Der Delinquent.

^Fortsetzung.)

Der nächste Morgen fand unser» Heinrich in einer kleine» Zelle der Minoritenkaserne als Delinquenten.

All' die Bitten seiner zahlreichen Freunde, jedes Geldange­bot von Seite des Goldschmiedes, wie auch die Bcmühuiigen des Bürgermeisters waren nicht im Stande, das Felsenherz des Ge­nerals zu erweichen.

Der Leser wird mir gerne glauben, daß Heinrich die Nacht schlaflos zugcbracht hat. Ist er auch dem Feinde gegenüber ge­standen und hat dem Tode am Schlachtielde mnthig in's Auge geschaut, so drückte ihn doch jetzt der Gedanke, als ein Verbre­cher, noch dazu inner den Mauer» seiner Vaterstadt sterben zu müssen, zu Boden und machte seinen jugendlichen Mnth wanken.

Kaum vierundzwanzig Jahre alt, geliebt von einem Engel, dem er bald ganz angehörl hätte, durch die Liebe seines Zichva- ters mit Erdengütcrn gesegnet, nmgebcn von zahlreichen Freunden

sollte er so schmachvoll enden und die Welt verlasse», die ihm gerade jetzt so wunderschön dünkte.

Vergebens warf er sich auf den harte» Strohsack, vergebens rannte er in dem engen Kerker wie wahnsinnig hin und her, schloß bald die Augen oder starrte in die dunkle Nackt hinaus

immer und immer stand der bleiche Tod in seiner grinsendsten Gestalt vor ihm und höhnte seiner ohnmächtigen Wnth, mit der er an den dicken Gittern des kleinen Fensters oder an der Thüre rüttelte.

Etwas ruhiger ward es in seinem Innern, als das zweitel- hafte Licht des beginnenden Morgens i» seine Zelle drang. Ob­schon er dadurch der verhängnißvollen Stunde immer näher rückte, so fand sich doch mit der anrückenden TageSbelle der Mannes- muth wieder ein und verscheuchte die finstere Verzweiflung mit ihrem schrecklichen Gefolge.

Er trat an das Fenster und lehnte seine Stirne an die Ei­senstäbe. Wie that die frische Morgenluft seinem glühend heißen Kopfe so wohl.

Jetzt erhob er sein Auge und ließ cs in'S Freie hinaus schweifen. Er wollte noch einmal die Welt, die schöne Natur schauen und dann für immer von ihr Abschied nehmen.

Vor ihm wälzten sich die Flnlhen der Drau im rastlosen Laufe dahin, am jenseitigen Ufer breitete» sich die Felder mit ihren blühenden Saaten ans, bis hin zu dem riesigen Pachern, einem Zweige der Kärntner Alpen, deren ferne Höhen »och mit schimmerndem Schnee bedeckt zu ihm hernieder schauten.

Ach wie schön ist doch die Welt! murmelte er unwillkürlich und fügte mit inniger Wehmuth hinzu: Wer da draußen wäre!"

Sogleich fällt sein Auge wieder auf die unten ani- und ab- gehcnbe Schildwache und die traurige Wirklichkeit umfängt ihn neuerdings.

Schon will er sich vom Fenster entfernen, als er eine ver­schleierte Franengestalt in Begleitung eines Mannes ans die Schild­wache zukommen steht.

Ein letzter Schimmer von Freude beseelt das Herz Heinrichs. Er erkennt seine Marie und den Freund Stander. Wahrschein­lich kommen sie von ihm Abschied zu nehmen.

Als die Beiden auf wenige Schritte dem Soldaten sich ge­nähert, blieb Ständer zurück und Marie trat allein zu demselben.

Wie angewurzelt, ohne eines Wortes mächtig, starrte Hein­rich hinab. Wie lebhaft sprach nicht Marie, wie innig bat sie nicht den Man». Was will sie doch von ihm? Heinrich horcht und horcht, er hört wohl Laute, so süß, so weich, wie sie nur aus dem Munde eines Engels kommen können aber versteht nichts. Was gäbe er jetzt nicht darum, wenn er, wie seine Marie, französisch gelernt hätte.

Endlich scheint sich das Herz des Soldaten zu erweichen, er streckt seine Hand aus und empfängt von dem Mädchen ein klei­nes weißes Briefchen.

Segleich eilte sie darauf zu ihrem Begleiter und mit diesem noch weiter zurück.

Die Schildwache aber steckt das Papier auf das Bajonet, erhebt dann das Gewehr hoch über seinen Kopf und überreicht so das Briefchen dem Gefangenen.

Schnell ist das Papier in seiner Hand, schnell wie der Blitz durchflogen und ein unbeschreiblich süßer Liebcsblick sagt dem sich entfernenden Mädchen, daß ihr Schreiben gelesen und verstanden

war. Von nun an sieht Heinrich mit Ruhe und Festigkeit dem schrecklichen Momente entgegen.

Während dem waren in dem Kasernhofe alle Anstalten zu der bevorstehenden Hinrichtung getroffen worben. An der hintern Wand, hart a» der kleinen Pforte, die zur Drau hinaus führte, war ei» kleiner, viereckiger Fleck hoch mit Sand belegt.

Zn beiden Seiten desselben ein Spalier von grnnqekleideten Voltigeurs dis in die Mitte des Hofes. Hinter diesen wieder eine doppelte Reihe Infanterie in blauer Uniform, während den vorderen Thejl des Hofes Gruppen von Offizieren zu Fuß und zu Pferd, rotbbepelzte Husaren als Ordonnanzen ec. füllte».

Jeßt öffnet sich die Thür des Slockhauses und geführt von einem Offizier, den Profosen an der einen, den Pater an der andern Seile, gefolgt von vier Wachen, kommt der Delinquent ruhige» Schrilles und gefaßten Wesens heran«.

Eben so ruhig geht er auch bis zur traurige» Stätte, mit stolz erhobenem Haupte und kühn herausforderndem Gesicht. Ec ist ganz bas Gegembeil von beute Nacht.

Auf dem Sandbügel angelangt, flüsterte er dem Geistlichen einige Worte zu, worauf dieser wieder nut dem eökortirende» Offizier spricht.

Es betrifft die letzte Bitte des'Delinquenten: ihn stehenden FußeS und ohne die Augen zu verbinden, erschießen zu wollen.

Nachdem dieser Wunsch betreffenden Orts genehmigt war, küßte Heinrich den Pater, brückte ihm herzlich d>e Hand, kniete einen Augenblick nieder und schickte ein kurzes Gebet zum Him­mel, worauf er sich gerade anfrichtcte und mit fester Stimme be­reit zu sein erklärte.

Die ELeknlionsnianiischast, sechs Mann hoch, tritt vor in einer Front, ladet Angesichts des Delinquenten die tvdibringendeu Kugeln in die Gewehre und legt an.

Plötzlich krachen zwei Schüsse ans dem Nachbarhause, von dessen obere» Fenstern der Kasernhvf übersehen werden konnte, und in demselben Momente erfüllt ei» furchtbares Hurrahgeschrel die Lüfte, gleichsam als liefe eine feindliche Macht Sturm auf die Mauer der Kaserne. Die Wache am Haupteingange wird in de» Hof bereingeworsen, die mächtigen Flügel zngeschlagen und von Außen versperrt.

Bei diesem unerwarteten Tumulte wandten sich sämmtlicke Truppen, selbst die Exekutionsmannschast, erschrocken »ach der Seile hin, von wo der Angriff zu geschehen schien und so entging es den pnnderten von Augen, wie sich die Pforte hinter dem Delinquenten leise öffnete und Vieser selbst aus ihrer Mitte verschwand.

Sogleich war wieder alles ruhig und still.

Furchtbar war die Wutb der Franzosen, als sie sich ihres Opfers so leicht beraubt sahen und überdies noch am schnellen Verfolgen verhindert waren, weil sie förmlich eingesperrt wurde».

Krachend donnerten die Gewehrkolben an die Thore, aber es brauchte gleichwohl einige Zeit, bis die massiven Thüren durch- gehanen waren und ihnen einen AnSweg gestaltelen.

Auf dem Platze, wo der Tumult entstanden, war keine lebende Seele mehr zu sehen. Am User der Drau ebenfalls alles leer.

Nur am jenseitigen Ufer schwamm ein leerer Kahn tanzend auf den Wellen hinab und der Delinquent schwang sich eben auf ein Pferd. (Forts, f.)

Allerlei.

Im Acclimatisationsgarten in Paris sind ein paar chine­sische Schafe, die sich durch ungemeine Fruchtbarkeit auSzeich- nen. In elnem Jahre sind 2 Würfe, jedesmal von 3 Lämmern, erhalten worden. Für die Fleischprodnktion ist die Thalsache von Wichtigkeit. Das chinesische oder tartarische Schaf hat einen großen Wuchs, ist kräftig gebaut, mit kurzen Beinen und kurzem Halse, kleinem Kopf und hängenden Ohre». Das Fell ist voll, kurz und glänzend und eignet sich zu groben Wollenwaaren sehr gut. Das Fleisch ist saftig und wohlschmeckend, so daß es die Fremden in China bald allem andern Fleische vorziehen.

Ein Pfarrer tröstete einen Bauern bei dem Tote seines Weibes mit den Worten:Gebt euch zufrieden, guter Freund, gönnt eurem Weibe ihr Glück! sie ist nun wohl aufgehoben, der liebe Gott bat sie. So, hat er sie? fiel der Bauer ein,nu, nu, er wird auch seine Noth mit ihr H aien. _

i Druck und Verlag der G. W. Za ise r 'fche n Butt tzanrUing. Lietatrün: ^ v 1 z le«