Apostel der Kirche vielfach die Apostel des Geistes und der Bildung. Jst's noch so? In der Provinz Umbrien, die bisher zum Kirchenstaat gehörte, leben 400,000 katholische Christen. Die Kirche hat ein Vermögen von 200 Millionen Franks, es leben in diesem Lande 5000 Geistliche, darunter 17 Bischöfe und Erzbischöfe; an Klöstern ist Ueberfluß, aber nirgends ist eine Schule zu finden.
Paris, 13. Juni. Wie der „Phare de la Loire" berichtet, hat in der kleinen Stadt Bouin während der Schulzeit der Blitz in das Schulgebäude eingeschlagen. Die Kinder waren gerade zum Gebete niedergckniet, als Plötzlich Steine, Holzsplitter und Kalk auf sie niederfielcn und sie eine kleine feurige Kugel mit außerordentlicher Schnelligkeit durch ihre Reihen hinfliegen sahen. Der Schrecken des Lehrers und der Kinder war gleich groß. Mehrere Kinder waren theils stark verbrannt, theils von den herabfallenden Steine» schwer verwundet worden und einen Knaben von acht Jahren, dessen Platz sich zufällig unter der Lampe befand, hatte der an derselben herabgeleitcte Blitz getödtct. (St. A.)
Paris, 14. Juni. Die heutige „Patrie" versichert, die Verhandlungen über die Anerkennung Italiens durch Frankreich seien bereits eröffnet. Frankreich würde die vollendeten Tharsachen anerkennen, ohne für die Zukunft Verpflichtungen zu übernehmen. (Fr. I.)
New-Uork, 31. Mai. In den Straßen von Newyork ist ein Mann um gebracht worden, weil er separatistische Ansichten geäußert hatte. — In Baltimore haben Unruhen stattgefunden; Volkshaufen riefen: „Es lebe Davis." — Die Majorität der Convention von Virginien für die Trennung beläuft sich aus 150,000 Stimmen. — Herr Douglas ist gefährlich erkrankt. (Jnd. b.)
Die Zerstörung des Inquifitionspalastes in Madrid.
Aus einem Bericht von Oberst Lemanoir, vom 9. Regiment der polnischen Lancier, im Jahre 1809.
Als Marschall Soult, der Gouverneur von Madrid, mich beorderte, nach dem Befehl des Kaisers die Jnqnisitionsgebäude zu demoliren, bemerkte ich ihm, das 9. Regiment Lanciers sei dazu nicht hinreichend, worauf der Marschall noch zwei Regimenter Infanterie dazu kommandirte, deren eines, das 117-, unter dem Befehl des Obersten Delille stand. Mit diesen Truppen marschirte ich nach der Inquisition, deren Gebäude mit starken Mauern umgeben und mit 400 Soldaten besetzt waren. Dort angckommen, forderte ich die Väter auf, die Thore zu öffnen. Eine Schildwache, die auf einer der Bastionen stand, besprach sich darauf einige Augenblicke mit Jemand innerhalb der Mauer, worauf sie aus uns Feuer gab und einen meiner Leute tödtete. Dieß war das Signal zum Angriff und ich befahl meinen Truppen, Jeden, der sich auf den Mauern blicken ließe, niederzuschießc». Bald stellte sich's heraus, daß der Kampf ungleich war, und ich mußte mich zu einer andern Angriffsweise entschließen. Es wurden einige Bäume niedergehauen und Mauerbrecher daraus gemacht; zwei dieser Maschinen, die gut gehandhabt wurden, machten unter einem Kugelregen eine Bresche in die Mauer, und die kaiserlichen Truppen stürzten in den Hof des Palastes hinein.
Hier zeigte sich uns ein Beispiel von jesuitischer Unverschämtheit. Der Generalinquisitor und die Väter Beichriger traten feierlich aus ihren Schlupfwinkeln hervor, in ihre priesterlichen Gewänder gekleidet und die Arme auf der Brust gekreuzt, als ob sie von nichts wüßten und nur sehen wollten was es denn gebe. Sie machten ihren Soldaten Vorwürfe: „Warum lasset ihr euch denn mit unseren Freunden, den Franzosen, in einen Streit ein?" Offenbar wollten sie uns glauben machen, sie hätten die Verthei- digung nicht ungeordnet; und ohne Zweifel hofften sie, während des Durcheinanders der Plünderung entwischen zu können. Aber hierin täuschten sie sich. Ich gab strengen Befehl, sie nicht aus den Augen zu lassen und ließ alle ihre Soldaten gefangen nehmen. Nun singen wir an, dieses höllische Gefängniß zu durchsuchen. Wir sahen eine Kammer um die andere; Altäre, Crucifixe, Wachskerzen in Menge, Reichthum und Glanz war überall zu schauen. Fußböden und Wände waren aufs Feinste polirt, und die Mar- mormosaik mit ausgesuchtem Geschmack eingelegt. Aber wo waren denn die Folterwerkzeuge, von denen man uns gesagt hatte, und wo waren die Kerker, in denen menschliche Wesen begraben sein sollten? Wir suchten vergeblich darnach; die heiligen Väter versicherten uns, sie wären verleumdet worden und wir hätten bereits alles ge
sehen. Ich war schon auf dem Punkte, meine Nachforschungen einzustellen, überzeugt, daß diese Inquisitoren andere Leute seien« als die, von denen man uns gesagt hatte. Aber Oberst Delille wollte sich nicht so leicht zufrieden geben. Er sagte zu mir: „Wir wollen doch die Fußböden noch einmal untersuchen und Wasser darauf schütten, dann wird sich's zeigen, ob's nicht irgendwo durchrinnt." Die Marmorplatten waren groß und ganz glatt. Nachdem wir zu großem Mißvergnügen der Inquisitoren Wasser darauf gegossen hatten, untersuchten wir alle Spälte, ob eS nicht irgendwo durchstckere. Bald rief Oberst Delille, er habe gefunden, was er gesucht. Zwischen zwei Marmorplatten verschwand das Wasser sehr schnell, wie wenn ein leerer Raum darunter wäre. Offiziere und Soldaten machten sich nun daran, die Platte aufzuheben, wäh- renb die Priester gegen diese Entweihung ihres schönen und heili- gen Hauses schrieen. Ein Soldat stieß mit seinem Musketenkolben auf eine Feder und es kam eine Treppe zum Vorschein.
Ich nahm von einem der vielen Tische eine angezündete vier Fuß lauge Wachskerze, um unsere Entdeckung genauer zu untersuchen, wurde aber von einem der Inquisitoren angehalten, der sanft seine Hand auf meinen Arm legte und mit frommer Miene sagte: „Mein Sohn, sie sollten diese Wachskerze nicht anrühren, sie sind heilig." — „Ganz recht," erwiderte ich, „ich brauche ein heiliges Licht, um die Gottlosigkeit zu ergründen," und stieg die Treppe hinab, die unter ein Gewölbe führte, welches keinen andern Ausgang hatte, als die Fallthüre. Unten angelangt, traten wir in ein großes, viereckiges Zimmer, die Gerichtshalle genannt. In der Mitte desselben war ein steinerner Block und auf ihm befestigt ein Stuhl für den Angeklagten. Auf der einen Seite des Saals war ein anderer höherer Sitz für den Ankläger, auf der andern ein anderer höherer Sitz für den Generalinquisitor, der Thron des Gerichts genannt, und auf beiden Seiten niedrigere Sitze für die Patres. Aus diesem Saal gingen wir nach der rechten Seite und fanden da kleine Zellen, die sich durch die ganze Länge des Gebäudes erstreckten. Aber was für ein Anblick stellte sich dort unseren Augen dar! Wie war da die wohlwollende Religion unseres Erlöses von ihren Bekennern geschändet! Diese Zellen dienten als Kerker, in welchen die Schlachtopfer der Inquisition eingemauert waren, bis der Tod sie von ihren Leiden erlöste. Ihre Leichname wurden der Verwesung überlassen, und damit der pesti- lenzialische Geruch die Inquisitoren nicht belästige, waren Ventilatoren angebracht, um ihn abzuführen. In den Zellen fanden wir die Ueberreste von einigen, die erst kürzlich gestorben waren, in den andern nur noch an den Bode» gekettete Skelette. Wieder in andern zeigten sich noch lebende Schlachtvpfer von allen Altern und von beiderlei Geschlecht: junge Männer und junge Frauen, und alte Männer bis zum Alter von 70 Jahren, aber Alle so nackt, wie au dem Tage, wo sie geboren wurden. Unsere Soldaten bemühten sich vor allen Dingen, die Gefangenen von ihren Ketten loszumachen, und zogen dann einen Theil ihrer Kleider aus, um sie zu bedecken. Nachdem wir alle Zellen durchsucht und die Kerkerthüren derer, die noch lebten, geöffnet hatten, gingen wir nach der linken Seite, um ein anderes Gemach in Augenschein zu nehmen. Dort fanden wir alle Folterwerkzeuge, welche Menschen oder Teufel nur erdenken konnten. Bei diesem Anblick ließ sich die Wuth unserer Soldaten nicht mehr bezähmen: „Alle diese Inquisitoren, Mönche und Soldaten müssen gefoltert werden!" schrieen sie. Wir machten keinen Versuch, sie zurückzuhalten und augenblicklich singen sie an den Personen der Patres ihre Arbeit an. Ich sah sie vier Arten von Tortur anwenben, daun zog ich mich von dem schauderhafte» Auftritt zurück, der so lange währte, als noch eine einzige Person, an der die Soldaten ihre Rache üben konnten, sich in diesen Vorzimmern der Hölle befand.
Sobald die Schlachtopfer der Inquisition ohne Gefahr aus ihrem Kerker ans Tageslicht gebracht werden konnten, verbreitete sich die Nachricht von ihrer Befreiung überall hin, und diejenigen, welchen das heilige Amt ihre Verwandten und Freunde entrissen hatten, kamen, um zu sehen, ob sich dieselben noch am Leben befinden. Gegen hundert Personen wurden aus ihren Gräbern befreit und ihren Familien wieder geschenkt. Viele fanden einen Sohn oder eine Tochter, einen Bruder oder eine Schwester, einen Vater oder eine Mutter. Andere suchten die Ihren vergeblich. Eine große Quantität Pulver wurde in die unterirdischen Gänge des Gebäudes gebracht, die massiven Mauern und Thürme wurden, als man es anzündete, in die Luft gesprengt und die Inquisition in Madrid hatte aufgehört, zu bestehen. _
Druck »»» Verlag d»r G. W. Z »,'fer'schen Buchhandlung. Si-k,k»°u: H»lzle.