Paris, 15. Mai. Der französische Fiuaiizminister hat den Deputieren mit prahlerischem Munde verkündet, daß er 310 Millionen vorrätbig im Kasten liege» habe und zu den Rüstungen verwenden könne, aber er hat wohlweislich verschwie­gen, wie er zu diesem Gelbe kam. Sehen wir ihm näher auf

die Finger, so finden wir, baß dieß die Sparkassengelder der

Arbeiter, die Gemeinde- und Depositenkassen sind, baß man sich 100 Millionen durch Vermehrung des Bankkapitals ge­schaffen hat, und daß der Staat nicht weniger als H00 bis 1000 Millionen bereits seit längerer Zeit verfallene Schulden, die er hätte bezahlen sollen, nicht bezahlt hat. Das ist fran­zösische Wirthschaft! (H. T.)

Paris, 15. Mai. Von dem Kriegsministerium ist in einem Rundschreiben den französischen Officiercn und Soldaten das Verbot auserlcgt worden, de» Zeitungen irgend welche Mittheilungen zu machen. (Fr. P.)

Paris, 16. Mai. Die Nachricht des Nord, daß Ruß­land seinerseits fünf Armeccorps auf den Kriegsfuß setzt, hat hier eine außerordentliche Sensation erregt. Man erblickt da­rin die Antwort Rußlands auf die Haltung von Deutschland. In diplomatischen Kreisen trägt man sich nichts destoweniger noch immer mir der Hoffnung auf einen lokalisirlen Krieg her­um. Die Rüstungen um den Kampf zu beschränken sind all­gemein genug und an bewaffneten Zeugen fehlt es den Strei­tenden nicht. (H. T.)

Paris. Der Moniteur schreibt: Alessandria, 17. Mai. Der Kaiser war gestern i» Valenza zur Besichtigung der Vorposten und des Po-Lauss. Heute hat er sich nach Occi- miano begeben um den König zu besuchen. Das Wetter ist besser. (T. D. d. H. T.)

London, 12. Mai. Der Advertiser entwickelt einen Plan, den ihm ein Mitglied der Reform Club cingegeben hat, um Europa den Frieden und Freiheit wieder zu geben. Er besteht in einer Allianz mit den französischen Flüchtlingen gegen L. Napoleon, in einer Unterstützung derselben mit Geld und Waffen. Wozu der Advertiser bis jetzt nur englische Pri­vatleute auffordert, das wird seiner Ueberzeugung nach früher oder später die englische Negierung selber thn». (St.-A.)

Königin Victoria hat feierlich die strengste Neutrali­tät Englands proclamirt.

Allerlei.

Der Krieg!

Fortsetzung.)

So weit wir in die Geschichte der Menschheit zurückblicken, ist noch kein Krieg geführt worden nm Bölkerbeglückung. Entweder der Ehrgeiz der Machthaber, die Herrschsucht der Fürsten und Völker', die die anderen Nationen zu ihren Füßen erblicken, den Schweiß der anderen genießen wollen, oder der Wahn, den Menschen mit dem Schwerte das aufzndrängen, was ihnen religiöse Wahrheit schien^ und zu vertilgen, die sich diese Wahrheit nicht aufdrängeu lagen wollten dich waren immer die Ursachen des Krieges.

Auch hat der Krieg noch nie ein Volk beglückt, nicht das siegende, und nicht das besiegte. Denn wenn auch die göttliche Vorsehung selbst aus blutiger Saat in der Folge der Zeit Gutes hervorsprießcn läßt: der Krieg an sich bewirkte es nicht, das Gute wäre anderweitig dennoch gekommen und die Millionen Brüder wären gerettet gewesen. Sollten wir nicht glauben, daß die Wahrheit, sobald es diese ist, sich von sechsten Bahn brechen werde unter den Menschen? Dürften wir nicht umgekehrt behaupten: welche Lehre erst mit dem Schwerte weiter getragen, verbreitet und befestigt werden muß, bas sei keine Wahrheit? Sind noch keine Wahrheiten gesunden wor­den, die ohne Schwertstreich sich die Welt erobert haben? Man denke z. B. an das Kopeniikanische Weltsystem und die Lehre von Gott, vom Recht« und von der Liebe sollte der Degenspitzen und Kauonenschlünde bedürfen?

Auch das . ist nur sehr theilweisc wahr, daß der Krieg zur Entwickelung der Menschheit Vieles beitrage, dag er die Geister in Bewegung setze, und dadurch zu vielen Entdeckungen und

Geistesthätigkciten veranlaffe. Wenn dieses auch stattfindet, so sind cs zufällige Vorthcile, die durch den Schaden, den er »er, ursacht, niemals ausgewogen werden. Im Gegenthcile stört er die Entwickelung sehr nachdrücklich. wirft die Menschen in sitt­licher und materieller Beziehung zurück, und wendet ihre Auf» merkiamkeit von innen nach außen. Wie? traut man dem Genius des Menschen so wenig, daß er von sechsten, ohne äußere Veranlassung, nicht auch seine großen Erfindungen und Vollendungen zu Stande bringen werde? Das Höchste leistet der Mensch nur, wenn ihn seine Genie von innen treibt und von innen begeistert, wenn er weder Lohn noch Roth vor Augen hat, sonder» nur die Wahrheit und . die Anstrengung. Und gerade das vermehrte Drängen und Treiben der Menschen im Frieden, wenn die Geister Raum haben, auf einander, zu pla­tzen, schärft die Gewalt des Genies und spornet den Geist an.

Ja, es wird eine Zeit kommen, wo die bellen Gestalten der Kriegesfürsteii-llnS Feldherren in der Geschichte verbleichen und zu dunkeln Schatten werden; wo nur die Kampfhelden den Kranz des Ruhmes noch tragen werde», welche zur Ver­th eidigung ihres Volkes, zum Schutze ihres Vaterlandes das Schwert ergriffen und das Leben geopfert habe». Der Titelder Große" wird denen genommen werden, welche lediglich, um Völker zu bezwingen und Länder zu erobern, schlachten geschlagen und gewonnen haben: diese wird man verabscheuen als Geißeln der Menschheit, ob sie den civilisirten Griechen und Römern, oder den rohen Hunnen entsprossen; und je mehr man die Kraft ihres Geistes wird anerkennen müs­sen, desto mehr wird man sie bedauern, da sie sie so übel an­gewandt haben. So wird gerichtet werden, was nur mit roher Gewalt das Glück ganzer Generationen zertrümmernd, gewirkt hat, und anstatt sie dem Gedächtniß der Jugend schon mit großen, aber falschen Warten einzuprägcn, wird man sie lie­ber dec Vergessenheit übergeben, als unwürdige Söhne de- Menschengeichlcchts. Mau wird, wie man den Hcrostratus ver­abscheut, weil er den Tempel zu Ephesus aus Ruhmsucht an« zündete, alle die verabscheuen, welche die Fackel der Zerstörung in die Paläste und Hütten der Völker warfen ans Ruhmsucht und Herrschsucht. Man wird die Bosheit nicht mehr nach dem Erfolge beurtheilen, und den großen Erfolg zum Ruhme anschreiben, sondern überall nach ihren Bewegungsgründen.

Die Leidenschaften werden nie ersterben in der Brust des Menschen, seine ganze Natur ist darauf angelegt. Warum sollen aber die Völker als Ganzes nicht mora­lische Personen werden können, die keiner Lelden- s chasl' unterworfen sind? Es handelt sich darum, ob ein Volk als ein moralisches Ganzes nicht die Leidenschaften und kleinlichen Ansichten soll vermeiden und aus sich entfernen können, denen die einzelnen Menschen unterworfen sind. Sind aber erst die Leidenschaften aus dem Verkehr der Völker unter einander gewichen: so sieht man nicht ab, wie der Krieg zwi­schen ihnen entstehen soll, da die Gere'chtigkeitSliebe, Unpartei­lichkeit und gesunde Vernunft wahrlich! nicht mit allzugroßer Mühe die Gegenstände der Streitigkeiten auf den rechten Stand­punkt zu bringen vermögen.

Es gab eine Zeit, wo die Völker den Beruf in sich fühlten, die ganze Erde sich zu unterjochen. Es geschieht dies stets nur, wenn die Völker voller Kraft, aber noch auf der Stufe der Kindlichkeit befindlich sind. Tenn die Völkerstämme der Menschheit sind so verschieden in ihrem Wesen, daß sie nur kurze Zeit durch äußere Gewalt znsammcngehalren werden können. Von Nimrod und Scsostris bis zu den Römern, von Karl dem Großen bis zu Napoleon sah man die Weltreiche nur kurze Zeit bestehen , und dann mit desto größerer Zertrüm­merung auseinaudcrsallen. Vielleicht wird diese Idee auch noch in neuester Zeit von diesem und jenem Volke gehegt, vielleicht wird noch daun und wann in den kommenden Jahr­zehnten ein Versuch gemacht werden: aus dem größten Theile.der Menschenwelt ist dieser Wahn gewichen, mau ist zu der Erkeniit- uiß gekommen, daß nur der Staat eine wirkliche Dauer haben kann, der aus gleichgeartctcn Volksthcilcu besteht. (Schluß folgt.)

Druck und Vertag der G. W. et»> >«r'kchea «,,ck»»u»lung. Redatt-dn: 4 »t,1 e.