für die Resolution stimmen. Der Obertribunalbeschluß ist die erste Etappe auf dem Rückzuge der Regierung. Referent und Korreferent verzichten ans da« Schlußwort. In namentlicher Ab' stimmmig wird hierauf der Hoverbeck'sche Antrag inik 263 gegen 35 Stimmen angenommen. M- F. Z.)
Berlin. 10. Febr. Die Tage von gestern und henke werde» als Ehrentage glänzen in der Geschichte des preußilche» Volkes; herrlicher ist selten ei» GeisteSkampf geführt worden. Twesten, Schnitze, Simson rangen Home um den Preis; an Wärme errang ihn Schnitze, an Freiheit und Schärfe Simson, an schlichter Größe Twesten. Man wird diese Reden lesen, soweit mau in Deutschland auf unser» Rechtskampf blickt. Einzelne Wendungen TwestenS und Simsons werden als ,,geflügelte Worte" in den Schatz vaterländischer Erinnerungen übergeben. Eines dieser Worte notire ich gleich hier. „Sie mögen fties Twesten den Ministern z») diese Richter mit Orden sbehängeu noch so reich, doch werden diese die Wnude» nicht decke», welche sie selbst ihrer Ehre, welche sie der Ehre ihres Vaterland« geschlagen." Die verhänqißvvlle Bedeutung, welche die Entscheidung des Obcrtri- bunals'für die Geschichte Preußens hak, hoben beide — Twesten wie Simson — mit Nachdruck hervor ; wie Grabgeläute der Monarchie klang es mahnend hindurch; ans Twesten« Rede mehr wie objektive Conklusion eines Historikers, aus SimsonS mehr wie schmerzliche Klage eines Konstitutionellen, der einst ,,Königthum und Freiheit" als Motto seines Lebens und Wirkens be- zeichnete. Man wird diese Rede» lesen, sagte ich, und ich füge hinzu: man muß sie lesen; sie sind ein intellektueller Genuß, eine politische Erquickung; ihr Bau ist so kunstreich, ihr innerer Zusammenhang so eng gegliedert, daß einzelnes HerauSgeben sie zerstückeln hieße. Von den Gegnern nichts. Nur die Minister sind zu erwähnen. Heute sprachen ihrer drei — Bismarck, Eulenburg, Lippe. Dieser war möglichst dürftig; Eulenburg meinte, man wolle bas Hans zn einem „Asyl des Verbrechens" machen, er wurde ausgelacht; Bismarck war in seiner ganzen Glorie, sprach von einem „Herrenrccht," welches das Haus, als sek die Verfassung eine „Gesindeordnung", in Anspruch nehme, und er erstickte fast unter den Pfui's, die ihm von allen Seite» entgegen- schallten. — Roo» war auch da, glänzte durch Schweigen und erblaßte bleich und bleicher von den immer tieferen Wunde», welche die Rechtskämpfer dem System des Unrechts schlugen. Der Ton, den das Ministerium anschlug, war offenbar viel schärfer als gestern; man hat sich erholt von dem ersten Schreck, man ist mal drin in der Geschichte, und so hcißts denn: „durch!" Um so mehr, als die wenigen anständigen Elemente in den höheren Regionen so viel Beschämung empfunden haben, um eine gewisse Bestürzung zn verbreiten; da muß man denn Stimmung machen, »m den etwas gedämpften Mnrh wieder zu beleben. Mau besudelt sich und andere. Der Ausgang war die Annahme des Protestes mit 263 gegen 36 Stimmen. Fortschrittspartei, linkes Centrnm, Altliberale, Polen stimmten wie ein Mann; die Minorität wurde von den Feudalen und der Mehrzahl der Konservativen gebildet; daß auch Grabow, Schwerin, Simson mit der Majorität stimmten, macht großen Eindruck. Das Haus hat einen schönen Sieg errungen, das System eine Niederlage erlitten, wie sie schwerer nicht gedacht werden kann. Die Kluft, welche Volk und Regierung scheidet, ist abermals vertieft und erweitert; jede Sitzung ist jetzt wie eine neue Ladung Kohlen tu einen schon glühenden Dampfkessel; die Lokomotive braust stärker und stärker; immer wilder stürmt st: dahin, unaufhaltsam dem Abgrund, zu, in welchem die Trümmer der Stuarts und Bourbons begraben liegen. Mittlerweile hat Graf Bismarck Kühnheit genug, auch nach außen hin die herausfordernste Sprache zu führen. Ich höre positiv, daß die letzten Eröffnungen nach Wien sehr stark auftreten. Bis jetzt lauten die Nachrichten von Wien her wenig günstig für unser» edlen Grafen an der Spitze der Geschäfte. (Frb. Ztg.)
In Schleswig ist ein Räthscl in Aller Mund. Es lautet:
„Mein Erstes ist keine Frau, mein Zweites ist kein Engel,
Mein Ganzes aber ist ein siebenfiiß'ger Bengel."
Die Schlcswiger sagen: es gelte einen großen Preis, wenn es nämlich Einer aus Schleswig herausbringe.
In Paris ist ein hochangesehener Manu, dessen ungetreue Gattin mit ihrem Liebhaber in die weite Welt fliehen wollte, nachgeeilt, hat das Paar eingeholt und im Eisenbahnwagen die
treulose Gattin erwürgt. Der Liebhaber soll mit heiler Haut davon gekommen sein.
Italien. Garibaldi hat wieder einmal ein Paar große Reitstiefel zum Geschenk bekommen und folgendes Schreiben an den Geber abgesendcl. „Caprera den 20. Nov. 1865. Mein lieber Bocognoni! Dank für Ihre sehr schönen Stiefeln und Ihre so überaus lieben Worte. Wollte Gott, Ihre Wünsche gingen in Erfüllung und ich käme ans diesem thatenlosen unnützen Leben heraus! Ihr dankbarer Giuseppe Garibaldi."
Nach Berichten aus Madrid ist der Offizier Pedro Es- pinosa, der sich bei dem Anfstandsvcrsuche in Alcala bcth^ligk hatte, auf Befehl O'Donncll's erschossen worden. In Madrid erregte dies allgemeine Entrüstung. Espinosa war ein junger Mann von 28 Jahren, batte zwei Kinder und seine Frau war schwanger. Eine mit 6000 Unterschriften bedeckte Petition wurde vom Könige selbst bei der Königin ciugerejcht. Diese wollte begnadige», aber O'Donnell drohte mit seiner Entlassung, und Espinosa wurde erschossen. Weitere Erschießungen solle» »och bevorstehen. O'Donnell glaubt jetzt, sich nur noch dadurch Hallen zu können, daß er Schrecken um sich verbreitet. Dann wird er auch ein Ende mit Schrecken nehmen.
Athen, 3. Febr. Es cirkulirt das Gerücht, der König werde sich auf drei Monate »ach Dänemark begeben, um sich zn verheirathen, die Kammer werde inzwischen eine aus drei Mitgliedern bestehende Regentschaft eiusetzen.
Zum Heiratheu gehöre,! Zwei.
sFortsetzung und Schluß.)
„Guet! Her Pfar!" sagte der Dobelmaktcnbaucr im Fortgehen. „Wenn der Julius zu unS komme» will und will etwa 's Marei autreffe, soll er zum Abend komme. Nach'm Essen wills Marei ein Stüudle zu des Kohleduurs Anna, zu der junge Frau! B'hüt Euch Gott! Her Pfar - 'Ne schöne Gruß an die Frau Pfarrin!"
Und somit trollte sich der Dobclmattenchristc, und der Pfarrer trat lachend zn Frau und Bruder ins Zimmer und erzählte die eigentliche Werbung.
Mit schelmischem Lächeln schaute die junge Frau den etwas verlegenen Jüngling an, der halb ärgerlich halb lachend ckuf- sprang mit dem Ausrufe: „I der alte Dobclmattenbauer und sein Weib sind Narren — und zum Freien gehöre» Zwei! Ich mag aber nicht und ich werde Nachmittag die Marei treffen bei der jungen Frau, und da werde ich's ihr gerade zu deutlich sagen."
Als Julius uach diesen Worten das Zimmer verlassend aus dem Hanse getreten war, wendete er sich mit raschen Schritten den nächsten Waldesschatten zn, den ihm begegnenden und ihn mit fröhlichem Zurufe begrüßenden Dörflern nur stummen Dank zunickenb. Das Herz war ihm schwer und bedrückt. Immer wieder fragte er sich selbst, ob er dem Mareile denn ein Unrecht angethan habe? Und doch fand er nicht die rechte Antwort darauf. Einer Verschuldung war er sich nicht bewußt, hatte er dock mit dem Mädchen nur gescherzt und getändelt, und ihr nichts weiter gezeigt, als daß sie ihm unter ihren Gespielinnen am besten gefalle. Und das war ja doch wahr! und konnte kein Unrecht sein! — Was konnte er dafür, wenn das Marcili in seinem fröhlich unbefangenen Wesen mehr gesehen batte, als er hineingelegt, — und wer weiß, ob nicht Alles bloße Einbildung der Alten sei! — Dennoch wollte es dem Jüngling nicht gelingen, die leisen Regungen des Gewissens ganz zu beschwichtigen.
Jetzt batte er den Rand des Waldes erreicht, und trat ein in die kühlen grünen Hallen. — Aus einem der ersten Büsche erklang der anmuthige Gesang eines Vögelchens, und als Julius den Schritt hemmte und suchend umherblickte, gewahrte er ganz nahe ein kleines Nothkehlchen, das mit klugen, schwarzen Aeuglein zn ihm herniederschaute, sein munteres Frühlingslicd- chen sang, und wie cs ihm vorkam, zunickte, worauf cs mit schnellem Flügelschlag dem nächsten Baume zueilte, wieder nach ihm zurückblickke, und aufs Neue den lieblichen Gesang ertönen ließ, der heiter in seinem Herzen wiederklang. — Hatte Julius sich bemüht, den lieblichen Strophen des halblauten Vogelfangs Worte unterzulegen? oder weßhalb fielen ihm plötzlich einige Stellen aus einem Liede Wilhelm Müllers ein?