mir noch dor Krieg zum Frieden führt. Wir verdanken diesen Zustand allein der Bismarck'schen Politik, die ihn planmäßig in der Hoffnung herbeigesnhrt bat, durch den Krieg die Annexion der Herzogtümer und im glücklichen Halle die Herrschaft Preußens über Norddcnkschland zn gewinnen. Ob aber Preußen und sei» Verbündeter anS dem bevorstehenden Kriege überhaupt als Sieger hervorgehcn werden, ist nichts weniger als gewiß. In einem Kriege, den Oestreick gegen Preußen und Italien allein zu führen hat, find die Kräfte keineswegs so ungleich verkheilt, daß Prenven mit voller SiegeSgcwißheit den, Krieg enkgegensehcn dürfte. Auf Beistand ans den Reihe» der Mitk.lstaaten hat es nicht zu rechnen; wenn die letzteren ihre neutrale Stellung verlassen, wird dies vielmehr zu Gunsten Oestreichs geschehen. Kommt der größeren KriegSerfahrnng der kaiserlichen Truppen und ihrer Führer das Glück des Krieges zu Hilfe, so kann dieser Krieg mit einer preußischen Niederlage und mit einem demütbigenden Friedensschluß endigen. Wer sich von der Stärkung Oestreichs und der gleichzeitigen Schwächung Preußens Gutes für Deutschland verspricht, mag diesen Ansgang herbeiwünschen; wer im Gegcntheil an einen Triumph der Bismarck'schen Politik feilte Hoffnungen knüpft, mag sich für den Sieg der preußischen Waffe» begeistern. Uns will weder das eine »och das andere gelingen und wir haben nur Verwünschungen für den frivolen Urheber des Streites- Es ist ein schlechter Trost, wenn man sagt: Der Gegensatz der zwei rivalisirenden Großmächte muß über kurz oder lang mit den Waffe» zum Anstrag gebracht werden. Wir haben nicht die geringste Bürgschaft dafür, daß der bevorstehende Kamps ihn wirklich zum Anstrag bringen wird und wir müssen froh sein, daß eS sich so verhält.
Ein wirklicher Entscheidnngskamps wird nur derjenige sein, in welchem die Macht der öffentlichen Meinung sich mit einem der streitenden Theile verbündet. Ohne diesen Bundesgenossen ist keiner von beiden stark genug seinem besiegten Gegner die Lösung der nationalen Frage zn diktier«. Preußen kann von Oestreicb besiegt und gedemnthigl, aber nickt ans Deutschland verdrängt oder in Stücke zerschlagen werden; Oestreick kan» sich, wenn eS im Kampf unterliegt, gcnökhigt sehen, auf seine Präsidialrechte zu verzichten und bas Uebergewicht Preußens in Nord- s dcutschland anzuerkennen. Aber kein solches Resultat ist eine j Lösung der deutschen Frage, keines hebt de» Dualismus der ! Großstaatcn ans. Tie augenblicklich unterlegene Macht wird s ihre Kräfte wieder sammeln und im günstigen Moment den Kamps ! erneuern. Zn welchem Zwecke sind alsdann die unermeßlichen ! materiellen und moralischen Opfer gebracht worden, die ein Krieg ! der Nation anferlegt?
T n g e s - A e u i g !» e i t e ».
Den bisherigen Beiräthen der Centralstelle für Gewerbe und Handel, Fabrikant Koch in Rohrdorf, OA. Nagold, und Gerber Georg Grötzinger in Reutlingen, wurde die Medaille für allgemeine Verdienste um Gewerbe und Handel verliehen. '
Stuttgart, 14. Mai. Die Papiergeldfrage ist durch die übertriebene Aengstlichkeit vieler Leute zu einer wahren Calamität für die Geschäftswelt geworden. Tic hiesigen Bankiers und größere» Geschäftsleute traten daher, namentlich auch zur Beruhigung des auswärtigen Publikums, zn einer Besprechung zusammen und verständigten sick dahin, daß sämmtliches in Gulden ausgestelltes Staatspapiergeld sowohl als Banknoten (der Frankfurter, Darmstädter, Münchener Bank) für voll angenommen werde» solle. Um jedock dem Publikum, das Silber begehrt, gleichfalls genügen zu könnnen, sollen bei allen Zahlungen nur die Hälfte Papier, die andere Hälfte Silber sein dürfen. -- Diese ! praktische Nebereinkunft wird nach unserer Ansicht mehr zur Beruhigung beitragen als alle theoretischen Erörterungen über die Natur und Solidität der Banknoten. Die anfängliche Verwirrung scheint nach unserer Erfahrung bereits in der Klärung begriffen zu scim
Stuttgart, 18. Mai. Der „Staats-Anzeiger" schreibt: Der Umschlag in der ganzen politischen Situation tritt immer deutlicher hervor. Wollen wir ihn kurz und anschaulich bezeichnen, so besteht er darin, daß Oestreick jetzt die Stellung einnimmt, die Preußen vor 4 Wochen inne batte, und Preußen umgekehrt sich j» die damalige östreichjsche Lage gedrängt sieht. Und das Signal hiezu hat am Ende doch die Rede in Änxerre
gegeben, ans welche die Kreuzzeitung „noch einmal" zurückkommt. Preußen sind die Auge» jetzt darüber geöffnet, daß es sich in leeren Phantasiecn hernintrieb, wenn cs meinte, alle Mächte auf seiner Seite zu haben, und daß namentlich Graf v. Bismarck sich der ärgsten Täuschung hingab, wenn er Frankreich vollstän- dig für seine Plane gewonnen zu haben glaubte. Die Rechnung ans den italienischen Bundesgenossen wird dadurch ebenfalls in die Luft gestellt, und selbst über Rußland beginnen bange Zweifel aufznkvmmen, so sehr man sich noch immer ans das Andenken an den östrejchiscken Undank zn verlassen und eine Annäherung dieser beiden so lange entzweiten Mächte für eine Sache der Unmöglichkeit zu halten die Miene annimmt.
In Calw findet am Pfingstmontag im Thndium'schen Saale eine Versammlung statt, wozu alle Mitbürger in Stadt und Land eingeladen sind. Als Zweck der Versammlung wird bezeichnet die bedrohte Lage des Vaterlandes und das durch einen innern Krieg über dasselbe kommende unsägliche Elend, welches nur durch ein energisches Auftreten der ganzen Nation abgewendet werden könne, daher es in jetziger Zeit eines Mannes geradezu unwürdig sei, zu schweigen, und in träger Lethargie geduldig ab- znwarten, was die Zukunft bringen will. Zunächst aber handle es sich darum, wie sich Württemberg in dieser Krisis zu verhallen habe, und um darüber die Stimme des Bezirks zu hören, aus welch letzterem Grunde auch ihr Abgeordneter seine Theil- nahme zugesagt hat. (Solche Versammlungen wären auch für andere Bezirke nachabmnngswerth.)
Tübingen, 17. Mai. In der vergangenen kalten Nacht sind die jungen Triebe der Reben erfroren und wurden dadurch die schönen Aussichten ans ein gutes Weinjahr leider vernichtet!
Ans Tübingen schreibt die „Ncckarzcitung": „Von dem jungen Blind ist ein Brief hier eingetroffcn. Derselbe wurde nach gefaßtem Entschluß und vor der Reise nach Berlin geschrieben und lautet kurz dahin, daß er, wie er ans seiner Reise überall den reichen Segen der Natur und der Industrie gesehen habe, im Hinblick ans die rohe Vernichtung desselben den Entschluß gefaßt habe, dem Heile des Vaterlandes zwei Menschenleben zu opfern. Er werde sogleich nach Berlin reisen, Bismark erschießen und nach wenigen Stunden auch todt sein. Wer denkt dabei nickt au Sand, an Charlotte Corday? Der opferwillige Jüngling wird hier allgemein bedauert, wenn auch die Thal verdammt wird." (T. Ehr.)
M annhcim, 10. Mai. Es sind in hiesigen Fabriken über 800 Arbeiter entlassen worden.
München, 14. Mai. Die Regierung hat die Redaktionell der in Bayern erscheinenden Zeitungen ersucht, über Truppcn- märscke, Dislokationen u. s. w. nichts mehr zn veröffentlichen.
Bamberg. 11. Mai. Soeben ist hier die Nachricht ein- gegange», daß schon in den nächsten Tagen ein starkes Armeekorps — man sagt 15—20,000 Mann — in die hiesige Gegend verlegt, d. h. längs der Eisenbahn staffelförmig ausgestellt werden wird. In Wnrzbnrg sind Vorkehrungen im Gang, um die Festung in Verlheidigungsznstand zu setzen. Auch Landau und Gcrmersheim sollen bedeutende Verstärkungen erhalten.
Augsburg, 13. Mai. In Venetien stehen nur noch 4*/s Divisionen Oestreicher gegen Italien. Tie übrigen Truppen werde» per Eisenbahn nach Böhmen und Mähren dirigirt. Die Hauptmacht der Oestreicher konzeutrirt sich gegen Preußen.
K oburg, 16-Mai. Die amtliche Kobnrgcr Zeitung bringt ein Telegramm ans Bamberg, wonach in der Montagskonferciij die friedlichsten Gesinnungen vvrgewaltct hätten und das entschiedenste Einveriländniß darüber geherrscht habe, daß man vermittelnd zwischen den deutschen Großmächten aufzutreten habe.
Berlin, 13. Mai. Die Erörterungen über die Herzoglhü- mersrage sind sistirt. —Die Stimmung des preußischen Volkes kann als düster und unheimlich bezeichnet werden; die Mobilmachung greift trotz der Roon'schen Reorganisation, welche die erste Probe schlecht bestanden hat, aus's Tiefste in alle Verhält- liiffe ein. Das preußische Volk fühlt vermöge seiner höheren Kultur den Druck der Verhältnisse ganz anders als das östreichjsche, das im Grund wenig zu verlieren hat. — Die Wahl des Prinzen Alexander von Hessen, eines östreichischen Feldmarschalll., zum Befehlshaber des 6. Bundesarmeekorps, beweist deutlich, welche Stellung den süddeutschen Heeren und Staaten zugedacht ist; sie werden Vasallen Oestreichs, dem der Ehrgeiz einiger klein-