ßtgnkt seiner Frau wie einem kranken Kinde, mit männlicher Milbe und Sanftmut!-, die Gardinenprebigken ermüden ihn aber

Hoch. ^

London, 28. Okt. Wie dem Renter'fchen Bureau ans Paris gemeldet wird, bat Fürst Metiernich Hrn. Tbonvcnel die östreickiscke Politik anseinandergesetzr und dieselbe i» vier Punkten znsainmcngefaßt. Zuvorderst werde Oeltreich die in dem Diplome vom 2». d. verheißenen Reformen aufrichtig zur Ausführung bringen; sodann werte es forkfahren, eine Defen- fiv.Haltnng zu beobachten, uno die Rüstungen in Benetien hat­ten nur den Zweck, etwaige Angriffe znrückznweife»; drittens werde es von dem System der Nicht-Intervention nickt abgehe», und viertens fei es der Ansicht, baß ein Eongreß nickt z» einer praktischen Losung der obschwcbenden Frage führen könne, wo­fern nickt zuvor ein gemeinsames Programm von den Mächten angenommen werde. Ein solches aber erscheine problematische.

(Kln. Z.)

Warschau. Kaiser Alexander küßte Franz Joseph bei dem Empfang mit solcher Innigkeit, daß er nach Versicherung von Augenzeugen sichtlichst überrascht und bewegt war; man ist aus diesem Benehmen daher wohl berechtigt zu schließen, daß die so lange gespannten persönlichen Beziehungen der beiden großen Herrscher von nun an eine» entschieden freundlichen Cha­rakter angenommen haben, lieber die Resultate der Znmmmen- kunst weiß man nichts Bestimmtes, doch wird als gewiß ge­meldet, daß über die orientalische Frage eine prinzipielle Verständigung gewonnen ist.

Warschau. Die Polen benahmen sich gegen den Kai­ser bei seiner Anwesenheit hier sehr ausfallend, denn sie mach­ten ihm nickt die Honneurs, sondern gingen ihm aus dem Wege und auf ihre (Äüler Auf dem großen Balle des russi­schen Ministers halten sich keine zwanzig Polinnen cingesnnden und die jungen Diplomaten konnten nickt eine einzige Erobe­rung macheii. I» dein Theat-r soll sogar Scheidewasser, Schwe­felsäure, in die kaiserliche Loge gegossen worden sein. Der Kaiser wurde eine Stunde lang erwartet und kam nicht. Nach andern Nachrichten mußte erst geräuchert werden.

Das Mädchen von Tan Tteffano.

(Fortsetzung.)

Nach drei Monaten ries der alte Mario Falcone seine Locher nach San Steffano zurück, und sie durfte keinen Augen­blick zögern, diesem Gebote Folge zu leisten. Sie schied von Len Freundinnen mit bitter» Thränen in den Augen, und seit­dem saß sie oft in so trüber, sehnsuchtsvoller Wehmnlh an dem ftensterckcn des alten Staatsgebändes, wie wir sie das erge Mal gesunde» haben.

So beseligend die Empsindnng, den Geliebten sich wider alles Erwarten ans einmal so nahe zu wissen, noch mehr, in der ersten Begegnung mit ibm seine Treue bereits erproot zu haben, ans Flamina auch wirken mußte, blieb nach kurzer Ueber- legnng dock eine unsägliche Angst in ihr vorherrschend, wie sein Irauri cs Gesckick sich in Zukunft gestalten werde; denn daran zweifelte das Mädchen, das in die Geheimnisse dieses furchtba­ren Gefängnisses scholl so weit cingedrnngcn war, keine» Au­genblick, daß dieses Kerkerleben ein grausames Sterben sei, und daß die Nähe der Geliebien, zumal er sic nur äußerst selten sehen und sprechen konnte, den junge» feurigen Mann nicht ent­schädigen, für die Dauer nickt einmal trösten könne. Und den­noch wußte Fiamina sich nicht zu sagen, wie sie selbst eS ertra­gen solle, wenn vielleicht schon andern Tages der königliche Be­fehl cinträfe, ihn sofort fteizngeben. Was führte nun aber Lv- rendano, den Soldaten des Königs, den angesehenen Cavalier von zweifellos einflußreicher Familie, in den Kerker?

Fiamina erfuhr es bald, wenigstens so weil, als Loredano sich darüber aiiöznsprecken für gut befand. Tie Zeit war den Liebenden kurz zngeniessen, denn jede längere Zögerung mußte die Ansmeiksamkeit, vielleicht gar eine» Verdarbt des alte» Ma­rio erregen. Hand in Hand neben einander sitzend, sie sich an ihn attschmiegend und ihn mit Blicken voll »»endlicher Liebe «ud Hiligcbuim betrachtend, wiederholten sic sich, was sie sich

bereits vor einem Jahre gesagt hatten, und tauschte» bange Besorgnisse gegen freilich sehr »»wahrscheinliche Hossnnnge» aus.

Loredano, Marchese Fioravanti, Oberstlientenant der kö­niglichen Caoallegieri oder Chevaulegers, war ein feuriges, im frischesten Jugendinuthe und Stolze überspriidelndes Blut. Wie er erzählte, halte ihn weniger Ueberlegung und Ucberzengung als ein müßiges Spiel der Phantasie zu der so arg verpönte» Verbindung mit dem sogenannte» jungen Italien getrieben. Er behauptete, gerade die Gefahr dabei habe ihn am meiste» ge­reizt, übrigens leugnete er jetzt nickt, daß er bereue, daß er aber auch z» stolz sei, dies zu bekennen und durch Bitten seine erzürnte Familie und das beleidigte Gesetz zu versöhnen. Er war entdeckt und ihm der Proceß gemacht worden, die Seini- gen halten ihn anfgegebe», und nachdem man ihn seiner Stel­lung entlassen, schickte man ihn auf zwanzig Jahre nach San Steffano.

Zwanzig Jahre! Fiamina schauderte sichtlich bei diesen Worten, die der Geliebte absichtlich mit einer gewisse» Sorg­losigkeit ausiprach, wobei cs indessen einem scharfen Auge nicht entgehen konnte, daß nur sein Stolz, der bisher noch keine große Deinnkhigniig erfahre» halte, sich gegen das unüberwind­liche innere Granen sträubte. Zwanzig Jahre in San Steffano! Fiamina wußte, daß zehn von ihnen hinreichten, einen hülslosen Ichwachen Greis ans dem kräftigsten, lebensfrischeste» I »glinge zu macken. Und dieser fturigc Geist, dieser edle Stolz, den sic so hoch bewunderte, ollte eine so entsetzliche Probe bestehen und sich beugen? Loredano konnte nickt zwei Jahre an diesem Orte ausdaner», davon war sie fest überzeugt, und in solcher Frist war doch unter keinen Umstände» auf eine» Act der kö­niglichen Gnade zu hoffen.

Heute war aber nicht die Zeit, sich so weit hinausgehen» den Betrachtungen hinzngeben. Loredano behauptete, daß er AlleS ertragen wolle, wenn cs ihm nur vergönnt sei, zuweilen die Geliebte zu sehen, daß er sich selbst den Tod geben werde, wenn das Schickfal oder sie selbst ihm dies versage; sie ver­sprach ihm unter den bittersten Thränen, jede Gelegenheit be­nutzen zu wollen, um in seine Z lle zu gelangen. So schieden sie, vom Schmerz niedergedrückt und von der Hoffnung ge­tragen.

Aiamina's Vater hatte trotz ihrer langen Abwesenheit kei­nen Verdacht geschöpft; der Gedanke, seine Tochter könne über­haupt Verwindung mit einem Manne, ja sogar mit einem ge­fährlichen ^Staatsverbrecher haben, lag ihm zu fern. Jeder feiner zufällig aus sie fallenden Blicke drang indessen tief in das sckuirvewnßke Herz des Mädchens und erfüllte sie mit der bängsten Tckeu.

Sie halte den alten Mann nie recht von Herzen liebe» können, denn stets war er hart und rauh gegen sie, wie. gegen seine Gefangenen gewesen, und nnn Loredano zii den letztere» gehörte, erschien Jener Fiamina um Vieles schrecklicher und ihr fremder

In die nassen Angen des liebenden Mädchens, als sie sich endlich ganz ungestört den Ausbrüchen ihres Gefühls bin­geben durfte, kam kein Schlummer, und dann folgten zwei Tage und Nachte verzehrender Unruhe und stürmischer Sehnsucht, Lo« redano wiederznsehen. Was sollte er davon denken, daß sie nicht zu ihm zurücktehrke? Und doch war dies unmöglick, ehe sie nicht der Vater anffordcrte, sich seiner Bequemlichkeit halber wieder einmal der Gefangenen anziinebmen.

Hundert Mal wohl an jedem Tage streckte sie zögernd die Hand, wenn der Alke schlief oder das Zimmer verlassen hatte, nach dem Schlüsselbunde aus, das ihr und Loredano wie­der eine kurze Zeit des Trostes und Glückes zu öffnen vermochte, ober die Gefahr war zu groß, wenn der Vater erwachte oder zurücktehrke, und ein übereilter Entschluß konnte ja' die Lage des Geliebten noch um Vieles bitterer mache». Loredano konnte nicht die entsetzlichen Qualen ausstehen, die an dem Herze» Ftamina's zehrten.

Endlich, am Mittage des dritten Tages, sprach der alt« Mario das heiß ersehnte Wort, und fast hätte die unruhige Hast, mit der Fiamina ihm gehorchte, sie verrathen oder 'wenig­stens verdächtigt. ' s