Wien, 27. Mai. DerMoniteur" von henke Morgen schreibt: Mehrere auswärtige Zeitungen haben bebauptet, daß ein geheimer Vertrag zwischen Frankreich, Preußen und Italien be­stände, durch welchen Preußen sich verpflichte, im Kriegsfall die Rheinprovinzen. und Italien die Insel Sardinien an Frankreich abzntreten. Wir müssen diese Unterstellungen in allen Punkten für falsch erklären: die französische Regierung ist keinerlei Enga­gement mit fremdem Mächten eingegange». Größere Bürg­schaft als in den Worten de» französischen Regierungsblattes er- blicken wir in dem Umstand, daß ein so niederträchtiger Länder- schachec vom König von Preußen niemals gut geheißen werden wird, und daß selbst Gras Bismarck schwerlich die Verwegenheit ! haben durste, der deutschen Nation eine solche Schmach zu bieten. ! -Es wäre eine Todsünde gegen die deutsche Nation, die dem Ver- > räther an Kops und Krage» geben müßte.

Wie», 24. Mai. Die Nachricht von dem Einrücke» der Türken in die Donansürslenkhümer ist ungenau. Die Oestr. Zlg. schreibt. Oestreich werde den Kongreß beschicken, ebne den Rechten und der Ebre des Landes Eintrag zu Ihn». Oestreich werde keine Ansprüche mit bewaffneter Hand erheben, aber es werde auch gegenüber den Ansprüchen anderer Mächte nicht ent­waffnen. (T. d. S. M.)

Der hundertängige und hnndcrtöhrige Berichterstatter der Köln. Z. aus Oestreich hak auch dem Ansmarsch der schwarzgel­ben Brigade aus Wien beigewohnk und berichtet allerlei Ab­schiedsgespräche.Schau, Seppe!, daß du fort mußt, haben wir nur diesen verflüchtigen Preußen zu danken; wenn doch der Tenpcl das ganze ketzerische Prenßcnland zehntausend Klafter tief unter den Erdboden verschlage» wollt!" ries eine weinende Schöne einem stäminigen Steiermärker zu, mit dem. sie, ihrer hochgewölbten Taille nach zu nrtbeilen, in sehr intim-zärtlichem Verkehr gestanden haben mußte.Laß gut sein, Lenerl; schan, ich bin schon einst in Berlin gewej', ich weiß, da haben die Lenke all die Hände von den blanken Silberthalern voll, und weiß, ich kehr nicht wieder zurück, ohne den ganzen Tornister schwer voll Silber zu haben. Hnidi, soll das mir Freud sein, wenn wir erst wieder in Berlin sind!" tröstete lachend der Sol­dat. Einen Korporal der Belgier hörte ich zu einem sehr hübschen, elegant gekleideten Mädchen sagen:Weißt du, Schatzcrl, ich bring' dir auch die drei Haare, die der Bismarck noch ans seinem kahlen Kopfe hat, in ein goldenes Medaillon als Ange­denken mit zurück." Lachend hörte dies die Menge an, und ein Ruf ertönte:Nein, den Bismarck müssen wir lebendig haben, der Kerl muß dann i» das Affenhaus im zoologischen Garten eingcsperrt werden, daß wir unsere Freud haben können, den Kerl zn sekiren." Die Berliner lachen und ärgern sich zugleich, denn dasselbe Regiment haben sie vor ein paar Jahren mit Buk- terbroden und Liebkosungen zngedeckt, als es von Schleswig durch Berlin heimzvg.

Bukarest, 27. Mai. Demeter Ghika ist gestern mit einem Schreiben des Fürsten Karl an den Kaiser von Oestreich nach Wien abgereisi. Die Kammer votirte dem Fürsten eine Civil- liste von 100,000 Dukaten; derselbe will jedoch nur das zur Unterhaltung seines Haushalts Erforderliche annehmen. Morgen wird der Fürst in die Moldau abreisen.

Paris, 26. Mai. Nach derPresse" hätte die Mehrheit der rumänischen Consercnz jeden Gedanken der Okkupation der Doiianfürstenthümec beseitigt. Die Wahl des Hohenzollerus wird als illegal betrachtet, eine Intervention soll aber nicht stallfin­den. Die Pforte hat ihre diplomatischen Agenten beauftragt, die die militärische Okkupation der Donanfnrstenthümer betreffende Note nicht zu übergeben oder dieselbe, wenn bereits übergeben, als nicht erlassen ansehen zu lassen.

Paris, 27. Mai. Das Pays sagt: Es ist möglich, daß die Konferenz in einen Kongreß verwandelt, und daß folglich auch die andern Mächte zur Theilnahme an den Verhandlungen berufen werde». Das PayS saßt die Elemente einer friedlichen l Lösung folgendermaßen zusammen: Austausch Venetiens gegen eiu ! gleich großes Gebiet am adriatischen Meer; Annexion der Elb- ! herzogkhnmer an Preußen unter Vorbehalt der Rückerstattung ^ Nordschleswigs an Dänemark; Errichtung eines besonderen denk- j schen Bundesstaates ans den Rheinländern als Konsegucnz der s Bundesreform. Also Zurückcrstattung Nordschleswigs an Däne- ! mark und Rheinbund sind des französischen Pudels Kern. j

Paris, 27. Mai. Mr. Layard hat Paris mit den ent- schiedensten Versicherungen von Seilen des Kaisers, hinsichtlich der Erhaltung des Friedens» verlassen.Sagen Sie Lord Russell und Lord Clarendon, hatte der Kaiser beim Abschied zu dem britischen Staatssekretär gesagt, daß ich bald einen derselben oder gar beide hier zu sehen hoffe, und daß wir dann zusammen eine gute und dauerhafte Arbeit zu Stande bringen werden." (St.A.)

Paris, 29. Mai. Identische Einladungsschreiben zu den Ministerkonserenze» wurden heute nach Wie». Berlin, Florenz und an den Bundestag übergeben. Als Bevollmächtigte können die Gesandten fungiren. Von England, Rußland, Preußen er­scheinen wahrscheinlich die Premierminister. In die deutsche Re- formfrage, soweit sie die Bundesverfassung betrifft, wird keine Einmischung beabsichtigt. Die Zuziehung des Blindes wird für erforderlich erachtet, weil durch die veneiianische, schleswig-hol­steinische und limburgische Frage Compensationsvorschläge, folg­lich den Bund berührende Gebietöverändcruugen diskutirt werden müssen. Die Bnndcsvertretung wird von daicrischer Seite er- wartet. (St.A.)

Kopeuhagen. 26. Mai.. Das Kriegsministerium hat Vor­bereitungen zur Mobilifirung getroffen; wie man wissen will, hat Frankreich die Bereithaltung von 30,000 Mann angcrakhen.

Stockholm, 26. Mai. Der Thurm der hiesigen katholi­schen Kirche ist henke cingestürzt. 50 Menschen wurden theils getödtct, theils verwundet.

Clelia.

(Fortsetzung.)

Eine halbe Stunde mochte der Baron bereits geschlummert haben, als leichte Schritte im Hausgang ertönten, und gleich daraus an die nur lose angelehnke Thüre geklopft wurde. Als nach wiederholtem Klopfen alles still blieb, wurde die Tbüre ge­öffnet, und auf der Schwelle erschien Clelia in Hellem Sommer­kleide, einen dunkeln Shawl »m die Schultern geworfen, ohne Hut und mit derselben Roscnknospe im Haare, die sie am Abende getragen hatte. Sie blieb einen Augenblick unschlüssig stehen, dann trat sie näher und stand zuletzt dicht vor dem Schlafenden, so daß der Lampenscheiu das Antlitz zur Hälfte beleuchtete und das Profil scharf heroortceten ließ. Ihre feinen edlen Züge waren bleich, aber ruhig, und erschienen in dem matte» Dämmer- scheine wie aus Marmor gebildet. Sie blickte eine Zeitlang nnbe- weglich den Schlafenden an, der im Sessel mit seitwärts geneigtem Haupte zurückgelehnt saß. und dessen Züge äußerst blaß und an­gegriffen anssahen. Allmälig verschwand der ruhige Ansdruck in Clelia's Zügen, um die Mundwinkel legte sich ein schmerz­licher Zug, plötzlich preßte sie beide Hände auf den Busen, sank ans die Kniee nieder und ließ den Kopf auf die Brust herab- stnken. Eine heftige Bewegung schien ihre» ganzen Körper zu durchbeben. Der Shawl sank von den Schultern herab und der Ausschnitt des Kleides ließ einen vollen, edlen Nacken hec- vortreten. Die goldene Nadel, welche das kunstvolle, üppige Haargeflecht nur lose zusammenhiell, fiel heraus und mit leisem Klingen auf den Boden. Die dunklen Flechten löste» sich langsam ab und saukeii auf den blendend weißen Nacken herunter, wo sie unordentlich liegen blieben. Im ganzen Hause regte sich nichts und nur zuweilen vernahm man im oberen Stocke die schlürfenden Tritte des alten Dieners. Wenige Sekunden ver­harrte Clelia in dieser Stellung, als die Tritte des Dieners sich der Treppe näherten. Bei diesem Geräusche schreckte die Knieende empor, raffte das zu Boden Gefallene hastig auf und verschwand schnell und geräuschlos durch die Thüre. In der nächsten Sekunde knarrte kaum merklich die HanSthnre, und der Diener auf der Treppe rief:Ist Jemand da?"

Der ziemlich laute Ruf des Dieners weckte den Baron aus seinem Halbschlummer. Als er aufstand, fiel sein Blick ans eine Rosenknospe, welche dicht zn seinen Füßen auf einer hellerleuch­teten Stelle des Fußbodens lag. Er hob die Blume auf, be­trachtete sie eine Weile und klingelte dann dem Diener.

Ist Jemand hier gewesen, Jakob, während ich schlief?"

Nein, gnädiger Herr. Ich glaube, die Hausthüre knarren zn hören, deßhalb rief ich; aber ich sah und hörte nichts weiter, auch nicht im Hofe."

-,Jst Jemand heute mit Blumen in dieses Zimmer gekommen ich meine mit Rosen?"