoffte sie nun den Sohn zu finden und ihn auf das weiche heimische Lager zu betten. Und sie fand auch den Sohn, aber schon weich gebettet — im Schoos der Erde. Gebeugt und gebrochen wankt sie an sein Grab und kehrt daun still und stumm mit des SohneS letzter Habe und mit dem Bette — ein rührender Anblick — wieder heim zu der Tochter ans dem Strohlager.
Wie», 3. Sevt. Die Ungarn suchen ihre Selbstständigkeit aus eine cigenthümliche Weise geltend zu machen. Die Preußen hatten nämlich auch die ungarischen Gebiete als Feindesland behandelt und namentlich eine Anzahl Requisitionen eingesordert. Heute machen nun die Ungarn geltend, daß sie weder den Krieg mit veranlaßt, noch sich au demselben belheiligt hätten, weßhalb eS völlig ungerecht sei, sic auch zur Tragung der Kriegslasten beizuziehen. Sie verlangen daher Schadenersatz.
Wien, 4. Sepibr. Die orientalische Frage nimmt immer größere Dimensionen an. Die revolutionäre Bewegung gegen die Pforte beschränkt sich nicht bloß auf Europa, sondern pflanzt sich auch bereits auf ihre außereuropäischen Vasallenstaaten fort. Wir erhalten folgende, Tunis betreffende Mittheiluugen: Eine der Hauptansgaben der jeweiligen Negierung von Tunis ist es, alle Momente in Erwägung zu ziehe», welche dem Bey znr vollen Souveränetät und zur Unabhängigkeit von Konstantinopel verhelfen können. Allerdings besteht die Snzeränelät des Sultans »ur mehr darin, daß Tunis den jährlichen Tribut zu entrichten hak; aber auch von dieser Last will man sich befreien, um jede Spür des Vasallenthums zu verwischen.
Wien, 7. Septbr. Sachsen machte dem Vernehmen nach Preußen die wichtige Koucessio» des BcsatzungSrechts in der Festung Königstein. — FML. Frhr. v. John ist zum imerimisti- stischeu Kriegsminister ernannt worden.
Prag, 7. Septbr. Die Handelskammer hat gestern den Beschluß gefaßt, die Regierung um Aufhebung des Verbots der Waffenausfuhr zu bitten. Eine Bürgerdepntalion wird sich demnächst zum Kardinal-Erzbischof begebe» und denselben um die Entfernung der Jesuiten zu ersuchen.
Der Gemeiuderalh in Wien, der schon vor drei Jahren beschlossen hat, deutschen Geist und deutsche Bildung zu fördern, will ein Pädagogium zur Fortbildung für Lehrer gründe». Es soll ein tüchtiger Seminardirektor berufen und gut bezahlt werden. Damit soll sich noch eine Musterschnle verbinden, darin die Zöglinge des Pädagogiums selbst unterrichten.
In Baden bei Wien ist der letzte kaiserliche Hofzwerg, Matthias Gullia gestorben. Er maß 2 Schuhe und 10 Zoll und wog 23 Pfund. Er war kaiserlicher Tafcldecker und genoß bis zu seinem Lebensende eine Pension. Er hinterläßt eine Wittwe mit 4 stattlich gebauten Kindern. Er starb in Folge des Genusses von 24 Zwetschgenkuödeln, die wohl sein kleiner Magen nicht verdauen konnte.
Florenz, 5. Ecpt. Briefe aus Venedig melden, daß die Unterhandlungen wegen der Ueberlieferuug Venedigs zwischen dem General Leboeus und den östreichtschen Behörden begonnen haben. Die Oestreicher beginnen das Festuugsvicrcck zu räumen.
Zu Frauen seid vergriffen sich drei Kinder an der bekannten Giftpflanze „Nachtschatten" und ihren Beeren. Eines der Unglücklichen starb an den Folgen der Vergiftung, die zwei andern wurden gerettet.
Der französische Gesandte am Berliner Hof, Benedetti ist nicht, wie es hieß, »ach Paris zurückgekehrt, sondern in Carls- bad eingetroffen. Bald darauf stellte sich auch Hr. p. Beust daselbst ein.
Ncw-Aork, 28. Juli. Die „Neuyorker Abendzeitung" erzählt: „Am Dienstag ließ sich im Broadway zum großen Er- staunen der Menge eine Locomotive sehen, die unter den zahllosen Omnibussen und Kutschen dahinfnhr, ohne den Pferden zu nahe zu kommen. Die Maschine lag horizontal und nabe dem Boden und hatte nur einen kleinen Schlot. Uebec der Dampfmaschine und dem Kessel waren Sitze angebracht, aus welchen acht Personen Platz genommen hatten. Hinter ihnen saßen noch zwei Männer, deren einer der Lokomotivführer war. Die Räder waren von Holz, mit drei Zoll dicken Eisenreisen beschlagen. Die Maschine fuhr durch den Broadway und umkreiste den City Hall Park. Sic kann 20—25 Meilen per Stunde auf jedem gewöhnlichen Wege machen. Die Maschine verzehrt ihren eigenen Rauch, macht kein Geräusch und kann sich in einem engeren Raume um- drehen, als irgend ein mit Thicren bespanntes Fuhrwerk. Der Lokomotivführer kan» die Maschine augenblicklich enthalten und ausweichen lassen.
New-Aork, 25. Aug. Dem Newyork. Herald zufolge wird Jeffersob» Davis, dessen Gesundheitszustand sich sehr per- schlimmert haben soll, in Kurzem gegen Bürgschaft auf freien Fuß gesetzt werden.
Graf Balduin.
(Fortsetzung.)
Als Ludwig die letzten Worte sprach, lächelte er wie ein Teufel, und sein Geheimschreiber lächelte mit. Jene kleinen Gemächer waren dunkle Kasten von sechs Fuß Länge, sechs Fuß Breite, und so hoch, daß der Gefangene niemals ganz ansgerichtet stehen konnte. War er nun kur; geschlossen, so konnte er nicht gehen, nicht liegen und nicht stehe». Die Qualen der Bewohner dieser Gefängnisse, die ohne Wärme und Lickt waren und selten gereinigt wurden, waren unbeschreiblich, und meistens starben sie bald in Folge derselben.
Der König entließ hierauf seine» Geheimschreiber, und ließ sich zum Empfange der flandrischen Gäste aukleiden. Die Ge- schichte mit dem Boten des Grafen Renand von Boulogne halte seinen Entschluß nur bestärkt. In Perronne mögen ihn seine Hoffnungen ans den Retter aus Deutschland trösten, dacktc er bei sich, mährend die Diener ihm den reichen Hermelinmantel umlegten, und ihn von allen Seiten bedienten; — „der Thor wollte mir einen Tag von Bovines heraus beschwören, das soll er büßen!,,
Dieser neue Verdruß brachte mehrere Pläne des Königs zur schnellen Entwickelung. Mir dem Grafe» von Boulogne war wieder ein Mitglied der flandrischen Koalition unschädlich gemacht, nun galt es, die Geschichte mit dem Grafen Balduin, die Ludwig natürlicherweise nur für ein Gaukelspiel hielt, zu Ende zu bringen. Daß der angebliche Graf schon Verbindungen mit Deutschland anznknüpfen versucht hatte, war außer Zweifel, und daher keine Zeit zu verlieren. War der falsche Balduin beseitigt, so beschloß der König, dann sollte Prinz Ferdinand nickt länger in Paris bleiben. Er gedachte denselben gegen ein Lösegeld von sünfnudzwauzig Tausend Livres und Uebergabe der Städte Lille und Donay nach Flandern zurückkehren zu lassen, da er überzeugt war, daß die Gesundheit des Prinzen demselben nie wieder gestatten würde, irgend etwas gegen Frankreich zu unternchmeu. Auch Margarethe, Johanna's Schwester, wollte er nach Flandern zurückkehrcn lassen. Er hatte erfahren, daß Guy von Dam« Pierre sich für Margaretha inleressire, und es war ihm ganz an- genehm, wenn die beiden junge» Leute Wohlgefallen a» einander fanden. Guy war aus einem sehr edlen Hause, aber er war arm wie ein Bettler, sein Schwert und die Laute waren sein ganzes Besitzthum. Darum dachte Ludwig, er werbe ihn nie zu fürchten haben, und nach wie vor in Flandern ganz nach seinem Willen schalten können. Mit diesem Gedanke» betrat der König de» Tbronsaal.
Wir müssen uns das damalige Paris etwas anders vorstellen, als es die neueren Beschreibungen schildern. Das königliche Schloß umfaßte, wie die meisten fürstlichen Burgen der damaligen Zeit, eine Reihe von Höfen und Gebäuden, und mag gar stattlich unter den andern größeren und kleineren Häusern der Stadt emporgeragt haben. Die Stadl besaß bereits mehrere Kirchen in romanischem Style. Die Kathedrale Notredame war eben im Bau begriffen und zeigte bereits die Grundzüge der