von cholerischem Temperamente, blieb seiner nicht länger mächtig, wüthend schrie er: „Elender! welche Befehle wagst Du zu erfinden? Meine Bewegung von Rcgens- burg hierher war die glücklichste, die klügste, welche ich je unternommen; kaum hatte ich meine vorige Position verlassen, so begann die östreichische Hauptarmce, heute Morgen sechs Uhr, von Rohr aus gegen Regensdurg ihre Angriffsbewcgungcn in der falschen Ueberzeugung, mich noch dort zu finden. Der Feind war getäuscht und seine unüberlegte Diversion bringt uns unberechenbare Vortheile. Mich nach Regensdurg wenden — hieße nicht mehr, als die Flanke der Baieru prciögeben, und uns Alle dem gewissesten Verderben überliefern. Darum — es kann nicht anders sein — Du bist ein Niederträchtiger, ein traitrs — denn solche unsinnige Ordren kann das höchste aller Feldherrntalente, ein Napoleon, nicht geben; doch triumphire nicht zu früh, Du wirst Deinen Lohn finden — Soldaten! ergreift den Schurken!"
Mit unterschlagenen Armen, ruhig und kalt, hatte Monsieur Brülot den Herzog angehört; das Gesicht, die ganze Haltung des Lieutenant-Colonel verriethen nicht die mindeste Bewegung, und nicht ohne Würde sprach er nun: „Besinnen ^ie sich, Herzog! Handschrift und Siegel des Fürsten von Neufchatel können Ihnen heute nicht zum ersten Mal unter die Augen gekommen sein; — prüfen Sie näher — bedenken Sie, ich habe zwar erst seit wenigen Tagen die Ehre, der Suite des Kaisers einverlcibt zu sein, allein eine Beleidigung meiner Person wird und muß strenge gerügt werden, weil sonst ja die festen Stützen zusammen stürzen würden, welche das großartige Gebäude dieses Dienstes halten. Handeln Sie nun nach Gutdünken, allein Morgen werde ich Sie zur Rechenschaft ziehen — vor dem Kaiser."
Der Anerstädter war etwas verblüfft; er betrachtete des Generalmajors Schreiben, welches er noch in den Händen hielt, von allen Seiten, daun erwiderte er, doch mit ungleich weniger Heftigkeit als zuvor: „Hm, hat man doch Beispiele, daß Siegel nachgestochen, Handschriften , täuschend ähnlich, nachgeahmt worden sind; indessen, mein Herr! ich nehme den Vorschlag an; morgigen Tages soll der Kaiser richten zwischen Ihnen und mir."
Die ruhige Fassung des 4ääs äs camp hatte dem Feldherrn imponirt, und er begnügte sich nun noch damit, den ihm verdächtigen Galopin Napoleons, der besonder» Aufsicht des alten , vertrauten Capitäns Gamclle zu übergeben.
Als am 20. April bei Tagesanbruch die Trompeten schmetterten und die Trommeln wirbelten, welche das Corps des Herzogs von Auerstädt unter die Waffen riefen, fand man den alten Gamelle todt in seiner Baracke liegen ^ ein kräftiger Dolchstoß hatte den Lcbensfaden des verdienten Offiziers zerschnitten; Monsieur Brülot war entflohen.
4.
Am frühen Morgen des 20. April erhob sich Plötzlich in den langen Reihen der baierisch-französischen Armee ein lautes Jubelgeschrei, welches auf ein außerordentliches Ereigniß deutete.
Napoleon war in Begleitung seiner ausgezeichnetsten Feldherrn im Lager angekommcn.
Der Kaiser bestieg sogleich eine Anhöhe vor Abensberg, von welcher aus er'die feindlichen Stellungen be. quem überschauen konnte. Hier wurden die Landkarten "
vor dem größten Feldherrn seiner Zeit an der Erde aus- d
gebreitet und hier war es auch, wohin Napoleon alle -
vornehme Führer der einzelnen Corps beschicden batte.
Der Herzog von Auerstädt und Vandamme erzählten von dem .tiäs äs onmp Monsieur Brülot und den seltsamen Ordren, welche er übcrbracbt; der baier'schc Ge- E
neral Minuzzi erwähnte des M a n nes mit de m S ch i m- A
m c l ' und seiner Flucht. Napoleon versicherte, keinen ln Monsieur Brülot je abgesendet zu haben, und der Fürst von Neufchatel erklärte die mit seinem Namen Unterzeichneten Ordonnanzen für untergeschoben. Der Kaiser wurde tu aufmerksam; der Auerstädter und Vandamme mußten das in Acußere des angeblichen 4ääs äs camp, Minuzzi jenes L
des JacqueS Poinxon genau beschreiben, und nun unter- di
lag cs fürder durchaus nicht mehr dem geringsten Zweifel, se
das Brülot und der Mann mit dem Schimmel eine und di dieselbe Person gewesen. L
Nach einer langen Panse sprach Napoleon: „Meine di
Herren! wir haben es mit einem nicht minder kühnen, al
als verschlagenen Patron, in der Person des Schimmel- di mannes zu thun, und mir ahnet, er wird fick', großes kc
Unheil zu stiften, unter allerlei Gestalten noch öfters in d unsere Reihen schleichen, darum meine Herren! empfehle B ich Wachsamkeit und Vorsicht; wer mir diesen Monsieur Brülot, den ich beinahe zu kennen glaube, lebendig oder A
todt liefert, hat auf besondere Erkenntlichkeit von meiner b>
Leite zu zählen, übrigens behalten Sie die Sache für in sich, cs frommt dem gemeinen Krieger nicht, von derlei ch
zu wissen." T
Ter Kaiser hatte gut sprechen, das Gerücht von a
einem gefährlichen Spion, welcher der hohen Generalität A
derbe Nasen gedreht, hatte sich längst in den meisten ei
Compagniccn und Geschwadern des Heeres verbreitet, und v die Soldaten nannten in ihrer, alles eigenthümlich mas- si
kircnden Sprache jenen Gebcimnißvvllen: „den Jakob di
mit dem Schimmel," und wenn während des Feldzuges T
einmal etwas nicht so ganz ging, wie cs gehen sollte, pflegten die Leute zu sagen: „Hier hat wieder Jakob ti
mit dem Schimmel seine Hand im Spiele!" — Jeder, n
der den Feldzug des Jahres 1809 mitgemacht, wird solche d
Redensart öfters vernommen haben, ohne vielleicht deren Z
Bedeutung genau zu kennen. s<
Bald nachher befahl Napoleon die Erstürmung des u
ungemein wichtigen, von den Feinden nur schwach besetzten b
Punktes Rohr. Der Herzog von Mvntebello wandte sich f
auf der großen Straße dahin, Vandamme mit den Würt- l
tembergern gegen Brnchhof, der Kronprinz von Baieru n
gegen Offenstcttcn, als Reserve folgte Deroy. Wrede d
traf Anstalten, seinen Uebergang über die Abens zu er- t
zwingen. e
Allerwärts rollten Kanonendonner; die denkwürdige s
und verhängnißvolle Schlacht bei Abensberg hatte begonnen. l
(Fortsetzung folgt.) ' t