ich »ichts «ehr; ich muß mich einschränkc», damit ich eine» Spar- Pfennig auf mein« alten Tage übrig behalte!" Seine größte Kreudt war es nun, seine Zinse» im Bora»» zu berechnen, und zugleich dem jedesmaligen Steige» und Fallen der Course von StaatSpapieren und Aktien zu folge». Da er gern noch lhätig fein wollte, besuchte er fleißig die Börse und kaufte und verkaufte Papiere. Fast zu seiner Verwunderung gelangen chm die meisten seiner Speculationen, wo nicht alle; die von ibm verkauften Pa­piere fielen, sobald sie au» seinen Hunden waren; die gekauften stiegen, so daß er zu seiner Freude bemerkte, daß seine Rciclr- thümer sich noch immer mehrten, trotz dem, daß er theilwcife von seinen Zinsen leben mußte, weil er keine andere Einnahmen mehr halte. Aber, wie jener reiche Mann im Evaugelio, der zu seiner Seele sprach: Liebe Seele, du hast einen großen Bor­rath aus viele Jahre; habe nun Ruhe,, trink und habe guten Muth! konnte er sich seines ReichthumS nicht lauge mehr freuen. Denn er begann zu kränkeln und wurde, da er die Aus­gaben für einen Arzt scheute und verkehrte Mittel auwandke, end­lich gar bettlägerig und hoffnungslos krank. Mehrere seiner Ver­wandte», die davon hörten, besuchten ihn und erboten nch, ihn zu verpflegen; den» sie dachten an die reiche Erbschaft. Das merkte er und empfing sic sehr nnsrenndlich, so daß sie bald wieder wegblieben. Jetzt zum erstenmal suhlte er sein Alleiusteheu, denn die ungebildete, nur zu sehr auf ihren eigenen Nutzen be­dachte Haushälterin, die er gern weggcschickt hätte, wenn er hätte hoffen können, eine bessere an ihre Stelle zu erhalten, konnte ihm die treue aufopfernde Pflege einer Gattin oder Tochter nicht ersetzen; im Gegentheil bereitete sic ihm durch Vernachlässigung, wie durch ihre Habsucht manchen Acrger. Oft gedachte er ans seinem einsamen Krankenlager des freundlichen uneigennützigen Knaben in A.Ich muß mein Testament machen und ihn darin bedenken", sprach er zu sich selbst; sonst geht mein sauer erwor­benes Vermögen auf meine unwürdigen Verwandten über, die doch nur lachende Erben sind. Er ließ durch seine Haushälterin einen Notar rufen. Sie vermuthete, daß er sein Testament ma- chen wolle, und hoffte, weil sie es wünschte, in demselben reich­lich bedacht zu werden. Als der Notar kam, schickte Herr Ham­mer die Haushälterin in einen cntfrrnlen Stadtkbeil und ickloß sich mit jenem ein. Die Hanshällerin, die seine Gedeimniffe gar zu gern gewußt hätte, suchte, ehe sie ging, noch etwas da­von durch Horchen zu erfahre», indem sie leise zurückkehrte und daS Ohr ans Schlüsselloch legte. Ihr Herr, der so etwas v.r- muthete, bat den Notar, ehe er ihm seine Wünsche mitlheille, so leise als möglich nachznsuchen, ob jemand in der Nahe sei. Als dieser nun plötzlich die Zimmcrkhür öffnete, welche nach innen aufglng, wäre die korpulente Frau, die sich daran gelehnt batte, fast ins Zimmer gefallen, hätte sie der Notar nickt in sinnen Armen ausgefange». Ihr Herr schalt sie tüchtig a»S und bat Len Notar sie bis vors Han? zu begleiten und die Hansthüre hinter sich abzuschließen. Dann machte er sein Testament. Wenige Tage darauf machte ein Schlagflnß seinem Leben ein Endo.

Unterdeß war die Zeit herangekommen. da Gustav Engel­brecht in A. die Schule verlassen sollte. Je näher der Tag kam, um so schwerer wurde dem Knaben der Gedanke, nun von seinen lieben Büchern für immer scheiden und zu einer Beschäftigung übergehen zu sollen, die seinen Wünschen so ganz entgegen war. Es kostete ihn manche beiße Thräne; doch war er verständig ge­nug einzusehen, daß ihm weiter nichts übrig bleibe, und sich in sein Schicksal zu ergeben. Ein Webermeister, derselbe, für den seine Mutter arbeitete, sein Palhe, hatte ihm den CvnfirmationS- anzug machen lassen und war bereit, ihn unentgeltlich in die Lehre zu nehmen, was Mutter und Sohn mit dem größten Danke an­erkannten. Denn erste« war nicht im Stande, von ihrem Ver­dienste den Sohn neu zu kleiden, vielwcniger Lehrgeld für ihn zu bezahlen.

Die Confirmation war vorüber; in wenigen Tagen sollte Gustav in die Lehre treten. Da erschien eines Morgens ei» Ge- richtSbote in der ärmlichen Wohnung der Wittwe, mit einer Vor, ladnng vor das Stadtgericht. Sie und ihr Sohn sollten am nächsten Vormittag um zehn Ubr im GerichkSzimmcc sich cinfiiiden. j Die Wittwe crschrack nicht wenig: sie war noch nie vor Gericht i erschienen, und war sich keiner Ueberkretnng der Gesetze bewußt, j Tollte ihr Gustav sich habe» etwas zu Schulde» kommen lasse»? !

Sie konnte eS nicht glauben, denn er war ein braver, geh», sanier Sohn und hätte es ihr gewiß längst bekannt, wenn er sich vergangen hätte. Sie war bekümmert und fragte den Bote», ob er ibr nicht milthcilen könne, warum sie vor Gericht erscheine« solle? Dieser lächelte.Das kann ich Ihnen nicht sagen, Fra» Engelbrecht," antwortete er,auch wenn es mir erlaubt wäre, Amtsgeheimnisse ausznplandeni. Die Herren haben cs nicht für gut befunden, mir zu sage», um was cS sich bandelt. Ich hoffe, eS werde nichts Schlimmes siin. Kommen Sie nur recht Punkt, lich, die Herren werden leicht ungeduldig, obgleich sie" fügte er halblaut hinzu. als scheue er sich, so etwas zu sagen, ^selbst nicht immer die pünktlichsten find." Diese Mahnung war bei Frau Engelbrecht nicht verloren. Schon um 9 Uhr stand sic im Vorzimmer des GerichtSsaaleS, in ihrem beste» Anzug mit boch- klopsendem Herzen; der Lohn in seine» Eonfirn,aiionSkleider».

Sie mußten lange warten; erst um halb cils Uhr wurden sie hineingerusi». Die Wiktwe trat schüchtern ein, am ganze» Leibe zitternd, vor Furcht und Warten der Dinge, die da kommen sollte». Der Vorsitzende Richter bemerkte ihre große Angst und lächelte:Fassen Sie sich, Frau Engelbiechk," sprach er freund- lich;eS ist nichts Schlimmes, waS wir Ihnen mitzntbeilen ha­be». In, Gegentheil glaube ich, es wird Ihnen Freude mache».

Haben Sie den Fabrikanten Hammer i-n Berlin gekannt?" Ich habe seinen Namen nie gehört, noch weniger kenne ich jh» von Person."Sonderbar! Aber er muß sie gekannt haben, oder wenigste»? Ihren Sohn; denn ihn geht die Mittbeilnng eigentlich an. Doch ich will Sie nicht länger in Spannung er- Hallen. Herr Aeknar, lesen Sie einmal da? Schreiben des Stadt­gerichts in Berlin." Dieses Schreiben war an VaS Stadtgericht in A. gerichtet und enthielt folgende Mittbeilung: Der kürzlich verstordene Fabrikant Hammer daselbst habe kurz vor seinem Ende den Sohn der Wittwe Engelbrecht in A., Gustav Engelbrecht, zu seinem Universalerben eingesetzt. DaS Stadtgericht habe diese« seinen letzten Willen geprüft und als gültig anerkannt, trotz der erhobenen Einsprache einiger entfernten Verwandten de? Verstor­benen. Es lege hiemir Abschrift beS Testamentes bei, und er­suche das Stadtgericht in A., dasselbe der Wftlwe Engelbrecht, als natürlicher Vormünderin ihre? SohneS, Gustav Engelbrecht, in Gegenwart des Letzteren, wenn derselbe bereits confirmirt sei, zu pnlfticire» und darüber, daß solches geschehen, ein Protokoll ansznnehmen und z» de» Acten einznsenden. Die Wittwe und ihr Sohn waren höchlich erstaunt, als sie die Mikthcilnng ver­nahmen. Sie wurden eS noch mehr, als ihnen nun das Testa­ment selbst vorgelescn ward. Nach den, gewöhnlichen Eingang hieß eS darin:

Zu meinem alleinigen Universalerben ernenne ich hiemit den Knaben Gustav Engelbrecht zu A. i» Thüringen. Er hat mir einst einen völlig uneigennützigen Liebesdienst erwiesen, den einzi­gen, der mil je in meinem Leben zu Thei! geworden ist. Da­für möchte ich mich ihn, gerne dankbar erweisen, um so mehr, als ich ihm damals nicht einmal einen Dank dafür ausgesprochen habe, was mir noch heute leid lhnk, und er, wie ich auf eilige- zogene Erkundigung erfahren habe, ein durchaus braver mid wohl­erzogener Knabe ist, von dem ich hoffen nnd erwarten darf, daß er mein Andenken i» Ehren hatte» und das ihm zngcwandteVer­mögen weise und gut verwenden werde. Hätte ec damals, als er mich zum Gasthof begleitete, auf eine Belohnung gewartet, oder mir zu verstehe» gegeben, daß er eine solche wünsche, s» würde er nie wieder von mir gehört haben." (Forts, f.^

^ l s e r l e i.

Friedrich Rückert über den Adel.

So sprach zum Adligen, der mit den Ahnen prahlte.

Der Bürgerliche, der mit seinem Wcrthc zahlte:

Wenn Du Vorrechte halt, so sei derselben Werth,

Steck' ein die Zung' und zieh' für's Vaterland das Schwert.

Wenn Deine Väter all' gut waren, sei nicht schlechter.

Und sind sie ungerecht gewesen, sei gerechter.

Wenn Raub vielleicht und Blut klebt am ererbten Gut,

So mache durch Gebrauch das Schlechterworbne gut.

Hab' ich nicht Ahne» auch? nur sind sie ungenannt.

Von Deinen Mancher war' auch besser ungekannt.

Die Deinen konnten Dir Erworbnes nur vererben, ,

Die meinen ließen Lust unv Kraft mir, zu erwerben. (Lrt. W,Z

Truck un, L,rl«g kcr G. W. Za ifcr'fLrii BuchhaiidNnig, Rtdarlken,