aber von einem Zusammentreffen zwischen ihm und dem Czaren § ist nirgends die Rede, und doch wäre nichts einfacher und na- i türlicker, als ein Abstecher nach Lyon. Unter den gegenwärtigen § Umstände», und nachdem man soviel von einer Zusammenkunft ! gesprochen, ist die Unterlassung des Kaisers jedenfalls bedeutsam, j
Triest, 13. Okt. Die heute hier eiugetroffene Levantepost ! bringt Nachrichten aus Athen vom 7., wonach daselbst eine De« j pesche des Earl Russell überreicht wurde, die erklärt, England ^ erkenne in Griechenland keine englische Partei an, sondern ver- ^ dämme jede anarchische Demonstration; nötbigensalls werde cs ^ mit Frankreich und Rußland gemeinsam wirksame Maßregeln zur Befestigung der Ordnung und der neuen Dynastie treffen.
In Warschau sind bereits Schritte eingeleitet, um dort wieder eine deutsche Zeitung als geistigen Mittelpunkt für die deutsche Bevölkerung im Königreich Polen ins Leben zu rufen.
Newyork, 5. Okt. Die Rebellen hinderten das Borrücken Meades. Die Unionisten behaupten ihre Positionen am James- flnß und bei Newmarket. Price rückt gegen Rolla in Missouri vor. Eine Anleihe der Union von 40 Millionen ist angekündjgt.
Der Delinquent.
^Fortsetzung.)
Nichts versöhnt sich ja leichter als zwei Liebende, wenn sie sich so recht von Herzen lieb haben. Heinrich hatte d,e harten Worte schon im nächsten Augenblicke vergessen und trat nun am Arme seiner Geliebten an das Fenster, mit ihr dem lebhafte» Treiben auf der Straße ziizuschen.
In dem Augenblicke öffnete sich die Thüre und herein trat ein Greis mit silberweißen Haaren.
„Vater! jubelten die jungen Leute und stürzte» mtt ausge- brciteten Armen auf ihn zu, Vater, Du hier? 0 welche Freude! also wieder frei, wieder unser?"
„Ja, ja, sprach der Goldschmied Hold, seid nur ruhig, Kinder. Unsere brave» Bürger ließen uns nicht jm Stich. Sie brachten die dreißigtausend Gulden dem General noch vor Ablauf der bestimmten Stunde. So sind wir wieder frei. Aber jetzt Marie, sehe zu, daß wir was ans den Tisch bekomme». Ich habe den ganzen Tag nichts zu mir genommen, und gewiß wird es auch Heinrich nicht besser gegangen sein. Er hat keine leichte Aufgabe gehabt, kami's mir wohl denken."
Bald saßen die Drei vereint am Tische und ließen sich unter traulichem Geplauder recht behaglich geschehen.
Wie man bereits beim letzten Glase Wein war, wendete sich Hold an seinen Ziehsohn und sagte mit bewegter Stimme: „Lieber Heinrich! ich habe für Dich eine schlimme Nachricht mttge- brachl. Vor dem Essen wollt ich damit nicht heraus, »m Dir nicht den Appetit zu verderben. Der Offizier, aus den Du gestern in Zellnitz geschossen, ist richtig tobt. Der General har auf das Einfangeu des verkleideten Spions, wie er Dich nennt, einen Preis von lausend Gulden gesetzt. Wärst Du nur gestern gleich »ach Hause gekommen, so hätte niemand was davon gewußt."
Marie wurde bei diesen Worten noch blasser und blickte ängstlich fragend nach dem Gesichte des Vaters.
Heinrich selbst ward es gar beklommen zu Herzen.
Er setzte das Glas, welches er eben an den Mund gehoben, wieder aus den Tisch »ud fragte erregten Tones: „Aber wer von meinen Landsleuten sollte die infame Schurkerei begehen und mich verrathen?"
„Mein Sohn! sagte Hold bedenklich den Kopf schüttelnd, Tu kennst die Menschen zu wenig, zudem weißt Du ja nicht, wer alles dort gewesen. Auf jeden Fall mußt Dn Marburg noch heute verlassen. Wenn unsere Einquartierung zur Ruhe gegangen ist, werde ich selbst Dich von unserem Garten in den Stadtgraben hinablaffen. Du mußt dann deinen Weg so gut es geht nach St. Peter hinab suchen, wo Du Dich erst über die Drau wagen kannst, um weiter zu-"
Hier wurde der Goldschmied durch starke Männertritte und Waffengeklirr unterbrochen.
Alle drei fahren erschrocken in die Höhe und richten in banger Erwartung ihre Blicke gegen die Thür.
Jetzt geht sie aus. Ein Offizier tritt ein — hinter ihm drei Mann mit ausgepflanztem Bajonett.
„Mein Herr! spricht er in gutem Deutsch sich a» Hold wendend, es thut mir leib, gerade bei Tische zu stören, aber der
Dienst — —. Ich suche cineu junge» Mann Namens Heinrich Kunz, und ich glaube, ihn in diesem Herrn da gesunden zu haben, obschon er heute keinem Bauern mehr gleich sieht."
Marie war indessen unbemerkt vor den Männern zusammcn- gesunke» und fiel nun der ganzen Länge »ach aus den Fußboden.
Vater und Geliebter sprangen herbei und selbst der Offizier fühlt sich von Mitleide» ergriffe». Er tritt ein paar Schritte zurück »nd wartet mit seiner traurigen Dienstvcrrichiuug, bis das ohnmächtige Mädchen in ein anderes Zimmer gebracht wird.
„Wenn ich recht verstanden, fragte jetzt Hold mit zitternder Stimme, halte» Sie meinen Sohn für jenen Bauern, der gestern in Zellnitz einen Offizier erschossen hat? Wie komme» Sie darauf?"
„Mein Herr, antwortete gefällig der Gefragte, man ist darüber bereits im Klaren. Der junge Herr hat sich nnr selbst verrathen. Er war gestern Nachts noch in einer Schenke und rühmte sich vor allen Gasten seiner That. Da kam eben vor einer halben Stunde so ei» roihköpfiges Galgengestchl aus das Rathhans geschlichen und dennuzirte. Er soll sich auch mit unter den Gäste» befunden haben."
„Ha, der Fritz! rief zähneknirschend Heinrich. jetzt erinnere ich mich, ihn gesehen zu haben. Ich gab nicht Acht ans ihn."
„Nun, begann wieder der Offizier, ein schlechter Kerl jedenfalls, daß er einen Landsmann verräth. Aber jetzt muß ich bitten, mir zu folgen."
Heinrich Kunz wird von den Soldaten in die Mitte genommen und fortgeführt.
Der alte Hold aber wankt mit blntendem Herzen nach dem Zimmer seiner Tochter. Ec hielt so viel aus Heinrich, malte die Zukunft seiner Kinder, die beide dem Herzen des guten Alten gleich nahe standen, so schön anS, für sie sammelie er Reichkbü- mcr — und nun sollte er plötzlich Beider beraubt werden. Daß Marie den Tod ihres Geliebte» nicht überleben würde, das wußte er nur zu gut, wie auch, baß Heinrich aus keinen Pardon zu hoffen habe. In den Auge» der Feinde war er mit einem doppelte» Verbreche» belastet, erstens mit dem eines ertappten Spions, zweitens mit dem Morde eines Offiziers — und war doch eines schon hinreichend, ihn dem Tode z» überliefern. (Forts, f.)
Allerlei.
— Zur Verhütung des Zerspringens der Glsas- cylinder wird empfohlen, den neuen Glascylinder, ehe man ihn in Gebrauch nimmt, in der Art zu koche», daß man denselben in eine« mit kaltem Wasser ungefüllte» Topf steckt und das Wasser bis znm Sieden erhitzt. Der Eylinder soll dadurch eine solche Festigkeit erhalten, daß er von der Flamme des Lichtes nicht platzt.
— In England sängt man an, die Bienen in ihren Körben mit Chloroform zu betäuben, wen» man die Körbe leeren will. Ein solcher Korb wird zur Abhaltung des Lichts mit einem Tuche behängen »nd das Chloroform eingetröpselt. Sobald man bemerkt, baß sich die Bleuen ruhig verhalten, kann man sie ohne Gefahr leicht in einen andern Korb übersiedcln, in welchem sie am andern Morgen alle wieder munter erwachen.
— Die Juden habe» auch ihre Reliquien. Jm Museum von Cluny ist der Säbel Judiths, mit dem sie Holofernes das Haupt abschlug, die Scheere Judiths, womit sie Simson die Locken adschnitk, der Krug Rebeccas, Nagel Joels rc. zn sehen. Vor eiuem Jahrhundert war auch die Leiter, die Jakob im Traum gesehen, mehrere Federn aus den Flügel» des Erzengel Gabriel und sogar einige mtt egyptischer Finsterniß gefüllte Flaschen zu sehen. Sie sind leider mit dem zunchmendcn Licht abhanden gekommen.
— Ein englischer Arzt hat berechnet, daß die menschliche Lunge einen übrigens gesunden Menschen befähigt, 90 geographische Meilen walzend, polkend oder hopfend zurückzulcgen. Bei jeder tanzend zurückgelegten Meile geht >/s« Lunge flöten, und nach der neunzigsten Meile geht der Mensch aus wie ein Licht. (M. Eine Ballnacht kostet mindestens '/so Lunge.)
Zweisilbiges Räthsel.
Meine erste bedeutet beim Franzose» von vorn und beim Spanier von hinten, was meine zweite beim Deutschen von vorn bedeutet. Das Ganze wird abgezogen und in veränderter Gestalt wieder a n g e z 0 g e » ; aber Du kannst cs mcht ohne das Umgekehrte, dem der Kopf abge-
Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung. Redaktion: Hvlzl«-
^ /ss ^