In Wien sind am 30. Juni, von Nachts 2 Uhr bis Mittags halb 12 Uhr im Ganzen 1800 Verwundete auf dem Nord- bahnhof eingetroffen, und mindestens 50 Wiener Aerzke sind unausgesetzt in ihrem ernsten Berufe dort tbätig.
Vom nördlichen Kriegsschauplatz, 30. Juni. Soeben treffe» hier zuverlässige Nachrichten ans Josephstadt ein, welche die gedrückte Stimmung in Oestreich kaum zu heben vermögen. Tie bei Nachod, Skalitz und Neustadt i» der Aktion gewesenen kaiserlichen Offiziere bcbanpte» ungeschent, daß die preußischen Zündnadelgewehrc bezüglich der Treffsähigkeit und des rasche» Schießens den östreichischen Waffen wett überlegen seien. Tie östrcichische Mannschaft — heißt cs weiter — sei durch das fortwährend rollende wahrhaft furchtbare Feuer der Preußen stutzig geworden, ein Eindruck, der sich wahrscheinlich erst im Verlaus des Feldzugs abschwächen dürfte. ;
Prag, 30. Juni. Die Preußen haben neuerdings große! Kontrtibutionen ausgeschrieben und zwar: in Gabel, Zittau, Haida und Bürgstein. I» allen diesen Orten haben sie auch Vieh weggetriebcn. Der Bürgermeister von Gabel verweigerte die Kontribution, worauf die Preußen denselben mit Aushängen bedrohten. Der Bürgermeister rettete mit Gefahr seines Lebens die Stabt, indem er erklärte, lieber sich hängen lassen zu wollen, als die Kontribution zu leiste». In Niemes wurden von allen öffentliche» Gebäuden die kaiserlichen Adler abgerissen und dagegen die preußischen Adler aufgepflanzt.
Gitschi», 2. Juli, (lieber Paris.) Der preußische Generalstabschef gibt die Verluste der Oestrcicher vom 26. bis 30. Juni auf 30—40,000 Mann an. Bei Gitschin, Skalitz, Nachod, Hüuerwasser, Münchcngrätz und Turnau machte» die Preuße» 15,000 Gefangene. Die Zahl der getödtelen und verwundeten Oestrcicher übersteigt 20,000. Mehrere östr. Bataillone wurden bis zum letzten Mann vernichlet, das sächsische Korps, die Brigade Kalik, die Korps von Clam-Gallas und Gable»; sind völlig zersprengt und kampfunfähig. — Der Generalstabschef des Kronprinzen, Graf Blumcnlhal, kommt hier so eben an. Die Ocst- reicher haben nur gegen den Kronprinzen 25,000 Mann, 24 Ka- nonen und 6 Fahnen verloren.
Wien, 3. Juli. Mil Entrüstung spricht die N. fr. Pr. von einem Gerüchte, nach welchem auf geheimem und direktem Wege Friedcnsauerbietuugen von Wien nach Berlin gelangt sein sollen. Dieselbe» bieten Preußen die Hand zur Aussöhnung über die Köpfe der kleinen östreichischen Bundesgenossen weg. Oest- reich verlange die ehemals vorderöstreichischen lande in Schwaben und im Breisgau, sowie Hoheuzollcrn für sich und erkläre sich andererseits bereit, die Annexion Norddcutschlands durch Preußen nicht hindern zu wollen. (S. V.Z.)
Wie», 4. Juli. Bencdek meldet dem Kaiser aus Hohen- mauth, 4. Juli. 3 Uhr Morgens. Nach mehr als fünfstündigem brillantem Kampfe der ganzen Armee und der Sachsen in der theilweise verschanzten Stellung von Königgrätz mit dem Centn»» in Lippa gelang es dem Feinde, sich unbemerkt in Cblum festzusetzen. Regenwettcr hielt den Pulvcrdampf am Boden so, daß er jede bestimmte Aussicht unmöglich machte. Hiedurch begünstigt. gelang cs dem Gegner bei Chlum in unsere Stellung vorzudringen. Plötzlich und unvcrmuthel von dort aus in Flanken und Rücken heftig beschossen, wankten die nächsten Truppen und ungeachtet aller Anstrengungen konnte es nicht gelingen, dem Rückzüge Einhalt zu thun; derselbe erfolgte Anfangs langsam, nahm jedoch an Eile zu, je mehr der Feind drängte, bis Alles sich über die Kriegsbrücken der Elbe, sowie nach Pardubitz zu- rückzog. Der Veriust ist noch nicht z» übersehen, ist aber gewiß sehr bedeutend. (T. d. St.A.) !
Wien, 4. Juli. Officiclles Bulletin: Tie Oestrcicher sind bis Hohenbruck zurückgedrängt. Ungeheure Verluste. Erzherzog Wilhelm am Kopf verwundet. Der König von Sachsen ist hier augekommen. Eine geheime Finanzberathung findet statt.
Wie», 4. Juli, Abends. Feldzeugmeister Bencdek ist des Oberbefehls enthoben. Die Generale der Nordarmce Clam-Gal- las, Henikstein und Krismanilsck sind verhaftet, und hieher unterwegs zur Untersuchung. Graf MenSdorff ist zur Norvarmee abgegangcn, um die militärische Sachlage z» erheben. Verhandlungen mit Frankreich sind, nicht ohne Aussicht auf Erfolg, cin- geleiket, um die Heransziehung der Südarmee ans Italien und bereu Verwendung im Norden zu ermöglichen. (A. Z.)
Brescia, 4. Juli. Gestern machte Garibaldi einen Angriff aus die Position Monte Snello. Die Ocstreicher leisteten kräftigen Widerstand. Die Freiwillige» zogen sich in guter Ordnung ans Anso zurück. Unter den Tobten ein Hanptmann. Garibaldi sehr leicht am Schenkel verwundet. (T. d. St.A.)
Paris, 28. Juni. Der große Verbrecher Philippe, welcher überführt war, vier Mordthaten und einen Mordversuch begangen zu haben, ist gestern zum Tode verurtheilt worden. Seine Spezialität bestand darin, bei öffentliche» Frauenzimmern einzu- kehren und ihnen in einem unbewachten Augenblick mit einem Rasirmeffer de» Hals dnichzuschneideu. Er i'st ein schauerliches Gegenstück zu dem vor einigen Jahren Hingerichteten Mädcheu- würger Dumolard, wo möglich noch bestialischer. Ans dem Arme trägt er die Worte eiugeätzt: sous rme mnuvaiss stoils",
was ein wesentlicher Uebersüvrnngspnnkl zur Eonstatirnug seiner Jdenlität geworden ist. Früher diente er in Afrika, und man hat Grund zu vermnihen, daß er noch weit mehr Mordthaten begangen bat, als die gerichtliche Untersuchung zu fördern im Stande war.
Paris, 2. Juli. Allem Anschein nach bereitet ma» sich für gewisse Fälle auf eine „provisorische" Besetzung Belgiens vor. Alle Welt ist darüber einig, daß die zunächst die belgische Presse treffenden offiziösen Ausfälle von Seite der Regierung den Willen kundlhnn, mit den stammverwandten Nachbarn Händel zu suche» und diese verkommenden Falls passend zn verwerkbcn. Der heutige zunächst gegen den Temps gerichtete Artikel des Con- stitntionnel, der eine direkte Anspielung aus de» König Leopold enthält, hat als neues Anzeichen für solche Plane großes Aufsehen gemacht. Derselbe schließt nämlich mit der Wiederholung folgender Worte ans der Patrie: Man schreibt uns ans Brüssel, daß der Sancho, der in einer seiner letzten Nummern den Kö- »igSmord verkheidigte, znm Hauptredakteur eine» Schriftsteller hat, der eine Pension von 6000 Fr. ans die Civilliste des Königs der Belgier erhält." (5. M.)
— lEben so klug als treu.) Ein seltenes Beispiel von der Intelligenz der Hunte wird ans einer Stadt des südlichen Frankreich gemeldet. Ein Bewohner dieser Stadt hakte vor Jahren Zeichen von Gcistesze-rrüttung gegeben; eine sorgfältige ärztliche Behandlung und die aufmerksamste Pflege machten indeß jene Symptome bald verschwinde». Vor ungefähr 14 Tagen wollte Herr L. gerade zur Ruhe ins Bett sich begeben, in welche»! seine Frau an der Seite eine« hübschen dreijährigen Knaben schlief, als er plötzlich in einem Anfall von Raserei die Marmorplatte des Nachtkischcheus zerbricht und mit einem Stücke seine Frau und sein Kind erschlagen will. Herr X. besitzt einen großen Hund; dieser stürzt auf den Angstruf der Frau aus dem Vorzimmer herein, springt auf seinen Herrn, wirft ihn sofort zu Bode» und versetzt ihn in die Unmöglichkeit, die geringste Bewegung zu machen. Alles dies geschah in kürzerer Zeit, als wir nölhig hatten, daS Vorgesallene zu erzählen. Indessen war die Dienerschaft herdeigeeilt und veranlaßt den Hund, den Herrn loszulassen, und Letzterer wird zn Belte gebracht, nachdem ihm eine im- prvvisirte Zwangsjacke angelegt wurde. Der Hund, der nun jede Gefahr für den Herrn beseitigt sieht, springt aufs Bett seines Herrn und leckt ihm das Gesicht, indem er ein klägliches Gewiusel ansstößt, als wolle er ihn nm Verzeihung bitten, dass er vor einem Augenblick sich aus ihn gestürzt hatte.
Aufruf.
Da nach den neueste» Mikkheilungen für die im Felde stehenden Truppen ganz insbesondere Hemden, Unterhosen, Socken wnnschenswertb sind, so richtet der BezirkSarmenvcrein an sämmt« liche Gemeinden des Bezirks die Bitte, vor Allem Beiträge an Leinwand und an Geld, tbeils zu Anschaffung, thcils zu Verarbeitung derselben zu sammeln, wobei jedoch auch Beiträge anderer Art, worüber jedes Schultheißenamt Auskunft geben kann, mit Tank angenommen werden. Der Bczirksarmenverein empfiehlt zu diesem Zweck Kollekten von Hans zu Haus durch Ge« meinbcräthe oder Kirchenälteste zn veranstalten. Die Beiträge aus dem gesammten Bezirk nimmt Kaufmann Gayler in Empfang. Der Ausschuß des Bezirksarmenverein« .
Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung.