Tages - Neu ig st eite».

* Nagold, 17. Juni. Ein gestern Vormittag von Westen »ach Osten ziehendes Gewitter brachte uns den schon lange nöthi- gen Regen, für die Stadtgemeinde HMtzubach aber die Vernichtung fast aller Erntehoffiiungen, indem der in großer Menge fallende Hagel zwei Drittel des Winterfcldcs fast ganz, die Hälfte des Sommerfeldes und ein Viertel des Brachfeldes total beschädigte. Es ist dieses Unglück für die Betroffenen um so betrübender, als die meisten den durch ein vor 2 Jahren eben­falls stattgehabtes Hagelwetter und durch die vorjährige kaum mit­telmäßige Ernte erlittenen Schabe» noch nicht verschmerzt hatten. Auch sollen nur Wenige ihre Felder versichert haben. _

Am 2. Juli kommt die Anklagesachc gegen den vormaligen Pvstgehilfen Johann Christian Günther von Nagold wegen Nest­setzung, Rechnungsfälschung und Unterschlagung amtlich auvertran- ter Gelder vor dein Schwurgericht in Rottweil zur Verhandlung.

Stuttgart, 12. Juni. Die neuerdings erschienenen Be­richte der Commissionen der 2. Kammer (volkswirthschaftliche und Finanzkommisston) bieten wieder mehrfaches Interesse. Aus dem Bericht der volkswirthsebaftlichen Commission über die neueste Ei- senbahnoorlage der Negierung geht hervor, daß diese nicht allge­mein befriedigt hat, weil sie sehr viele berechtigten Wünsche unbe­rücksichtigt läßt. Die Mehrheit der Commission beantragt zwar Zustimmung zum Regierungsentwurf, um zunächst wenigstens das zu erhalten, was die Regierung bietet, und weist dafür den An- irag der Minderheit ab, welcher dahin geht, auf den Rcgierungs- eutwurf in so lange nicht cinzngchc», bis die Regierung auch die in ihrem Vortrag in Aussicht gestellte Vorlage in Betreff der Fort­setzung der Oberueckarbahn gemacht habe. Dagegen wurde ein anderer Antrag angenommeu, die Regierung um eine Vorlage über den Bau dieser Bahn und die Fortsetzung der Hall-Crailsheim- Bahn noch in dieser Etatsperiode zu bitten. In der Concor- datsangelegenheit soll nun der letzte Entscheid getroffen und die neue Vorlage des Cultministcrinms an die Stände vom Geh. Rath gurgeheißcn worden sein. Es ist hiernach wegen des Concordats keinerlei weiterer Conflict zwischen Regierung und Ständen zu be­fürchte». Gestern soll ein Mann auf der Eisenbahn verunglückt sein, der durch seine eigene Unvorsichtigkeit überfahren worben und dadurch seinen Tod gesunden hat. (H. T.)

Stuttgart, 13. Jnui. Gutem Vernehmen nach werden die Stände am Montag den 2. Juli zusammentrcten. (H. T.)

Stuttgart, 15. Juni. Die Negierung erklärt dem ständi­schen Ausschuß offiziell: daß, da das Concvrbat als Vertrag ge­scheitert, kein verbindlicher Vertrag mehr vorhanden sei. (T. Chr.)

Reutlingen, 12. Juni. In letzter Zeit ist eine Prellerei eigener Art hie/vorgckommcn. Ein junger Mann, Rothgerber, gab vor, in einer Lotterie eine Summe vom 12,000 fl. gewonnen zu haben, und die ganze Stadt war voll von dem Gerüchte, wel­ches auch noch hinznsetzte, daß er jedem seiner Geschwister tausend Gulden davon gebe. Diese edle Handlung desselben rührte eine Tochter von angesehener Familie, um deren Hand er sich bewarb, so, daß sie ihn heirathetc. Als nun in voriger Woche das Ge­richtsnotariat das Vermögen aufnchmcn wollte, so fand es sich, daß die zusammengcbundencn Papiere desselben kein Papiergeld oder Banknoten, sondern Mustknoten und Schelmenlieder enthiel­ten, und daß der beneidete Gvldvogel nicht nur gar kein eigenes Vermögen besitze, sondern noch überdieß 1000 fl. zum Rindenein­kauf entlehnt habe. Um seinen Vorspiegelungen Glauben zu ver­schaffen, hatte der junge Unternehmer seit einigen Jahren 10,000 fl. Capitalien versteuert. Tie junge Frau ist nun nach sieben- wöchentlicher Ehe bitter enttäuscht und getäuscht zu den Ihrigen zurückgekommen. (H. T.)

Augsburg, 11. Juni. Die Zufuhr zu dem gestern dahier ervssuctcn Wollmarkte war eine erheblich stärkere als die des Vor­jahres : über 2700 Ctr. waren bis Mittag als auf Lager gebracht »otirt (gegen 2200 Ctr. zu gleicher Zeit auf dem vorjährigen Markte). Bei den bisherigen Verkäufen wurden so ziemlich die Preise des vorjährigen Marktes erzielt: für hochfeine und feine Bastard 148157 fl., mittelfeine Bastard 132140 fl. Für hochfeine Wolle wurde der vorjährige Preis von 184 fl. gefordert. In ordinären, deutschen Wollen bis gestern Mittag kein Geschäft; auch die Preise der übrigen noch durchaus nicht maßgebend. Die dießjährige Wäsche wird im Allgemeinen sehr belobt. (Schw. B.)

Breslau, 8. Juni. jVcrlauf des Wollmarkts.j Fast noch flauer als man erwartet, hat sich der Geschäftsgang gestern und

heute gezeigt. Mit einer Preiserniedrigung von 35 Thlrn. er­öffnet derselbe gestern, und nur ganz besonders gut behandelte Schuren mit blanker Wasche erhielten einzeln den vorjährigen Preis. Heute war das Geschäft noch schleppender und der Preisabschlag nahm zu.

Im Kabinet des östreichischen Kaisers wurde der Be­schluß gefaßt, die Armee um 6^,000 Mann zu reduciren; die wich­tigste Reductio» soll bei dem so überaus kostspieligen Fuhrwesen­train eingeführt werben, und man berechnet die tägliche Ersparniß auf etwa 27,000 fl., was im Verlauf eines Jahres die erhebliche Summe von 10,000,000 fl. ergebe» wird. Sobald sich die Ver­hältnisse im Innern selbst mehr cousolirt haben, und die ungari­sche und kroatische Frage endgültig befriedigend gelöst sein wird, soll eine noch erhcblichere^Verminderung des stehenden Hee­res erfolgen.

Der Fürstbischof von Brixen ist ein origineller Mann; er sagt den Protestanten nach, baß sie an allem Unglück, das dem östreichischen Kaiserhause begegnet sei, allein Schuld seien. Sie sollen die Revolution in Italien hervorgerufen haben, sie hät­ten die Niederlagen bei Magenta und Solferiuo verursacht, durch sie sei die Lombardei verloren gegangen, ja sogar die Kartoffel- krankhcit und das Steigen des Geldagios sei durch ihre Ketzerei bewirkt worden!

Luzern, 9. Juni. Hinter dem Pilatus hervor fuhr heute ein Hagel und Unwetter ein, wie es sicher seit Jahrhunderten nicht erlebt wurde. Die gesammte Vegetation ist auf viele Mei­len weit buchstäblich bis auf den letzten Halm verwüstet. Laub und Blätter sind von den Bäumen wegrasirt wie im November.

Turin. DemAmi de la Religion" sind über die letzten Augenblicke Cavours (in religiöser Beziehung) folgende Einzelhei­ten zugegangen: Freitag Morgen den 5. Juni verlangte Hr. v. Ca- vour, welcher sich seiner Lage bewußt war, daß man den heil. Vater durch den Telegraphen bitte, die Excomiuunication, welche über ihn ausgesprochen sein könnte, zurückzunchmen. Pius IV. empfing mit Thränen in den Augen die Bitte des Ministers.Un­verzüglich und ohne Bedingungen", lautete die päpstliche Antwort, welche dem berühmten Kranken sogleich durch den Telegraphen überbracht wurde.

Turin, 12. Juni. In der Deputirteukammer erklärte Ri­casoli: daß er der Politik Cavours, die Kühnheit mit Klugheit vereinigt habe, treu bleibe» werde. Italien habe ein Recht darauf sich als einheitliche Nation zu constituiren. Das Ministerium werde die Verfassung und die Gesetze achten, die Ordnung auf- rcchtcrhalteu und die Bewaffnung mit Eifer betreiben; es rechne voll Vertrauen aus den Beistand des Parlaments. Der Minister legt der Kammer einen Gesetzentwurf bezüglich der Erbauung eines Arsenals in Spezzia vor. (A. Z.)

Eine großartige Schwindelei macht diesen Augenblick in Mailand enormes Aussehen Es handelt sich um Schwindeleien eines Engländers, Namens John William Hulme, bis zu 80,000 Gulden. Er war im Juni 1859 in Mailand mit einer Dame und einem Mädchen angekvmmen, die er für Weib und Tochter ausgab, und nahm seine Wohnung im HStel Marino. Die Frau kaufte bei dem Mantillenfabrikanten Borchi für 11,000 Gulden, bei dem Leinenhändler Rigamonti für 29,000, bei dem Goldschmid Bigatti für 9000 Gulden. Auch die Tochter requirirte ein Piano und einen Lehrer dazu. Dann kamen der Corsetmacher, der Fri­seur rc. daran, undGraf" Hulme wollte zahlen, sobald es ge­nehm sei. So kam der August heran, mit ihm große Hitze und das noch größere Bedürfniß nach einer Villa. Graf Hulme fand eine nach seinem Geschmack am Comosee, und dingte bis zu 120,000 Gulden. Jetzt wird flott gelebt, Bälle, Soireen, Was­serpartien jagen sich. Aber Bäcker, Schlächter, Krämer und Boots­mann schreiben vertrauensvoll mit guter Kreide an. So kam der September. Alles war auf Wechsel gekauft. Es sollte bezahlt werden. Seine Gläubiger kommen in Massen aufs Land. Aber die Drei waren mit dem ganzen Raube abgereist, wurden jedoch in Graubünden gefaßt, und die Frau von dem französischen Kon­sul als einschlechtes Subjecl" bezeichnet. Die saubereFami­lie" wird den italienischen Behörden auSgclicfcrt, und Mr. John wälzt die ganze Schuld auf seine Begleiterin, deren Opfer er sei und die nie seine Gattin gewesen. Seine Ordens-Bänfler erklärte er für einen Schmuck zur Ehre des neuen Italien. Er wurde zu zwei Jahren Gefängniß verurtheilt.

Die Zeiten haben sich wunderlich geändert. In alter Zeit waren die Bischöfe und Klöster die Gründer von Schulen und die