Zuffenhausen, 23. Sept. Heute früh fand man am Rande eines Steiubruches ein ganz auSgeschirrtcs Pferd neben einem Wagen, auf solchem einen Sack mit Rup von Bisstngen bezeichnet, und in der Tiefe des Steinbruchs einen männlichen todten Leichnam. Ms den begleitenden Umständen will man auf einen Raubmord schließen. (H. T.)
Ludwigsbucg, 25. Sept. Die mit dem Leichname des im Steinbruch bei Kornwestheim todt gefundenen Mannes vorgenommene Legalinspektion und Sektion bestätigte den Verdacht einer Gewaltthat durch dritte Hand nicht, vielmehr ist als höchst wahrscheinlich anzunehmcn, daß der Fuhrmann durch irgend welche eigene Fahrlässigkeit mit seinem Fuhrwerk von der Straße ab nnd an den Rand des Steinbrnchs gekommen ist, und daß derselbe in der Finsterniß wahrscheinlich während deö Um- kehrens in den 56' hohen Abgrund stürzte, während das Pferd, das sich vor Letzterem gesträubt hatte, vorwärts zu gehen, sich selbst ledig machte. Bei dem Verunglückten fand man nicht weniger als 7 Beinbrüche, von denen einzelne den augenblicklichen Tod herbeiführen mußten. — Heute Nacht nach 12 Uhr ist die Obstdörre des Handlungsrcisenden Dürr, welche in dessen Garten beim Militärspital stand, abgebrannt. (L. T.)
Eßlingen, 23. Sept. Der letzte Fall, welcher bei der dießmaligcn Quartalsttzung zur Abnrtheilung kam, betrifft die Anklage gegen den ledigen Schneidergesellen Gottl. Ankele von Walddorf, OA. Tübingen, wegen gewerbsmäßiger Betrügereien. Der Angeklagte diente in der zweiten Kapitulation beim K. Militär, wo er neben seiner Löhnung auf seinem Handwerke einen nicht unerheblichen Nebenverdienst bezog. Als er im April d. I. beurlaubt wurde, ließ er sich auf den Namen zweier Schneidermeister Stuttgarts aufführen, nicht um sich durch Arbeit seinen redlichen Erwerb zu verschaffen, sondern um günstige Gelegenheit zu haben, auf Kosten Dritter von Prellerei zu leben. Bei der Mnnbfertigkeit, die ihm zu Gebote stand, und bei dem scheinheiligen gleißnerischcn Wesen, das ihm eigen war, gelang es ihm, eine Reihe von Gewerbetreibenden Stuttgarts, namentlich Möbelfabrikanten, Schneider, Vorkänfler, Inden und Psandans- leiher auf eine sehr schlaue Weise in Schaden zu bringen. Als hauptsächlichster Köder diente ihm seine Kaution, auf welche er in übertriebenem Maße Schulden auf Schulden kontrahirte, obgleich dieselbe längst durch verschiedene Vormerkungen in Anspruch genommen war. Eine vom K. Oberamtsgerichte Tübingen vorgenommene Vermögensun- tersnchung führte zu dem Ergebuiß, daß über den Angekl. der Gant ausgesprochen wurde, wobei sich eine Insolvenz von 1270 fl. ergab. Gleichwohl entblödete sich der Angekl. nicht, Verbindlichkeiten aller Art einzugehen, ob- schon er sich bewußt war, daß er nicht in der Lage sei, dieselben zu erfüllen. Bald war es ein Möbelfabrikant, bei dem er Sekretäre, Armoirs, Sessel, vollständige Betten u. s. f. miethete, oder aus den Namen seiner Tante kaufte und im nämlichen Momente wieder unter ihrem Wcrthe veräußerte, bald war es ein Schneider, bei dem
er einen vollständigen Anzug sich auswählte, um ihn bald wieder zu verwerthen, bald eine gutmüthige, leicht zu beredende Wittwe, der er ein Baaranlehen zu entlocken wußte. Ueberall verwies er diese Personen theils auf seine Kaution, theils auf eine sehr vortheilhafte Verbindung, theils endlich auf eine in Aussicht stehende Anstellung bei der Post, bei Hof oder bei der Polizei. Gerade die Bewerbung um eine Polizeidienersstelle brachte sein betrügerisches Treiben näher an den Tag. Man fand, daß der Angeklagte nicht nur einen Luxus entfaltete, den selbst ein fleißiger Arbeiter nicht hätte bestreiten können, sondern es stellte sich alsbald auch heraus, daß er schon seit einem Jahre in einem die Summe von 500 fl. übersteigenden Betrage verschiedene Betrügereien verübt hatte. Der Angekl. will durch seinen WohlthätigkcitSsinn so tief in's Schnldenmachen hineingekommen sein, und nachdem er einmal in Schulden gesteckt war, mußte er, um wieder ein Loch znzndccken, ein anderes anfmachcn. Zu erwähnen ist hier, daß der Angekl. Anhänger einer frommen Sekte ist; als solcher spendete er in einem seine Kräfte weitübersteigenden Maße Wohltbaten aus; er gefiel sich darin, in seinem Heimathorte Besuche zu machen, nnd dort von Hans zu HauS Kranke nnd Nvthleidende anfznsnchen, um ihnen seine Hilfe zu bieten, denn die milden Gaben, die er vertheilte, hatte er sich zuvor durch Täuschung Dritter verschafft, nnd es scheint, daß er durch diese mildthätigen Handlungen nur seine Eitelkeit befriedigen wollte. Zu einer Zeit, in welcher er am tiefsten stack, suchte er sich durch eine reiche Heirath zu helfen. Eine »ermögliche geschiedene FörsterSsrau in Besigheim, welche ein Vermögen von etwa 20—25,000 fl. besitzt, sollte ihn retten, allein seine Bewerbungen blieben ohne Erfolg: Nun richtete er sein Augenmerk auf ein ihm religiös gleichgesinntes Mädchenin Schönaich, allein dicseschrieb dem Angeklagten, als „ihrem Bruder in Christo", unter Hinweisung auf Tobias Kap. 8, V. 8, daß es ihr nicht gezieme, in einem Stande zu leben, in den nur die Heiden treten, und daß sie es vorziehe, allein Gott anznge- hören, wie die Schrift sage. So waren alle seine Aussichten und Pläne, aus seinen Verlegenheiten hcrauszu- kommen, zu Wasser geworden, und er mußte, als das Gericht seinen Betrügereien auf die Spur kam, cingestehen, daß er eine Menge von Personen durch Verschweigung seiner gänzlichen Mittellosigkeit und durch Vorspiegelung falscher Thatsachcn bleibend in Schaden gebracht habe. Er weiß zu seiner Entschuldigung Nichts vorznbringen, als daß er eben durch seine Theilnahme am Mißgeschicke Anderer und durch seine Wohlthätigkcit so sehr in die Klemme gekommen sei. Die Geschworenen sprachen den Angeklagten durch ihren Obmann, Kunstmühlebesitzer R. Brodbeck von Eßlingen des gewerbsmäßigen Betrugs für schuldig, nahmen jedoch an, daß der auf diesem Wege erworbene Betrag die Summe von 500 fl. nicht erreicht habe. Der Hof vernrtheilte den Beschuldigten zn einer Arbeitshausstrafe von 3 Jahren nnd 6 Monaten. Der Vertheidiger des Angeklagten war Rechtskonsulent Gcorgii von Eßlingen. (St. A.)