z» I" Und der Kaiser soll zu einer Gruppe Furchtsamer, die ihn umgab und ihre Befürchtungen verrielh, geäußert baden: „Ich begreife diese Emotion nicht; man kann sich in Ocstreich und in Preußen die Hälse brechen und in Paris ruhig sein!" Man sagte in der Fensternische des Palastes au der Place Beauvau, wo Drouyn, Fleury, Canrobert rr. standen, noch mehr; man fand, daß das Attentat auf den Grafen BiSmark ,,die Krisis be- schleinigen dürfte", und „man meldet als positiv", daß „die Könige von Preußen und Italien über die Auxerre-Rede dem Kaiser ihr Kompliment Härten mache» lassen."
C l e l i a.
(Fortsetzung.)
Einige Sekunden dauerte diese Pause, daun trat er näher zu ihr heran und sagte: „Warum wollen Sie nicht ruhen lassen, was schon längst im Grabe liegt? Warum wollen Sie ein Ver- hänguiß forlerben machen, welches sich in Segen verwandeln konnte,?"
Sie fuhr bei dem Tone seiner Stimme aus ihrem Nachdenken auf, ihre Züge versinsterten sich wieder und ihre Blicke richkeie» sich aus den Lprecker. „Ein Berhängniß?" erwiderte sie scharf. „Dieses Verhängniß, welches Selbstsucht und Falschheit geschaffen haben und noch täglich schaffen, werde ich nicht sorterbe» machen."
„Sie lassen die Erinnerung an vergangene Tage zu einem Gift werden, welches Ihr Leben langsam vernichten wird."
Ei» Blitz schoß unter ihren dunklen Wimpern hervor. „Das verderblichste Gift, welches das Leben eines WeibcS langsam und qualvoll vernichte» kau» — ist eure Liebe?"
Tie vorige Bitterkeit stieg wieder in ihm ans. „Sie wollen damit im Besonder» auch sagen: Ihre Liebe?"
„Ich habe Ihnen darauf nichts mehr zu antworten."
„Sie haben Recht," fuhr er fort, „wir habe» uns Beide nichts mehr zu sagen. Sic hassen mich und ich liebe Sie. Wir weiden daher beide mit dem gleichen unangenehmen Bewußtsein scheiden: Sie, mit dem Bewußtsein von mir geliebt, ich mit jenem, von Ihnen gehaßt zu werden. Jener Gedanke aber, daß Sie im Geheimen überzeugt sein müssen, von mir wahrhaft geliebt zu werden, wird für mich eine beständige Genugthuung bleiben, die mir Ihr Haß nicht zu rauben vermag."
Eine flammende Rothe überflog ihre Wangen und ihre Augen sprühten in Zorn und Unmuth.
„Sie irren sichsagte sie in fast schneidendem Tone, „wenn Sie glauben, ich sei gleichsam wider Willen überzeugt, von Ihnen geliebt zu werde». Ich gewinne vielmehr die Ueberzeugung, ! daß Sie mich mit ihren Worten jetzt nur höhnen wollen. Wenn Cie aber dennoch einer beständigen Genugthuung „in jenen Gedanken" sicher zu sein glauben, so werde ich Sie Ihnen allerdings nicht durch meinen Haß rauben, wohl aber dadurch, daß ich Ihnen sage: Sehen Sie mich niemals wieder und nehmen Sie das Bewußtsein mit sich fort — nickt: daß ich Sic hasse, sondern daß ick Ihre Liebe verachte!"
Der Baron trat mit untergeschlageucn Armen dicht vor de» Kops des Pferdes. Seine Züge waren bei ihren letzten Worten bleich geworden, verrieihen aber scheinbar Ruhe und Festigkeit; nur die tiefliegenden glühenden Augen, welche uubcweglick auf die Reiterin gerichtet waren, und ein leicktes Zittern der zuscnu« mengcprcßlcn Lippen ließ ahnen, was in seinem Innern vorging.
„Sie verachten meine Liebe? —" sagte er nach einer kurzen ^ Pause langsam. „Und dennoch müssen Sie großes Vertrauen ! auf diese Liebe haben, daß Sie in später Abendstunde an einem ! so einsamen Orte mir dies zu sagen wagen!" !
Sie sckrack leicht zusammen und warf einen raschen Blick ! ans ihre Umgebung, die sick immer tiefer in abendliche Dämmerung hüllte. Dock faßte sie sich schnell und sagte kurz: „Was soll das heißen?"
Einen Augenblick schwieg er, dann sagte er im vorigen Tone und ohne ihre Frage zu beachten: „Fürchten Cie nicht, daß diese verachtete Liebe plötzlich mit grenzenloser Gluth hervor- brechen und Sic und mich vernichten könnte? — WaS bürgt Ihnen dafür, setzte er mit halblauter Stimme hinzu, „daß ich cS nicht unendlich süßer finden könnte, in Ihren Armen an den Felsen in der Tiefe zerschmettert zu werben, als diesen Weg noch einmal zurück zu gehen?"
Da» Blak wich ans ihren Wangen und die Hand, welche
die Zügel festhiclt, begann merklich zu zitier::. Die Augst schien für eine Zettlang die Oberhand zu gewinnen und nut einem Ausdrucke des Schreckens blickte sie aus den Baron, welcher finster und unbeweglich dickt vor dem Pferde stand, die glühenden Augen unverwandt aus die ihrigen gerichtet. Das leise Ge- fühl, den leidenschaftlichen Manu vielleicht derart gereizt zu haben, daß er wohl im Lkande. sein konnte, eine wahnsinnige Thal aus- zusühre», und die gänzliche Oede und Verlassenheit der Umgebung steigerte noch ihre Angst. Kein später Wanderer war auf diesem einsamen, wenig betretene» Gebirgswege zu erwarten, und kein Hilferuf konnte in der Tiefe vernommen werden, welche dunkel zu ihrer Reckten gähnte. Sie blickte mehrmals hastig umher, aber alles blieb rodlenstill; nur die Nachtigall setzte obüe Unter- brechung ihren süßen Gesang fort und ihre Töne drangen mild und klar durch den stillen Abend. Doch nur kurze Zeit dauerte diese Anwandlung der Furcht. Elclia richtete sich plötzlich stolz' aus, blickte den Baron mit funkelnden Augen fest an, erhob mit einer blitzschnellen Handbewegung drohend die Rcilpcitsche und rief heftig: „Mein Herr — verlassen Sie mich!"
(Fortsetzung folgt.)
„Krieg! — Krieg!"
Als Phorkp's einst, des Pontus fiufl'rcr Sohn,
Die Ungeheuer mil der Ecto zeugte,
Bor welchem Jupiter auf seinem Thron Das bleiche, wcggcwandtc Antlitz beugte.
Die gräßlichen, nur einem Aug' und Zahn,
Den sic gefräßig stets an Knochen wetzen.
Der cw'gc» Nacht Gefährt' und Unkertban:
Den blaffen „Schreck", den „S cha uer", das „Entsetzen", Da bebte der Otpmp in Grau'» und Wch'n Als ahne er sein baldig Unccrgch'n.
Versunken längst ist jener, Göttertraum Mit seinen wunderbar phantastischen Gestalten;
In Duft zerflossen sic, wie eitler Schaum,
Die Ungeheuer haben wir behalten!
Ihr hört von fern des Donners dumpfen Ton,
Allüberall seht ihr die Schwerter wetzen.
Das ist „der Krieg!" — der Menschlichkeit zum Hohn, — Gefolgt von „Schreck", von „Schauer", von „Entsetzen!" Das ist der Krieg, der blurig zieht herein.
Der tausendfache Brudermord des Kain!
Wen» sonst ein einzlcr Mensch die Angen schließt Wie ringen da in trcuvcrwandtcn Herzen,
Jndeß manch' Aug' in Tbränen übcrfiicßr.
Der Trennung tiefe ... tiefe Seclenseymcrzcn.
Der Krieg sä't Tausende von Leichen aus.
Was kümmcrts ihn, ob Söhne, Vater, Gatten,
Die Länder sind sein grcAes Leichcnhaus,
Triumphe zählt er nach der Zahl der Schalten.
Und wenn daheim der Gram die Herzen bricht.
Die Furie des Kriegs... sie kümmcrts nicht.
Wenn sonst im Zorn die kecke Mördcrhand Des Einzelnen den Einzelnen geschlagen,
Ergeht ein Schreckensschrei von Land zn Land,
Es trifft der Fluch das frevelhafte Wagen.
Verbrecher ist, wer diese Thai gcthau.
Er büßt die Schandthat mit dem cig'nen Leben.
Nun denn, ihr Fürsten sagt mir einmal an.
Wer Euch das Recht zu tausendfachem Mord gegeben?! Dann wendcts wie ihr wollt und strcitctS fort:
Der Krieg bleibt Frevel, Schmach und Brudermord.
Wenn in des Friedens Zeit ein Räuber naht.
Mit Brand und Plünd'rung And'rcr Gut z» rauben,
Jst's eine unerhörte Frcvellhat:
Und wenn der Krieg die Städte äschert ein?
Wenn er Millionen macht zu Bettelleuten ?
Sollc' das nicht auch ein Räuderwcscn sein?
Hai cs vielleicht was And'res zu bedeuten?
Und Wenns auch Fürsten thun, bleibts bis zum jüngsten Tag Ein Frevel doch . . . und ihres Namens Schmach! D'run, Herrscher ihr, die ihr mit mächt'ger Hand Der Völker Glück, der Länder Schicksal lenket,
Europa schreiet auf von Land zu Land,
Es will, daß ihr euch ernstlich noch bedenket.
Besteckt die Hand nicht mit dem Bruderblut,
Zertretet nicht der Bildung reichen Segen,
Zerstört nicht Handel, Industrie und Gut,
Den Jammer sä't nicht aus auf allen Wegen!
Denn wcndet's wie ihr wollt und streitets fort:
Der Krieg bleibt Frevel, Schmach und Brudermord.
(Didaskalia.)
Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchhanvlimg.