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Nom, 23. Sept. Der heilige Vater erfreut sich nach wenigen unbedeutenden Wiederholungen von Schwindelanfällen jetzt recht guter Gesundheit, nur daß seine Korpulenz eher zu- als abnimmt. Ich erwähne dieses ausdrücklich, weil dadurch die Ausführung eines schon länger gehegten, vielleicht mit einem früheren Gelübde verknüpften Wunsches bedingt ist. Ec betrifft eine Reise nach Jerusalem. Ich kann Ihnen hierüber so viel als gewiß melden, daß der heilige Vater jetzt, und zwar mehr als sonst, daran denkt. (Kln. Z.s

Paris, 30- Sept. Die Hochzeit des Herzogs vonMa- lakoff wird am 12. Okt. in der Kapelle des Schlosses von St. Clond gefeiert werden. (H. T.)

Eine der größten Verlegenheiten für Kaiser Napoleon ist sein Vetter, der Prinz Napoleon. Der Prinz hat bedeu­tende Anlagen und Energie, ist liberal, jung und ehrgeizig, aber er paßt nicht ins kaiserliche System. Was mit ihm an- fangcn? fragt die Times.

Se. Kais. Hob. Prinz Napoleon ist am 3. Okt. von seiner Reise nach Warschau wieder in Paris cingctrvffeii, und wie die Franzose» erzählen, sei cs schwer zu sagen, ob der Prinz Napoleon dem Kaiser Alexander oder dieser dem Prinzen mehr den Hof machte. Sie frühstückten am ersten Tage zusam­men und einmal hak der Kaiser den Prinzen in seine Wohnung begleitet. In Granitza auf der russischen Grenze frühstückten der Prinz von Preußen und der französische Prinz zusammen, aber ganz zufällig.

London, 29. Sept. Schottische Blätter erzählen von einer wunderbaren Greisin, einer Frau Sunderland, die bei Leirboll lebt, 104 Jahre alt ist, sich ihr Brod als Schnitterin verdient, ihre 13 Meilen geht, ohne besonders müde zu werden, gesund und frisch anssteht, als hätte sie nickt viel über 60 Jahre aus dem Rücken, und die schönsten Geschichten von 90 Jahren her zu erzählen weiß. (St. A.)

Aus Durham wird von einem furchtbaren Unglück be­richtet, das sich in der Page Bank-Kohlenmine ereignet hat. Um 8 Uhr Morgens entdeckte man, daß der Lchacht der Grube in Flammen stand und einer der Aufseher durch herabfallende Stücke der Holzbekleidnng erschlagen worden war. In der Grube befanden sich 81 Arbeiter. Sie sind jetzt nach unsäg­licher Mühe alle heraufgebracht, 10 todt, viele sehr erschöpft, nachdem sie 40 Stunden eingeschlossen gewesen waren.

Nizza Pascha Excellenz darf sich der Leser immerhin merken. Das ist der Mann, der die Türkei resormircn will, die Finanzen, die Beamten, die Soldaten und womöglich^ den Sultan selber, der ein guter, aber schwacher Mann ist. Seine Reformen hat er mit dem Geldbeutel, den Juden und Weibern begonnen. Uebers Jahr wollen ffvir Nachfragen, wie weit er gekommen ist.

Pflicht und Liebe.

«.Fortsetzung.)

3.

Mit jugendlichem Ungestüm folgte Karl den vaterländischen Fahnen, und eilte seinen Brüdern entgegen. In Leipzigs Ebe­nen sollte furchtbar sich's entscheiden, ob Frankreichs großer Held unüberwindlich sei.

Die Sonne stieg empor: schon waren die kampflustigen Streiter versammelt, schon öffnete sich das Grab, seine Opfer zu empfangen. Ebrliebe und Verzweiflung hießen die'Franzosen kämpfen, Patriotismus und Rachegefühl begeisterten Rußlands und Preußens Cchaarcn.

Die Sonne ging unter; Flammen verzehrten Häuser und Güter, mit Wunden bedeckt waren die Krieger beider Heere, mit Leichen besät das Gefilde der blutigen Schlacht.

Bewußtlos lag Karl am Abend des verhängm'ßvollen Ta­ges in einer elenden Bancrnhütte, wohin er als Gefangener ge­bracht worden war. Bei dem Erstürmen einer Batterie, die er lange muthvollvertheidigen half, war er beinahe zusammengehauen worden. Tie Franzosen mußten sich ergeben, und die siegen­den Russen blieben Meister dieses wichtigen Punktes. Verwun­det wurde Karl in jene Hütte gebracht, die wenige Augenblicke nachher Rußlands Beherrscher zu seinem Nachtlager wählte.

Seine Menschenfreundlichkeit ließ den jungen Officier auf's sorg­fältigste verpflegen, denn er übergab den Verwundeten seinem eigenen Leibarzte, dessen Geschicklichkeit ihn den Armen des Tode« entriß. In kurzer Zeit war er wieder so weit hcrgestellt, daß er den übrigen Kriegsgefangenen an den für sie bestimmten Aufenthalt im Herzen Rußlands folgen konnte.

Die lange und beschwerliche Reise hatte die Wunden des Gefangenen verschlimmert. Noch kaum geheilt, brachen sie von Neuem auf, und erlaubten ihm nicht, seine Reise weiter fort­zusetzen. Ein mitleidiger Kaufmann in der Ukraine nahm den jungen Officier auf, und verpflichtete sich, für seine Sicherheit zu wachen. Die Gastfreundschaft des biedern Russen machte dem Gefangenen sein herbes Loos erträglich, und Kathinka, seines Wohlthäters einzige Tochter, wurde die treue Pflegerin an dem Bette des heimathloscn Kranken. Sie war die lieb­lichste Jungfrau in der ganzen Umgegend. Fromm, wie rin Engel des Himmels, und schön, wie der junge Frühlingsmor­gen, ward sie in dem ganzen Kreise ihrer Bekannten geschätzt und geliebt. Alle Mädchen waren stolz, wenn sie mit ihr ver­glichen wurden; alle jungen Männer strebten nach der Gunst der holden Kathinka, allein keiner vermochte der Jungfrau Herz zu fesseln.

Zusehends genaß Karl bei so liebevoller Pflege, seine Wunden -heilten unter Kathinka's segensreicher Hand. Bald durfte er das Krankenlager verlassen, und am Arme seiner Pflegerin die Würze der frischen Luft genießen. Noch einige Wochen, und Karl stand in der Gesundheit Fülle wieder da; aber nun war Kathinka erkrankt: der schöne Jüngling hatte in dem holden Mädchen eine unbekannte Regung angcfacht die Morgenröthe der Liebe dämmerte in ihrem Herzen.

Karl schauderte vor dem Gedanken, in diesem reinen Gcmüthe den Sturm der Leidenschaft erregt zu haben. Er halte ihre Zuneigung anfangs nnr für Mitleiden mit seinem Zustande gehalten, und sich unbesorgt dem ganzen Zauber ihrer Liebens­würdigkeit hingegeben. Jetzt aber schwebte Amaliens Bild leb­hafter als je vor seinen Augen, ihre lheuern Züge mahnten ihn an den Schwur der ewigen Treue.

Welch' ein Jammer für ihn, als Kathinka's Betragen bald seine Besorgnisse zur schmerzlichen Gewißheit erhob. Die Tochter des Mannes, der ihn mit so gastlicher Freundschaft ausgenommen hatte, sollte er unglücklich gemacht haben; dem Mädchen, das durch so viele Aufopferungen sich ein Recht aus seinen innigsten Dank erworben, sollte er den Frieden der Seele rauben? Traurige Lage, in die er sich versetzt sah, unglückliche Zukunft, die ihm bevorstand.

Das einzige Mittel, welches vielleicht Kathinka's Herz wieder heilen konnte, war rasche Flucht; er wollte lieber die unverdiente Schande der Undankbarkeit ertragen, als die Arme länger mit vergeblichen Hoffnungen täuschen. Ein kurzer Brief, in welchem er die Sehnsucht nach der Heimath als einzige Ur­sache seiner Entfernung angab, sollte die Pflicht des Dankes erfüllen, und den guten Menschen ein letztes Lebewohl sagen.

4.

Bei einbrcchcnder Dunkelheit verließ Karl heimlich das Haus, in welchem er so viele Wohlthaten genossen hatte. Mit gleicher Vorsicht schritt er durch die Thore der Stadt, und eilte nun rasch der Gegend zu, in welcher, seiner Vcrmuthung nach, die Heimath liegen mußte.

Kaum hatte er aber einige Stunden zurückgelegt, als er das Geräusch verfolgender Pferde hinter sich zu vernehmen glaubte. Er verdoppelte seine Eile, allein die Reiter hatten ihn bald eingcholt, und brachten den Flüchtling in seinen Ge­wahrsam zurück. Der mißlungene Versuch machte, daß er unter die strengste Aufsicht gestellt wurde. (Forts, folgt.)

Allerlei.

S i n n s p r u ch.

Verirren kann man sich geschwind Irrwege gibt es aller Enden,

Wenn nur, die am Verirren sind,

Ein Beispiel an Verirrten fänden.

Lruckund Verlag der Ä. LL. cj a > sc r'schen Buchyandlu »g. Rcdalrü»,: H»lzlc.