tien entgegen. Der Korrespondent eines auswärtigen Blattes schildert die Lage in folgenden Worten:Wir sind hier vollstän­dig schachmatt, wir haben kein Geld die Staatskasse» sind leer es fehlt au Kredit und Vertrauen. Unser Zustand ist unerträglich, und wenn etwas über Oestreich kommt, so haben wir Alles verloren, noch ebe es zu einer Schlacht gekommen ist. Unsere Minister sind blind, und ihr Eigensinn wird Oestreich begraben. Zum Glücke für uns weiß Napoleon nicht, in welchem Zustand wir uns befinden wir konnten ihm keine drei Wochen

Widerstand leisten. Tie Krise ist eine arge, kein Mensch

hat einen Groschen, und weiß Gott, wie wir uns heraushelfen werden. Seit 1848 besser gesagt, seit 1809 hat Oestreich kein solches politisches und materielles Elend erlebt."

Wien. In den letzten Tagen wollte eine Frau Nachts Licht machen, das Köpfchen des Zündhölzchens sprang dabei ab und ihr aus den bloßen Arm; derselbe mußte ihr, um sie am Leben zu erhalten, abgenommen werden. (D. B.)

Mit einem Bahnzug sind vorige Woche 200 junge länd­liche Arbeiter zum Lande Mecklenburg hinaus- uud mit dem Schiff übers Wasser gefahren. Die Prügelstrafe hat sie sortge- trieben.

Die Oldenburg'sche Denkschrift, die die Rechte des Ol­denburgers begründet, besteht aus 360 Seiten Text und einer Reihe von Beilagen, ist in der letzten Bundcstagssttznng vorge­legt und zunächst an den holstein'schen Ausschuß verwiesen wor­den. Die Schrift soll schlagende Argumente für die Ansprüche des Großherzogs von Oldenburg aufsühren.

Flensburg, 3. Nov. Die Flensb. Nordd. Ztg. veröffent­licht bas amtliche Budget für das Herzogthum Schleswig vom 1. April 1864 auf 1. April 1365. Dasselbe enthält einen Ueber- schuß von 2,013,274 Mark Courant, da die Ausgabcposten für Civilliste, Apanagen und Kriegswesen wegfielen. Für die Stände­versammlung, deren Berufung auf künftigen März vorgesehen ist, sind 60,000 Mark ausgeworfen. (S. M.)

Bern, 3. Nov. Von 50 wegen der Genfer Vorgänge in Untersuchung gezogenen Personen werde» 14 in Anklagestand versetzt, darunter 12 Radikale und zwei Independenten. Sämmt- liche Gefangene werden auf freien Fuß gesetzt. Die Assisenoer- Handlung findet in Genf statt.

Turin, 27. Okt. Man versichert mir: der König habe gestern dem versammelten Ministerralh erklärt, daß er sich ent­schlossen habe, jährlich 3 Mill. Fr. von seiner Civilliste zu Gun­sten des Finanzministeriums anzuwcisen. Die Civilliste Victor Emmanuels, die nur 15 Mill. Fr. beträgt, ist ohnehin sehr in Anspruch genommen, und der König konnte bis jetzt seinen Ka­pricen nicht genügen ohne bedeutende Schulden zu contrahiren, die in letzter Zeit bloS, theilweise bezahlt worden sein sollen.

(A. Z.)

Paris, 31. Okt. Diesen Abend trifft der Kaiser wieder in St. Elond ein, nachdem er heute in Lyon noch eine große Revue über das dortige Armeecorps abgchalten hat. Die Blätter find voll von 'Reiseberichten, die jedoch nur bestätigen, was wir schon auführten, daß nach der Courtoisie in Nizza die Monarchen sich fremder als zuvor zeigten. Der Schatten der kettenklirrenden Polonia ließ keine politische Annäherung zu, und die kleine russische Partei am Hofe hat sich von Neuem über­zeugen müssen, daß cs in der Politik Abgründe gibt, die sich mit persönlichem Wohlmeinen uud freundlichem Handschütteln nicht Überdrücken lassen. (K. Z.)

Gin Telegramm aus Marseille berichtet aus Rom vom 29. Okt. Eine Baude hat auf der Straße von Nocera 150,000 Franken, welche der Gesellschaft der römischen Bahnen gehörten, trotz der dieser Sendung mitgegedeueu Bedeckung von 6 italieni­schen Lanciers weggenommen. Zwei.dieser Lanciers wurden ge« tödtet. Gegen die Räuber, welche die Umgegend von Palest- rino in Schrecken versetzen, ist eine Abtheilung Zuaven ansge­schickt worden. Mobile Kolonnen von päpstlichen Jägern streifen längs der Gränzen.

Als Müller in London von den Geschworncn des Mordes schuldig befunden und von dem Gerichte zum Tobe verurtheilt wurde, blieb er sehr gefaßt und sagte: Ich bin mit dem Wahr­spruch zufrieden; er entspricht den Gesetzen des Landes; aber ich bin nicht auf Grund wahrhafter, sondern auf Grund falscher Angaben verurtheilt worden. Der Lord-Oberrichter brach,

ehe er das verhänguißvolleSchuldig" sprach, in Thränen aus und verhüllte einen Augenblick sein Haupt. Müller begann zu schluchzen, als er abgcführt wurde.

Petersburg, 2. Novbr. Der Invalide vom Mittwoch sagt in Antwort auf eine» Artikel der France: Rußland suche ebenfalls keine Allianz, es ziehe die Freiheit der Aktion vor. Der Besuch i» Nizza sei ein Akt der Courtoisie uud habe keinen Be­zug auf Politik. Der Rath, welchen die France gibt, eine An­näherung zu vermeide», sei unnütz, da der Versuch dazu nicht von Rußland kommen könne. (T. d. N.-Z.)

Mau wird unser Zeitalter das der Proceffe nennen. So wird nächstens in Krakau ein großer Prozeß zur Verhandlung gelangen, bei welchem ein östreichischer Fiananzbeamter die Haupt­rolle spielt. Derselbe ist der Unterschlagung von 3 Mill. 2-Kreu« zer-Cigarreu beschuldigt; ferner soll er aunexirt haben: 1 Million Cuba- und Portoriko-Cigarren, 60,000 Java, 20,000 Cabanuas, 1.200,000 Päckchen Rauchtabak, 49 Centner Schnupftabak und für 13,000 fl. Stempel- und Briefmarken; alles in 7 Jahrem

Newyork, 22. Okt. Die Rebellen griffen den Bundcs- gcueral Sberidan bei Cedar Creek an und brachten dessen Trup­pen anfänglich in einige Verwirrung; später jedoch siegte Sheri­dan, nahm den Rebellen 20 Kanonen und 1600 Gefangene und verfolgte den geschlagenen Feind. Die Nachricht von der Besetzung von Matamoras bestätigt sich.

Asien. Eine Depesche aus Suez vom 31. Oktober meldet, daß bei einem furchtbaren Sturme, der zu Kalkutta am 5. Okt. gewüthet, 110 Schiffe zu Grunde gegangen und 12,000 Personen umgekommeu sind. Die Verluste werben auf 200 Mill. Frcs. geschätzt. Ein großer Theil der Stadl war überschwemmt; die Ortschaften a» den Ufern standen unter Wasser.

Die unglückliche Stadt Simbirsk in Sibirien ist von Po­len angezündet worden. Ein Brandstifter, der Soldat Gregorieff, hat seine That mit den Worten eingestandcn: er habe daS ver­gossene unschuldige Polenblut rächen wollen, ein Bekenntniß seiner Mitschuldigen aber werde ihm die grausamste Marter nicht ent­reißen. Hieraus fluchte er vor dem Kriegsgericht in schauerlicher Weise dem Czaar und dem ganzen Ruffeulhum und rief auf des ersteren Familie die Rache des Himmels herab. Er wurde er­schossen.

Allerlei.

Ein achtjähriger Knabe, Sohn eines Taglöhners zu Farciennes, wurde eines Abends von seinen Eltern zum Bäcker geschickt. Das ein- gekauftc Brod unter'm Arm und lustig ein Stückchen singend, schlendert der Kleine nach Hause. Der Weg führte ihn über die Eisenbahn. Im Augenblicke, wo er sie überschreiten will, kommt der Zug von Namur, welcher langsam in den Bahnhof von Farciennes cinfährt. Während der Kleine durch einen Sprung über die Schienen der Gefahr entrinnen will, fällt er, behält aber Geistesgegenwart genug, sich zwischen die beiden Schie­nen zu werfen, damit der Zug über ihn hinweg gehe. Unglücklicherweise jedoch hakt sich seine Blouse an einen Schneefeger der Locomotive an, und so wird der Kleine nun mitgcschleppt, bis der Zug im Bahnhofe hält. Wie er später erzählte, hat er in dieser gefährlichen Lage nur sein Augenmerk darauf gerichtet, nicht unter die Räder zu kommen. Leider blieb sein Bemühen vergebens, einer seiner Arme wurde durch ein Rad am Ellbogen zerquetscht. Während die Eiscnbahnarbeitcr hinzuliefen, den armen Knaben aus seiner qualvollen Lage zu befreien, erhob sich der­selbe, überschritt die Schienen und setzte sich auf den Perron. Dort be­trachtete er in aller Ruhe seine fürchterliche Verletzung.Ojeh, ojeh, sagt nur der Mutter nichts", waren die ersten Worte, die er an die sich ihm nähernden Personen richtete. Dann bat er die Arbeiter, ihm das Brod zu bringen, das am Uebergange liegen müsse. Zu Hause angekom- mcn, schien der kleine Held alle seine Schmerzen zu vergessen, indem er unaufhörlich seine Mutter tröstete. Bei der sehr schmerzhaften Abnahme des Vorderarmes zeigte der Kleine einen Muth, dessen wenige Männer fähig wären. Er wollte sich durchaus nicht chloroformiren lassen, sah im Gegcntheil der Operation in aller Ruhe zu; nur zuweilen fragte er, ob eS bald vorbei wäre. Jetzt sind es drei Wochen her, daß der Kleine den Arm verlor. Wer aber zufällig vor und nach der Klaffe am Schulhause von Farciennes vorbei kommt, kann den kleinen Simon Mahaur sehen, leicht erkenntlich an seinem Armstumpf und seinen schwarzen, feurigen Augen. Er trägt so siolz wie seine Kameraden die lederne Büchermappe unter'm Arm und fingt und tanzt wie ehedem. Die Aerzte, welche ihn behandelt haben, find höchst erstaunt über die außerordentlich schnelle Heilung. Nie, sagen sie, haben wir eine solche Eisennatur, nie so viel Kaltblütig­keit und trotzigen Muth bei einem Verwundeten angetroffen wie bei die­sem kleinen Belgischen Spartaner.

Druck und Verlag de-G. W. Zaiser'scheu Buchhandlung. Redaktion: Hdlzlc.